Normen
AVG §56;
AVG §58 Abs1;
B-VG Art130 Abs1 lita;
B-VG Art130 Abs1;
B-VG Art131 Abs1;
B-VG Art7 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §58 Abs2 idF 1997/I/088;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2003:2002170316.X00
Spruch:
Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen. Ein Kostenzuspruch findet nicht statt.
Begründung
Mit dem - nicht in den vorgelegten Verwaltungsakten befindlichen und von der belangten Behörde nach fernmündlicher Urgenz durch den Verwaltungsgerichtshof auch nicht nachgereichten, sondern vom Beschwerdevertreter mittels Telefax übermittelten - Schriftsatz vom 18. Juni 2002 brachte der Beschwerdeführer folgenden Antrag ein:
"Der (Beschwerdeführer) beabsichtigt, eine Beteiligung in Höhe von 30 % an der X. Wertpapier Vermittlungsgesellschaft mbH ("X.")... vom Gesellschafter KD zu erwerben.
Das gesamte Stammkapital der X. beträgt EUR 300.000,--. Eine 30-prozentige Beteiligung entspricht daher einem Geschäftsanteil in Höhe von EUR 90.000,--.
Da es sich dabei um eine qualifizierte Beteiligung im Sinne des § 20 Abs 1 BWG handelt, stellt der Einschreiter den
ANTRAG,
den Erwerb der Beteiligung eines Geschäftsanteils, der eine Stammeinlage von EUR 90.000,-- durch den (Beschwerdeführer) an der X. Wertpapier Vermittlungsgesellschaft entspricht, nicht zu untersagen."
Mit 2. September 2002 erging folgende Erledigung der Finanzmarktaufsichtsbehörde:
"X. Wertpapier Vermittlungsgesellschaft mbH
Ihr Schreiben vom 18. Juni 2002
Sehr geehrter Herr (Name eines Rechtsanwaltes der Rechtsanwälte GmbH),
wir nehmen Bezug auf Ihr o.a. Schreiben, mit dem Sie uns mitgeteilt haben, dass Ihr Mandant (Beschwerdeführer) beabsichtigt, 30 % der Anteile an der X. Wertpapier Vermittlungsgesellschaft mbH zu erwerben und teilen Ihnen
Folgendes mit:
Gegen (den Beschwerdeführer) wurden folgende
Straferkenntnisse erlassen:
..."
Es folgt die nähere Darstellung von an den Beschwerdeführer ergangenen Straferkenntnissen der Bundes-Wertpapieraufsicht und von Berufungsentscheidungen des Unabhängigen Verwaltungssenates sowie eines Straferkenntnisses des Magistratischen Bezirksamtes.
Die belangte Behörde hielt in ihrer Erledigung weiter fest, dass gegen den Beschwerdeführer insgesamt vier rechtskräftige Strafen verhängt worden seien, wobei zwei davon auf eine Verletzung des Wertpapieraufsichtsgesetzes zurückzuführen seien. Des Weiteren seien gegen den Beschwerdeführer drei Strafen, die ausschließlich aus formellen Gründen aufgehoben worden seien, verhängt worden. Schließlich sei der Beschwerdeführer mit einem näher bezeichneten Straferkenntnis wegen Verletzung der §§ 13 und 17 des Wertpapieraufsichtsgesetzes, das noch nicht zugestellt worden sei, zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Allein die wiederholten Verletzungen der bei der Erbringung von Finanzdienstleistungen zu beachtenden Rechtsvorschriften durch den Beschwerdeführer, die in einem längeren Zeitraum begangen worden seien, stellten derart schwerwiegende einschlägige Verstöße dar, dass die Zuverlässigkeit des Beschwerdeführers nicht bloß in Zweifel zu ziehen sei, sondern verneint werden müsse.
Ferner heißt es in der Erledigung wörtlich:
"Aus den o.a. Feststellungen kann daher der Schluss gezogen werden, dass die Gefahr besteht, dass der durch (den Beschwerdeführer) ausgeübte Einfluss den im Interesse einer soliden und umsichtigen Führung des Unternehmens zu stellenden Anforderungen nicht genügt. Aus diesem Grund kann Ihren im o. a. Schreiben enthaltenen Ausführungen, wonach gegen (den Beschwerdeführer) nur wenige Verstöße gegen verwaltungsrechtliche Vorschriften, die mehrere Jahre zurückliegen, nicht gefolgt werden und es wird der Antrag Ihres Mandanten auf den Erwerb einer 30 %igen Beteiligung an der X. Wertpapier Vermittlungsgesellschaft mbH gemäß § 21 Abs. 1 WAG iVm § 20 Abs. 3 BWG untersagt."
Diese Erledigung ist "Für den Vorstand" der Finanzmarktaufsichtsbehörde vom Abteilungsleiter und der Sachbearbeiterin unterfertigt.
Gegen diese Erledigung richtet sich die - nach den Beschwerdeausführungen aus advokatorischer Vorsicht erhobene - Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Nichtuntersagung des Erwerbes der Beteiligung verletzt.
Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit nach Erschöpfung des Instanzenzuges Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.
Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof ist somit das Vorliegen eines Bescheides.
Jeder Bescheid ist gemäß § 58 Abs. 1 AVG ausdrücklich als solcher zu bezeichnen und hat den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung zu enthalten.
Die in Rede stehende Erledigung der Finanzmarktaufsichtsbehörde ist nicht als "Bescheid" bezeichnet. Die Erledigung beginnt mit der Einleitungsfloskel "Sehr geehrter Herr ..." und enthält keine Rechtsmittelbelehrung. Im letzten Satz der Erledigung wird der "Antrag" auf den näher bezeichneten Erwerb "untersagt". Nach dieser Formulierung wird nicht der bereits mit dem Schriftsatz vom 18. Juni 2002 beantragte "Erwerb der Beteiligung eines Geschäftsanteils" untersagt, sondern schon der Antrag. Ob es sich dabei tatsächlich um die normative Untersagung der Antragstellung handelt oder sonst ein Formulierungsfehler vorliegt und mit dem Satz anderes gemeint war, kann nach dem Bescheidinhalt nicht geklärt werden.
Das Fehlen der Bezeichnung als Bescheid ist für den Bescheidcharakter einer Erledigung dann unerheblich, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergibt, dass die Behörde normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes entschieden hat. Der normative Inhalt muss sich aus der Formulierung der behördlichen Erledigung ergeben. Ist dies der Fall, das heißt ist aus dem Spruch erkennbar, dass ein rechtsverbindlicher Abspruch vorliegt, dann ist ungeachtet des Fehlens der ausdrücklichen Bezeichnung als Bescheid, ein solcher als gegeben anzunehmen. Bleiben jedoch nach der inhaltlichen Prüfung des Bescheidspruches Zweifel bestehen, ob ein normativer Abspruch vorliegt, dann ist die ausdrückliche Bezeichnung für den Bescheidcharakter der Erledigung essentiell (vgl. hg. Erkenntnis vom 15. April 1994, Zl. 93/17/0329, unter Bezugnahme auf den hg. Beschluss eines verstärkten Senates vom 15. Dezember 1977, Slg. Nr. 9458/A).
An eine behördliche Erledigung, die nicht ausdrücklich als Bescheid bezeichnet ist, ist hinsichtlich der Wertung als Bescheid nach ihrem Inhalt ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. hg. Erkenntnis vom 14. Oktober 1993, Zl. 93/17/0281).
Nach dem Einleitungssatz der Erledigung, dem Fehlen der Rechtsmittelbelehrung und der unklaren sprachlichen Gestaltung des letzten Absatzes der Erledigung der Finanzmarktaufsichtsbehörde vom 2. September 2002 bleiben Zweifel bestehen, ob ein normativer Abspruch überhaupt vorliegt. Da in einem solchen Fall für den Bescheidcharakter einer Erledigung die Bezeichnung als "Bescheid" essentiell ist und eine solche ausdrückliche Bezeichnung fehlt, ist die Erledigung der Finanzmarktaufsichtsbehörde vom 2. September 2002 nicht als Bescheid zu werten.
Die belangte Behörde hat nach dem Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten über den vom Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 18. Juni 2002 gestellten Antrag, den Erwerb der Beteiligung eines näher bezeichneten Geschäftsanteils nicht zu untersagen, noch nicht entschieden.
Die Beschwerde gegen die Erledigung der Finanzmarktaufsichtsbehörde vom 2. September 2002 erweist sich mangels Vorliegens eines Bescheides als unzulässig.
Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG als unzulässig zurückzuweisen.
Ein Kostenzuspruch hatte nicht zu erfolgen. In allen Fällen, in denen das Nichtvorliegen wesentlicher Bescheidmerkmale nicht evident ist und dementsprechend die Gefahr besteht, dass sich die Unterlassung der Erhebung eines Rechtsmittels durch den Betroffenen gegen ihn wenden könnte, ist aus der Rechtsprechung zur absoluten Nichtigkeit von Verwaltungsakten im Kostenrecht die Konsequenz zu ziehen, dass der Beschwerdeführer in solchen Fällen nicht mit dem Kostenrisiko belastet wird. Es ist nämlich in diesen Fällen, in denen ein Rechtsschutzinteresse des Beschwerdeführers (dieser Begriff findet sich nunmehr im § 58 Abs. 2 VwGG in der Fassung BGBl. I Nr. 88/1997) nicht verneint werden kann und dieser in der Begründung der zurückweisenden Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes attestiert erhält, dass die in ihrer Normativität zweifelhafte Erledigung ihn letzten Endes nur deswegen nicht betrifft, weil die Behörde sie mit einem so schweren Mangel belastet hat, dass nicht Anfechtbarkeit, sondern Nichtzustandekommen des Bescheides die Folge ist, nicht einzusehen, warum der Beschwerdeführer in einem solchen Beschwerdeverfahren aufwandersatzpflichtig sein soll. Daraus, dass nunmehr nach § 58 Abs. 2 VwGG in der Fassung BGBl. I Nr. 88/1997 dann, wenn bei einer Beschwerde das Rechtsschutzinteresse nachträglich wegfällt, dies bei der Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht zu berücksichtigen ist, lässt sich ableiten, dass nach dem Willen des Gesetzgebers das (selbst nur ursprünglich gegebene) Bestehen eines Rechtsschutzinteresses kostenrechtlich relevant sein soll (vgl. den hg. Beschluss vom 26. Jänner 2000, Zl. 98/03/0310).
Wien, am 15. Dezember 2003
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