Normen
AVG §8;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
ForstG 1975 §19 Abs5 litd;
AVG §8;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
ForstG 1975 §19 Abs5 litd;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 und der zweitmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die erstmitbeteiligte Partei und der Rechtsvorgänger der zweitmitbeteiligten Partei beantragten bei der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck (BH) die forstrechtliche Bewilligung zur Rodung von 70 m2 Wald auf Grundstück Nr. 1264/1 KG T. zum Zweck der Errichtung eines Antennentragmastes. Die BH beraumte eine mündliche Verhandlung an, in der vom forstfachlichen Amtssachverständigen dargelegt wurde, die beantragte Rodefläche befinde sich am Kopf des Weiherschrofens auf einer Seehöhe von 900 m, sei nahezu eben und mit ca. 8-jährigen Fichten, Lärchen und Douglasien gut bestockt. An der südlichen Begrenzung sei ein ca. 100-jähriges Fichtenaltholz vorgelagert, das eine ausgeprägte Windmantelfunktion für den gesamten Waldbestand am Kopf des Weiherschrofens aufweise. In unmittelbarer Nähe der Antennenanlage seien in den letzten Jahren immer wieder Windwurfschäden aufgetreten, sodass eine gezielte Bewirtschaftung des Bestandrandes eine dauernde Erhaltung des Windmantels gewährleisten müsse. Das Gebiet um den Weiherschrofen sei landschaftlich sehr reizvoll, weshalb im Waldentwicklungsplan der Erholungsfunktion hohe Wertigkeit zugewiesen worden sei; der Nutz- , Schutz- und Wohlfahrtsfunktion komme eine geringere Wertigkeit zu. Bei Einhaltung von im Einzelnen genannten Auflagen bestünden gegen die beantragte Rodung keine forstlichen Bedenken.
Der Beschwerdeführer erhob Einwendungen gegen die beantragte Rodung, weil diese zu einer Gefährdung seines Waldbestandes auf Grundstück Nr. 1264/2 KG T. führe. Auf Grund der Windgefährdung (exponierte Föhnlage) sei der Deckungsschutz nicht mehr gegeben. Er beantrage gleichzeitig, den Deckungsschutz für sein Grundstück von 40 auf 80 m auszudehnen.
In einer ergänzenden Stellungnahme legte der forsttechnische Amtssachverständige dar, der Weiherschrofen sei wegen seiner exponierten Lage zwar extrem windausgesetzt. Allerdings würde durch die beantragte Rodung keine zusätzliche Windgefährdung entstehen, weil - auch im Zuge der Errichtung des Antennenmastes - keine bestehenden Windmantelbäume entfernt würden; die Anlage solle mittels Hubschrauber an Ort und Stelle gebracht werden. Es sei daher auch keine Minderung des Deckungsschutzes für das angrenzende Grundstück des Beschwerdeführers zu erwarten. Im Übrigen weise das Grundstück des Beschwerdeführers wesentlich weniger Windwürfe auf als das angrenzende Grundstück, auf dem die Rodung beantragt sei. Dies auch deshalb, weil sich das Grundstück des Beschwerdeführers bzw. die darauf stockenden Bäume im westlichen und tieferen Bereich des Weiherschrofens befänden und diese Seite nicht so windausgesetzt sei. Eine Ausdehnung des Deckungsschutzes auf 80 m sei für diesen Bereich weder notwendig noch gerechtfertigt.
Mit Bescheid der BH vom 28. Februar 2001 wurden den mitbeteiligten Parteien die forstrechtliche Bewilligung zur beantragten Rodung nach Maßgabe des vorgelegten Lageplans und unter Einhaltung von im Einzelnen genannten Auflagen erteilt. Die Einwendungen des Beschwerdeführers wurden ebenso wie sein Antrag auf Erhöhung des Deckungsschutzes abgewiesen.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung und brachte vor, es hätte durch geeignete Sachverständige die Frage der mit einer Sendeanlage verbundenen gesundheitlichen Aspekte sowie die von der Anlage ausgehenden Wirkungen auf die Natur, insbesondere auf den Baumbestand erörtert werden müssen. Im Übrigen zeigten zahlreiche vorhandene Windwürfe und Windrisse an Fichten auch in den Muldenlagen, dass der Weiherschrofen extrem windausgesetzt sei. Die Auffassung des Amtssachverständigen, durch die Rodung entstehe keine zusätzliche Windgefährdung für den Waldbestand des Beschwerdeführers, sei schlicht unrichtig. Möge auch eine Ausdehnung des Deckungsschutzes bis auf 80 m allenfalls nicht erforderlich sein, so sei eine Ausdehnung auf ein notwendiges Maß sicherlich erforderlich.
Der Landeshauptmann von Tirol holte ein ergänzendes forstfachliches Gutachten ein. Diesem zufolge vermögen die auf der Rodefläche befindlichen 8-jährigen Fichten, Lärchen und Douglasien auf Grund der vorhandenen Wuchshöhe keinerlei Deckungsschutz für benachbarte Waldbestände zu gewähren. Ein Eingriff in den betrauften Waldmantel (Altbäume) sei durch die beantragte Rodung nicht gegeben. Das Grundstück Nr. 1264/2, für das der Beschwerdeführer Deckungsschutz begehre, liege westlich der Rodefläche. Die Hauptwindrichtung des schadbringenden Föhns sei in diesem Bereich - wie aus zahlreichen Windwürfen ersichtlich - eindeutig West, Süd-West und Süd. Schadbringende Stürme aus Ost kämen in Tulfes äußerst selten vor. Diese wären aber erforderlich, damit überhaupt eine offenbare Windgefährdung nach Entfernung eines östlich der Liegenschaft Nr. 1264/2 liegenden Waldbestandes eintreten könnte. Schließlich liege das Grundstück Nr. 1264/2 tiefer als die Rodefläche. Schon daraus ergebe sich bereits eine geringere Windgefährdung durch den aus West bis Süd auftretenden Föhn für das Grundstück Nr. 1264/2 als für die höher liegenden Teile des Grundstückes Nr. 1264/1. Da auf der Rodefläche weder ein Waldbestand vorhanden sei, der Schutz vor Windwurf oder Windbruch gewährleiste, noch durch die Entfernung des Bewuchses auf der Rodefläche eine offenbare Windgefährdung des nachbarlichen Waldes eintrete, gehe der Wunsch des Beschwerdeführers nach Ausdehnung des Deckungsschutzes ins Leere; eine entsprechende Notwendigkeit könne in der gegenständlichen Rodungsangelegenheit nicht abgeleitet werden. Die Errichtung des Antennentragmastes stelle zwar eine Beeinträchtigung der Erholungsfunktion des Weiherschrofens dar, die Beeinträchtigung der Erholungswirkung des bestehenden Waldes durch den Verlust von 70 m2 sei allerdings von nur geringer Bedeutung.
Im Zuge des Parteiengehörs brachte der Beschwerdeführer vor, die Erholungsfunktion des Weiherschrofens gemäß Waldentwicklungsplan erfahre eine wesentliche Beeinträchtigung bzw. gehe ganz verloren. Die beantragte Rodung widerspreche daher dem öffentlichen Interesse. Die Strahlenbelastung, die von der Sendeanlage für die Umwelt ausgehe, sei erheblich; in einem Umkreis von mehreren 100 m um die Sendeanlage werde es zu einem Absterben der Bäume kommen. Der beantragte Rodungszweck sei deshalb waldschädlich und führe zu direkten Immissionen im Wald des Beschwerdeführers. Eine fachliche Stellungnahme zu diesen Auswirkungen des Rodungsvorhabens sei ausständig.
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 8. Mai 2001 wurde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen. Die gebotene Interessenabwägung sei von der Erstbehörde umfassend und unter Berücksichtigung der Argumente des Beschwerdeführers vorgenommen worden. Die vom Beschwerdeführer erhobene Einwendung mangelnden Deckungsschutzes für sein Grundstück sei durch das schlüssige und nachvollziehbare forstfachliche Gutachten widerlegt worden; es bestehe keine Gefährdung seines Grundstückes. Im Übrigen bestehe kein subjektives Recht der Nachbarn im Rodungsverfahren auf Hintanhaltung von nachteiligen Einwirkungen, die vom Projekt ausgehen, für das die Rodung bewilligt wird.
Der Beschwerdeführer erhob auch gegen diesen Bescheid Berufung und brachte vor, die Behörde habe nicht geprüft, ob nicht auf einen anderen Standort für die Errichtung des Antennentragmastes zurückgegriffen werden könne, an dem Waldboden nicht in Anspruch genommen werden müsse. Die Interessenabwägung sei mangelhaft; die gebotene Bedachtnahme auf die Ziele der Raumordnung sei gänzlich unterblieben. Wenn der forstliche Bewuchs auf Grund eines mangelhaften Rodungsverfahrens aber einer flächenhaften Gefährdung ausgesetzt werde, müsse den Nachbarn zumindest das Recht zugestanden werden, diese Mangelhaftigkeit aufzuzeigen. Würde die beantragte Rodung bewilligt, stünden schließlich der Absicht des Beschwerdeführers, seinen Wald zum Erholungswald erklären zu lassen, "schwer wiegende Bedenken" entgegen, weil die Erholungswirkung durch die Aufstellung des Antennentragmastes grundlegend vermindert werde.
Mit Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 7. Februar 2002 wurde die Berufung des Beschwerdeführers abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, das Vorbringen des Beschwerdeführers sei nicht geeignet, eine Beeinträchtigung seiner subjektiven öffentlichen Rechte auf Erhaltung seines angrenzenden Waldes zu begründen. Er habe im Rahmen seiner Parteistellung weder das forstfachliche Amtssachverständigengutachten insbesondere betreffend Deckungsschutz entkräftet, noch stichhältige Argumente geliefert, die eine Versagung der beantragten Rodungsbewilligung rechtfertigten. Dem forstfachlichen Gutachten sei schlüssig und nachvollziehbar zu entnehmen, dass sich der Antennenmast rund 36 m von der Grundstücksgrenze des Beschwerdeführers entfernt befinde und keine offenbare Windgefährdung für den angrenzenden Waldbestand des Beschwerdeführers vorliegt. Das Argument einer Beeinträchtigung bei allfälliger Beantragung einer "Erklärung zum Erholungswald" sei nicht nachvollziehbar, weil die Erhaltung des nachbarlichen Waldes des Beschwerdeführers nicht gefährdet werde und durch die Rodungsbewilligung die Erholungs- und Wohlfahrtswirkung des angrenzenden Waldes auch keine Änderung erfahre.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete ebenso wie die zweitmitbeteiligte Partei eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 17 Abs. 1 Forstgesetz, BGBl. Nr. 440/1975 i. d.F. BGBl. I Nr. 108/2001, ist die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur (Rodung) verboten.
Unbeschadet der Bestimmung des Abs. 1 kann die gemäß § 19 Abs. 1 zuständige Behörde eine Bewilligung zur Rodung gemäß § 17 Abs. 2 ForstG erteilen, wenn ein öffentliches Interesse an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche das öffentliche Interesse an der Erhaltung dieser Fläche als Wald überwiegt.
Öffentliche Interessen im Sinne des Abs. 2 sind gemäß § 17 Abs. 3 ForstG insbesondere begründet in der umfassenden Landesverteidigung, im Eisenbahn-, Luft- und öffentlichen Straßenverkehr, im Post- und öffentlichen Fernmeldewesen, im Bergbau, im Wasserbau, in der Energiewirtschaft, in der Agrarstrukturverbesserung sowie im Siedlungswesen.
Zu den Parteien im Rodungsverfahren zählen gemäß § 19 Abs. 5 lit. d ForstG auch der Eigentümer und der dinglich Berechtigte der an die zur Rodung beantragten Waldfläche angrenzenden Waldflächen, wobei § 14 Abs. 3 zweiter Halbsatz zu berücksichtigen ist.
Eigentümer von Waldflächen, die an die zur Rodung beantragten Waldflächen angrenzen, dürfen im Rodungsverfahren zum Zwecke allfälliger, ihnen durch eine Rodungsbewilligung drohender Rechtsnachteile aus dem Titel der mit ihren Interessen verbundenen öffentlichen Interessen im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung im Wege von Einwendungen gegen den Rodungsantrag das öffentliche Interesse an der Walderhaltung geltend machen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Juni 1998, Zl. 96/10/0125, und die dort zitierte Vorjudikatur). Die Parteistellung im Rodungsverfahren gibt dem Eigentümer der angrenzenden Waldgrundstücke die rechtliche Möglichkeit, sein subjektives Recht auf Schutz seines Waldes vor durch die Rodung hervorgerufenen nachteiligen Einwirkungen durchzusetzen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. Jänner 2000, Zl. 99/10/0251, und die dort zitierte Vorjudikatur).
Der Beschwerdeführer bringt vor, der angefochtene Bescheid lasse nicht erkennen, inwieweit die belangte Behörde ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Rodung angenommen habe und worauf sie ein solches Interesse stützte. Die von den Unterinstanzen gebotene Begründung stelle lediglich eine "subjektive Vermutung" dar, zumal der Mobilfunkmarkt deutliche Einbrüche erlitten habe. Demgegenüber stelle die Errichtung des Antennentragmastes - auch nach Auffassung der Sachverständigen - eine erhebliche Beeinträchtigung der Erholungsfunktion sowie des reizvollen Landschaftsbildes dar. Die vorgenommene Interessenabwägung sei daher mangelhaft erfolgt.
Diesem Vorbringen bleibt es schon im Hinblick darauf, dass die Parteistellung des Beschwerdeführers auf die Geltendmachung der mit seinen Interessen verbundenen öffentlichen Interessen beschränkt ist, verwehrt, die Beschwerde zum Erfolg zu führen; zielt es doch allein darauf ab, dazutun, dass das von der Behörde als erwiesen angenommene öffentliche Interesse an der Rodung nicht bzw. nicht in dem angenommenen Ausmaß bestehe. Mit diesen Ausführungen zeigt der Beschwerdeführer daher nicht auf, inwiefern damit in sein die Parteistellung im Rodungsverfahren begründendes subjektives Recht auf Erhaltung des ihm gehörigen nachbarlichen Waldes bzw. auf Abwehr von diesen Waldbestand beeinträchtigenden Maßnahmen eingegriffen wird.
Mit seinem weiteren Beschwerdevorbringen macht der Beschwerdeführer eine Verletzung des Deckungsschutzes geltend und bringt vor, es stehe im Gegensatz zur Auffassung der belangten Behörde nicht "mit unumstößlicher Sicherheit" fest, dass die Rodung keine nachteiligen Auswirkungen auf seinen Waldbestand haben werde. Der Weiherschrofen sei wegen seiner exponierten Lage extrem windausgesetzt. Der Fortbestand der vorhandenen Mantelbäume sei allerdings nicht als Bedingung in die Rodungsbewilligung aufgenommen worden; die Annahme, die Mantelbäume blieben bestehen, beruhe vielmehr auf Auskünften der mitbeteiligten Parteien. Es sei aber nicht gesichert, dass die Mantelbäume auch tatsächlich bestehen blieben. In diesem Fall böte sich jedoch ein völlig anderes Bild als jenes, das dem forstfachlichen Gutachten zu Grunde liege und es wäre mit erheblichen Schäden für den Wald des Beschwerdeführers zu rechnen.
Die belangte Behörde hat ihre Annahme, durch die beantragte Rodung werde das Waldgrundstück des Beschwerdeführers nicht beeinträchtigt, auf Gutachten forsttechnischer Amtssachverständiger gestützt, wonach die zur Rodung beantragte Fläche schon wegen der geringen Höhe des darauf stockenden Bewuchses keinerlei Windschutz für das Waldgrundstück des Beschwerdeführers bewirke. Der Beschwerdeführer ist diesen Gutachten, die nicht etwa als unschlüssig zu erkennen sind, nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Die Auffassung der belangten Behörde, der Beweiswert der eingeholten forstfachlichen Gutachten sei durch das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht erschüttert worden, ist daher nicht zu beanstanden.
Eine Beseitigung der unbestrittenermaßen nicht auf der Rodefläche befindlichen Mantelbäume war nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens war ausschließlich die Rodung der näher beschriebenen 70 m2 großen Waldfläche. Dass die Fällung des darauf stockenden Bewuchses eine offenbare Windgefährdung des 36 m entfernten Waldes des Beschwerdeführers zur Folge habe, behauptet der Beschwerdeführer selbst nicht mehr. Davon abgesehen ist der Beschwerdeführer auf Punkt 2 der Auflagen der Rodungsbewilligung aufmerksam zu machen, wonach durch die "Rodungs- und Bauarbeiten umliegende Bestände nicht beeinträchtigt werden" dürfen.
Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 24. November 2003
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