Normen
FSG 1997 §7 Abs1;
FSG-GV 1997 §1 Abs1 Z3;
FSG-GV 1997 §17 Abs1;
FSG-GV 1997 §2 Abs2;
FSG-GV 1997 §3 Abs1 Z4;
FSG 1997 §7 Abs1;
FSG-GV 1997 §1 Abs1 Z3;
FSG-GV 1997 §17 Abs1;
FSG-GV 1997 §2 Abs2;
FSG-GV 1997 §3 Abs1 Z4;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zur Vorgeschichte des Beschwerdefalles wird auf das hg. Erkenntnis vom 27. November 2001, Zl. 2001/11/0266, hingewiesen. Mit diesem wurde der im Instanzenzug ergangene Bescheid der belangten Behörde vom 26. Juli 2001, mit dem dem Beschwerdeführer die Lenkberechtigung für die Klasse B für die Dauer der gesundheitlichen Nichteignung entzogen worden war, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. In der Begründung dieses Erkenntnisses wurde ausgeführt, der angefochtene Bescheid lasse nicht erkennen, auf welche Bestimmung der FSG-GV die belangte Behörde ihre Auffassung gründe, dem Beschwerdeführer fehle die gesundheitliche Eignung. Von einer Krankheit im Sinne des § 5 FSG-GV sei im Gutachten keine Rede. Aus der im Gutachten genannten "erhöhten Gefahr von Alkoholfahrten" werde nicht auf den Mangel der Verkehrszuverlässigkeit gemäß § 7 Abs. 1 FSG, sondern auf den Mangel der gesundheitlichen Eignung geschlossen. Die belangte Behörde gehe damit offenbar - ohne dies auszusprechen - davon aus, dem Beschwerdeführer fehle es insoweit an der nötigen Bereitschaft zur Verkehrsanpassung gemäß § 3 Abs. 1 Z. 4 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Z. 3, § 2 Abs. 2 und § 17 Abs. 1 FSG-GV. Für diese Annahme fehle es aber an ausreichenden Ermittlungsergebnissen und einer schlüssigen Begründung. Der Beschwerdeführer habe nach der Aktenlage nur ein Alkoholdelikt (nämlich jenes vom 4. August 2000) begangen und in der Folge eine Nachschulung absolviert. Nach dem Inhalt der verkehrspsychologischen Stellungnahme habe er sein Alkoholdelikt selbstkritisch hinterfragt und ein Problembewusstsein bezüglich "drink and drive" entwickelt. Damit sei die Rückfallgefahr vorerst minimiert. Aus der in der verkehrspsychologischen Stellungnahme enthaltenen Äußerung, dass regelmäßiger verstärkter Alkoholkonsum "derzeit nicht auszuschließen" sei, sei im gegebenen Zusammenhang nichts zu gewinnen, weil es für die Annahme des Mangels der Bereitschaft zur Verkehrsanpassung nicht darauf ankomme, ob Alkoholkonsum (ohne Bezug auf das Lenken von Kraftfahrzeugen) nicht ausgeschlossen werden könne, sondern ob die Ergebnisse der verkehrspsychologischen Untersuchung darauf schließen lassen, der Betreffende sei nicht willens oder nicht in der Lage, sein Verhalten in Bezug auf Alkoholkonsum an die Erfordernisse des Straßenverkehrs anzupassen, m.a.W. es sei konkret zu befürchten, dass er im durch Alkohol beeinträchtigten Zustand als Lenker eines Kraftfahrzeuges am Straßenverkehr teilnehmen werde. Ausführungen in dieser Richtung enthalte die verkehrspsychologische Stellungnahme nicht. Es sei daher auch nicht nachvollziehbar, wie der amtsärztliche Sachverständige der belangten Behörde, der sich im Wesentlichen auf die verkehrspsychologische Stellungnahme stütze, zu dem Ergebnis gelangt sei, es sei derzeit "noch mit einer verstärkten Gefahr von Alkoholfahrten zu rechnen".
Im fortgesetzten Verfahren legte der Beschwerdeführer einen fachärztlichen Blutbefund vom 10. April 2002 vor. Er unterzog sich am 23. April 2002 einer verkehrspsychologischen Untersuchung. In der darüber erstellten verkehrspsychologischen Stellungnahme vom 6. Mai 2002 wird unter anderem Folgendes ausgeführt:
"Interpretation der Testbefunde
zu den fahrverhaltensrelevanten Einstellungen und Persönlichkeitsmerkmalen
sowie
Interpretation der Befunde
aus Anamnese, Exploration und Verhaltensbeobachtung
Da Deutsch nicht die Muttersprache des Untersuchten ist, konnten die sonst üblichen, standardisierten Persönlichkeitsfragebogen nicht vorgegeben werden.
Aus der Anamnese geht ein aktenkundiges Alkoholdelikt hervor, dabei erbrachte die Deliktanalyse im Rahmen des Explorationsgesprächs Hinweise auf den Konsum von Alkohol in sozialen Trinksituationen, wobei sich auch Hinweise auf erhöhte Alkoholgewöhnung ergaben (vgl. subjektiv lediglich leicht verspürte Alkoholwirkung, ausreichende Handlungsfähigkeit und keine gravierenden Nachwirkungen am Folgetag bei hoher BAK). Zum allgemeinen Alkoholkonsum machte der Untersuchte sehr zurückhaltende Angaben (im Allgemeinen nur relativ geringe Trinkmengen). Trotz dieser deutlichen Beschönigungstendenzen war andererseits aber auch zumindest in Ansätzen ein Problembewusstsein hinsichtlich des Alkoholkonsums erkennbar, was sich auch in der zwischenzeitlich eingehaltenen Alkoholabstinenz, die der Untersuchte nachvollziehbar und plausibel schildert, manifestiert.
Zusammenfassung der Befunde/Gutachten
Die kraftfahrspezifischen Leistungen sind in unterschiedlichem, insgesamt nur knapp ausreichendem Ausmaß gegeben. Leistungsschwächen zeigen sich in der Reaktionszeit, die Koordination kraftfahrtypischer Bewegungsabläufe gelingt nur bei deutlicher Verlangsamung. Im Hinblick auf die übrigen normgerechten Befunde kann jedoch von einer insgesamt ausreichenden Kompensation ausgegangen werden. Die intell. Voraussetzungen sind insgesamt ausreichend gegeben.
Im Persönlichkeitsbereich ergeben sich Hinweise auf vorangegangenen, zumindest in sozialen Trinksituationen deutlich überhöhten Alkoholkonsum mit bereits erhöhter Alkoholgewöhnung. Der Untersuchte zeigte sich diesbezüglich jedoch problembewusst und änderungsbereit und schildert nachvollziehbar und plausibel eine zwischenzeitlich eingehaltene Alkoholabstinenz, sodass - auch im Hinblick auf den bereits absolvierten Driver Improvementkurs für alkoholauffällige Kraftfahrer - anzunehmen ist, dass der Untersuchte sich mit seiner Vorgeschichte selbstkritisch und problembewusst auseinander setzte, um dadurch seine Einstellungen und sein Verhalten entscheidend zu ändern, um dadurch weitere Delikte im Straßenverkehr auszuschließen. Dementsprechend ist auch die nötige Bereitschaft zur Verkehrsanpassung unter der Voraussetzung, dass der Untersuchte die Alkoholabstinenz auch weiter beibehält, ausreichend gegeben.
Bei obiger Gesamtbefundlage ist somit Herr R.K. vom Standpunkt verkehrspsychologischer Begutachtung aus unter der Voraussetzung geeignet, Kfz der Klasse B zu lenken, dass er im Hinblick auf die noch vorhandene latente Alkoholgefährdung auch weiterhin eine strikte und ärztlich kontrollierte Alkoholkarenz weiter beibehält."
Der amtsärztliche Sachverständige der belangten Behörde erstattete hierauf das Gutachten vom 28. Mai 2002, in dem er nach Wiedergabe der wesentlichen Ausführungen in der verkehrspsychologischen Stellungnahme vom 6. Mai 2002 unter anderem Folgendes ausführt:
"Die Untersuchung der Persönlichkeit zeigt Hinweise auf vorangegangenen, zumindest in sozialen Trinksituationen deutlich überhöhten Alkoholkonsum mit bereits erhöhter Alkoholgewöhnung. Es zeigt sich jedoch auch Problembewusstsein und Änderungsbereitschaft. Es wird eine eingehaltene Alkoholabstinenz nachvollziehbar und plausibel. Die beigebrachten alkoholrelevanten Laborwerte zeigen auch keine Hinweise auf länger dauernden überhöhten Alkoholkonsum. Die Alkoholabstinenz erscheint somit glaubhaft. Auf Grund der verkehrspsychologischen Untersuchung ist die nötige Bereitschaft zur Verkehrsanpassung ausreichend gegeben, wenn der Untersuchte die Alkoholabstinenz auch weiter beibehält. Um dies zu gewährleisten, erscheint jedoch eine Kontrolle dieser Alkoholabstinenz noch notwendig bzw. zur Stabilisierung ist eine weitere psychotherapeutische Betreuung anzuraten.
Es kann somit zusammenfassend festgestellt werden, dass die neuerliche verkehrspsychologische Untersuchung zeigt, dass sich die Einstellung zum Problem Alkohol so weit gebessert hat, dass von einer ausreichenden Bereitschaft zur Verkehrsanpassung ausgegangen werden kann. Herr R.K. ist somit bedingt geeignet, Kraftfahrzeuge der Klasse B zu lenken.
Bedingung ist:
1. eine zeitliche Befristung auf 1 Jahr zur Kontrolle des weiteren Alkoholtrinkverhaltens bzw. der Alkoholabstinenz,
2. eine Kontrolle der alkoholrelevanten Laborwerte (GOT, GPT, Gamma-GTZ, Harnstoff, CDT) alle 3 Monate,
3. eine regelmäßige psychotherapeutische Betreuung zur Festigung und Kontrolle der Alkoholkarenz in regelmäßigen Abständen. Diesbezüglich ist alle 3 Monate eine Behandlungsbestätigung beizubringen.
Sollte der Proband neuerlich im Straßenverkehr auffällig werden, so wäre eine sofortige neuerliche amtsärztliche Untersuchung mit neuerlichem verkehrspsychologischem Test und dann auch neurologisch-psychiatrischer Untersuchung in die Wege zu leiten."
Der Beschwerdeführer nahm dazu in seinem Schriftsatz vom 12. Juni 2002 Stellung und führte aus, das FSG habe nicht das Ziel, aus der österreichischen Bevölkerung Antialkoholiker zu machen, sondern es könne lediglich darum gehen, ein Bewusstsein dahingehend zu bilden, dass der Konsum von Alkohol mit der aktiven Teilnahme am Straßenverkehr nicht in Einklang zu bringen sei. Wann die mangelnde Bereitschaft zur Verkehrsanpassung anzunehmen sei, gehe aus § 17 Abs. 1 Z. 2 FSG-GV hervor. Die in der genannten Verordnungsstelle demonstrativ genannten Beispiele träfen auf den Fall des Beschwerdeführers nicht zu, sein Verhalten sei diesen Beispielen auch nicht annähernd gleich zu halten. Die Maßstäbe, die in der verkehrspsychologischen Stellungnahme und im amtsärztlichen Gutachten zu der relevanten Frage angelegt würden, fänden im FSG und in der FSG-GV keine Deckung.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung gegen den erstinstanzlichen Entziehungsbescheid vom 27. Oktober 2000 Folge, hob diesen Bescheid auf und sprach aus, dass gemäß § 24 Abs. 1 Z. 2 FSG iVm § 8 Abs. 3 Z. 2 FSG dem Beschwerdeführer die Lenkberechtigung für die Klasse B "unter der Bedingung erteilt wird", dass der Beschwerdeführer beginnend mit Ende August 2002 und Ende November 2002 die alkoholrelevanten Laborwerte (GOT, GPT, Gamma-GT, Harnstoff, CDT) kontrollieren zu lassen und die jeweiligen Untersuchungsbefunde der Erstbehörde vorzulegen habe. Weiters habe er sich einer regelmäßigen psychotherapeutischen Betreuung zu unterziehen und diesbezüglich beginnend mit Ende August 2002 und Ende November 2002 Behandlungsbestätigungen der Erstbehörde vorzulegen.
In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verfahrensverlaufes aus, zur Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 12. Juni 2002 sei festzustellen, dass mangelnde Bereitschaft zur Verkehrsanpassung nicht ausschließlich am Maßstab des § 17 Abs. 1 Z. 2 FSG-GV zu messen sei, allerdings sei auch nach Ansicht der belangten Behörde das Sachverständigengutachten keine Grundlage für die vorgeschlagene Befristung. Da die nötige Bereitschaft zur Verkehrsanpassung abhängig von einer weiteren Konsolidierung gesehen werde, erscheine es gerechtfertigt und notwendig, zumindest für den Zeitraum eines halben Jahres entsprechende Begleitmaßnahmen bzw. Kontrollbefunde, die diese Stabilisierung unterstützen, vorzuschreiben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Für den Beschwerdefall sind folgende Bestimmungen des Führerscheingesetzes - FSG (in der von der belangten Behörde anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 32/2002) maßgebend:
"Allgemeine Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkberechtigung
§ 3. (1) Eine Lenkberechtigung darf nur Personen erteilt werden, die:
...
3. gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken (§§ 8 und 9),
...
Gesundheitliche Eignung
§ 8. (1) Vor der Erteilung einer Lenkberechtigung hat der Antragsteller der Behörde ein ärztliches Gutachten vorzulegen, dass er zum Lenken von Kraftfahrzeugen gesundheitlich geeignet ist. Das ärztliche Gutachten darf im Zeitpunkt der Entscheidung nicht älter als ein Jahr sein und ist von einem im örtlichen Wirkungsbereich der Behörde, die das Verfahren zur Erteilung der Lenkberechtigung durchführt, in die Ärzteliste eingetragenen sachverständigen Arzt für Allgemeinmedizin zu erstellen.
(2) Sind zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens besondere Befunde oder im Hinblick auf ein verkehrspsychologisch auffälliges Verhalten eine Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle erforderlich, so ist das ärztliche Gutachten von einem Amtsarzt zu erstellen; der Antragsteller hat diese Befunde oder Stellungnahmen zu erbringen. Wenn im Rahmen der amtsärztlichen Untersuchung eine sichere Entscheidung im Hinblick auf die gesundheitliche Eignung nicht getroffen werden kann, so ist erforderlichenfalls eine Beobachtungsfahrt anzuordnen.
(3) Das ärztliche Gutachten hat abschließend auszusprechen:
'geeignet', 'bedingt geeignet', 'beschränkt geeignet' oder 'nicht geeignet'. Ist der Begutachtete nach dem ärztlichen Befund
1. gesundheitlich zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen ohne Einschränkung geeignet, so hat das Gutachten 'geeignet' für diese Klassen zu lauten;
2. zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen nur unter der Voraussetzung geeignet, dass er Körperersatzstücke oder Behelfe oder dass er nur Fahrzeuge mit bestimmten Merkmalen verwendet oder dass er sich ärztlichen Kontrolluntersuchungen unterzieht, so hat das Gutachten 'bedingt geeignet' für die entsprechenden Klassen zu lauten und Befristungen, Bedingungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen der Gültigkeit anzuführen, unter denen eine Lenkberechtigung ohne Gefährdung der Verkehrssicherheit erteilt werden kann; dies gilt auch für Personen, deren Eignung nur für eine bestimmte Zeit angenommen werden kann und bei denen amtsärztliche Nachuntersuchungen erforderlich sind;
...
(6) Der Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr (nunmehr: Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie) hat im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales (nunmehr: Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen) nach den Erfordernissen der Verkehrs- und Betriebssicherheit, dem jeweiligen Stand der medizinischen Wissenschaft und der Technik entsprechend, durch Verordnung die näheren Bestimmungen festzusetzen über:
1. die ärztliche Untersuchung und die Erstellung des ärztlichen Gutachtens (Abs. 1 und 2); hiebei ist auch festzusetzen, unter welchen Auflagen oder Beschränkungen Personen, bei denen bestimmte Leiden oder Gebrechen vorliegen, als zum Lenken von Kraftfahrzeugen geeignet zu gelten haben (Abs. 3 Z. 2 und 3);
2. die verkehrspsychologische Untersuchung (Abs. 2) und die zu erfüllenden Mindesterfordernisse für den Nachweis der verkehrspsychologischen Eignung;
...
Entziehung, Einschränkung und Erlöschen der Lenkberechtigung
Allgemeines
§ 24. (1) Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit
- 1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder
- 2. die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Bedingungen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diese Einschränkungen sind gemäß § 13 Abs. 2 in den Führerschein einzutragen.
..."
Weiters sind folgende Bestimmungen der Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung - FSG-GV (in der von der belangten Behörde anzuwendenden Fassung der 2. Novelle zur FSG-GV BGBl. II Nr. 16/2002) von Bedeutung:
"Allgemeines
§ 2. ...
(3) Im Falle, dass das ärztliche Gutachten eine amtsärztliche Nachuntersuchung oder ärztliche Kontrolluntersuchungen oder die Verwendung von bestimmten Körperersatzstücken oder Behelfen vorschreibt, ist die Lenkberechtigung nur bis zu dem Zeitpunkt der nächsten amtsärztlichen Nachuntersuchung befristet, erforderlichenfalls unter der Bedingung ärztlicher Kontrolluntersuchungen, oder unter der Bedingung der Verwendung dieser Körperersatzstücke oder Behelfe zu erteilen. Die Befristung oder Bedingung ist gemäß § 13 Abs. 2 FSG in den Führerschein einzutragen. Werden ärztliche Kontrolluntersuchungen als Bedingung vorgeschrieben, so ist die fachärztliche Stellungnahme in den vorgeschriebenen Zeitabständen gemeinsam mit dem Führerschein der Behörde vorzulegen.
...
Allgemeine Bestimmungen über die gesundheitliche Eignung
zum Lenken von Kraftfahrzeugen
§ 3. (1) Als zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimmten Fahrzeugklasse im Sinne des § 8 FSG gesundheitlich geeignet gilt, wer für das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften
1. die nötige körperliche und psychische Gesundheit besitzt,
- 2. die nötige Körpergröße besitzt,
- 3. ausreichend frei von Behinderungen ist und
- 4. aus ärztlicher Sicht über die nötige kraftfahrspezifische psychophysische
Leistungsfähigkeit verfügt.
...
Gesundheit
§ 5. (1) Als zum Lenken von Kraftfahrzeugen hinreichend gesund gilt eine Person, bei der keine der folgenden Krankheiten festgestellt wurde:
...
4. schwere psychische Erkrankungen gemäß § 13 sowie:
- a) Alkoholabhängigkeit oder
- b) andere Abhängigkeiten, die das sichere Beherrschen des Kraftfahrzeuges und das Einhalten der für das Lenken des Kraftfahrzeuges geltenden Vorschriften beeinträchtigen könnten, ...
...
Alkohol, Sucht- und Arzneimittel
§ 14. (1) Personen, die von Alkohol, einem Sucht- oder Arzneimittel abhängig sind oder den Konsum dieser Mittel nicht so weit einschränken können, dass sie beim Lenken eines Kraftfahrzeuges nicht beeinträchtigt sind, darf, soweit nicht Abs. 4 anzuwenden ist, eine Lenkberechtigung weder erteilt noch belassen werden. Personen, bei denen der Verdacht einer Alkohol-, Suchtmittel- oder Arzneimittelabhängigkeit besteht, haben eine fachärztliche psychiatrische Stellungnahme beizubringen.
...
(5) Personen, die alkohol-, suchtmittel- oder arzneimittelabhängig waren oder damit gehäuften Missbrauch begangen haben, ist nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme und unter der Bedingung ärztlicher Kontrolluntersuchungen eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 zu erteilen oder wiederzuerteilen.
...
Verkehrspsychologische Stellungnahme
§ 17. (1) Die Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle gemäß § 8 Abs. 2 FSG ist im Hinblick auf ein verkehrspsychologisch auffälliges Verhalten insbesondere dann zu verlangen, wenn der Bewerber um eine Lenkberechtigung oder der Besitzer einer Lenkberechtigung Verkehrsunfälle verursacht oder Verkehrsverstöße begangen hat, die den Verdacht
1. auf verminderte kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit oder
2. auf mangelnde Bereitschaft zur Verkehrsanpassung erwecken. Mangelnde Bereitschaft zur Verkehrsanpassung ist
jedenfalls dann anzunehmen, wenn einem Lenker innerhalb eines Zeitraumes von fünf Jahren die Lenkberechtigung dreimal entzogen wurde, oder wenn ein Lenker wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 lit. b oder c StVO 1960 bestraft wurde.
..."
Vorweg ist festzuhalten, dass mit dem angefochtenen Bescheid - ungeachtet seiner Formulierung, dass dem Beschwerdeführer die Lenkberechtigung für die Klasse B "unter der Bedingung erteilt wird" - dem Beschwerdeführer keine Lenkberechtigung erteilt, sondern eine Einschränkung der Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Bedingungen gemäß § 24 Abs. 1 Z. 2 FSG verfügt wurde. Dass sich die belangte Behörde nur in der Wortwahl vergriffen hat, ergibt sich insbesondere aus der Zitierung dieser Gesetzesstelle im Spruch des Bescheides und der Funktion der belangten Behörde als Berufungsbehörde, die über die Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Entziehungsbescheid zu entscheiden hatte und in Erledigung dieser Berufung entschieden hat.
Die belangte Behörde hat keine "Krankheit" festgestellt, bei der ihrer Natur nach mit einer zum Verlust oder zur Einschränkung der Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen führenden Verschlechterung gerechnet werden muss (vgl. zu den Voraussetzungen der Befristung einer Lenkberechtigung wegen derartiger Krankheiten die hg. Erkenntnisse vom 24. April 2001, Zl. 2000/11/0337, und vom 28. Juni 2001, Zl. 99/11/0243, jeweils mwN), und folgerichtig auch keine Befristung der Lenkberechtigung verfügt. Sie hat insbesondere keine Alkoholabhängigkeit im Sinne des § 5 Abs. 1 Z. 4 lit. a in Verbindung mit § 14 Abs. 1 erster Satz FSG-GV angenommen und auch keinen diesbezüglichen Verdacht im Sinne des § 14 Abs. 1 zweiter Satz FSG-GV begründet. Sie ist auch nicht davon ausgegangen, der Beschwerdeführer sei in der Vergangenheit alkoholabhängig gewesen und hat daher auch keine fachärztliche Stellungnahme im Sinne des § 14 Abs. 5 FSG-GV für erforderlich gehalten.
Der insofern dürftigen Begründung der belangten Behörde kann entnommen werden, dass sie die Bereitschaft zur Verkehrsanpassung zwar für gegeben, jedoch die Vorschreibung "entsprechender Begleitmaßnahmen bzw. Kontrollbefunde" zur Unterstützung der "Stabilisierung" für notwendig hält.
Die darin zum Ausdruck kommende Rechtsauffassung ist verfehlt. Die Behörde hat, gestützt auf das amtsärztliche Gutachten und die verkehrspsychologische Stellungnahme, die Bereitschaft zur Verkehrsanpassung im Zeitpunkt ihrer Entscheidung zu beurteilen. Eine völlige Alkoholabstinenz wird in diesem Zusammenhang weder im FSG noch in den diesbezüglichen Bestimmungen der FSG-GV gefordert. Alkoholkonsum (ohne Bezug auf das Lenken von Kraftfahrzeugen) schließt demnach die Bereitschaft zur Verkehrsanpassung im gegebenen Zusammenhang nicht aus. Es bedürfte vielmehr konkreter Umstände, die den Schluss zulassen, der Betreffende sei nicht willens oder nicht in der Lage, sein Verhalten in Bezug auf Alkoholkonsum an die Erfordernisse des Straßenverkehrs anzupassen, m.a.W. es sei konkret zu befürchten, dass er im durch Alkohol beeinträchtigten Zustand als Lenker eines Kraftfahrzeuges am Straßenverkehr teilnehmen werde (siehe dazu das eingangs zitierte hg. Erkenntnis vom 27. November 2001). Warum dies beim Beschwerdeführer - trotz der von ihm absolvierten Nachschulung - zwar nicht jetzt, aber in Zukunft konkret zu befürchten sein soll, wenn er die alkoholrelevanten Laborwerte nicht kontrollieren lässt und sich nicht in regelmäßige psychotherapeutische Betreuung begibt, ist nicht nachvollziehbar.
Vor dem Hintergrund des Beschwerdefalles sieht sich der Verwaltungsgerichtshof schon im Hinblick auf seine ständige Rechtsprechung zur Natur der Entziehung der Lenkberechtigung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. März 2001, Zl. 99/11/0074) zu dem vom Beschwerdeführer angeregten Vorgehen nach § 234 EG ebenso wenig veranlasst wie zu einer Antragstellung nach Art. 140 Abs. 1 B-VG in Ansehung des § 35 Abs. 1 FSG in der Fassung vor dem Verwaltungsreformgesetz 2001, BGBl. I Nr. 65/2002.
Aus den dargelegten Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Von der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Zu der in diesem Zusammenhang vom Beschwerdeführer angeregten Anfechtung der Wortfolge "908 Euro" in § 1 Abs. 1 lit. a dieser Verordnung sieht sich der Verwaltungsgerichtshof nicht veranlasst, weil eine Gesetzwidrigkeit dieser Verordnungsstelle auf Grund der seit der letzten Anhebung der Pauschalbeträge verstrichenen Zeit noch nicht zu erkennen ist. Die in § 49 Abs. 1 VwGG ausdrücklich vorgesehene Festsetzung von Pauschbeträgen durch Verordnung macht gewisse Abweichungen von den tatsächlichen durchschnittlichen Kosten der Vertretung durch einen Rechtsanwalt unvermeidlich.
Wien, am 18. März 2003
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