VwGH 2002/10/0120

VwGH2002/10/012027.8.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Zavadil, in der Beschwerdesache des Gotthard P und der Gabriele P, beide in Riegersburg, vertreten durch Dr. Ludwig Draxler & Partner, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Reichsratsstraße 11, gegen die Niederösterreichische Landesregierung, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht, den Beschluss gefasst:

Normen

31992L0043 FFH-RL;
AVG §13 Abs1;
AVG §56;
EURallg;
VwGG §27;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
31992L0043 FFH-RL;
AVG §13 Abs1;
AVG §56;
EURallg;
VwGG §27;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit Schreiben vom 14. Februar 2001 an das Amt der Niederösterreichischen Landesregierung, Gruppe Raumordnung und Umwelt, Abteilung Naturschutz, ersuchte der Beschwerdevertreter namens der Beschwerdeführer (nach Wiedergabe von Art. 3, 4 Z. 1 und 2, 6 Z. 1 und 2 der Richtlinie 92/43 EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen) um Mitteilung,

"1. ob im Eigentum unserer Klienten stehender Grund und Boden als besondere Schutzgebiete im Sinne von Art. 3 Z. 2 der Richtlinie ausgewiesen ist, gegebenenfalls konkret die Größe und Parzellen bekannt zu geben,

2. ob seitens der NÖ Landesregierung eine Liste solcher Gebiete vorgelegt wurde, gegebenenfalls ob in dieser Liste auch Gebiete aufscheinen, die im Eigentum unserer Mandanten stehen. Ferner bitten wir um Mitteilung, welche Kriterien und einschlägigen wissenschaftlichen Informationen zur Anführung von Eigentum unserer Mandanten in dieser Liste geführt haben,

3. ob im Eigentum unserer Mandanten stehende Grundstücke im Entwurf einer Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung der Kommission aufscheint

4. Für den Fall, dass im Eigentum unserer Mandanten stehende Flächen als besondere Schutzgebiete ausgewiesen sind, ob Maßnahmen gemäß Art. 6 der Richtlinien seitens des Landes Niederösterreich oder Republik Österreich getroffen wurden."

Es werde um konkrete Beantwortung der gestellten Fragen bis 19. März 2001 ersucht.

Mit Schreiben vom 18. Juni 2001 urgierte der Beschwerdevertreter die Beantwortung des Schreibens vom 14. Februar 2001 und wies darauf hin, "dass dieses Schreiben als Anbringen gemäß § 13 AVG zu werten ist und unsere Mandanten einen Rechtsanspruch auf bescheidmäßige Erledigung durch die NÖ Landesregierung haben."

In einem Schreiben vom 16. Juli 2001 vertrat der Beschwerdevertreter nach Wiedergabe von Art. 4 Z. 1 und 2, Art. 21 Z. 1 und 2 der RL 92/43 EWG die Auffassung, die Aufnahme in die Liste von Gebieten gemäß Art. 4 Z. 1 RL stelle, soweit die Gebiete Liegenschaften der Beschwerdeführer umfassten, einen gravierenden Eingriff in deren Eigentumsrechte dar. Ohne vorangegangenes Ermittlungsverfahren wäre eine solche "Meldung" rechtswidrig. Das Betreten der Liegenschaften (offenbar durch Beauftragte oder Organe der Behörde) werde daher untersagt, weil dessen Duldung als Zustimmung zu rechtswidrigen behördlichen Vorgehen aufgefasst werden könnte. Es werde erwartet, dass nunmehr das "entsprechende Ermittlungsverfahren" eingeleitet werde, in welchem sich die Behörde auch mit der Frage der Entschädigung auseinander zu setzen habe.

Mit Bescheid vom 22. August 2001 entschied die belangte Behörde gegenüber den Beschwerdeführern "über ihren Antrag vom 18. Juni 2001 auf bescheidmäßige Erledigung ihres Auskunftsbegehrens vom 14. Februar 2001 wie folgt:

Spruch

Ihr Antrag auf bescheidmäßige Erledigung des Auskunftsbegehrens vom 14. Februar 2001 wird gemäß § 5 Abs. 2 des NÖ Auskunftsgesetzes, LGBl. 0020-1, als verspätet zurückgewiesen."

Begründend legte die belangte Behörde dar, die Beschwerdeführer hätten mit Schreiben vom 14. Februar 2001 unter Bezugnahme auf die Richtlinie 92/43/EWG einige konkrete Fragen im Zusammenhang mit der Meldung von Natura 2000-Gebieten an die Europäische Kommission bzw. mit der Ausweisung von besonderen Schutzgebieten gestellt. Mit Schreiben vom 18. Juni 2001 hätten die Beschwerdeführer die Beantwortung der Fragen urgiert und darauf hingewiesen, dass sie einen Rechtsanspruch auf bescheidmäßige Erledigung durch die NÖ Landesregierung hätten. Die NÖ Landesregierung, Abteilung Naturschutz, habe daraufhin mit Schreiben vom 28. Juni 2001 mitgeteilt, dass die richtlinienrelevanten Flächen in den nominierten Natura 2000- Gebieten derzeit erhoben würden und dieses Projekt bis Ende September 2001 abgeschlossen sein werde. Erst danach könnten die betroffenen Grundeigentümer identifiziert werden. Die Fragen der Beschwerdeführer würden beantwortet, sobald konkrete Daten vorlägen. Mit Schreiben vom 18. Juli 2001 hätten die Beschwerdeführer mitgeteilt, dass der Auftrag zur Erhebung der richtlinienrelevanten Flächen in den nominierten Natura 2000- Gebieten mit den gestellten Fragen nichts zu tun habe, und hätten festgehalten, dass die NÖ Landesregierung ihrer gesetzlichen Pflicht auf bescheidmäßige Erledigung nicht nachgekommen sei. Die Behörde halte zum gestellten Auskunftsersuchen inhaltlich fest, dass die nominierten Natura 2000-Gebiete lediglich als Vorschlag zu qualifizieren seien und es noch nicht feststehe, welche Gebiete in die endgültige Liste der Europäischen Kommission aufgenommen würden. Die im Schreiben vom 14. Februar 2001 gestellten Fragen könnten daher mangels Datenmaterial nicht beantwortet werden. Nach § 5 Abs. 1 NÖ Auskunftsgesetz könne der Auskunftssuchende, wenn die Auskunft nicht erteilt wird, verlangen, dass die Auskunft mit Bescheid verweigert wird. Nach Abs. 2 leg. cit. müsse ein Antrag auf Bescheiderlassung bei sonstigem Anspruchsverlust spätestens binnen drei Monaten nach dem Einlangen des Auskunftsersuchens schriftlich gestellt werden. Das Auskunftsersuchen vom 14. Februar 2001 sei am 21. Februar 2001 bei der Behörde eingelangt. Der Antrag auf Bescheiderlassung hätte somit spätestens am 21. Mai 2001 gestellt werden müssen. Der verspätete Antrag vom 18. Juni 2001 sei daher zurückzuweisen.

Mit der am 18. Juli 2002 erhobenen Säumnisbeschwerde begehren die Beschwerdeführer, "der Verwaltungsgerichtshof möge in Stattgebung der Säumnisbeschwerde gemäß § 42 Abs. 5 VwGG in der Sache selbst entscheiden und den Antrag der Beschwerdeführer vom 14. 2. 2001 iVm 18. 6. 2001 bzw. 18. 7. 2001 in eigener Sache einer bescheidmäßigen Erledigung zuführen". Aus dem Beweisanbot in der Beschwerde und den vorgelegten Urkunden ergibt sich, dass mit dem "Antrag der Beschwerdeführer vom ... 18.7.2001" das oben erwähnte Schreiben vom 16. Juli 2001 gemeint ist. Die Beschwerde trägt vor, die Beschwerdeführer hätten mit Schreiben vom 14. Februar 2001 um detaillierte Mitteilung über die ihr Grundeigentum betreffenden Auswirkungen verschiedener Artikel der Richtlinie 92/43 EWG gebeten. Mit Schreiben vom 18. Juni 2001 hätten sie auf dieses Schreiben hingewiesen und vorgebracht, dass dieses als Anbringen gemäß § 13 AVG zu werten sei. Ein Schreiben der belangten Behörde vom 20. Juni 2001 stelle inhaltlich weder eine Antwort auf das ursprüngliche Schreiben vom 18. Februar 2001 dar, noch komme es dem Ersuchen um bescheidmäßige Erledigung der Angelegenheit nach. Es stelle vielmehr eine Stellungnahme zu einem Schreiben der Beschwerdeführer vom 26. April 2001 dar. Auf den Umstand der nach wie vor nicht erfolgten bescheidmäßigen Erledigung hätten die Beschwerdeführer mit Schreiben vom 16. Juli 2001 hingewiesen und nochmals um bescheidmäßige Erledigung ersucht. Mit Bescheid vom 22. August 2001 habe die belangte Behörde die Schreiben der Beschwerdeführer vom 14. Februar 2001 sowie 18. Juni 2001 nach dem Auskunftsgesetz als verspätet zurückgewiesen. Dabei sei die belangte Behörde fälschlicherweise davon ausgegangen, dass das vorstehend angeführte Ersuchen um bescheidmäßige Erledigung als Auskunftsbegehren im Sinne des Nö Auskunftsgesetzes gestellt wurde. Die Beschwerdeführer hätten jedoch zu den gestellten Fragen, insbesondere, ob Teile der im Eigentum der Antragsteller stehenden Grundstücke von einer Nominierung als Natura 2000-Gebiet betroffen seien, die Erlassung eines Feststellungsbescheides begehrt.

Die Beschwerde ist unzulässig.

Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Säumnisbeschwerde im Sinne des Art. 132 B-VG, § 27 VwGG ist die tatsächlich eingetretene Säumigkeit; diese liegt vor, wenn die Behörde einer ihr obliegenden Entscheidungspflicht in einer bestimmten Verwaltungssache nicht entsprochen hat. Diese Prozessvoraussetzung liegt im Beschwerdefall nicht vor.

Die Beschwerdeführer beantragen, der Verwaltungsgerichtshof möge "in eigener Sache" (gemeint wohl: in der Sache) den "Antrag der Beschwerdeführer vom 14. Februar 2001 iVm 18.6.2001 bzw. 16.7.2001" einer bescheidmäßigen Erledigung zuführen.

Voraussetzung für die Zulässigkeit dieses Begehrens wäre, dass die belangte Behörde einer ihr in jener Verwaltungssache, die durch den soeben bezeichneten "Antrag der Beschwerdeführer" umschrieben ist, obliegenden Entscheidungspflicht nicht nachgekommen wäre. Dies ist nicht der Fall. Auszugehen ist zunächst vom Schreiben vom 14. Februar 2001, in dem die Beschwerdeführer - unter Bezugnahme auf die Regelungen der FFH-Richtlinie im Zusammenhang mit der Erstellung der Gebietslisten - "Mitteilungen" über verschiedene, oben näher angeführte Tatsachen verlangt haben. Es kann - jedenfalls nach dem objektiven Erklärungswert - nicht davon die Rede sein, dass die Beschwerdeführer die bescheidmäßige Feststellung bestimmter Rechte oder Rechtsverhältnisse verlangt hätten; vielmehr zielte ihr Begehren eindeutig auf die Abgabe von Wissenserklärungen ab. Es erübrigt sich daher auch, näher auf die Frage einzugehen, ob im vorliegenden Zusammenhang ein Anspruch der Beschwerdeführer auf Erlassung von Feststellungsbescheiden bestanden hätte (vgl. hiezu die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, § 56 AVG, E 204, 205, 211, 229 referierte Rechtsprechung); zu bemerken ist allerdings, dass nicht einmal die - auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes in der Sache gerichtete - Säumnisbeschwerde konkrete, auf die Feststellung bestimmter Rechte oder Rechtsverhältnisse gerichtete Anträge enthält.

Es war daher auch zutreffend, dass die belangte Behörde das Schreiben vom 18. Juni 2001 als Antrag auf Erlassung eines Bescheides über die im Schreiben vom 14. Februar 2001 enthaltenen Auskunftsbegehren deutete. Diesen Antrag erledigte die Behörde mit ihrem Bescheid vom 22. August 2002. Eine Verletzung der Entscheidungspflicht in der durch den Inhalt der Schreiben der Beschwerdeführer vom 14. Februar und 18. Juni 2001 bestimmten Verwaltungssache liegt daher nicht vor. Insbesondere ist die Beschwerde nicht im Recht, soweit ihr offenbar die Auffassung zu Grunde liegt, die belangte Behörde sei mit der Entscheidung "über den Antrag vom 14. Februar 2001 iVm 18. Juni 2001 bzw. 16. Juli 2001" deshalb säumig, weil der Bescheid vom 22. August 2001 nicht "in dieser Sache", sondern in einer anderen, von den Beschwerdeführern nicht zum Gegenstand ihres Antrages gemachten Verwaltungssache ergangen wäre.

Mit dem Schreiben vom 16. Juli 2001 bringen die Beschwerdeführer ihre "Erwartung" zum Ausdruck, dass im Zusammenhang mit der "Meldung" von Gebieten an die Kommission der Europäischen Gemeinschaften ein "Ermittlungsverfahren eingeleitet" werde. Darin liegt kein konkreter, einer bescheidmäßigen Erledigung zugänglicher Antrag, insbesondere kein Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides. Der Hinweis auf das zuletzt genannte Schreiben im Begehren der Säumnisbeschwerde vermag somit nichts daran zu ändern, dass schon nach dem Vorbringen der Beschwerde und dem Inhalt der mit der Beschwerde vorgelegten Urkunden keine Verletzung der Entscheidungspflicht der belangten Behörde vorliegt.

Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 27. August 2002

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