Normen
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
AVG §67a Abs1 Z2;
B-VG Art94;
StPO §139 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
AVG §67a Abs1 Z2;
B-VG Art94;
StPO §139 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
In ihrer Beschwerde an die belangte Behörde beantragte die Beschwerdeführerin, es mögen die am 16. April 2002 durch Organe der Bundespolizeidirektion Wien erfolgte Durchsuchung ihrer Räumlichkeiten in W, die dabei erfolgte Beschlagnahme eines in ihrem Eigentum stehenden Personalcomputers samt dazugehöriger zwei Stück Disketten und zwei Stück CD-Roms sowie die Durchsuchung dieser Gegenstände für rechtswidrig erklärt werden. Dazu brachte sie im Wesentlichen vor, dass sie Mieterin des genannten Objekts sei und dass die Räumlichkeiten aus einem Wohnungsteil und aus Geschäftsräumlichkeiten bestünden. Nachdem in der Strafsache gegen P. (einen Sohn der Beschwerdeführerin) vom Landesgericht für Strafsachen Wien am 12. April 2002 zunächst ein Hausdurchsuchungsbefehl bezüglich drei näher genannter Wohnungen und der sonstigen zum Hauswesen gehörigen Räumlichkeiten sowie der Fahrzeuge des P. ausgestellt worden sei, hätten Beamte der Bundespolizeidirektion Wien am 16. April 2002, nachdem sie erfahren hätten, dass P. in seinem Zimmer in W nächtige, telefonisch einen richterlichen Hausdurchsuchungsbefehl für diese neu bekannt gewordene Wohnung des P. eingeholt. Bei der Durchsuchung hätten sich die Beamten jedoch nicht auf den Wohnungsteil, in dem sich P. aufgehalten habe, beschränkt, sondern sie hätten ebenso die Geschäftsräumlichkeiten der Beschwerdeführerin durchsucht, obwohl der von P. mitbenutzte Wohnungssteil deutlich und klar erkennbar von den Geschäftsräumlichkeiten der Beschwerdeführerin getrennt und entsprechend beschildert gewesen sei und obwohl die Beamten noch ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht worden seien, dass es sich dabei um die Geschäftsräumlichkeiten der Beschwerdeführerin handle. Da der richterliche Hausdurchsuchungsbefehl die Durchsuchung der Geschäftsräumlichkeiten der Beschwerdeführerin nicht erfasst habe, sei diese Durchsuchung - und in weiterer Folge die Beschlagnahme und Durchsuchung der genannten Gegenstände - rechtswidrig gewesen.
Mit dem nunmehr bekämpften Bescheid wies die belangte Behörde die Beschwerde - nach Einholung einer Gegenschrift der Bundespolizeidirektion Wien, in der diese geltend gemacht hatte, dass ein Akt der Gerichtsbarkeit bekämpft werde - ohne erkennbare Ermittlungen "gemäß § 67a Abs. 3 AVG" als unzulässig zurück. Begründend beschränkt sich dieser Bescheid zunächst auf eine knappe Darstellung des Vorbringens der Beschwerdeführerin, des Vorbringens in der Gegenschrift und auf eine Wiedergabe des § 67a Abs. 1 idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 117/2002. Daran schließen Ausführungen zur "neuen" Kompetenz der unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern nach Art. 129a B-VG, ein Verweis auf verfassungsgerichtliche Judikatur zum Begriff des Aktes unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt sowie die "Feststellung", dass die Bundespolizeidirektion Wien "zu Recht auf den Umstand, dass im gegenständlichen Verfahren die Bekämpfung eines Gerichtsaktes beschwerdegegenständlich war", verwiesen habe. Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien wäre somit - so die belangte Behörde weiter - zu verneinen. Die Beschwerdeerhebung gegen Akte der Gerichtsbarkeit vor den unabhängigen Verwaltungssenaten sei unzulässig. Die unabhängigen Verwaltungssenate seien ausschließlich "zuständig für die Behandlung von Maßnahmebeschwerden, welche der Schließung einer Lücke im Rechtschutzsystem auf Grund der obgenannten Novelle des AVG dienen sollen, nicht aber der Eröffnung einer Zwei- oder Mehrgleisigkeit für die Verfolgung ein und des selben Rechtsinstitutes, wie gegenständlich durch die Gerichtsbehörden". Mangels Kompetenz des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien habe der Beschwerde daher kein Erfolg beschieden werden können.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte deren Behandlung mit Beschluss vom 25. Februar 2003, B 1659/02, ab und trat sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Nach §§ 58 Abs. 2 und 60 AVG haben Bescheide eine Begründung zu enthalten, in der die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen sind. In der Bescheidbegründung ist daher in einer eindeutigen, die Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichenden und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zugänglichen Weise darzutun, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die Behörde zur Ansicht gelangte, dass gerade dieser Sachverhalt vorliege und aus welchen Gründen sie die Subsumtion dieses Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand als zutreffend erachtete. Sind die einen tragenden Teil der Begründung darstellenden Ausführungen für den Verwaltungsgerichtshof nicht nachvollziehbar und somit nicht überprüfbar, so liegt ein wesentlicher Verfahrensfehler vor, der zur Aufhebung des Bescheides führt (vgl. etwa das einen Berufungsbescheid eines unabhängigen Verwaltungssenates betreffende hg. Erkenntnis vom 23. Mai 2002, Zl. 2000/09/0195).
Der gegenständlich bekämpfte Bescheid erfüllt die dargestellten Begründungserfordernisse nicht. Über allgemeine Ausführungen zur Zuständigkeit der unabhängigen Verwaltungssenate zur Erledigung von Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (bzw. betreffend ihre Unzuständigkeit, wenn Akte der Gerichtsbarkeit angefochten werden) hinaus hält er als einzige fallbezogene Erwägung nur fest:
"Die belangte Behörde (Bundespolizeidirektion Wien) verwies zu Recht auf den Umstand, dass im gegenständlichen Verfahren die Bekämpfung eines Gerichtsaktes beschwerdegegenständlich war.". Hingegen stellt er nichts über den offenkundig entscheidungswesentlichen gerichtlichen Hausdurchsuchungsbefehl (insbesondere nichts über dessen Wortlaut) fest, lässt keine Überlegungen zum Umfang dieses Hausdurchsuchungsbefehls erkennen und beschäftigt sich nicht einmal ansatzweise mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, er habe nur den Wohnbereich und nicht auch die von ihr genutzten Geschäftsräumlichkeiten des Objekts W, umfasst. Davon ausgehend ist der bekämpfte Bescheid einer Überprüfung nicht zugänglich, zumal es nicht Aufgabe des Verwaltungsgerichtshofes sein kann, aus dem Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten einen hypothetischen Bescheidinhalt zu erschließen. (Dieser Begründungsmangel ist relevant, weil im Fall der offenkundigen Überschreitung des richterlichen Befehls ein der Verwaltung zuzurechnendes Organhandeln vorläge (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 23. September 1998, Zlen. 97/01/1084, 1085 und 1087).) Der bekämpfte Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003. Insoweit die Beschwerdeführerin begehrt, das Land Wien zur ungeteilten Hand mit dem Bund zum Aufwandersatz zu verpflichten und überdies weitere EUR 1,50 an PSK-Gebühr zuzusprechen, war dieses Mehrbegehren im Grunde der §§ 47 Abs. 5 und 48 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Wien, am 23. März 2004
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