VwGH 2002/16/0228

VwGH2002/16/022823.1.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde der I. GmbH in P, vertreten durch Dr. Peter Kisler und DDr. Karl Pistotnik, Rechtsanwälte in Wien I, Börsegasse 12, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 21. August 2002, GZ RV/546-09/01, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §24 Abs1 litb;
BAO §24 Abs1 litc;
GrEStG 1955 §1 Abs3 Z1;
GrEStG 1987 §1 Abs3 Z1;
VwRallg;
BAO §24 Abs1 litb;
BAO §24 Abs1 litc;
GrEStG 1955 §1 Abs3 Z1;
GrEStG 1987 §1 Abs3 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit "Abtretungs- und Treuhandvertrag" vom 16. Oktober 2000 trat die beschwerdeführende GmbH ihren Geschäftsanteil an der S GmbH entsprechend einer zur Gänze geleisteten Stammeinlage von S 80.000,-- an Margareta S. mit der von der übernehmenden Gesellschafterin erteilten Weisung ab, den Geschäftsanteil künftighin auf Rechnung der übernehmenden Gesellschafterin, sohin auf fremde Rechnung zu besitzen und zu verwalten.

Die S. E. GmbH war zum angeführten Zeitpunkt Gesellschafterin der S. GmbH, und zwar mit dem weiteren Geschäftsanteil entsprechend einer zur Gänze geleisteten Stammeinlage von S 7,920.000,--.

Mit Spaltungs-, Einbringungs- und Sacheinlagevertrag vom 23. Oktober 2000 spaltete die S.E. GmbH ihren Geschäftsanteil an der S. GmbH als Gesamtsache gemäß Art VI UmgrStG in Form einer Steuerspaltung nach § 38a Abs 3 Z 2 Spaltungsgesetz ab und brachte diesen nach Art III UmgrStG in die Beschwerdeführerin ein.

In der Folge wurde vom Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien von Amts wegen festgestellt, dass die S. GmbH Eigentümerin dreier Grundstücke in den Katastralgemeinden P. und G. ist. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass durch den Spaltungsvertrag vom 23. Oktober 2000 alle Anteile an der S GmbH in einer Hand vereinigt worden seien. Mit Bescheid vom 20. Juli 2001 setzte das Finanzamt unter Berufung auf § 1 Abs 3 Z 1 GrEStG Grunderwerbsteuer in Höhe von S 10,006.000,-- vom Einheitswert der Liegenschaften fest.

In der Berufung gegen diesen Bescheid wurde die Auffassung vertreten, wegen des Abtretungs- und Treuhandvertrages zwischen der Beschwerdeführerin und Margareta S. sei eine Anteilsvereinigung nicht verwirklicht worden. In einer die Berufung ergänzenden Eingabe vom 5. Oktober 2001 wurde ausgeführt, es handle sich im Streitfall um eine verdeckte Treuhand, bei der der Treugeber nach außen überhaupt nicht in Erscheinung tritt. Die verdeckte Treuhand führe zur Vermeidung der grunderwerbsteuerlichen Anteilsvereinigung.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. In der Begründung des Bescheides wurde ausgeführt, mit dem Abschluss des Spaltungs- und Einbringungsvertrages sei die Beschwerdeführerin nach außen hin als Alleingesellschafterin der S. GmbH aufgetreten. Sie sei auch seit 15. Dezember 2000 im Firmenbuch als Alleingesellschafterin eingetragen. Die Beschwerdeführerin habe "1 % der Geschäftsanteile" der S. GmbH als Treunehmerin innegehabt, als sie mit Abschluss des Spaltungs- und Einbringungsvertrages den Anspruch auf Übertragung der "restlichen 99 % der Geschäftsanteile" erworben habe. Damit könne die Beschwerdeführerin nach außen über "alle Geschäftsanteile" der S GmbH verfügen. Dadurch sei ein grunderwerbsteuerpflichtiger Tatbestand iS des § 1 Abs 3 Z 1 GrEStG verwirklicht worden.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid erachtet sich die Beschwerdeführerin durch Vorschreibung von Grunderwerbsteuer im Falle einer Treuhandschaft verletzt.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und legte

die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 1 Abs 3 Z 1 GrEStG 1987 unterliegt der Steuer, wenn zum Vermögen einer Gesellschaft ein inländisches Grundstück gehört, außerdem (das heißt neben den in den Abs 1 und 2 dieser Gesetzesstelle genannten Rechtsvorgängen) unter anderem ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrer Anteile der Gesellschaft begründet, wenn durch die Übertragung alle Anteile der Gesellschaft in der Hand des Erwerbers allein vereinigt werden würden.

Im Erkenntnis vom 14. Juni 1984, Zl 82/16/0069, hat der Verwaltungsgerichtshof mit ausführlicher Begründung dargelegt, dass die in § 1 Abs 3 Z 1 GrEStG 1955 in der auf den damaligen Beschwerdefall anzuwendenden Fassung - die in das GrEStG 1987 insoweit unverändert übernommen worden ist - enthaltenen Worte "in der Hand" strikt auszulegen seien: "In der Hand des Erwerbers" befänden sich die Anteile nur dann, wenn er selbst Eigentum an diesen Anteilen erworben hat, nicht aber bereits dann, wenn er auf Grund welcher Rechtsbeziehungen immer auf diese Anteile "greifen", das heißt allenfalls deren Übertragung an ihn fordern könne. Der Gerichtshof lehnte somit die Steuerpflicht einer "wirtschaftlichen" Anteilsvereinigung ab und verwies dabei auch auf zahlreiche Vorerkenntnisse, wonach erst durch die (rechtliche) Anteilsübertragung die Anteilsvereinigung iS des § 1 Abs 3 Z 1 GrEStG stattfinde. Der Verwaltungsgerichtshof habe (auch) dem Umstand einer von Anfang an bestehenden wirtschaftlichen Verfügungsmacht des Treugebers über den Gesellschaftsanteil kein rechtliches Gewicht beigemessen.

Die Beschwerdeführerin war auf Grund des "Abtretungs- und Treuhandvertrages" vom 16. Oktober 2000 von diesem Zeitpunkt an Treuhänderin hinsichtlich eines Zwerganteils in Höhe von 1% an der S. GmbH. Die Beschwerdeführerin geht - in Übereinstimmung mit dem Inhalt dieses Vertrags - davon aus, dass es sich dabei um eine "verdeckte Treuhandschaft" handelte. Mit dem Umgründungsvorgang vom 23. Oktober 2000 gelangte der restliche Geschäftsanteil von 99 % des Stammkapitals in die Hände der Beschwerdeführerin.

Wesensmerkmal der Treuhandschaft ist es, dass der Treuhänder eigene Rechte ausübt; er handelt im eigenen Namen und für fremde Rechnung. Bei der fiduziarischen Treuhand - auch vom Vorliegen einer solchen geht die Beschwerdeführerin zutreffend aus - ist der Treuhänder nach außen hin unbeschränkter Eigentümer (Vollberechtigter), im Innenverhältnis hingegen dem Treugeber obligatorisch verpflichtet, sein Eigentumsrecht (Vollrecht) im Interesse des Treugebers auszuüben (vgl das hg Erkenntnis vom 20. September 1984, Zl 82/16/0105).

Daraus folgt aber, dass auch ein Treuhänder als vollberechtigter Eigentümer der Anteile ein solcher Erwerber sein kann, in dessen Händen die Anteile vereinigt werden. Erwirbt jemand als Treuhänder Gesellschaftsanteile und vereinigt er dadurch alle Anteile in seinen Händen, so wird der Erwerb des Treuhänders selbst gemäß § 1 Abs 3 Z 1 GrEStG grunderwerbsteuerpflichtig (vgl das hg Erkenntnis vom 21. Jänner 1982, Zl 81/16/0021 mwH, sowie das oben angeführte Erkenntnis vom 14. Juni 1984, Zl 82/16/0069). Ebenso ist der an die äußere zivil- und formalrechtliche Gestaltung anknüpfende Tatbestand des § 1 Abs 3 Z 1 GrEStG 1987 erfüllt, wenn wie im Beschwerdefall ein Treuhänder die restlichen Anteile der Gesellschaft rechtsgeschäftlich erwirbt.

Die Beschwerde erweist somit als unbegründet, sodass sie gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl II Nr 201/2001.

Wien, am 23. Jänner 2003

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte