Normen
31992R2913 ZK 1992 Art203 Abs1;
31992R2913 ZK 1992 Art203;
BAO §166;
BAO §167 Abs2;
ZollRDG 1994 §72a;
ZollRDG 1994 §74 Abs2;
31992R2913 ZK 1992 Art203 Abs1;
31992R2913 ZK 1992 Art203;
BAO §166;
BAO §167 Abs2;
ZollRDG 1994 §72a;
ZollRDG 1994 §74 Abs2;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin, eine Spedition, reichte als Anmelder beim Hauptzollamt Salzburg im Zeitraum Juni 1995 bis Juli 1997 insgesamt 18 Anmeldungen ein, in denen als Empfänger "Ing. HD Handels GmbH" angegeben war. In 17 dieser Anmeldungen wurde als Gegenstand der Einfuhr "Bruchreis" der Warennummer 1006 4000 00 und in der Anmeldung vom 4. November 1996, WE-Nr. 690/000/905411/01/6, "Fragrant-Reis" der Warennummer 1006 3025 00 erklärt.
Den genannten 17 Anmeldungen waren - soweit in den vorgelegten Akten befindlich - Einfuhrlizenzen der Agrarmarkt Austria (AMA) für "White Rice Broken" (Handelsübliche Bezeichnung) /"Bruchreis" (Bezeichnung nach der Kombinierten Nomenklatur) mit dem KN-Code 1006 4000 sowie weitere Unterlagen wie "Packing list", "Certificate of origin" oder "Invoice" angeschlossen. In diesen Urkunden ist jeweils - ausgenommen in der Anmeldung vom 27. Juni 1995, WE-Nr. 690/000/902766/01/5 - in der Wortfolge "White Broken Rice" das Wort "Broken" unschwer erkennbar auf einer überlackten Stelle mit einer anderen Schreibmaschinschrift als der übrige Text geschrieben. Über die nicht beschriftete Rückseite dieser Urkunden ist in einigen Fällen klar das überlackte Wort "Fragrant" zu lesen.
Anlässlich der von der Beschwerdeführerin mit den Anmeldungen vom 4. Juni und 29. Juli 1997 beantragten Überführung der ebenfalls als "Bruchreis" erklärten Waren in den zollrechtlich freien Verkehr, wurden Muster gezogen. Die Überprüfung durch die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Technische Untersuchungsanstalt (TUA), ergab folgende gutachtliche Äußerungen:
"Grauweiße, durchschnittlich 7,0 mm lange und 2,0 mm breite zu einem geringen Teil gebrochene, harte Körner:
Reis mit einem geringen Anteil an Bruchreis; geschälter, vollständig geschliffener, nicht gedämpfter (d.h. nicht parboiled) langkörniger Reis mit einem Verhältnis der Länge zur Breite von mehr als 3.
Keine Originalpackung"
und
"Grauweiße durchschnittlich 7 mm lange und 2 mm breite, zu einem sehr geringen Teil gebrochene harte Körner: Kein Bruchreis, sondern Reis mit einem geringen Anteil an Bruchreis; geschälter vollständig geschliffener, langkörniger Reis mit einem Verhältnis der Länge zur Breite von mehr als 3; thermisch behandelt, jedoch weder vorgekocht noch gedämpft (parboiled). Keine Originalpackung."
Der Tarifierungsvorschlag lautete in beiden Fällen auf Warennummer 1006 3098 00. Diese beiden Importe sind nicht verfahrensgegenständlich.
In der anlässlich der Prüfung des Betriebes des Empfängers der Waren verfassten Niederschrift stellte der Prüfer fest:
"4.2. Feststellung der durchgeführten Bruchreisverzollungen:
Die Sendungen des Lieferanten S... wurden seit EU-Beitritt
als Bruchreis der KN-Position 1006 4000 901 zum freien Verkehr
abgefertigt. Zwei durchgeführte TUA-Untersuchungen des
eingeführten Reises ... ergaben jedoch, dass es sich bei der
untersuchten Ware um '... keinen Bruchreis, jedoch Reis mit einem
geringen Anteil an Bruchreis ...' der KN-Position 1006 3098 001 handelt.
...
Thai White Rice Broken
Diese Warenbezeichnung kommt nur bei der Re SD-147/95 vor. Obwohl die Ware als Bruchreis bezeichnet ist, kann auf Grund eines FOB-Preises von USD 495,00 pro Tonne davon ausgegangen werden, dass es sich um 'Thai White Fragrant Rice' handelt. Die FOB-Preise für Thai White Broken Rice bewegen sich nämlich zwischen USD 295,00 und 305,00 pro Tonne.
Thai White Fragrant Rice
Die genaue Waren- und Qualitätsbezeichnung lautet 'Thai White Fragrant Rice 100 % Grade A' (engl. Fragrant = wohlriechend, duftend). Diese überwiegend vom gepr. Unternehmen bezogene Ware hat eine FOB Bankok Preis pro Tonne zwischen USD 455,00 (1996) bis USD 800,00 (1997). Bei den diesbezüglichen Buchhaltungsrechnungen für 1996 ist in der Warenbezeichnung jeweils das Wort 'Fragrant' mit Korrekturlack übermalt. (Bei einigen Rechnungen wurde durch die Übermalung hindurch eindeutig - mit freiem Auge - das Wort 'Fragrant' gelesen). Bei den Rechnungen für die Verzollung wurde auf dem Korrekturlack mit Schreibmaschine das Wort 'Broken' eingefügt, sodass für die tarifarische Einreihung die Ware eindeutig als Bruchreis aufschien.
Thai White Broken Rice
In den Rechnungen SD-157/95 und SD 159/95 wurde zusätzlich zum Thai White Fragrant Rice jeweils eine kleine Menge von 'Thai White Broken Rice A.1 (Special)' angeführt und geliefert. Auf Grund der (unveränderten) Warenbezeichnung sowie eines FOB Bankok-Preises von USD 295,00 bzw. USD 305,00 pro Tonne ist davon auszugehen, dass es sich tatsächlich um Bruchreis handelt.
...
5.2. Feststellungen bei den Bruchreisverzollungen:
Im Zuge der Nachschau wurde anhand der Buchhaltungsrechnungen sowie der in Rechnung gestellten Preise festgestellt, dass die in der Anlage zu dieser Niederschrift mit Thai White Rice und Thai White Fragant Rice bezeichneten Waren denen der ...von der TUA-Wien untersuchten Waren entsprechen.
Hinsichtlich des Thai White Broken Rice (in den Rechnungen ... angeführt) wurde keine Übereinstimmung mit der Qualität 'Thai White Fragant Rice' bzw. den von der TUA untersuchten Waren festgestellt."
Mit dem an die "Firma HD" ergangenen Bescheid vom 17. Februar 1998 erfasste das Hauptzollamt Salzburg gemäß Art. 220 Abs. 1 Zollkodex (ZK) in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Zollrechts-Durchführungsgesetz (ZollR-DG) einen Betrag in der Höhe von S 2,438.270,-- an Zoll nachträglich buchmäßig, weil die im Zeitraum 1995 bis Juni 1997 entstandene Einfuhrzollschuld wegen unrichtiger Einreihung in die Warennomenklatur mit einem geringeren als dem gesetzlich geschuldeten Betrag buchmäßig erfasst worden ist. Ein buchmäßige Erfassung der Einfuhrumsatzsteuer erfolgte wegen Berechtigung des Bescheidadressaten zum Vorsteuerabzug nicht.
Zu diesem Bescheid erging im Instanzenzug der Bescheid des Vorsitzenden des Berufungssenates V der Region Linz bei der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 19. April 1999, mit dem die Beschwerde gegen die Berufungsvorentscheidung des Hauptzollamtes Salzburg als unzulässig zurückgewiesen wurde. Nach der vom Berufungssenatsvorsitzenden vertretenen Auffassung seien die an die "Firma" gerichteten Bescheide des Hauptzollamtes Salzburg an keine Rechtsperson ergangen und die Beschwerde sei mangels Beschwerdelegitimation als unzulässig zurückzuweisen gewesen.
Mit dem an "HD" (Empfänger) ergangenen Bescheid vom 4. Mai 1999 erfasste das Hauptzollamt Salzburg gemäß Art. 220 Abs. 1 ZK in Verbindung mit § 2 Abs. 1 ZollR-DG den Betrag an Zoll in Höhe von S 2,017.125,-- (EUR 146.590,19) nachträglich buchmäßig und nahm von der nachträglichen buchmäßigen Erfassung der Einfuhrumsatzsteuer wegen Berechtigung des Empfängers zum Vorsteuerabzug Abstand. Im Spruchpunkt 2. dieses Bescheides wurde die mit den näher bezeichneten Anmeldungen anlässlich der Überführung der (unrichtig) erklärten Waren in den zollrechtlich freien Verkehr buchmäßig erfasste Einfuhrzollschuld in der Höhe von S 311.264 (EUR 22,620,44) von Amts wegen gemäß Art. 236 ZK in Verbindung mit § 2 Abs. 1 ZollR-DG erstattet.
Mit Berufungsvorentscheidung vom 20. Jänner 2000 gab das Hauptzollamt Salzburg der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung statt und hob den Bescheid erster Instanz wegen Rechtswidrigkeit zur Gänze auf.
Mit insgesamt 18 Bescheiden vom 22. Mai 2000 teilte das Hauptzollamt Salzburg der Beschwerdeführerin für die im Zeitraum 28. Juni 1995 bis 10. Juli 1997 der zollamtlichen Überwachung entzogenen Waren gemäß Art. 203 Abs. 1 und 3 erster Gedankenstrich ZK iVm § 2 Abs. 1 ZollR-DG Zollbeträge von insgesamt S 3,344.547 und Einfuhrumsatzsteuerbeträge von insgesamt S 611.595,-- mit. Dies im Wesentlichen mit den gleich lautenden Begründungen, die Ermittlungen des Hauptzollamtes Salzburg hätten ergeben, dass in den in Rede stehenden Anmeldungen unrichtige Tarifnummern erklärt worden seien und die Warenbeschaffenheit auch sonst nicht so genau angegeben gewesen sei, dass die Waren der richtigen Tarifnummer zugeordnet werden könnten. Dadurch seien die tatsächlich in das Zollgebiet verbrachten Waren ohne Anmeldung und ohne Überlassung vom Amtsplatz verbracht und der zollamtlichen Überwachung entzogen worden. Damit sie die Zollschuld für die Beschwerdeführerin gemäß Art. 203 Abs. 1 und 3 erster Gedankenstrich ZK iVm § 2 Abs. 1 ZollR-DG entstanden.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, die Vorschreibung der Abgaben sei wegen eingetretener Verjährung rechtswidrig, die Zollschuld sei für die Beschwerdeführerin nicht nach Art. 203 Abs. 1 ZK entstanden und eine Vorschreibung der Einfuhrumsatzsteuer hätte nicht erfolgen dürfen, weil der Empfänger der Waren zum Vorsteuerabzug berechtigt sei.
Mit Berufungsvorentscheidung vom 21. Juni 2000 wies das Hauptzollamt Salzburg die Berufung als unbegründet ab.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde an den Berufungssenat, mit dem Einwand der Verjährung. Weiters wurde die Entstehung der Zollschuld nach Art. 203 Abs. 1 ZK in Abrede gestellt. Bekämpft wurde auch die Ermessensübung bei der Auswahl der Beschwerdeführerin als derjenigen, an die die nachträglich buchmäßig erfasste Eingangsabgabenschuld mitgeteilt wurde, sowie die nachträglich buchmäßig Erfassung der Einfuhrumsatzsteuer.
In einer Beschwerdeergänzung brachte die Beschwerdeführerin vor, gegen den Empfänger der Waren gäbe es bislang kein rechtskräftiges Straferkenntnis. Es gebe keinen Nachweis über die Reisqualität und keine Mitteilung der nachträglichen buchmäßigen Erfassung an den Warenempfänger. Die Abgaben hätten nicht in voller Höhe nachträglich buchmäßig erfasst werden dürfen und die Einfuhrumsatzsteuer wäre nicht nachträglich buchmäßig zu erfassen gewesen. Als Beweis wurde die Beischaffung eines näher bezeichneten Aktes des Landesgerichtes Salzburg, die Einvernahme des Warenempfängers als Auskunftsperson und die Beischaffung von Abgabenbescheiden beantragt.
Mit Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 10. Mai 2001, GZ 37 Vr 3130/98-26, wurde der Empfänger hinsichtlich der in Rede stehenden Einfuhren des Finanzvergehens der gewerbsmäßigen Hinterziehung von Eingangsabgaben nach den §§ 35 Abs. 2, 38 Abs. 1 lit. a FinStrG schuldig erkannt und deswegen mit einer Geldstrafe in der Höhe von S 4 Mio. (Ersatzfreiheitsstrafe vier Monate) sowie mit einer Wertersatzstrafe von 7,492.628 (Ersatzfreiheitsstrafe siebeneinhalb Monate) bestraft.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Beschwerde an den Berufungssenat teilweise Folge und setzte die Abgaben wie folgt fest:
"WE-Nr. | Zeitpunkt d. Zollschuld - entstehung | Z5 in ATS | EUSt in ATS |
690/000/ 905788/01/6 | 28.11.1996 | 0,00 | 32.434,00 |
690/000/ 902766/01/5 | 28.06.1995 | 0,00 | 31.941,00 |
690/000/ 905746/01/5 | 12.12.1995 | 0,00 | 27.538,00 |
690/000/ 905908/01/5 | 21.12.1995 | 0,00 | 27.992,00 |
690/000/ 900833/01/6 | 15.02.1996 | 0,00 | 27.880,00 |
690/000/ 901175/01/6 | 07.03.1996 | 0,00 | 29.323,00 |
690/000/ 902167/01/6 | 07.05.1996 | 0,00 | 29.850,00 |
690/000/ 901606/01/6 | 02.04.1996 | 0,00 | 28.584,00 |
690/000/ 902577/01/6 | 29.05.1996 | 0,00 | 29.753,00 |
600/000/ 801599/01/6 | 12.06.1996 | 0,00 | 30.687,00 |
690/000/ 903085/01/6 | 25.06.1996 | 0,00 | 30.687,00 |
690/000/ 903535/01/6 | 22.07.1996 | 0,00 | 29.425,00 |
690/000/ 903740/01/6 | 02.08.1996 | 0,00 | 29.495,00 |
690/000/ 904547/01/6 | 23.09.1996 | 0,00 | 29.903,00 |
690/000/ 905411/01/6 | 05.11.1996 | 0,00 | 63.246,00 |
690/000/ 906179/01/6 | 23.12.1996 | 0,00 | 32.307,00 |
600/000/ 801333/05/7 | 16.04.1997 | 0,00 | 67.096,00 |
690/000/ 903551/01/7 | 10.07.1997 | 158.620,00 | 33.454,00 |
Summe | 158.620,00 | 611.595,00" |
In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, für den erkennenden Senat stehe - gleich wie im Urteil des Landesgerichtes Salzburg - unzweifelhaft fest, dass die von der Beschwerdeführerin vorgelegten Anmeldungen nicht die tatsächlich gestellten Waren benannt hätten. Nach den Ermittlungsergebnissen der beim Empfänger durchgeführten Zollbetriebsprüfung hätte die tarifliche Einreihung der Waren nach den Allgemeinen Vorschriften für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur (KN) auf Grund ihrer tariflichen Beschaffenheit in die Warennummer 1006 3098 90 erfolgen müssen. Dies auch unter dem Gesichtspunkt, dass vom Empfänger der Waren eingewendet worden sei, dass die Preisgestaltung allenfalls auch davon abhängig gewesen sei, welches Mischungsverhältnis zwischen Langkornreis und Bruchreis vorhanden gewesen sei. Die Untersuchungsbefunde der TUA hätten in den beiden geprüften Proben nur einen sehr geringen Teil gebrochener Körner festgestellt und die Ware als Langkornreis definiert. Ein allenfalls vorhandener Mischungsanteil an Bruchreis sei als sehr gering anzusehen gewesen. Für die Beweiswürdigung der belangten Behörde seien folgende Erwägungen ausschlaggebend gewesen:
Die Stichproben bei zwei Lieferungen, die zwar nicht verfahrensgegenständlich gewesen seien, aber solche Waren betroffen hätten, die - wie der Empfänger ausgesagt habe - im Rahmen eines Gesamtauftrages geliefert worden seien, hätten nach der gutachtlichen Äußerung der TUA Langkornreis ergeben. Die Überlackungen und Überschreibungen in den Lieferantenrechnungen sowie anderen Lieferunterlagen (Pack- bzw. Ladelisten und Ursprungszeugnisse sowie in einem Fall sogar die "Bill of Lading") seien Manipulationen, die die tatsächliche Warenart verdunkeln sollten. Diese Annahme werde durch das Auffinden einer unverfälschten Rechnung und anderer unverfälschter Unterlagen bekräftigt. Die Preise für die auf den manipulierten Ankaufsrechnungen angegebenen Waren hätten denen für Langkornreis entsprochen. Bei der zollamtlichen Kontrolle der letzten sechs Container, die nicht mehr in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführt worden seien, seien jeweils Langkornreis und wenige Säcke Bruchreis vorgefunden worden. Auffallend sei auch gewesen, dass als "Deckladung" bei fünf Containern die Säcke mit Bruchreis -
für den Fall einer stichprobenweisen Beschau - unmittelbar hinter der Containertür gelagert gewesen seien. Nur bei einem Container seien die Säcke mit Bruchreis offensichtlich nach einer vorangegangenen teilweisen Entladung und anschließenden ungeordneten Wiederbeladung unter jenen mit Langkornreis gemischt gewesen. Nach Ansicht der belangten Behörde könne die Beschwerdeführerin mit ihrem Hinweis auf die Aussage des Empfängers, dieser habe die Ware als "Bruchreis" weiterverkauft, nichts gewinnen, weil dieser durch den erheblich niedrigeren Eingangsabgabenbetrag einen entsprechend größeren Profit erreichen und hiedurch die Ware zu wesentlich günstigeren Preisen als Bruchreis anbieten hätte können. Eine neuerliche Befragung des Warenempfängers zur selben von diesem bereits beantworteten Frage erachte die belangte Behörde als für den maßgebenden Sachverhalt "nicht zweckdienlich".
Die verfahrensgegenständlichen Waren seien dem Zollamt gestellt worden. Die schriftliche Anmeldung müsse alle Angaben enthalten, die zur Anwendung der Vorschriften über das Zollverfahren, zu dem die Waren angemeldet werden, erforderlich seien. Als Minimalerfordernisse seien bei einer Anmeldung zum zollrechtlich freien Verkehr u.a. zwingend die Felder 31 und 33 der Anmeldungen auszufüllen. Im Feld 31 sei als Warenbezeichnung die übliche Handelsbezeichnung der Ware anzugeben, die so genau sein müsse, dass die sofortige und eindeutige Identifizierung und die unmittelbare und richtige Einreihung der Ware in die KN möglich sei. Im Feld 33 der Anmeldungen sei die Kennziffer der betreffenden Warenposition anzugeben. Die Angaben in diesen Feldern 31 und 33 der Anmeldungen seien nicht geeignet gewesen, die Waren als jene zu identifizieren, die sie zolltariflich gewesen seien. Die Beschwerdeführerin habe mit ihren schriftlichen Anmeldungen anstatt des gestellten vollständig geschliffenen Reises der Warennummer 1006 3098, Bruchreis der Warennummer 1006 4000 bzw. in einer Anmeldung der Warennummer 1006 3025 angemeldet. Die Beschwerdeführerin habe daher für die gestellten Waren keine Zollanmeldung abgegeben und diese seien daher auch nicht zur Verfügung des Zollanmelders im Sinne des Art. 73 ZK überlassen worden, weil eine Überlassung nur für Waren erteilt werde, die Gegenstand einer Anmeldung seien. Für Waren, für welche keine Anmeldung eingereicht worden sei, habe eine Zollschuld nach Art. 201 Abs. 1 Buchstabe a und Abs. 2 ZK nicht entstehen können. Für die gestellten, aber nicht angemeldeten Waren sei die Zollschuld nach Art. 203 Abs. 1 ZK durch Entziehung aus der zollamtlichen Überwachung entstanden. Zollschuldner sei gemäß Art. 203 Abs. 3 ZK erster Anstrich die Person, welche die Ware der zollamtlichen Überwachung entzogen habe. Bei dieser komme es auf subjektive Umstände der Tatbestandsverwirklichung nicht an. Es sei daher unbeachtlich, ob die Beschwerdeführerin oder ihre Mitarbeiter ein Verschulden daran treffe, dass nicht vorhandene Waren angemeldet worden seien. Die Beschwerdeführerin habe als indirekte Vertreterin des Warenempfängers gemäß Art. 5 Abs. 2 zweiter Anstrich ZK im eigenen Namen aber für Rechnung des von ihr Vertretenen gehandelt. Ihr sei es oblegen, die gestellten Waren zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr anzumelden bevor sie vom Ort der Gestellung wieder weggebracht und dem Zugriff und damit der Überwachung durch die Zollbehörde entzogen werden. Es wäre der Beschwerdeführerin auch möglich und zumutbar gewesen, sich davon zu überzeugen, ob die gestellten Waren auch mit den von ihr angemeldeten Waren übereinstimmten. Die Entziehung der Waren aus der zollamtlichen Überwachung sei der Beschwerdeführerin zuzurechnen. Im Beschwerdefall hätten als Zollschuldner die Beschwerdeführerin als jene Person, die als Handelnde bzw. Entziehende und der Erwerber in Betracht kommen können. Bei der Entscheidung, einen der beiden Gesamtschuldner in Anspruch zu nehmen, habe die Zollbehörde eine Auswahl treffen müssen. Die Beschwerdeführerin habe als indirekte Vertreterin des Warenempfängers gehandelt und im Innenverhältnis habe ein Auftragverhältnis zwischen ihr als Speditionsunternehmen und dem Empfänger als ihrem Kunden bestanden. Die der Beschwerdeführerin nach der Verzollung mitgeteilten Abgaben würden von ihr dem Kunden weiterverrechnet. Die Inanspruchnahme der Beschwerdeführerin sei daher auch nicht unbillig. Dass gegen den Empfänger, nicht aber gegen die Beschwerdeführerin und ihre Mitarbeiter ein Strafverfahren geführt werde, habe in Anbetracht der Nähe der Beschwerdeführerin zur Zollschuldentstehung in den Hintergrund zu treten.
Nach § 72a ZollR-DG habe die nachträgliche buchmäßige Erfassung von Einfuhrumsatzsteuer gemäß Art. 220 ZK in Verbindung mit Art. 201 ZK, die Festsetzung von Einfuhrumsatzsteuer in Bescheiden gemäß § 201 BAO sowie die Abänderung der Festsetzung der Einfuhrumsatzsteuer im Rechtsbehelfsweg zu unterbleiben, soweit der Empfänger für diese Abgabe nach den umsatzsteuerrechtlichen Vorschriften zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt sei, es sei denn, der Steuerschuldner verlange anderes ausdrücklich.
Im Fall der Zollschuldentstehung nach Art. 203 ZK sei die Abstandnahme von der nachträglichen buchmäßigen Erfassung der Einfuhrumsatzsteuer unzulässig.
Hinsichtlich der Verjährung führte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid aus, betreffend die am 10. Juli 1997 entstandene Abgabenschuld sei die Abgabenvorschreibung mit Bescheid vom 22. Mai 2000 innerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist erfolgt. In den anderen Fällen sei die zehnjährige Verjährungsfrist zum Tragen gekommen. Für die Vorschreibung der Einfuhrumsatzsteuer sei allein die Feststellung der Hinterziehung dieser Abgabe maßgeblich, ohne dass es darauf ankomme, in welchem Zeitpunkt die Zollbehörde den Abgabenbetrag genau ermitteln habe können. Diese Feststellung könne auch von der Zollbehörde unabhängig von einem Finanzstrafverfahren getroffen werden. Für die Zulässigkeit der verlängerten Verjährungsfrist sei es unerheblich, welche Person die Hinterziehung der Eingangsabgaben begangen habe. Bei hinterzogenen Eingangsabgaben betrage die Verjährungsfrist zehn Jahre, bei Einfuhrabgaben jedoch nur dann, wenn die Zollbehörden den gesetzlich geschuldeten Abgabenbetrag infolge eines ausschließlich vor einem Gericht oder einem Spruchsenat zu verfolgenden Finanzvergehens nicht oder nicht genau ermitteln hätten können. Die belangte Behörde habe nicht berücksichtigt, dass die Ermittlung des gesetzlich geschuldeten Zolles als Einfuhrabgabe nicht abhängig davon gewesen sei, dass das durch den Empfänger begangene Finanzvergehen ausschließlich vor einem Gericht zu verfolgen gewesen sei. Wegen Eintritt dieser Festsetzungsverjährung hätte die nachträgliche buchmäßige Erfassung des Zolls mit Ausnahme des einen im Spruch genannten Falles unterbleiben müssen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Nichtvorschreibung der Abgaben verletzt.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Mit Urteil vom 28. Mai 2002, Zl. 11OS 129/01-7, gab der OGH der Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 10. Mai 2001 Folge, hob das angefochtene Urteil auf und verwies die Strafsache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück; dies im Wesentlichen mit der Begründung, die Feststellung des Urteiles, der Empfänger habe in allen ihm angelasteten Fällen Langkornreis aus Asien bestellt und erhalten, sei unzureichend begründet; außerdem hafte diesem Urteil auch Unvollständigkeit an.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin bekämpft in ihrer Beschwerde zunächst die Beweiswürdigung der belangten Behörde, indem sie behauptet, von zwei nicht verfahrensgegenständlichen Sendungen, die nach einem "Gutachten" statt Bruchreis Langkornreis enthalten hätten, werde auf den Inhalt der anderen zum Teil zwei Jahre zurückliegenden Sendungen geschlossen. Nach den Aussagen des Empfängers habe dieser stets Bruchreis bestellt und weiter verrechnet. Es sei die Einvernahme des Empfängers beantragt und nicht durchgeführt worden.
Die belangte Behörde stützte ihre Beweiswürdigung nicht nur auf zwei "Stichproben", die von zwei nicht verfahrensgegenständlichen Sendungen gezogen wurden, sondern auch auf einen "Gesamtauftrag" für diese Sendungen, die Überlackungen und Überschreibungen auf den den Anmeldungen beigelegten Unterlagen, auf das Auffinden einer unverfälschten Rechnung und anderer Lieferunterlagen, die Unterschiede der Preise für Bruchreis und Langkornreis und eine zollamtliche Kontrolle der letzten sechs nicht verfahrensgegenständlichen Container und deren Art und Weise der Verladung.
Allerdings wird bei der Beweiswürdigung übersehen, dass in der Anmeldung vom 4. November 1996 "Fragrant Rice" mit der Warennummer 1006 63025 00 erklärt wurde und den die Sendung nach den in den Verwaltungsakten zu der Anmeldung beigelegten Unterlagen "White Fragrant Rice 100 %" beinhaltete. In diesem Fall lag keine Erklärung von "Bruchreis" vor. Aus welchen Gründen auch in diesem Fall die buchmäßige Erfassung eines geringeren Zollbetrages erfolgte, wird in der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht konkret und nachvollziehbar dargestellt.
Des Weiteren wurde von der Beschwerdeführerin in der Beschwerde(-ergänzung) und in der mündlichen Verhandlung die Einvernahme des Empfängers beantragt. In der mündlichen Verhandlung stellte die Beschwerdeführerin den Antrag auf Einvernahme des Empfängers zum Nachweis, dass dieser die in Rede stehenden Waren als Bruchreis und nicht als Langkornreis weiterverkauft habe. In der Beschwerde wird diese Nichteinvernahme des Empfängers gerügt und dabei vorgebracht, der Empfänger hätte bestätigt, dass er stets nur Bruchreis importiert und Bruchreis an seine Kunden weiterverkauft und fakturiert habe. Die belangte Behörde hätte dann zu dem Ergebnis kommen müssen, dass der Vorwurf, auch bei den früheren Sendungen sei Langkornreis statt deklarierten Bruchreises eingeführt worden, unrichtig bzw. nicht nachweisbar sei.
Wenn die belangte Behörde die Nichteinvernahme des Empfängers damit begründet, dass die neuerliche Befragung zur selben von diesem bereits beantworteten Frage als für den maßgeblichen Sachverhalt "nicht zweckdienlich" sei, dann nimmt sie damit das Ergebnis dieser Beweisaufnahme vorweg.
Ob ein bestimmtes Beweismittel geeignet ist, den Wahrheitsgehalt einer konkreten, im Abgabenverfahren strittigen Tatsache darzutun, kann erst nach Aufnahme des Beweises im Rahmen der freien Beweiswürdigung beurteilt werden. Die Abgabenbehörde darf daher ein objektiv taugliches Beweismittel nicht mit Gründen ablehnen, die die Aussagefähigkeit vorweg nimmt. Die Behörde würde ansonsten die ihr obliegende Verpflichtung zur vollständigen Ausschöpfung aller Beweismittel verletzen; so beispielsweise, wenn die Behörde die Einvernahme einer Person nur deshalb ablehnt, weil sie annimmt, dass diese nichts Anderes aussagen könne, als sie schon früher schriftlich erklärt habe. In diesen Fällen kann zweifelsohne erst nach Durchführung der betreffenden Beweise beurteilt werden, ob das Beweismittel zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes geeignet ist oder nicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Oktober 1992, Zl. 91/16/0129).
Aus diesen Gründen erweist sich der angefochtene Bescheid mit Verfahrensmängeln behaftet.
Unter der Annahme, in den jeweiligen Sendungen habe sich nicht der in der Anmeldung erklärte Bruchreis der Warennummer 1006 4000, sondern Reis der Warennummer 1006 3898 befunden, konnte die belangte Behörde im Beschwerdefall in ihrer zollschuldrechtlichen Würdigung von der Verwirklichung des Tatbestandes des Art. 203 Abs. 1 ZK ausgehen. Es wurden nämlich nicht die in den Anmeldungen erklärten und durch die vorgelegten Unterlagen belegten Waren, sondern unter Täuschung der Zollbehörden Waren anderer handelsüblicher Bezeichnung und mit niedrigeren Zollsätzen belastet in den zollrechtlichen freien Verkehr übergeführt. In den Anmeldungen wurde nicht bloß allgemein "Reis" erklärt, sondern "Bruchreis", der in eine bestimmte aber andere als die erklärte Warennummer einzureihen ist.
Als Anmelder war die Beschwerdeführerin Inhaberin des Zollverfahrens und deshalb auch Zollschuldnerin nach Art. 203 ZK (vgl. Witte, Zollkodex-Kommentar3, Art. 203, Rz 16 ff).
Im Fall der Vorschreibung der Abgaben nach Art. 203 ZK kann von der Vorschreibung der Einfuhrumsatzsteuer für Personen, die zum Vorsteuerabzug berechtigt sind, nach den Bestimmungen des § 72a ZollR-DG, wie die belangte Behörde mit Recht feststellte, nicht Abstand genommen werden.
Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid die Ermessensentscheidung über die Heranziehung der Beschwerdeführerin als Gesamtschuldnerin begründet. Wiewohl auch Umstände für die Heranziehung des Empfängers der Waren als Gesamtschuldner sprächen, insbesondere weil ihm auch finanzstrafrechtlich relevantes Verhalten im Zusammenhang mit der Einfuhr der in Rede stehenden Waren vorgeworfen wird, kann von dem behaupteten Ermessensmissbrauch aus den im angefochtenen Bescheid näher dargestellten Gründen keine Rede sein.
Die Beschwerdeführerin brachte auch vor, die nachträgliche buchmäßige Erfassung sei wegen eingetretener Verjährung unzulässig.
Gemäß Art. 221 Abs. 3 ZK in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung darf die Mitteilung an den Zollschuldner nach Ablauf einer Frist von drei Jahren nach dem Zeitpunkt des Entstehens der Zollschuld nicht mehr erfolgen. Konnten die Zollbehörden jedoch auf Grund einer strafbaren Handlung den gesetzlich geschuldeten Abgabenbetrag nicht genau ermitteln, so kann die Mitteilung noch nach Ablauf der genannten Dreijahresfrist erfolgen, sofern dies nach geltendem Recht vorgesehen ist.
Gemäß § 74 Abs. 2 in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung des ZollR-DG beträgt die Verjährungsfrist bei Eingangs- und Ausgangsabgaben drei Jahre ab dem Zeitpunkt des Entstehens der Abgabenschuld. Bei hinterzogenen Eingangs- und Ausgangsabgaben beträgt diese Frist zehn Jahre, bei Einfuhr- und Ausfuhrabgaben jedoch nur dann, wenn die Zollbehörden den gesetzlich geschuldeten Abgabenbetrag infolge eines ausschließlich vor einem Gericht oder einem Spruchsenat zu verfolgenden Finanzvergehens nicht oder nicht genau ermitteln konnten.
Mit Recht stellte die belangte Behörde fest, dass in einem Fall die Mitteilung der nachträglichen buchmäßigen Erfassung innerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist erfolgt ist. Für die Anwendung der zehnjährigen Verjährungsfrist - im Beschwerdefall hat die belangte Behörde die Ansicht vertreten, dass in den übrigen 17 Fällen nur die Einfuhrumsatzsteuer nachträglich buchmäßig zu erfassen sei - ist die Feststellung der Hinterziehung der Abgaben erforderlich. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der in Anspruch genommene Zollschuldner die Abgaben selbst hinterzogen hat. Die belangte Behörde hat es aber unterlassen, begründete und nachvollziehbare Feststellungen über die Hinterziehung der im Beschwerdefall buchmäßig erfassten Abgaben durch eine bestimmte Person zu treffen. Die Hinterziehung der Abgaben und damit die Zulässigkeit der Anwendung der zehnjährigen Verjährungsfrist blieb im angefochtenen Bescheid unbegründet. Insofern ist der angefochtene Bescheid mit einem weiteren Begründungsmangel behaftet.
Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften behaftet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003, insbesondere deren § 3 Abs. 2.
Wien, am 26. Februar 2004
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