Normen
21994A1231(24) AssAbk Bulgarien Art45 Abs1;
21994A1231(24) AssAbk Bulgarien Art59 Abs1;
61999CJ0235 Kondova VORAB;
EURallg;
FrG 1997 §18 Abs1 Z2;
FrG 1997 §18;
FrG 1997 §22;
FrG 1997 §23 Abs1;
FrG 1997 §23 Abs2;
NLV 2001;
21994A1231(24) AssAbk Bulgarien Art45 Abs1;
21994A1231(24) AssAbk Bulgarien Art59 Abs1;
61999CJ0235 Kondova VORAB;
EURallg;
FrG 1997 §18 Abs1 Z2;
FrG 1997 §18;
FrG 1997 §22;
FrG 1997 §23 Abs1;
FrG 1997 §23 Abs2;
NLV 2001;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein bulgarischer Staatsangehöriger, verfügte über einen Sichtvermerk vom 22. Oktober 1996 bis 22. Jänner 1997, über eine Aufenthaltsbewilligung vom 12. Mai 1997 bis 12. Mai 1998 sowie zuletzt über eine Aufenthaltserlaubnis als Student mit einer Gültigkeitsdauer vom 12. März 2001 bis 31. März 2002.
Mit Antrag vom 8. Mai 2001 beantragte der Beschwerdeführer die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "selbstständige Erwerbstätigkeit"; er gab an, das Gewerbe der Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen auszuüben und legte diesbezüglich einen Gewerbeschein vom 3. April 2001 vor.
Der Landeshauptmann von Wien wies mit Bescheid vom 26. September 2001 diesen Antrag gemäß § 23 Abs. 2 des Fremdengesetzes 1997, BGBl. I Nr. 75/1997 (FrG 1997), auf Grund der Ausschöpfung der zur Verfügung stehenden Bewilligungen ab. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die in der Niederlassungsverordnung 2001 (NLV 2001) für das Bundesland Wien im Jahr 2001 festgelegte Anzahl an Niederlassungsbewilligungen für Drittstaatsangehörige zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit sowie für deren Ehegatten und minderjährige, unverheiratete Kinder mit 5. April 2001 ausgeschöpft gewesen, der Antrag daher gemäß § 23 Abs. 2 FrG 1997 abzuweisen gewesen sei.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 6. November 2001 wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 23 Abs. 2 FrG 1997 ab. Nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens, des Wortlautes des § 23 Abs. 2 und § 18 Abs. 2 FrG 1997 stellte die belangte Behörde fest, dem Beschwerdeführer sei zuletzt am 12. März 2001 eine Aufenthaltserlaubnis für den Aufenthaltszweck "Student" mit einer Gültigkeit bis zum 31. März 2002 ausgestellt worden. Am 8. Mai 2001 habe der Beschwerdeführer den gegenständlichen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung eingebracht. Die dem Beschwerdeführer erteilte Aufenthaltserlaubnis sei nicht der Quotenpflicht unterworfen gewesen und habe diesen nicht zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit berechtigt. Mit dem gegenständlichen Antrag habe er um die Erteilung einer "quotenpflichtigen" Niederlassungsbewilligung zum Zweck "jeglicher Aufenthaltszweck" angesucht. Im Hinblick auf § 23 Abs. 2 FrG 1997 sei eine Änderung des Aufenthaltszweckes jedoch nur dann möglich, wenn ein dafür entsprechender Quotenplatz zur Verfügung stehe. Auf Grund der Tatsache, dass seit 5. April 2001 die gemäß § 3 Abs. 9 Z. 2 Niederlassungsverordnung 2001 festgelegte Anzahl der Niederlassungsbewilligungen für Drittstaatsangehörige zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit sowie für deren Ehegatten und minderjährige unverheiratete Kinder für das Bundesland Wien ausgeschöpft sei, habe dem Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für diesen Aufenthaltszweck nicht stattgegeben werden können; die Berufung sei daher abzuweisen gewesen.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die Behandlung der parallel an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid wurde von diesem mit Beschluss vom 4. März 2003, B 1694/01-12, abgelehnt.
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof bringt der Beschwerdeführer unter dem Aspekt der inhaltlichen Rechtswidrigkeit vor, die belangte Behörde habe das "Europaabkommen" verletzt. Für ihn als bulgarischen Staatsangehörigen und selbstständig Erwerbstätigen gelte das am 8. März 1993 zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedsstaaten einerseits und der Republik Bulgarien andererseits abgeschlossene "Europaabkommen" zur Gründung einer Assoziation (ABl. 1994 L 358/3); dieses Abkommen sei am 1. Februar 1995 in Kraft getreten. Die Bestimmungen dieses Abkommens, die eine Niederlassungsfreiheit einräumten, seien unmittelbar anwendbar; der Beschwerdeführer, der eine Gewerbeberechtigung für Kleintransporte in Österreich besitze und sich am Wirtschaftsleben in Österreich beteilige, erfülle die Erfordernisse dieses Abkommens. Es sei daher davon auszugehen, dass das im Art. 45 Abs. 1 des Abkommens genannte Niederlassungsrecht auch ein Aufenthaltsrecht in sich berge, wobei die Einreise- und Aufenthaltsrechte der bulgarischen Staatsangehörigen als Nebenrechte des Niederlassungsrechtes nicht schrankenlos gewährleistet seien und gegebenenfalls durch die Vorschriften des Aufnahmemitgliedsstaates über Einreise, Aufenthalt und die Niederlassung bulgarischer Staatsangehöriger beschränkt werden könne (siehe das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) vom 27. September 2001, Rs. C- 235/99 , Kondova).
Die genannten Regelungen über die Einreise und den Aufenthalt von bulgarischen Staatsangehörigen, die sich auf die Bestimmungen des Abkommens berufen könnten, dürften gemäß Art. 59 Abs. 1 leg. cit. nicht derart gestaltet werden, dass die aus dem Abkommen abgeleiteten Rechte zunichte gemacht oder verringert würden. Diesbezüglich habe der EuGH bereits judiziert, dass solche Maßnahmen vier Voraussetzungen erfüllen müssten (vgl. das Urteil des EuGH vom 30. November 1995, Rs. C-55/94 , Gebhart, Slg. 1995, I- 4165, Rn 39). Solche Maßnahmen dürften demnach nur in nicht diskriminierender Weise angewandt werden, müssten aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt und geeignet sein, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Zieles zu gewährleisten und dürften nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Zieles erforderlich sei. Der angefochtene Bescheid erfülle diese Kriterien mit Sicherheit nicht.
Die Wortfolge in Art. 59 Abs. 1 des Abkommens, "zunichte gemacht oder verringert werden" sei in keiner anderen Quelle des Gemeinschaftsrechtes auffindbar. Diese Wendung werde in GATT- bzw. WTO-Abkommen verwendet; in diesem Kontext würden zwei Fälle des staatlichen Handelns als solche bewertet, die die genannten Rechte zunichte machten oder verringerten, nämlich staatliche Beihilfen und mengenmäßige Beschränkungen. So habe der EuGH bereits festgestellt, dass die mengenmäßige Beschränkung eine Hinderung des freien Warenverkehrs bedeute (siehe EuGH, Rs. 8/74, Dassonville, Slg. 1974, 837). Das Quotensystem des FrG 1997 stelle auch eine "mengenmäßige Beschränkung" dar und sei daher ein unzulässiges Hindernis, welches geeignet sei, die gewährten Rechte zunichte zu machen oder zu verringern.
Es sei für einen selbstständig Erwerbstätigen unmöglich, seine Erwerbstätigkeit auszuüben oder eine Firma zu führen, wenn nach Antragstellung je nach der Quotenbewirtschaftung der Behörde jahrelang auf die beantragte Bewilligung gewartet werden müsse. Die eine Verlängerung eines sonstigen Aufenthaltstitels beantragenden Ausländer würden gegenüber Neuzuwanderern, auf die § 22 FrG 1997 anzuwenden sei, zusätzlich benachteiligt und diskriminiert. Weil in Österreich die Quoten äußerst knapp bemessen seien, müsse ein Ausländer wie der Beschwerdeführer jedes Jahr neu ansuchen und würde, weil Neuzuwanderer schon in der Warteschlange seien, nicht zum Zug kommen. Für Fremde, die bereits über einen Aufenthaltstitel verfügten, wäre es daher unmöglich, eine Niederlassungsbewilligung zu erlangen. Dem FrG 1997 sei diesbezüglich auch ein Wertungswiderspruch immanent, weil es entgegen dem in den Materialien postulierten Grundsatz "Integration vor Neuzuzug" Neuzuwanderer bevorzuge und integrierte Ausländer vor der Erlangung einer Niederlassungsbewilligung ausschließe.
Unter neuerlichem Hinweis auf das bereits zitierte Urteil des EuGH vom 27. September 2001 (Kondova) führt der Beschwerdeführer weiter aus, die Regelung der Zuwanderung mittels Quoten falle mit Sicherheit auch unter allgemeine Zugangsbeschränkungen, was vom EuGH als unzulässig angesehen worden sei. Aus diesem Grund seien die genannten Bestimmungen des FrG 1997 mit den Vorgaben des "Europa-Abkommens" nicht vereinbar und könnten daher auf Grund des Anwendungsvorganges des Gemeinschaftsrechts im vorliegenden Fall nicht angewandt werden.
Unter dem Aspekt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften macht der Beschwerdeführer geltend, die belangte Behörde hätte aktenwidrig festgestellt, er habe um eine Niederlassungsbewilligung zum Zweck "jeglicher Aufenthaltszweck" angesucht; er habe hingegen nur um eine solche mit dem Aufenthaltszweck "selbstständige Erwerbstätigkeit" angesucht. Weiters macht der Beschwerdeführer eine Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhaltes geltend, weil sich die belangte Behörde mit der von ihm beantragten selbstständigen Erwerbstätigkeit inhaltlich nicht auseinander gesetzt und es zudem verabsäumt habe, das Gemeinschaftsrecht anzuwenden; es handle sich dabei um ein von Amts wegen als inländisches Recht anzuwendendes Recht, welches auch im Rahmen der rechtlichen Beurteilung durch die Verwaltungsbehörde zu berücksichtigen gewesen wäre.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 22 FrG 1997 lautet:
"§ 22. Eine quotenpflichtige Erstniederlassungsbewilligung darf nur erteilt werden, wenn die für den Fremden samt dem Familiennachzug nach § 21 Abs. 2 erforderlichen Bewilligungen in dem Land der beabsichtigten Niederlassung nach der Niederlassungsverordnung noch zur Verfügung stehen. Wird die Erstniederlassungsbewilligung erteilt, so vermindert sich diese Zahl entsprechend. Ist die Zahl bereits ausgeschöpft, so ist die Entscheidung über die zu diesem Zeitpunkt anhängigen und über die danach einlangenden Anträge, denen im Falle noch zur Verfügung stehender Bewilligungen stattzugeben wäre, so lange aufzuschieben, bis in einer nachfolgenden Niederlassungsverordnung auf sie Bedacht genommen werden kann. § 73 AVG und § 27 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985-VwGG, BGBl. Nr. 10, sind nur insoweit anwendbar, als die Zeit des zulässigen Aufschubes überschritten wird."
§ 23 Abs. 2 FrG 1997 lautet:
"(2) Beabsichtigen Fremde in Österreich - nach Ablauf oder während der Gültigkeitsdauer des ihnen zuletzt erteilten Aufenthaltstitels oder nach einer Einschränkung gemäß Abs. 1 neuerlich - eine quotenpflichtige unselbstständige Erwerbstätigkeit auszuüben, so ist ihnen auf Antrag eine weitere Niederlassungsbewilligung dann zu erteilen, wenn für sie eine Sicherungsbescheinigung oder eine Beschäftigungsbewilligung ausgestellt wurde oder sie über eine Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein verfügen; die Erteilung dieser weiteren Niederlassungsbewilligung verringert jedoch die in der Niederlassungsverordnung festgelegte Anzahl an Bewilligungen gemäß § 18 Abs. 1 Z. 1 oder 2 um eine. Solchen Fremden steht der Familiennachzug gemäß § 21 offen. § 22 gilt mit der Maßgabe, dass der Antrag bei Ausschöpfung der zur Verfügung stehenden Bewilligungen abzuweisen ist. Für sonstige quotenpflichtige Aufenthaltszwecke gelten die nicht auf das Ausländerbeschäftigungsgesetz bezogenen Bestimmungen dieses Absatzes mit der Maßgabe, dass die Erteilung der weiteren Niederlassungsbewilligung die in der Niederlassungsverordnung festgelegte Anzahl an Bewilligungen gemäß § 18 Abs. 1 Z. 2 oder Abs. 4 verringert."
§ 18 FrG 1997 lautet (auszugsweise):
"§ 18. (1) Die Bundesregierung hat im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates mit Verordnung für jeweils ein Jahr die Anzahl der Niederlassungsbewilligungen festzulegen, die
1. Führungs- und Spezialkräften (Abs. 6) und deren Ehegatten und minderjährigen unverheirateten Kindern,
2. anderen Drittstaatsangehörigen zur Ausübung einer selbstständigen oder unselbstständigen Erwerbstätigkeit sowie deren Ehegatten und minderjährigen unverheirateten Kindern, sowie
3. Familienangehörigen Drittstaatsangehöriger, die sich vor dem 1. Jänner 1998 in Österreich niedergelassen haben,
höchstens erteilt werden dürfen (Niederlassungsverordnung). Die Bundesregierung hat dabei die Entwicklung eines geordneten Arbeitsmarktes sicherzustellen und in der Verordnung die Bewilligungen so auf die Länder aufzuteilen, wie es deren Möglichkeiten und Erfordernissen entspricht.
...
(4) In der Niederlassungsverordnung hat die Bundesregierung schließlich die Höchstzahl jener Niederlassungsbewilligungen von Drittstaatsangehörigen festzulegen, die sich ohne Erwerbsabsicht auf Dauer in Österreich niederlassen dürfen. Die Bundesregierung hat auch diese Bewilligungen so auf die Länder aufzuteilen, wie es deren Möglichkeiten und Erfordernissen entspricht."
§ 3 Abs. 9 Z. 2 der NLV 2001 lautet:
"§ 3. ..
(9) Im Jahr 2001 dürfen in Wien höchstens 3 250 quotenpflichtige Niederlassungsbewilligungen erteilt werden, hievon
1....;
2. 250 Niederlassungsbewilligungen für Drittstaatsangehörige zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit sowie für deren Ehegatten und minderjährige unverheiratete Kinder;
3. ..."
Art. 45 und 59 des Europa-Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Bulgarien andererseits, Amtsblatt Nr. L 358 vom 31. Dezember 1994 (Europa-Abkommen), befinden sich unter "Titel IV" des Abkommens, wo Vereinbarungen betreffend die "Freizügigkeit der Arbeitnehmer, Niederlassungsrecht und Dienstleistungsverkehr" getroffen wurden, und lauten:
"Artikel 45
(1) Die Mitgliedstaaten gewähren vom Inkrafttreten dieses Abkommens an für die Niederlassung bulgarischer Gesellschaften und Staatsangehöriger und für die Geschäftstätigkeit der in ihrem Gebiet niedergelassenen bulgarischen Gesellschaften und Staatsangehörigen eine Behandlung, die nicht weniger günstig ist als die Behandlung ihrer eigenen Gesellschaften und Staatsangehörigen, mit Ausnahme der in Anhang XVa aufgeführten Bereiche.
...
(5) Im Sinne dieses Abkommens
- a) bedeutet "Niederlassung"
- i) im Falle der Staatsangehörigen das Recht auf Aufnahme und Ausübung selbstständiger Erwerbstätigkeiten sowie auf Gründung und Leitung von Unternehmen, insbesondere von Gesellschaften, die sie tatsächlich kontrollieren. Die Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit und einer Geschäftstätigkeit umfasst nicht die Suche oder Annahme einer Beschäftigung auf dem Arbeitsmarkt der anderen Vertragspartei und verleiht nicht das Recht auf Zugang zum Arbeitsmarkt der anderen Vertragspartei. Die Bestimmungen dieses Artikels gelten nicht für diejenigen, die nicht ausschließlich eine selbstständige Tätigkeit ausüben;
ii) ...
Artikel 59
(1) Für die Zwecke des Titels IV werden die Vertragsparteien durch keine Bestimmung dieses Abkommens daran gehindert, ihre Rechts- und Verwaltungsvorschriften über Einreise und Aufenthalt, Beschäftigung, Beschäftigungsbedingungen, Niederlassung von natürlichen Personen und Erbringung von Dienstleistungen anzuwenden, sofern sie dies nicht in einer Weise tun, durch die die Vorteile, die einer Vertragspartei aus einer Bestimmung des Abkommens erwachsen, zunichte gemacht oder verringert werden. Diese Bestimmung berührt nicht die Anwendung von Artikel 54."
Artikel 54 lautet:
"Artikel 54
(1) Dieses Kapitel gilt vorbehaltlich der Beschränkungen, die aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt sind.
(2) Es gilt nicht für Tätigkeiten, die im Gebiet einer Vertragspartei dauernd oder zeitweise mit der Ausübung hoheitlicher Befugnisse verbunden sind.
Das Kapitel, auf das sich Artikel 54 Abs. 1 bezieht, ist das Kapitel II des Vertrages und betrifft "Niederlassungsrecht".
Unstrittig (und mit der Aktenlage in Übereinstimmung) ist im vorliegenden Fall, dass der Beschwerdeführer zuletzt über eine Aufenthaltserlaubnis mit dem Zweck "Student" mit Gültigkeit bis zum 31. März 2002 verfügte.
Aus der Aktenlage ergibt sich weiters unzweifelhaft, dass der Beschwerdeführer einen am 15. Mai 2001 beim Landeshauptmann von Wien eingelangten Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "selbstständige Erwerbstätigkeit", und zwar nur für diesen Zweck, gestellt hat.
Wenn die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid feststellt, der Beschwerdeführer habe eine Niederlassungsbewilligung für "jeglichen Aufenthaltszweck" beantragt, so widerspricht dies der Aktenlage. Die belangte Behörde hat allerdings in der Begründung des angefochtenen Bescheides dann zutreffenderweise auf § 18 Abs. 1 Z. 2 FrG 1997 bzw. auf § 3 Abs. 9 Z. 2 der Niederlassungsverordnung 2001 verwiesen, in welchen die Anzahl der zu erteilenden Niederlassungsbewilligungen für Drittstaatsangehörige zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit geregelt sind. Durch diesen Widerspruch zur Aktenlage wurde der Beschwerdeführer daher in keinem Recht verletzt.
In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die belangte Behörde davon ausgegangen, dass das Verfahren als solches zur Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung zu führen war. Dies ergab sich aus der Bestimmung des § 23 Abs. 2 FrG 1997, die Sonderfälle der Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung, und zwar solche Fälle regelt, in denen es zu einer Änderung des Zweckumfanges gegenüber einem zuvor inne gehabten Aufenthaltstitel kommt. Die Erteilung einer solchen weiteren Niederlassungsbewilligung, wie nach § 23 Abs. 1 FrG 1997, hängt aber jedenfalls davon ab, dass die Voraussetzungen des zweiten Abschnittes (der §§ 5 bis 16) des FrG 1997 weiterhin gesichert scheinen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 16. Februar 2001, Zl. 2001/19/0004, und vom 21. Dezember 2001, Zl. 2000/19/0059).
Die im vorliegenden Fall einschreitenden Behörden sahen den einzigen Versagungsgrund für die Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung an den Beschwerdeführer darin, dass die entsprechende Quote der NLV 2001 im Zeitpunkt der Entscheidung erschöpft und der Antrag gemäß § 23 Abs. 2 FrG 1997 daher abzuweisen gewesen sei.
Dieser Ansicht würde dann keine Rechtswidrigkeit anhaften, wenn die Bestimmungen des § 23 Abs. 2 FrG 1997 in Verbindung mit § 18 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. und der NLV 2001 ungeachtet des vom Beschwerdeführer ins Spiel gebrachten Europa-Abkommens vorliegendenfalls anzuwenden wären.
Dies ist aus nachstehenden Gründen aber nicht der Fall:
Der EuGH hat sich in dem vom Beschwerdeführer zitierten Urteil vom 27. September 2001 (Kondova), Rs C-235/99 , ausführlich mit diesem Abkommen und seinem Inhalt auf Grund eines Vorabentscheidungsantrages des High Court of Justice (Vereinigtes Königreich) befasst und folgende auch für den vorliegenden Fall entscheidenden Aussagen getroffen:
"31 Nach ständiger Rechtsprechung ist eine Bestimmung eines von der Gemeinschaft mit Drittländern geschlossenen Abkommens unmittelbar anwendbar, wenn sie unter Berücksichtigung ihres Wortlautes und im Hinblick auf Zweck und Wesen des Abkommens eine klare und eindeutige Verpflichtung enthält, deren Erfüllung oder deren Wirkungen nicht vom Erlass eines weiteren Aktes abhängen (vgl. insbesondere das Urteil vom 4.Mai 1999, Rs C-262/96 , Sürül, Slg. 1999, I-2685, Rn 60).
...
39 Artikel 45 Abs. 1 des Europa-Abkommens stellt für dessen Geltungsbereich einen klaren und unbedingten Grundsatz auf, der vom nationalen Gericht angewandt werden und deshalb die Rechtslage von Privaten regeln kann. Die unmittelbare Wirkung, die der Bestimmung somit zukommt, bedeutet, dass bulgarische Staatsangehörige das Recht haben, sich vor den Gerichten des Aufnahmemitgliedstaates auf sie zu berufen, auch wenn dieser Mitgliedstaat nach Art. 59 Abs. 1 des Abkommens die Befugnis behält, auf diesen Staatsangehörigen sein nationales Einreise-, Aufenthalts- und Niederlassungsrecht anzuwenden.
54 Aus Artikel 59 Abs. 1 des Europaabkommens ergibt sich, dass das Einreise- und das Aufenthaltsrecht der bulgarischen Staatsangehörigen als Nebenrechte des Niederlassungsrechtes nicht schrankenlos gewährleistet sind, ihre Ausübung gegebenenfalls vielmehr durch die Vorschriften des Aufnahmemitgliedstaates über die Einreise, den Aufenthalt und die Niederlassung bulgarischer Staatsangehöriger beschränkt werden kann.
...
57 Daraus ergibt sich, dass die Befugnis des Aufnahmemitgliedstaates, sein nationales Einreise-, Aufenthalts- und Niederlassungsrecht für natürliche Personen auf Anträge bulgarischer Staatsangehöriger anzuwenden, die Vorteile, die Bulgarien aus diesem Abkommen erwachsen, nicht zunichte machen oder verringern darf.
58 Zu prüfen ist daher, ob die im Zuwanderungsrecht des Aufnahmemitgliedstaates vorgesehenen Beschränkungen des Niederlassungsrechtes, das den bulgarischen Staatsangehörigen in Artikel 45 Abs. 1 des Europa-Abkommens direkt eingeräumt wird, sowie das Einreise- und das Aufenthaltsrecht, die Nebenrechte dazu darstellen, mit der Klausel in Artikel 59 Abs. 1 des Europa-Abkommens vereinbar sind. ...
59 Dabei ist zu prüfen, ob die vom Mitgliedstaat angewandten Zuwanderungsbestimmungen geeignet sind, das angestrebte Ziel zu erreichen, und im Hinblick auf dieses Ziel keinen Eingriff in den Wesensgehalt der den bulgarischen Staatsangehörigen in Artikel 45 Abs. 1 des Europa-Abkommens gewährten Rechte darstellen, die die Ausübung dieser Rechte unmöglich oder übermäßig schwierig machen würden. ...
61 Eine nationale Regelung, die die vorherige Kontrolle der genauen Art der vom Antragsteller beabsichtigen Erwerbstätigkeit vorsieht, verfolgt zum Beispiel ein legitimes Ziel, da sie erlaubt, die Ausübung des Einreise- und Aufenthaltsrechtes durch bulgarische Staatsangehörige, die sich auf Artikel 45 Abs. 1 des Europa-Abkommens berufen, nur solchen zu gestatten, die Rechte aus dieser Bestimmung ziehen können.
62 Hingegen ergibt sich aber aus Artikel 45 Abs. 1 und Artikel 59 Abs. 1 des Abkommens, dass der Aufnahme-Mitgliedstaat einem bulgarischen Staatsangehörigen die Einreise und den Aufenthalt, die der Niederlassung in diesem Staat dienen sollen, nicht etwa wegen der Staatsangehörigkeit des Antragstellers, seines Wohnsitzlandes oder deshalb verweigern darf, weil das nationale Recht eine allgemeine Zuwanderungsbeschränkung vorsieht. Auch darf das Recht zur Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit in diesem Staat nicht aus wirtschaftlichen Erwägungen oder im Hinblick auf den Arbeitsmarkt von der Feststellung eines Bedürfnisses abhängig gemacht werden."
Das System der §§ 18, 22 und 23 Abs. 2 FrG 1997 in Verbindung mit der jeweiligen NLV, wonach nur eine jährlich knapp begrenzte Anzahl von Niederlassungsbewilligungen erteilt werden kann und die diese Anzahl übersteigenden Anträge (auf Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung) zwingend abzuweisen sind, stellt eine Regelung dar, hinter der das Ziel einer allgemeinen Zuwanderungsbeschränkung steht. Die Fixierung einer Höchstzahl der zu erteilenden Niederlassungsbewilligungen und die Verpflichtung, keinen der diese Zahl überschreitenden Anträge zu bewilligen, ohne Bezugnahme auf die Kriterien des Einzelfalles stellt daher eine "allgemeine Zuwanderungsbeschränkung" dar, welche den im oben wiedergegebenen Urteil genannten Anforderungen des Artikel 45 Abs. 1 in Verbindung mit Artikel 59 Abs. 1 des Europa-Abkommens nicht genügt; damit liegt in der Anwendung des Systems der §§ 18, 22 und 23 Abs. 2 FrG 1997 ein Eingriff in den Wesensgehalt der den bulgarischen Staatsangehörigen in Artikel 45 Abs. 1 des Europa-Abkommens gewährten Rechten vor, weil die Ausübung dieser Rechte unmöglich gemacht oder übermäßig schwierig gestaltet wird.
Die Regelungen des FrG 1997, die die Abweisung eines Antrages bloß wegen der Quotenerschöpfung ermöglichen (hier: § 23 Abs. 2 vorletzter und letzter Satz FrG 1997), treten hinter die unmittelbare Wirkung der aus Artikel 45 Abs. 1 des Europa-Abkommens gewährten Rechte für bulgarische Staatsangehörige zurück bzw. werden durch diese verdrängt. Für bulgarische Staatsangehörige, die zum Zweck der Ausübung einer selbstständigen Erwerbstätigkeit die Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung beantragen, ergibt sich daher, dass die Versagung einer solchen Bewilligung bloß mit dem Hinweis auf die Erschöpfung der Quote deshalb rechtswidrig ist, weil in ihrem Fall die Bestimmung des § 23 Abs. 2 FrG 1997 (vorletzter und letzter Satz) in Verbindung mit § 18 Abs. 1 Z. 2 FrG 1997 und den jeweiligen Quoten der NLV nicht anwendbar sind. Die allein darauf gestützte Abweisung des Antrages widerspricht daher der Rechtslage.
Der angefochtene Bescheid erweist sich somit als rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG konnte von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof abgesehen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Die Pauschalgebühr war mit EUR 181,68 festzusetzen.
Wien, am 26. Mai 2003
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