VwGH 2002/08/0003

VwGH2002/08/00037.9.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Köller und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des H in V, vertreten durch Dr. Dieter Zaponig, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Keesgasse 7/II, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 27. November 2001, Zl. 5-s20g498/5-2001, betreffend Feststellung der Beitragsgrundlagen und Beitragsvorschreibung in der Pensions- und Krankenversicherung nach dem GSVG (mitbeteiligte Partei: Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft in 1051 Wien, Wiedner Hauptstraße 84-86), zu Recht erkannt:

Normen

ASVG §4 Abs1 Z1;
ASVG §4 Abs2;
ASVG §4 Abs1 Z1;
ASVG §4 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz) Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1. Der Beschwerdeführer unterlag vom 1. September 1995 bis 31. März 1996 auf Grund seiner Beschäftigung als Geschäftsführer eines Vereins der Pflichtversicherung nach dem ASVG.

Ab 7. Juli 1995 war er Geschäftsführer und Gesellschafter (25 %) der T. GmbH. Über Aufforderung der mitbeteiligten Partei gab die T. GmbH mit Schreiben vom 14. November 1995 bekannt, dass der Beschwerdeführer für seine Tätigkeit als geschäftsführender Gesellschafter kein Gehalt erhalte; daran werde sich auch in absehbarer Zeit nichts ändern. Der Beschwerdeführer selbst beantragte unter Vorlage einer Arbeits- und Entgeltbestätigung des Vereins die Differenzbeitragsvorschreibung. Die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt gab dem Antrag auf Herabsetzung der Beitragsgrundlage für das Jahr 1995 statt. Nachdem die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt vom Erlöschen der Gewerbeberechtigung der T. GmbH mit 15. Jänner 1996 Kenntnis erlangt hatte, teilte sie dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 13. Februar 1996 mit, dass seine Pflichtversicherung auf Grund seiner Erwerbstätigkeit für die T. GmbH mit 31. Jänner 1996 ende.

2. Der Beschwerdeführer meldete per 1. April 2000 das Gewerbe als Denkmal-, Fassaden- und Gebäudereiniger gemäß § 94 Z. 38 GewO 1994 und als Sicherheitsfachkraft, Sicherheitstechnisches Zentrum, gemäß § 124 Z. 20 GewO 1994 an. Die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt gab ihm daraufhin mit Schreiben vom 25. April 2000 bekannt, dass er der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung nach dem GSVG und der Unfallversicherung nach dem ASVG ab 1. April 2000 unterliege.

Der Beschwerdeführer beantragte mit Schreiben vom 6. August 2001 die Ausfertigung eines Bescheides über die Beitragsgrundlage. Mit 1. April 2000 habe er zwei Gewerbe angemeldet und sei damit das erste Mal als "Jungunternehmer" selbständig erwerbstätig. Bei einem Telefongespräch mit dem Sachbearbeiter der mitbeteiligten Partei sei ihm aufgefallen, dass seine Bemessungsgrundlage nicht auf Basis "Neuzugänger" angesetzt worden sei. Er weise darauf hin, dass sein Aufgabenbereich als Geschäftsführer des Vereines im Zeitraum vom 1. September 1995 bis 31. März 1996 und als Geschäftsführer der T. GmbH vom 1. Oktober 1995 bis 31. Jänner 1996 innerhalb eines Beschäftigungsverhältnisses als Angestellter "geplant" gewesen sei, wobei das Beschäftigungsverhältnis bei der T. GmbH durch den zu kurzen Zeitraum nicht zu Stande gekommen sei. In diesem Zusammenhang habe er an die mitbeteiligte Partei keinerlei Beitragszahlungen geleistet. Deshalb glaube er, dass seine nunmehrige selbständige Erwerbstätigkeit der "Neuzugängerbeitragsgrundlage" unterliegen müsste.

3. Die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt stellte mit Bescheid vom 20. August 2000 die Beitragsgrundlage in der Pensions- und Krankenversicherung gemäß §§ 25 und 25a GSVG für die Jahre 2000 und 2001 vorläufig fest und schrieb für diese Jahre Beiträge in einer vorläufigen Höhe vor. In der Begründung wurde ausgeführt, die Höhe der endgültigen Beitragsgrundlagen für die Jahre 2000 und 2001 errechneten sich aus den Einkünften nach den rechtskräftigen Einkommensteuerbescheiden 2000 und 2001. Diese endgültige Beitragsgrundlage sei noch nicht feststellbar, weshalb eine vorläufige zu bilden gewesen sei, welche sich gemäß § 25a GSVG in der Fassung BGBl. I Nr. 139/1998 errechne. Nachdem im drittvorangegangenen Kalenderjahr keine Pflichtversicherung nach dem GSVG bestanden habe, sei gemäß § 25 Abs. 1 Z. 1 lit. a GSVG die monatliche Beitragsgrundlage gemäß § 24 Abs. 4 Z. 1 GSVG anzuwenden. Es handle sich dabei um die Mindestbeitragsgrundlage. Eine Reduktion dieser Beitragsgrundlage wäre nur möglich, wenn es erstmals zu einer Pflichtversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 bis 3 oder § 3 Abs. 3 GSVG gekommen wäre. Tatsächlich sei aber schon vom Oktober 1995 bis Jänner 1996 die Pflichtversicherung nach dem GSVG vorgelegen. Nur bei einer erstmaligen Pflichtversicherung nach dem GSVG könnte § 25 Abs. 4 Z. 2 lit. a zur Anwendung kommen.

4. Der Beschwerdeführer erhob Einspruch. Darin führte er aus, bei der von der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt ins Treffen geführten Pflichtversicherung vom Oktober 1996 bis Jänner 1996 habe es sich "inhaltlich um ein Beschäftigungsverhältnis als Angestellter bei der T. GmbH gehandelt, für welches er keinerlei Entgelt erhalten habe". Zufolge des zu kurzen Bestehens der angeführten Gesellschaft sei es zu keinem formalen Abschluss eines Dienstvertrages gekommen. Entscheidend sei jedoch, dass er für diesen Zeitraum keinerlei Beitragsleistungen an die mitbeteiligte Partei geleistet habe. Er sei daher noch nie selbständig erwerbstätig gewesen. Eine Vorschreibung der Beiträge auf Basis der regulären Mindestbeitragsgrundlage stelle daher eine eklatante Ungleichbehandlung gegenüber sonstigen "Jungunternehmern" dar. Selbst wenn im Zeitraum von Oktober 1995 bis Jänner 1996 eine Pflichtversicherung als selbständig Erwerbstätiger aus rein formalen Gründen bestanden haben sollte, dürfe dieser kurze Zeitraum keinesfalls die Begünstigung der dreijährigen "Neuzugängerregelung" zur Gänze vernichten. Auch ein "Neuer Selbständiger" gemäß § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG komme in jedem Fall in den Genuss der günstigeren Mindestbeitragsgrundlage, was "überdies eine eklatante Ungleichbehandlung der Gewerbescheininhaber bewirke".

5. Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Einspruch keine Folge. In der Begründung führte sie nach einer Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens aus, nach dem Ermittlungsverfahren sei der Beschwerdeführer von Oktober 1995 bis Jänner 1996 geschäftsführender Gesellschafter der T. GmbH gewesen. Sohin sei er der Pflichtversicherung nach dem GSVG unterlegen; er sei von der Beitragspflicht befreit gewesen, weil er keine Geschäftsführerbezüge erhalten habe und gleichzeitig aus einem Dienstverhältnis Einkünfte über der GSVG-Mindestbeitragsgrundlage erzielt habe. Gemäß § 25 Abs. 4 Z. 1 zweiter Satz GSVG sei für die vom Beschwerdeführer geforderte Anwendung der so genannten "Neuzugängerbeitragsgrundlage" nach Z. 2 lit. a der erstmalige Eintritt einer Pflichtversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 bis 3 oder § 3 Abs. 3 GSVG Voraussetzung. Da der Beschwerdeführer diese Voraussetzung nicht erfülle, sei dem Einspruch ein Erfolg zu versagen gewesen.

6. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt wird. Die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt hat von der Erstattung einer Gegenschrift abgesehen.

7. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer macht geltend, die belangte Behörde gehe fehl, wenn sie die niedrigere Beitragsgrundlage gemäß § 25 Abs. 4 Z. 2 lit. a GSVG auf den erstmaligen Eintritt einer Pflichtversicherung beziehe. Dies sei vom Gesetzgeber sicherlich nicht so gedacht gewesen, zumal dies zu unbilligen Härten führen würde. Dies stelle nämlich eine eklatante Ungleichbehandlung gegenüber anderen "Jungunternehmern" dar. In seinem Falle würde das dazu führen, dass er zufolge einer Pflichtversicherung im Zeitraum Oktober 1995 bis Jänner 1996 nicht mehr in den Genuss der "Neuzugängerregelung" komme.

Mit der 23. Novelle zum gewerblichen Sozialversicherungsgesetz, BGBl. I Nr. 139/1998, wurde die Mindestbeitragsgrundlage für "Jungunternehmer" herabgesetzt. Gemäß § 25 Abs. 4 Z. 1 GSVG gilt demnach im Kalenderjahr des erstmaligen Eintritts einer Pflichtversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 bis 3 oder § 3 Abs. 3 und in den darauf folgenden zwei Kalenderjahren an Stelle des Betrages von S 13.761,-- der in Z. 2 lit. a genannte Betrag von S 7.400,--. Diese am 1. Jänner 1999 in Kraft getretene Bestimmung gilt gemäß der Übergangsbestimmung des § 276 Abs. 10 GSVG allerdings nur für Personen, die nach dem 31. Dezember 1998 erstmals der Pflichtversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 bis 3 oder § 3 Abs. 3 GSVG unterliegen. Die Auffassung der Beschwerde widerspricht sohin dem Wortlaut dieser Bestimmung. Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Bestimmung im Hinblick auf das Gleichheitsgebot bestehen nicht. Zur Milderung der Anfangsschwierigkeiten einer selbständigen Tätigkeit dient die Mindestbeitragsgrundlage. Die weitere Absenkung derselben für die erstmals der Pflichtversicherung unterliegenden selbständig Erwerbstätigen durch die 23. Novelle zum GSVG stellt nicht nur eine Förderungsmaßnahme für solche "Jungunternehmer" dar, sondern dient auch als Anreiz zur Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit.

Der Beschwerdeführer wirft der belangten Behörde weiters vor, sie habe Erhebungen dahingehend unterlassen, ob er im Zeitraum Oktober 1995 bis Jänner 1996 zufolge seiner Tätigkeit bei der T. GmbH der Pflichtversicherung nach dem ASVG unterlegen sei. Er habe im Einspruch ausgeführt, dass es sich bei dieser Tätigkeit um ein Angestelltenverhältnis gehandelt habe, für welches er keinerlei Entgelt bezogen habe.

Auch dieses Vorbringen führt die Beschwerde nicht zum Erfolg.

Geschäftsführende Gesellschafter einer GmbH sind von der Kranken- und Pensionsversicherung nach § 2 Abs. 1 Z. 3 GSVG ausgenommen, solange sie in dieser Eigenschaft nach dem ASVG pflichtversichert sind. Die Geschäftsführereigenschaft eines Gesellschafters ist ein formalisiertes Merkmal der Versicherungspflicht. Die Pflichtversicherung nach dem ASVG tritt kraft Gesetzes ein und besteht daher, auch ohne dass es einer Anmeldung oder gar einer tatsächlichen Durchführung bedürfte. Daher genügt es nach § 2 Abs. 1 Z. 3 GSVG bereits, dass diese Personen auf Grund ihrer Tätigkeit der Pflichtversicherung nach dem ASVG unterliegen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 30. April 2002, 97/08/0551, m.w.N.). Nach der Rechtsprechung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. Oktober 1980, Slg. Nr. 10.258/A) ist Entgeltlichkeit eine weitere Voraussetzung der Vollversicherungspflicht im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG.

Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers hatten die Behörden des Verfahrens keine Veranlassung, Ermittlungen dahingehend zu führen, ob der Beschwerdeführer auf Grund seiner Tätigkeit als geschäftsführender Gesellschafter der T. GmbH der Pflichtversicherung nach dem ASVG unterlegen sei. Er hat nicht behauptet, dass er als geschäftsführender Gesellschafter der T. GmbH in einem Dienstverhältnis zur Gesellschaft gestanden ist. Ferner konnte die belangte Behörde zweifelsfrei von der Unentgeltlichkeit der Beschäftigung des Beschwerdeführers als geschäftsführender Gesellschafter der T. GmbH ausgehen: Sowohl die T. GmbH hat der mitbeteiligten Partei mit Schreiben vom 14. November 1995 bekannt gegeben, dass der Beschwerdeführer für seine Tätigkeit als geschäftsführender Gesellschafter kein Gehalt erhalte; daran werde sich auch in absehbarer Zeit nichts ändern. Auch der Beschwerdeführer hat in seinen Eingaben vom 15. Februar 1996 ("Ich beziehe aus der Gesellschaft kein Gehalt"), vom 12. März 1996 ("Ich habe bis 5. Jänner 1996 keine Geschäftsführerbezüge bezogen und beziehe auch während der Auflösung der GesmbH keine Liquidatorbezüge") und vom 6. August 2001 die Unentgeltlichkeit seiner Beschäftigung betont. Auch im Einspruch und in der Beschwerde führt er aus, dass er für diese Tätigkeit keinerlei Entgelt bezogen hat. Wenn die belangte Behörde bei dieser Sachlage die Tätigkeit des Beschwerdeführers als geschäftsführender Gesellschafter der T. GmbH als eine die Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z. 3 GSVG bewirkende ansah, ist dies nicht rechtswidrig.

Da es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 7. September 2005

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