Normen
AsylG 1997 §7;
AVG §68 Abs1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
FlKonv Art1 AbschnC Z1;
AsylG 1997 §7;
AVG §68 Abs1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
FlKonv Art1 AbschnC Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Liberia, reiste am 4. August 1993 in das Bundesgebiet ein und beantragte am 6. August 1993 erstmals Asyl. Dieser Asylantrag wurde mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 6. Dezember 2000 gemäß § 7 AsylG abgewiesen. Die belangte Behörde ging in dieser Entscheidung davon aus, dass die vom Beschwerdeführer behaupteten Fluchtgründe der Wahrheit entsprächen. Der Beschwerdeführer habe aber etwa vier Jahre nach seiner Einreise in das Bundesgebiet erfolgreich einen Reisepass seines Heimatlandes beantragt, woraus der Schluss zu ziehen sei, dass der Endigungsgrund des Art. 1 Abschnitt C Z 1 FlKonv vorliege. Eine Asylgewährung komme aus diesem Grund nicht in Betracht.
Im erstinstanzlichen Verfahren über seinen am 30. Juli 2001 beim Bundesasylamt eingelangten zweiten Asylantrag brachte der Beschwerdeführer u.a. vor, die österreichische Polizei habe ihm nach seiner Festnahme im März 2001 mitgeteilt, der Reisepass, den ihm seinerzeit ein Bekannter besorgt habe, sei nicht echt. Der Beschwerdeführer sei in Schubhaft genommen und veranlasst worden, mit der liberianischen Botschaft in Bonn Kontakt aufzunehmen. Auch diese habe ihm mitgeteilt, der Pass sei falsch. Sie habe sich darüber hinaus geweigert, ein Heimreisezertifikat auszustellen. Die Regierung von Charles Taylor wolle keinerlei Abschiebungen nach Liberia und habe daher den Botschaften die Anweisung erteilt, keine Heimreisezertifikate auszustellen. Auch dies habe der Beschwerdeführer von dem Mitarbeiter der liberianischen Botschaft, mit dem er am Telefon gesprochen habe, erfahren.
In einer Stellungnahme vom 12. November 2001 brachte der Vertreter des Beschwerdeführers vor, die liberianische Botschaft verwehre dem Beschwerdeführer jedweden Rechtsschutz, sogar die grundlegendsten Rechte eines liberianischen Staatsangehörigen, nämlich die Ausstellung eines (Ausweis-)Dokumentes. Bei dieser Sachlage werde angesichts der letztinstanzlichen Begründung der Abweisung des Erstantrages über den Zweitantrag inhaltlich zu entscheiden sein. Die ursprünglich behaupteten Fluchtgründe seien -
auch unter Bedachtnahme auf die zwischenzeitige Entwicklung der Lage in Liberia - nach wie vor aktuell.
Das Bundesasylamt entschied inhaltlich über den zweiten Asylantrag des Beschwerdeführers, wies diesen gemäß § 6 Z 2 AsylG als offensichtlich unbegründet ab und stellte gemäß § 8 AsylG fest, die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Liberia sei zulässig.
Auf Grund der vom Beschwerdeführer dagegen erhobenen Berufung änderte die belangte Behörde diese Entscheidung des Bundesasylamtes mit dem angefochtenen Bescheid dahingehend ab, dass der Zweitantrag des Beschwerdeführers gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen werde. Zur Begründung führte die belangte Behörde aus, die Fluchtgründe des Beschwerdeführers seien seinen eigenen Angaben zufolge gleich geblieben und nach den Feststellungen der belangten Behörde unterscheide sich auch die allgemeine Lage in Liberia nicht wesentlich von derjenigen im Dezember 2000. Wenn der Beschwerdeführer nunmehr behaupte, sein Reisepass habe sich als falsch herausgestellt, so hätte er dies mit einem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens und nicht in einem neuen Asylantrag geltend machen müssen. Der Umstand, dass ihm kein "Heimreisezertifikat" ausgestellt und seine zwangsweise Abschiebung nach Liberia solcherart nicht ermöglicht worden sei, bedeute "keine Verfolgung im Sinne von Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ..., weshalb auch das diesbezügliche Vorbringen keine für den nunmehrigen Berufungswerber günstigere Entscheidung über seinen Asylantrag bewirken kann".
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich zuletzt im Erkenntnis vom 20. März 2003, Zl. 99/20/0480, ausführlich mit Fragen der Zurückweisung eines Asylantrages wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG auseinander gesetzt und im Erkenntnis vom 15. Mai 2003, Zl. 2001/01/0499 - teilweise abweichend von der Judikatur zu den früheren Asylgesetzen - dargelegt, unter welchen Voraussetzungen die erfolgreiche Beantragung eines Reisepasses des Herkunftsstaates den Beendigungstatbestand des Art. 1 Abschnitt C Z 1 FlKonv erfülle. Gemäß § 43 Abs. 2 VwGG wird auf die Begründungen dieser Erkenntnisse verwiesen.
Im vorliegenden Fall ist die Frage, ob die (damals angenommene) erfolgreiche Beantragung eines (echten) liberianischen Reisepasses durch den Beschwerdeführer den erwähnten Beendigungstatbestand erfüllte, bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides zwar nach der damaligen Rechtsanschauung der belangten Behörde und nicht nach den davon abweichenden Maßstäben des zitierten Erkenntnisses vom 15. Mai 2003 zu beurteilen (vgl. insoweit das zitierte Erkenntnis vom 20. März 2003). Hinsichtlich der Frage der rechtlichen Bedeutung einer späteren Verweigerung eines Heimreisezertifikates durch den Herkunftsstaat, dessen Schutz der Asylwerber durch die beantragte Ausstellung eines Reisepasses erfolgreich in Anspruch genommen haben soll, ergibt sich aus der rechtskräftigen Entscheidung der belangten Behörde über den ersten Asylantrag des Beschwerdeführers aber keine dieser Entscheidung zu Grunde gelegte Rechtsanschauung. Unterzieht man diese Frage nicht, wie dies im angefochtenen Bescheid zu Unrecht geschehen ist, unter dem Gesichtspunkt einer neuen Verfolgungsgefahr im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 FlKonv, sondern unter dem einer hinsichtlich des bisher tragenden Abweisungsgrundes nach Art. 1 Abschnitt C Z 1 FlKonv eingetretenen Änderung des Sachverhaltes einer Prüfung, so kann im vorliegenden Fall nicht davon die Rede sein, dass eine andere rechtliche Beurteilung in Bezug auf diesen Abweisungsgrund bei Bedachtnahme auf das behauptete spätere Verhalten der Heimatbehörden des Beschwerdeführers "von vornherein ausgeschlossen" wäre (vgl. dazu in dem Erkenntnis vom 15. Mai 2003 die Ausführungen zur Beendigung einer Unterschutzstellung). Träfe es daher zu, dass die Heimatbehörden des Beschwerdeführers die zur Erwirkung der Voraussetzungen für eine Heimreise erforderlichen Mitwirkungshandlungen nach rechtskräftiger Beendigung des ersten Asylverfahrens verweigert haben, so wäre über den zweiten Asylantrag - ohne weitere Bindung an die im Bescheid vom 6. Dezember 2000 vertretenen Rechtsanschauungen - inhaltlich zu entscheiden.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001.
Wien, am 3. Juli 2003
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