Normen
ASVG §4 Abs1 Z1;
ASVG §4 Abs2 idF 1997/I/139;
ASVG §4 Abs2;
ASVG §471a;
ASVG §471b;
ASVG §539;
ASVG §539a;
EStG §47 Abs1;
EStG §47 Abs2;
ASVG §4 Abs1 Z1;
ASVG §4 Abs2 idF 1997/I/139;
ASVG §4 Abs2;
ASVG §471a;
ASVG §471b;
ASVG §539;
ASVG §539a;
EStG §47 Abs1;
EStG §47 Abs2;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz) hat der beschwerdeführenden Gesellschaft Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
1. Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse führte bei der beschwerdeführenden Gesellschaft (in der Folge: Beschwerdeführerin) eine Beitragsprüfung durch. Dabei wurde festgestellt, dass die Beschwerdeführerin mit verschiedenen Gastronomiebetrieben in Vertragsbeziehungen stand, auf Grund derer sie die Zustellung von Speisen und Getränken an Kunden dieser Betriebe durchführte. Zur Vornahme dieser Zustelldienste bediente sie sich Personen, die sie der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse als freie Dienstnehmer gemäß § 4 Abs. 4 ASVG gemeldet hatte.
Auch die Erstmitbeteiligte sowie der Zweit- und Drittmitbeteiligte wurden als freie Dienstnehmer gemeldet. Strittig ist, ob sie die Zustelltätigkeit in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit zur Beschwerdeführerin oder in einem Verhältnis persönlicher Unabhängigkeit von der Beschwerdeführerin verrichtet haben.
2. Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid stellte die belangte Behörde fest, dass die Erstmitbeteiligte im Zeitraum vom 26. April bis 30. September 1999, der Zweitmitbeteiligte vom 2. Jänner bis 30. Juni 1997 und vom 1. September bis 31. November 1998 sowie der Drittmitbeteiligte vom 27. Jänner bis 31. Juli 1999 auf Grund ihrer Tätigkeit als Speisen- und Getränkezusteller bei der Beschwerdeführerin der Pflichtversicherung gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 4 Abs. 2 ASVG und § 1 Abs. 1 lit. a AlVG unterlagen. In der Begründung wurde zunächst das Verwaltungsgeschehen wie folgt wiedergegeben: Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse habe mit die erst- bis drittmitbeteiligten Parteien betreffenden Bescheiden vom 3. Mai 2001 deren Pflichtversicherung nach dem ASVG und AlVG festgestellt. Sie habe hinsichtlich der Erstmitbeteiligten ausgeführt, dass diese dreimal wöchentlich als Zustellerin von Speisen und Getränken vom Gastronomiebetrieb W. aus jeweils von ca. 18.30 Uhr bis 23.30 Uhr tätig gewesen sei. Wöchentlich seien Dienstpläne nach den Wünschen der einzelnen Zusteller erstellt worden. Die Entlohnung sei von der Zahl der Zustellungen und der Wartezeit abhängig gewesen; es sei auch Kilometergeld gewährt worden. Wenn die Erstmitbeteiligte nicht habe zum Dienst kommen können, habe sie den Gruppenleiter verständigt. Dieser habe sich um Ersatzkräfte gekümmert. Es sei von einer persönlichen Abhängigkeit der Erstmitbeteiligten auszugehen, weil die Arbeitszeit durch den bestehenden Dienstplan und der Arbeitsort durch die Lage des Gastronomiebetriebes vorgegeben gewesen seien und sie auch persönlich arbeitspflichtig gewesen sei.
In der Begründung des den Zweitmitbeteiligten betreffenden Bescheides habe die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse ausgeführt, dass er zu den im Wesentlichen gleichen Bedingungen wie die Erstmitbeteiligte seine Tätigkeit verrichtet habe. Er habe seine Tätigkeit beim Gastronomiebetrieb S. regelmäßig an fünf Tagen pro Woche verrichtet. Die Tätigkeit sei entweder zwischen 10 Uhr und 22 Uhr oder zwischen 14 Uhr und 19 Uhr durchgeführt worden.
Der Drittmitbeteiligte habe seine Tätigkeit in derselben Art und Weise wie die Erstmitbeteiligte ausgeführt. Er sei beim Gastronomiebetrieb M. eingesetzt worden.
Die Beschwerdeführerin habe in ihren Einsprüchen gegen diese Bescheide behauptet, die erst- bis drittmitbeteiligten Parteien seien zu keiner Arbeitstätigkeit verpflichtet gewesen. Der Dienstplan sei entsprechend ihren Wünschen erstellt worden. Selbst nach Aufnahme ihres Wunsches in den Dienstplan hätten sie sanktionslos die Arbeitsleistung ablehnen können. Sie hätten sich darüber hinaus jederzeit vertreten lassen können. Die Zusteller seien sohin keine Dienstnehmer im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG gewesen.
Der Landeshauptmann von Oberösterreich habe den Einsprüchen keine Folge gegeben. Er habe dem Vorbringen der Beschwerdeführerin erwidert, der Arbeitsort und die Arbeitszeit der Zusteller sei bestimmt gewesen. Auch wenn die Dienstpläne die Wünsche der Zusteller berücksichtigt hätten, habe es sich um eine verbindliche Einteilung gehandelt. Die Einhaltung der Dienstzeiten sei von der Beschwerdeführerin kontrolliert worden. Es sei auch unbestritten, dass ein Hauptfahrer den Pool von Fahrern koordiniert habe. Eine bestimmte Diensteinteilung sei zur Aufrechterhaltung eines funktionierenden Zustelldienstes notwendig gewesen. Aus diesen Umständen ergebe sich eine weitgehende Eingliederung in die Ablauforganisation des Unternehmens der Beschwerdeführerin. Eine bloß wechselseitige Vertretungsmöglichkeit mehrerer vom selben Dienstgeber beschäftigter Personen stelle keine generelle Vertretungsbefugnis dar. Eine sanktionslose Ablehnungsmöglichkeit einzelner Aufträge nach Erstellung des Dienstplanes habe nicht bestanden.
In den Berufungen gegen diese Bescheide habe die Beschwerdeführerin eine Verpflichtung der Zusteller zur Arbeitsleistung bestritten. Die Zusteller hätten entscheiden können, ob sie überhaupt arbeiten wollten. Falls sich zu viele Zusteller arbeitsbereit erklärt hätten, hätte sie bestimmt, welcher Zusteller wann arbeiten dürfe. Die Beschwerdeführerin habe weiters eine generelle, unbeschränkte Vertretungsbefugnis der Zusteller behauptet. Dass die Beschwerdeführerin die Vertretung der Zusteller organisiert habe und die Vertretung durch einen anderen Zusteller erfolgt sei, ändere nichts an dem vertraglich eingeräumten Recht, sich jederzeit vertreten zu lassen.
Nach der Wiedergabe von Rechtsvorschriften stellte die belangte Behörde -ergänzend zur obigen Einleitung - folgenden Sachverhalt fest:
Die Beschwerdeführerin habe im Streitzeitraum einen Zustelldienst (Speisen und Getränke) betrieben. Die von ihr beschäftigten Zusteller seien in den verschiedenen Filialen von Gastgewerbebetrieben (den Vertragspartnern der Beschwerdeführerin) anwesend gewesen und hätten nach Eingang von Bestellungen der Kunden des Gastronomiebetriebes die Lieferung an diese Kunden vorgenommen. Die Arbeitszeit der Zusteller sei im Wesentlichen gleichartig, und zwar so gestaltet worden, dass sie im Vorhinein bekannt gegeben hätten, an welchen Tagen und in welchem Umfang sie tätig sein wollten. Daraufhin habe die Beschwerdeführerin einen Dienstplan erstellt, der die Erfüllung des gegenüber dem Gastronomiebetrieb eingegangenen Auftrages sichergestellt habe. Wenn die bekannt gegebenen Wünsche bezüglich der Arbeitszeit der Zusteller sich nicht mit dem Bedarf der Beschwerdeführerin gedeckt hätten, habe sie die Einteilung der Beschäftigten vorgenommen. Der Dienstplan sei den Zustellern bekannt gegeben worden bzw. hätten sie sich danach erkundigt. Der einmal aufgestellte Dienstplan sei grundsätzlich verbindlich gewesen. Im Verhinderungsfall sei der Zusteller durch einen anderen ersetzt worden. Eine generelle Vertretungsbefugnis habe nicht bestanden. Die Koordination der Zusteller werde von einem so genannten Hauptfahrer vorgenommen, der den Einsatz der Zusteller koordiniere. Die Fahrzeuge stünden im Eigentum der Beschwerdeführerin.
Beweis sei aufgenommen worden durch Einsicht in die Prüfberichte der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse und der Wiener Gebietskrankenkasse, in die Niederschriften mit "Kanah S" (richtig: Caner C), mit den erst- bis drittmitbeteiligten Parteien, mit "Talman S." (richtig: Kalman S.), mit Walter E. und Wolfgang L., sowie in Dienstpläne, Fahrtenbücher sowie in die "freien Dienstverträge" zwischen der Beschwerdeführerin und der Erstmitbeteiligten und dem Drittmitbeteiligten.
Die Finanzlandesdirektion für Oberösterreich habe mit Schreiben vom 1. August 2002 mitgeteilt, dass für die genannten Beschäftigten Lohnsteuerpflicht bestanden habe.
Im Rahmen der Beweiswürdigung führte die belangte Behörde aus, die Zustellung von Speisen und Getränken müsse ohne zeitlichen Spielraum unverzüglich und zuverlässig durchgeführt werden. Dieser Betriebszweck erfordere eine durchgehende und zuverlässige Besetzung des Zustellservice. Jede freie Vertretungsmöglichkeit, auch durch unkundige, erst einzuschulende Beschäftigte, würde dem widersprechen.
Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung führte die belangte Behörde unter Hinweis auf § 38 AVG aus, die zuständige Behörde habe bekannt gegeben, dass für die erst- bis drittmitbeteiligten Parteien in den gegenständlichen Zeiträumen Lohnsteuerpflicht nach § 47 Abs. 2 EStG 1988 bestanden habe. Die belangte Behörde sei an diese "rechtskräftige Feststellung" gebunden. Damit sei die Pflichtversicherung "schon aus diesem Grunde" zu bejahen gewesen.
Zu der Auffassung der Beschwerdeführerin, dass die Berücksichtigung der Wünsche der Zusteller bei Festlegung der Arbeitszeit ihre persönliche Abhängigkeit ausschließe, sei festzuhalten, dass die Wünsche der Zusteller nur dann Berücksichtigung gefunden hätten, wenn sie der Notwendigkeit des lückenlos zu besetzenden Betriebes nicht widersprochen hätten.
Der Arbeitsort und das arbeitsbezogene Verhalten seien für den Zusteller verpflichtend festgelegt gewesen. Im Vertrag zwischen der Beschwerdeführerin und dem jeweiligen Gaststättenbetrieb seien diese Umstände der Tätigkeit genau festgelegt gewesen (Anwesenheit am Betriebsstandort, Eingehen der Bestellung, umgehende Zustellung, Inkasso, Weiterleiten der eingenommenen Erlöse). Die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit würden überwiegen; nur die Arbeitszeiteinteilung vor Erstellung des Dienstplanes spreche für persönliche Unabhängigkeit. Es sei daher auch die Pflichtversicherung nach § 4 Abs. 2 erster und zweiter Satz ASVG festzustellen gewesen.
3. Die Beschwerdeführerin beantragt in der der Sache nach Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machenden Beschwerde die kostenpflichtige Aufhebung dieses Bescheides.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und unter Abstandnahme von der Erstattung einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Die (damalige) Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter sowie die Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Oberösterreich haben in als Gegenschrift bezeichneten Schriftsätzen erklärt, sich der Auffassung der belangten Behörde anzuschließen.
Die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt hat erklärt, auf die Erstattung einer Gegenschrift zu verzichten.
Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
4. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Pflichtversicherung ist hinsichtlich der Sach- und Rechtslage zeitraumbezogen zu beurteilen (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung etwa das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 4. Mai 1977, Slg. Nr. 9315/A). Die für den Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des § 4 Abs. 1, 2 und 4 ASVG in der bis einschließlich 31. Dezember 1997 in Kraft gestandenen Fassung der 53. ASVG-Novelle, (Art. I des Sozialrechts-Änderungsgesetzes 1996 (SRÄG 1996), BGBl. Nr. 411), und des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 600/1996, lauteten:
"§ 4. (1) In der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung sind auf Grund dieses Bundesgesetzes versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet:
1. die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer;
2. ...
(2) Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes ist, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.
...
(4) In der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung sind auf Grund dieses Bundesgesetzes nach Maßgabe des § 5a auch Personen versichert, die sich auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zu Dienstleistungen für
1. einen Auftraggeber (Dienstgeber) im Rahmen seines Geschäftsbetriebes, seiner Gewerbeberechtigung, seiner berufsrechtlichen Befugnis (Unternehmen, Betrieb usw.) oder seines statutenmäßigen Wirkungsbereiches (Vereinszieles usw.) mit Ausnahme der bäuerlichen Nachbarschaftshilfe,
2. eine Gebietskörperschaft oder eine sonstige juristische Person des öffentlichen Rechts bzw. die von ihnen verwalteten Betriebe, Anstalten, Stiftungen oder Fonds (im Rahmen einer Teilrechtsfähigkeit)
verpflichten, ohne Dienstnehmer im Sinne des Abs. 2 zu sein, und aus dieser Tätigkeit ein Entgelt beziehen, sofern sie nicht bereits auf Grund dieser Tätigkeit der Pflichtversicherung nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz unterliegen bzw. unterliegen könnten (§ 2 Abs. 1 FSVG)."
Mit dem Arbeits- und Sozialrechts-Änderungsgesetz 1997 (ASRÄG 1997), BGBl. I Nr. 139/1997, das in seinem Art. 7 die 54. Novelle zum ASVG enthält, wurde dem § 4 Abs. 2 ASVG mit Wirkung ab 1. Jänner 1998 (§ 572 Abs. 1 Z. 1 ASVG) folgender Satz angefügt:
"Als Dienstnehmer gilt jedenfalls auch, wer gemäß § 47 Abs. 1 und Abs. 2 erster und zweiter Satz EStG 1988 lohnsteuerpflichtig ist."
Dieser Satz wurde mit der 55. Novelle zum ASVG, BGBl. I Nr. 138/1998 (ab 1. Jänner 1999, § 575 Abs. 1 Z. 2 ASVG) dahingehend (bis 31. Dezember 2000, § 589 Abs. 1, 593 Abs. 1 Z. 5 ASVG) geändert, dass er zu lauten hat:
"Als Dienstnehmer gilt jedenfalls auch, wer gemäß § 47 Abs. 1 i. V.m. Abs. 2 EStG 1988 lohnsteuerpflichtig ist."
§ 4 Abs. 4 erhielt durch das ASRÄG 1997 und die 55. Novelle zum ASVG ab 1. Jänner 1998 (§ 572 Abs. 1 Z. 1 bzw. § 575 Abs. 1 Z. 5 ASVG) bis 31. Juli 2001 (gemäß § 593 Abs. 1 Z. 1 ASVG tritt die Änderung durch BGBl. I Nr. 99/2001 mit 1. August 2001 in Kraft) folgende Fassung:
"(4) Den Dienstnehmern stehen im Sinne dieses Bundesgesetzes Personen gleich, die sich auf Grund freier Dienstverträge auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zur Erbringung von Dienstleistungen verpflichten, und zwar für
1. einen Dienstgeber im Rahmen seines Geschäftsbetriebes, seiner Gewerbeberechtigung, seiner berufsrechtlichen Befugnis (Unternehmen, Betrieb usw.) oder seines statutenmäßigen Wirkungsbereiches (Vereinszieles usw.), mit Ausnahme der bäuerlichen Nachbarschaftshilfe,
2. eine Gebietskörperschaft oder eine sonstige juristische Person des öffentlichen Rechts bzw. die von ihnen verwalteten Betriebe, Anstalten, Stiftungen oder Fonds (im Rahmen einer Teilrechtsfähigkeit),
wenn sie aus dieser Tätigkeit ein Entgelt beziehen, die Dienstleistungen im Wesentlichen persönlich erbringen und über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel verfügen, sofern sie auf Grund dieser Tätigkeit nicht bereits gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 bis 3 bzw. § 3 Abs. 3 des gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes oder gemäß § 2 Abs. 1 und 2 des Bundesgesetzes über die Sozialversicherung freiberuflich selbständig Erwerbstätiger versichert sind oder sofern es sich nicht um eine (Neben-)Tätigkeit im Sinne des § 19 Abs. 1 Z. 1 lit. f des Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes handelt oder sofern diese Personen nicht eine freiberufliche Tätigkeit, die die Zugehörigkeit zu einer gesetzlich beruflichen Vertretung (Kammer) begründet, ausüben."
§ 47 Abs. 1 und Abs. 2 erster und zweiter Satz EStG 1988 - die Erweiterung des § 4 Abs. 2 zweiter Satz ASVG auf den gesamten Abs. 2 des § 47 EStG 1988 ist hier nicht relevant - lauten:
"§ 47. (1) Bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (§ 25) wird die Einkommensteuer durch Abzug vom Arbeitslohn erhoben (Lohnsteuer), wenn im Inland eine Betriebsstätte (§ 81) des Arbeitgebers besteht. Arbeitnehmer ist eine natürliche Person, die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezieht. Arbeitgeber ist, wer Arbeitslohn im Sinne des § 25 auszahlt.
(2) Ein Dienstverhältnis liegt vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leistung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist."
Die belangte Behörde stützte ihren Ausspruch über die Pflichtversicherung der Erst- bis Drittmitbeteiligten in den genannten Zeiträumen einerseits auf die Mitteilung der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich und andererseits auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 ASVG.
Der Auffassung der belangten Behörde, die Pflichtversicherung der erst- bis drittmitbeteiligten Parteien sei schon auf Grund der Mitteilung der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich für die Streitzeiträume zu bejahen, kann nicht gefolgt werden. Einerseits wurde - wie oben dargestellt - die Verweisung des § 4 Abs. 2 ASVG auf § 47 Abs. 1 und Abs. 2 erster und zweiter Satz EStG 1988 erst mit Wirkung ab 1. Jänner 1998 eingefügt, sodass die von der belangten Behörde angesprochene Mitteilung für den Zeitraum 2. Jänner bis 30. Juni 1997 bezüglich des Zweitmitbeteiligten von vornherein keine Wirkung haben kann. Die wesentliche Bedeutung dieser ab 1. Jänner 1998 wirksamen Verweisung liegt darin, dass für jene Zeiträume, für welche die Lohnsteuerpflicht der betreffenden Person nach § 47 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 EStG 1988 mit Bescheid der Finanzbehörde festgestellt ist, damit auch die Sozialversicherungspflicht nach § 4 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. Abs. 2 ASVG bindend feststeht. Feststellungen darüber, dass finanzbehördliche Bescheide gemäß § 82 EStG 1988 (Haftungs- und Zahlungsbescheide) betreffend die erst- bis drittmitbeteiligten Parteien und die hier in Rede stehenden Zeiträume ergangen wären, wurden nicht getroffen. Liegt aber kein bindender Bescheid vor, so käme der faktischen (auch einvernehmlichen) Behandlung der strittigen Beschäftigungsverhältnisse als lohnsteuerpflichtige eine bloße Indizwirkung zu, deren Widerlegung der Beschwerdeführerin offen stünde.
In der zweiten Begründungslinie hat die belangte Behörde das Vorliegen der Voraussetzungen für die Pflichtversicherung nach § 4 Abs. 2 ASVG während des gesamten Zeitraumes bejaht. Die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit würden überwiegen; lediglich die Arbeitszeiteinteilung vor Erstellung des Dienstplanes spreche für die persönliche Unabhängigkeit der Zusteller.
Gemäß § 4 Abs. 2 ASVG ist Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen. Ob bei der Beschäftigung die Merkmale persönlicher Abhängigkeit des Beschäftigten vom Empfänger der Arbeitsleistung gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen und somit persönliche Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG gegeben ist, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das Erkenntnis vom 3. April 2001, 96/08/0202) davon ab, ob nach dem Gesamtbild dieser konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch diese Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder - wie bei anderen Formen der Gestaltung einer Beschäftigung - nur beschränkt ist. Für das Vorliegen der persönlichen Abhängigkeit sind - im Ergebnis in Übereinstimmung mit dem arbeitsrechtlichen Verständnis dieses Begriffes - als Ausdruck der weitgehenden Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch seine Beschäftigung nur seine Bindung an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisung- und Kontrollbefugnisse und die damit eng verbundene (grundsätzlich) persönliche Arbeitspflicht unterscheidungskräftige Kriterien zur Abgrenzung von anderen Formen der Gestaltung einer Beschäftigung, während das Fehlen anderer - im Regelfall freilich auch vorliegender - Umstände, wie z. B. die längere Dauer des Beschäftigungsverhältnisses oder ein das Arbeitsverfahren betreffendes Weisungsrecht des Empfängers der Arbeitsleistung dann, wenn die unterscheidungskräftigen Kriterien kumulativ vorliegen, persönliche Abhängigkeit nicht ausschließt.
Die belangte Behörde hat festgestellt, dass für die erst- bis drittmitbeteiligten Parteien der Arbeitsort, die Arbeitszeit und das arbeitsbezogene Verhalten verpflichtend festgelegt worden waren.
Die Tätigkeit der erst- bis drittmitbeteiligten Parteien war örtlich gebunden, mussten sie doch von einem bestimmten Gastronomiebetrieb aus Zustellungen an dessen Kunden vornehmen. Aber auch hinsichtlich der zeitlichen Durchführung dieser Tätigkeit ist - wie die belangte Behörde im Rahmen ihrer Beweiswürdigung ausführte - zweifellos von einer Bindung auszugehen. Wesentlich ist daher, dass sie in der örtlichen und zeitlichen Gestaltung ihrer Tätigkeit nicht frei - wie das bei einem freien Dienstnehmer der Fall ist - gewesen sind. Darüber hinaus kommt die Bindung an das arbeitsbezogene Verhalten bei dieser Tätigkeit insofern deutlich zum Ausdruck, weil sie die Aufnahme und Beendigung der Tätigkeit telefonisch der Beschwerdeführerin melden mussten. Auch die Zurverfügungstellung der für den Transport der Speisen und Getränke erforderlichen Behältnisse (Betriebsmittel) durch die Beschwerdeführerin lässt erkennen, dass die erst- bis drittmitbeteiligten Parteien in die Organisation der Beschwerdeführerin eingebunden gewesen sind. Wenn die belangte Behörde aus diesen Umständen den Schluss gezogen hat, dass die erst- bis drittmitbeteiligten Parteien jedenfalls an den Tagen, an denen sie für die Beschwerdeführerin tatsächlich tätig gewesen sind, in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit beschäftigt waren, ist dies nicht rechtswidrig.
Die Zusteller (die Erstmitbeteiligte sowie der Zweit- und Drittmitbeteiligte) haben die gegenständliche Beschäftigung nicht an jedem (Arbeits-)Tag ausgeübt. Es stellt sich daher die Frage, ob bei Beschäftigungen, die an einzelnen Tagen ausgeübt werden, ein durchgehendes Beschäftigungsverhältnis, d.h. auch an jenen Tagen, an denen keine tatsächliche Beschäftigung ausgeübt wurde, oder mehrere, unter Umständen auf den einzelnen Tag beschränkte Beschäftigungsverhältnisse anzunehmen sind.
Nach der Rechtsprechung (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 3. April 2001, 96/08/0202, und vom 17. Dezember 2002, 99/08/0008) schließt die Berechtigung eines Beschäftigten, im Rahmen einer übernommenen Gesamtverpflichtung (d.h. im Rahmen einer Verpflichtung, auf längere Dauer Arbeitsleistungen zu erbringen) sanktionslos einzelne Arbeitsleistungen (ohne Stelligmachung eines Vertreters) abzulehnen, wodurch er trotz übernommener Gesamtverpflichtung in der Disposition über seine Arbeitszeit weitgehend frei ist und der Arbeitsempfänger nicht von vornherein mit der Arbeitskraft des Betreffenden rechnen oder entsprechend disponieren kann, wegen des in dieser Berechtigung zum Ausdruck kommenden Fehlens der Ausschaltung seiner Bestimmungsfreiheit durch die übernommene Arbeitspflicht seine persönliche Abhängigkeit vom Arbeitsempfänger aus.
Die allfällige Verneinung eines durchgehenden sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses wegen der Möglichkeit der sanktionslosen Ablehnung einzelner Arbeitsleistungen schließt aber nicht aus, dass während der jeweils wiederkehrenden kurzfristigen tatsächlichen Inanspruchnahme der erst- bis drittmitbeteiligten Parteien jeweils tageweise versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse zu Stande gekommen sein könnten, wenn nach dem Gesamtbild der jeweils konkret zu beurteilenden (tageweisen) Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit durch diese Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet und nicht nur beschränkt war (vgl. nochmals die hg. Erkenntnisse vom 3. April 2001, 96/08/0202, und vom 17. Dezember 2002, 99/08/0008).
Nach der Darstellung des Verwaltungsgeschehens im angefochtenen Bescheid hat die Beschwerdeführerin von Anfang an behauptet, den erst- bis drittmitbeteiligten Parteien sei es freigestanden, angebotene Arbeiten sanktionslos abzulehnen. Der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin hat laut Niederschrift, die die belangte Behörde als Beweismittel anführt, ausgeführt, in jeder Filiale gebe es einen "Pool" von Fahrern. Einer dieser Fahrer sei der Hauptfahrer, der den "Pool" koordiniere. Er habe eine Liste mit allen Namen und Telefonnummern. Mit ihm machten sich die anderen Fahrer die genauen Einsatzzeiten aus.
Der Begründung des angefochtenen Bescheides kann nicht entnommen werden, dass sich die belangte Behörde vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtslage (zur Möglichkeit der sanktionslosen Ablehnung von einzelnen abgerufenen Arbeitsleistungen) mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin und den Angaben ihres Geschäftsführers und auch damit, ob und in welcher Form die Parteien einschlägige Vereinbarungen getroffen haben, auseinander gesetzt hätte. Die belangte Behörde hätte aber nicht nur Ermittlungen zu der allenfalls zwischen den Parteien getroffenen näheren Vereinbarung (auch die Erstmitbeteiligte gibt in ihrer Niederschrift an, dass sie Arbeitsleistungen ablehnen konnte) anzustellen gehabt, sondern auch solche, aus denen Feststellungen über die Arbeitsorganisation der Beschwerdeführerin hätten getroffen werden können. Selbst eine ausdrücklich vereinbarte Befugnis, Arbeitsleistungen sanktionslos ablehnen zu können, stünde im Verdacht, ein "Scheingeschäft" zu sein, wenn eine solche Vereinbarung mit den objektiven Anforderungen der Unternehmensorganisation nicht in Einklang zu bringen wäre (vgl. §§ 539 und 539a ASVG). In diesem Zusammenhang kann auch von Bedeutung sein, ob der Beschwerdeführerin die Möglichkeit offen gestanden wäre, im Falle der Absage der von ihr in Aussicht genommenen Person aus dem von ihrem Geschäftsführer behaupteten "Pool" eine andere Arbeitskraft abzurufen. Auch hiezu ist der Sachverhalt ergänzungsbedürftig geblieben.
Im fortzusetzenden Verfahren wird die belangte Behörde Ermittlungen im aufgezeigten Sinne durchzuführen haben, ob durchgehende oder nur für den jeweiligen Tag der Beschäftigung andauernde Beschäftigungsverhältnisse vorlagen.
Aus den dargestellten Gründen war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Das auf Ersatz der Stempelgebühren gerichtete Mehrbegehren war wegen der auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden sachlichen Abgabenfreiheit (§ 110 ASVG) abzuweisen.
Wien, am 19. Oktober 2005
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