VwGH 2002/18/0302

VwGH2002/18/030227.2.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde der T, geboren 1962, vertreten durch Mag. Dr. Ingrid Weber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rotenturmstraße 19, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 7. November 2002, Zl. 136.109/2-III/11/02, betreffend Versagung einer Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1997 §10 Abs1 Z3;
FrG 1997 §14 Abs2;
FrG 1997 §47 Abs1;
FrG 1997 §47 Abs3 Z1;
FrG 1997 §47 Abs3;
FrG 1997 §49 Abs1;
VwRallg;
FrG 1997 §10 Abs1 Z3;
FrG 1997 §14 Abs2;
FrG 1997 §47 Abs1;
FrG 1997 §47 Abs3 Z1;
FrG 1997 §47 Abs3;
FrG 1997 §49 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 7. November 2002 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin, einer bulgarischen Staatsangehörigen, vom 10. Jänner 2001 auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung gemäß §§ 14 Abs. 2 und 10 Abs. 1 Z. 3 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, abgewiesen.

Da der österreichische Ehegatte der Beschwerdeführerin am 18. Februar 2001 verstorben sei, sei der vorliegende Antrag von der Fremdenpolizeibehörde an die Niederlassungsbehörde weitergeleitet worden.

Da die Beschwerdeführerin noch nie über einen Sichtvermerk, eine Aufenthaltsbewilligung oder eine Niederlassungsbewilligung verfügt habe, handle es sich bei ihrem Antrag um einen solchen auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung. Dieser sei gemäß § 14 Abs. 2 FrG vom Ausland aus zu stellen.

Aktenkundig sei, dass die Beschwerdeführerin sichtvermerksfrei in das Bundesgebiet eingereist sei und sich zum Zeitpunkt der Antragstellung im Bundesgebiet aufgehalten habe. Die Beschwerdeführerin sei seit dem 11. September 2000 an einer Wiener Adresse polizeilich gemeldet. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sei für die Frage, ob der Versagungsgrund gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 FrG vorliege, maßgeblich, dass sich der Antragsteller im Anschluss an eine sichtvermerksfreie Einreise zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung im Bundesgebiet aufhalte. Entscheidend für die Rechtmäßigkeit der Versagung der Niederlassungsbewilligung sei demnach der Zeitpunkt der Bescheiderlassung. Die Beschwerdeführerin habe ihren Antrag vom Inland aus gestellt, obwohl sie keine der Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 FrG erfülle. Ihre Vorgangsweise widerspreche dem in § 14 Abs. 2 FrG zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers, dass Fremde die Entscheidung über den Antrag im Ausland abzuwarten hätten. Bei der Beurteilung des Antrages sei daher allein maßgeblich, dass die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung nicht berechtigt gewesen sei, die Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung vom Inland aus zu beantragen. Weiters schließe § 10 Abs. 1 Z. 3 FrG die Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung zwingend aus, wenn der Titel nach sichtvermerksfreier Einreise erteilt werden solle. Diese gesetzlichen Bestimmungen seien der Beschwerdeführerin zumindest seit Zustellung des Bescheides der Behörde erster Instanz bekannt.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes müsse eine nicht dem Gesetz entsprechende Antragstellung vom Inland aus zur Abweisung des Antrages führen, wobei der Gesetzgeber bereits bei Erlassung dieser Bestimmung auf die persönlichen Verhältnisses des Antragstellers Rücksicht genommen und die Regelung eines geordneten Zuwanderungswesens über die persönlichen Interessen gestellt habe. Es erübrige sich daher ein Eingehen auf eventuelle private und familiäre Interessen der Beschwerdeführerin. Eine auf die §§ 14 Abs. 2 und 10 Abs. 1 Z. 3 FrG gestützte abweisende Entscheidung stelle einen zulässigen Eingriff in durch Art. 8 EMRK geschützte Rechte dar.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des FrG haben folgenden

Wortlaut:

"§ 10. (1) Die Erteilung eines Einreise- oder Aufenthaltstitels ist zu versagen wenn,

...

3. der Aufenthaltstitel - außer für Saisonarbeitskräfte und Erntehelfer (§ 9), für begünstigte Drittstaatsangehörige (§ 47) oder Angehörige von Österreichern (§ 49) - nach sichtvermerksfreier Einreise (§ 28 oder § 29) erteilt werden soll;

...

§ 14. ...

(2) Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels sind vor der Einreise vom Ausland aus zu stellen. Der Antrag kann im Inland gestellt werden, wenn der Antragsteller bereits niedergelassen ist und entweder bisher für die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes keinen Aufenthaltstitel benötigte oder bereits über einen Aufenthaltstitel verfügt hat; ...

§ 47. ...

(3) Begünstigte Drittstaatsangehörige sind folgende Angehörige eines EWR-Bürgers:

1. Ehegatten;

...

§ 49. (1) Angehörige von Österreichern gemäß § 47 Abs. 3, die Staatsangehörige eines Drittstaates sind, genießen Niederlassungsfreiheit; für sie gelten, sofern im Folgenden nicht anderes gesagt wird, die Bestimmungen für begünstigte Drittstaatsangehörige nach dem 1. Abschnitt. Solche Fremde können Anträge auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung im Inland stellen. Die Gültigkeitsdauer der ihnen die beiden ersten Male erteilten Niederlassungsbewilligung beträgt jeweils ein Jahr.

..."

2. Der Beschwerdeführerin, die unstrittig sichtvermerksfrei eingereist ist und sich nach ihrem eigenen Vorbringen seither im Bundesgebiet aufhält, kam auf Grund ihrer nach dem Beschwerdevorbringen am 21. September 2000 geschlossenen Ehe mit einem österreichischen Staatsangehörigen die Stellung einer begünstigten Angehörigen eines Österreichers gemäß § 49 Abs. 1 FrG zu. Sie war daher nach dem zweiten Satz dieser Bestimmung berechtigt, den Antrag auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung im Inland zu stellen. Der Sichtvermerksversagungsgrund gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 leg. cit. war auf sie nicht anzuwenden.

Durch den Tod ihres Ehegatten am 18. Februar 2001 hat die Beschwerdeführerin diese Stellung allerdings wieder verloren (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Jänner 2001, Zl. 2000/19/0131, mit ausführlicher Begründung und weiteren Nachweisen).

3. Mangels anderer gesetzlicher Anordnung hatte die belangte Behörde ihrem Bescheid die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt ihrer Entscheidung zu Grunde zu legen (vgl. allgemein die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren I2 (1998) E 273 ff zu § 56 AVG zitierte hg. Judikatur und zu einer Entscheidung über das Vorliegen des Versagungsgrundes gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 FrG das hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 1999, Zl. 98/19/0229).

Die belangte Behörde ist daher zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, dass der Beschwerdeführerin die Stellung einer begünstigten Angehörigen eines Österreichers nicht (mehr) zukommt.

Die unterschiedliche Behandlung von Fremden, deren österreichischer Ehegatte erst nach der Entscheidung über den Antrag auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung stirbt, gegenüber solchen, bei denen der Ehegatte während des Verfahrens stirbt, findet - entgegen der Beschwerde - ihre sachliche Rechtfertigung darin, dass im zweitgenannten Fall bereits bei Entscheidung der Behörde feststeht, dass die Führung eines gemeinsamen Familienlebens mit dem österreichischen Gatten nicht mehr möglich ist.

4. Gemäß § 14 Abs. 2 erster Satz FrG ist nicht nur der Antrag auf Erteilung einer (Erst-)Niederlassungsbewilligung vom Ausland aus zu stellen, sondern auch die Entscheidung über diesen vom Ausland aus abzuwarten (vgl. insbesondere das hg. Erkenntnis vom 23. März 1999, Zl. 98/19/0269, wonach die hg. Judikatur zu § 6 Abs. 2 Aufenthaltsgesetz insoweit übertragbar ist, und zur letztgenannten Bestimmung etwa das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 1995, Zl. 95/19/1087).

Die Beschwerdeführerin war daher ab dem Zeitpunkt des Verlusts ihrer Stellung als begünstigte Angehörige eines Österreichers und der damit verbundenen Anwendbarkeit des § 14 Abs. 2 erster Satz FrG verpflichtet, die Entscheidung über den vorliegenden Antrag im Ausland abzuwarten.

5.1. Die Beschwerdeführerin macht geltend, dass sie auf Grund der durch die Eheschließung erworbenen Niederlassungsfreiheit die Ausnahmebestimmung des § 14 Abs. 2 zweiter Satz FrG erfülle, wonach der Antrag im Inland eingebracht werden könne, wenn der Fremde bereits niedergelassen sei und bisher für die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes keinen Aufenthaltstitel benötigt habe.

5.2. Dem ist zunächst zu entgegnen, dass auch begünstigte Angehörige von Österreichern für die Rechtmäßigkeit ihrer Niederlassung einer Niederlassungsbewilligung bedürfen (die ihnen gemäß § 49 Abs. 1 iVm § 47 Abs. 1 FrG auszustellen ist, wenn ihr Aufenthalt nicht die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet).

Überdies greift die von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführte Ausnahme nur, wenn der bereits niedergelassene Antragsteller bisher für die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes keinen Aufenthaltstitel benötigte. Im Licht der obigen Ausführungen, wonach § 14 Abs. 2 erster Satz FrG nicht nur zur Auslandsantragstellung, sondern auch zum Abwarten der Entscheidung im Ausland verpflichtet, ist diese Bestimmung so zu verstehen, dass der Fremde bis zur Entscheidung über seinen Antrag eine Stellung inne haben muss, kraft der er für die Rechtmäßigkeit seines Aufenthalts keinen Aufenthaltstitel benötigt.

6. Da die Beschwerdeführerin die Entscheidung über den vorliegenden Antrag nicht im Ausland abgewartet hat und sie sich nach sichtvermerksfreier Einreise im Bundesgebiet aufhält, hat die belangte Behörde den Antrag zu Recht gemäß § 14 Abs. 2 und § 10 Abs. 1 Z. 3 FrG abgewiesen.

7. Die - nicht bekämpfte - Ansicht der belangten Behörde, dass eine Abwägung der persönlichen Interessen der Beschwerdeführerin an einer Niederlassung im Bundesgebiet mit den gegenläufigen öffentlichen Interessen nicht erforderlich sei, entspricht der ständigen hg. Judikatur (vgl. zum Abweisungsgrund gemäß § 14 Abs. 2 FrG etwa das Erkenntnis vom 18. Dezember 2002, Zl. 2002/18/0267, und zum Versagungsgrund gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 leg. cit. etwa das bereits zitierte Erkenntnis, Zl. 98/19/0229).

8. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weitere Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

9. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 27. Februar 2003

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