VwGH 2002/07/0149

VwGH2002/07/014923.9.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Beck und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Kante, über die Beschwerde des Dkfm. E in H, vertreten durch Dr. Wilfried Ludwig Weh, Rechtsanwalt in 6900 Bregenz, Wolfeggstraße 1, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 27. März 2002, Zl. 1- 0042/02/K3, betreffend Übertretung des Wasserrechtsgesetzes 1959 (weitere Partei: Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft), zu Recht erkannt:

Normen

11997E234 EG Art234;
61999CC0516 Walter Schmid Schlussantrag;
61999CJ0516 Walter Schmid VORAB;
62000CJ0421 Sterbenz VORAB;
AVG §37;
AVG §45 Abs3;
AVG §52;
AVG §53 Abs1;
AVG §53;
AVG §59 Abs1;
AVG §7 Abs1;
B-VG Art129;
B-VG Art129a;
B-VG Art129b;
B-VG Art140;
B-VG Art20 Abs1;
EURallg;
EMRK Art6;
MRKZP 07te Art4;
VStG §24;
VStG §31 Abs2;
VStG §32 Abs1;
VStG §32 Abs2;
VStG §44a Z1 impl;
VStG §44a Z1;
VStG §5 Abs1;
VStG §51e Abs6;
VStG §51g Abs2;
VStG §9;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;
11997E234 EG Art234;
61999CC0516 Walter Schmid Schlussantrag;
61999CJ0516 Walter Schmid VORAB;
62000CJ0421 Sterbenz VORAB;
AVG §37;
AVG §45 Abs3;
AVG §52;
AVG §53 Abs1;
AVG §53;
AVG §59 Abs1;
AVG §7 Abs1;
B-VG Art129;
B-VG Art129a;
B-VG Art129b;
B-VG Art140;
B-VG Art20 Abs1;
EURallg;
EMRK Art6;
MRKZP 07te Art4;
VStG §24;
VStG §31 Abs2;
VStG §32 Abs1;
VStG §32 Abs2;
VStG §44a Z1 impl;
VStG §44a Z1;
VStG §5 Abs1;
VStG §51e Abs6;
VStG §51g Abs2;
VStG §9;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Die Bezirkshauptmannschaft Bregenz (BH) erließ gegen den Beschwerdeführer das Straferkenntnis vom 14. Dezember 2001 mit folgendem Spruch:

"Sie haben es in Ihrer Eigenschaft als handelsrechtlicher Geschäftsführer der K. GmbH, welche persönlich haftende Gesellschafterin der K. GmbH & Co ist, und somit als gem. § 9 VStG verantwortliches zur Vertretung nach Außen berufenes Organ der K. GmbH & Co zu verantworten, dass am 01., 02., 08. und 15. März 2001 aus der Betriebsanlage in H (...) eine Einleitung von Betriebsabwasser mit einer BSB5-Fracht von jeweils rund 2000 kg bis etwa 2400 kg zur Abwasserreinigungsanlage L-tal vorgenommen wurde, obwohl für eine Einleitung dieser Abwasserfracht keine Zustimmung des Abwasserverbandes L-tal vorlag. Gemäß Kanalanschlussbescheid der Gemeinde H vom 14.06.1994 idF vom 19.12.1995 darf die tägliche BSB5-Fracht den Wert von 800 kg nicht überschreiten. Durch die erfolgte Einleitung wurde die Funktionsfähigkeit der ARA L-tal nachhaltig in der Weise geschädigt, dass der Belebtschlammgehalt in den Belebungsbecken der ARA L-tal infolge Schlammabtriebes in den Bodensee unter 2 kg/m3 sank, wodurch die tägliche CSB-Fracht der ARA L-tal in den Bodensee bis zum Aufbau einer neuen Biologie (Dauer mindestens 14 Tage) statt ca. 120 kg/Tag bei rund 500 kg/Tag lag.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

1: § 137/3 Z. 3 zweiter Fall iVm § 32b Wasserrechtsgesetz iVm Bescheid der Gemeinde H vom 14.06.1994 idF vom 19.12.1995.

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Zu

Geldstrafe

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

Gemäß

ATS

EURO

1

50.000,00

3.633.64

96 Stunden

§ 137 Abs. 3 Wasserrechtsgesetz

..."

Begründend führte die BH aus, dass in der Stellungnahme des gewässerschutztechnischen Amtssachverständigen vom 21. März 2001 angeführt worden sei, dass nach den Ergebnissen der betrieblichen Eigenkontrolle das Betriebswasser am 15. März 2001 laut Messung vom 16. März 2001 einen durchschnittlichen CSB-Wert von 13.000 mg/l aufgewiesen habe. Dies würde bedeuten, dass die Gesamt-CSB-Fracht im Abwasser der K. GmbH & Co bei rund 5.200 kg (bei einem täglichen Abwasservolumen von rund 400 m3) gelegen sei. Die Betriebs-ARA des Unternehmens könne davon im besten Fall 2.500 kg konsensgemäß aufarbeiten, die ARA L-tal könne ohne Gefährdung ihres Konsenses maximal 1.500 kg (über das unbehandelte Rohabwasser) verarbeiten. Nachdem am besagten Tag die gesamte Abwassermenge abgeleitet und verarbeitet worden sei, müsse zwingend davon ausgegangen werden, dass sowohl die maximale Kapazität der Betriebs-ARA, als auch das Maximum der für die ARA Ltal vertretbaren Belastung überschritten worden seien. Entsprechende Betriebszustände seien zumindest auch für 1., 2. und 8. März 2001 anzunehmen. Laut dem Kanalanschlussbescheid des Bürgermeisters der Gemeinde H vom 14. Juni 1994, abgeändert durch den Bescheid der Berufungskommission der Gemeinde H vom 19. Dezember 1995, dürfe die tägliche BSB5-Fracht der Stärkefabrik D seit 1. September 1996 den Wert von 800 kg nicht überschreiten.

Weiters habe der Amtssachverständige berechnet, dass am 15. März 2001 der ARA L-tal rund 2.700 kg CSB bzw. rund 2.000 kg BSB5 zugeleitet worden seien, und habe er ausgeführt, dass entsprechende Betriebszustände auch für den 1., 2. und 8. März 2001 anzunehmen seien.

Begründend führte die BH weiter aus, dass die am 1., 2., 8. und 15. März 2001 vorgenommene Einleitung von Betriebsabwasser den Einleitungsbedingungen des Kanalanschlussbescheides nicht entsprochen hätten und für eine darüber hinausgehende Einleitung so hoher BSB5- bzw. CSB-Frachten keine Zustimmung des Abwasserverbandes L-tal vorliege. Die vorgenommene Einleitung habe einen Schlammabtrieb in den Bodensee zur Folge gehabt, wodurch der Belebtschlammgehalt in den Belebungsbecken der ARA (Abwasserreinigungsanlage) L-tal unter 2 kg/m3 gesunken sei. Damit sei ein konsensgemäßer Betrieb der ARA L-tal bis zum Aufbau einer neuen Biologie, d.h. etwa mindestens 14 Tage lang, nicht möglich und die ARA L-tal in dieser Zeit nur eingeschränkt funktionsfähig gewesen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung.

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Vorarlberg (die belangte Behörde) führte am 21. Februar 2002 eine mündliche Verhandlung durch, in der u.a. der Beschwerdeführer und der Zeuge H., der Betriebsleiter der ARA L-tal, vernommen wurden und der Amtssachverständige für Abwasserreinigung Dr. K. ein Gutachten erstattete. In dieser Verhandlung beantragte der Vertreter des Beschwerdeführers die Einholung eines Gutachtens eines unabhängigen Sachverständigen mit der Begründung, dass der Amtssachverständige Dr. K. als sachverständiger Zeuge einzuvernehmen gewesen wäre und demnach noch kein Gutachten vorliege. Über Frage des Verhandlungsleiters erklärte der Vertreter des Beschwerdeführers, es werde kein Antrag gestellt, dass der Beschwerdeführer selbst ein entsprechendes Privatgutachten einholen und vorlegen könne, dies, weil die Kosten dafür zu hoch seien. Von der belangten Behörde wurde dem "Antrag auf amtswegige Einholung" eines weiteren Gutachtens nicht Folge gegeben. Ferner heißt es in der Verhandlungsschrift: "Innerhalb einer Frist von zwei Wochen werden vom Beschuldigten noch vorgelegt: Das eingangs erwähnte Schreiben vom 7.6.2001 sowie die CSB-Werte des Betriebswassers (unbehandelt) für den fraglichen Zeitraum". (Der Beschwerdeführer hatte bei seiner Vernehmung in der Verhandlung angegeben, dass die Abwässer, die von "unserer Vorkläranlage" abgingen, von einem Zähler erfasst würden und es dafür entsprechende Aufzeichnungen gebe, die er der belangten Behörde vorlegen werde.)

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 27. März 2002 wurde gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 24 VStG der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.

In der Begründung ihres Bescheides stellte die Behörde fest, dass die K. GmbH & Co (im Folgenden: Firma D.) in H eine Stärke- und Dextrosefabrik betreibe. Persönlich haftende Gesellschafterin dieser Gesellschaft sei die K. GmbH, deren handelsrechtlicher Geschäftsführer der Beschwerdeführer sei.

Die Einleitungsbedingungen der bei der Firma D. anfallenden Abwässer in die Abwasserreinigungsanlage des Abwasserverbandes Ltal richteten sich nach dem genannten Kanalanschlussbescheid, wonach die tägliche BSB5-Fracht der Firma D. den Wert von 800 kg/Tag nicht überschreiten dürfe. Im gegenständlichen Zeitraum habe es keine direkte Einleitervereinbarung der Firma D. mit dem Abwasserverband L-tal gegeben.

Die von der Firma D. ins öffentliche Kanalnetz eingeleiteten unbehandelten Betriebsabwässer hätten an den gegenständlichen Tagen den obigen Wert erheblich überstiegen. Diese hohen Zulauffrachten hätten zur Folge gehabt, dass in den Belebungsbecken befindlicher Belebtschlamm in den Bodensee abgetrieben und der Gehalt an Belebtschlamm, der bei der ARA L-tal unter Normalbedingungen bei rund 16 bis 20 t bezogen auf das gesamte Belebungsvolumen von ca. 4.000 m3 liege, auf rund 4 bis 5 t, somit unter 2 kg/m3, gesunken sei. Dadurch sei ein konsensgemäßer Betrieb (konsensgemäße Rest-CSB-Fracht in den Bodensee 270 kg CSB/Tag) nicht mehr möglich gewesen, und die tägliche CSB-Fracht in den Bodensee habe bis zum Aufbau einer neuen Biologie (Dauer: ca. 14 Tage) statt 120 kg nunmehr rund 500 kg/Tag betragen.

Dieser Sachverhalt werde auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens, insbesondere auf Grund des Gutachtens des im Verfahren beigezogenen Sachverständigen und der Zeugenaussage H., als erwiesen angenommen.

Der Sachverständige für Abwasserreinigung habe in seinem Gutachten zur Frage, auf Grund welcher Umstände darauf geschlossen werden könne, dass die gegenständlichen Überlastungen im Zulauf der ARA L-tal durch Einleitungen der Firma D. erfolgt seien, dargelegt, dass die anlagentechnische Situation der Firma D. u. a. wegen der Einleitung der hochbelasteten Abwässer aus der Zuckerproduktion unvermeidlich zu CSB-Frachten von mehr als 2,5 t bis knapp 6 t führe. Dies sei die wesentliche Ursache, dass das Unternehmen die Betriebskläranlage nicht wie geplant für die Direkteinleitung in den Bodensee, sondern nur für Zwecke der Vorreinigung betreiben könne und gleichzeitig in der Regel rund 30 % des betrieblichen Abwasseranfalls unbehandelt zur ARA L-tal ableiten müsse. Konsensgemäß könne die Betriebskläranlage der Firma D. 2.200 kg CSB/Tag verarbeiten. Die CSB-Frachtsumme "unbehandeltes Abwasser und Betriebs-ARA-Ablauf" liege im Zeitraum

1. bis 16. März 2001 auch unter den für das Unternehmen günstigsten Annahmen durchwegs über 1.500 kg/Tag. In Zeiten ohne Ableitung von Abwässern aus den Anlagen der Firma D. würden die CSB-Zulaufkonzentrationen der ARA L-tal unter Berücksichtigung der Wetterverhältnisse regelmäßig signifikant niedriger als zu Zeiten der Produktion im Unternehmen liegen. Alle anderen wesentlichen größeren Abwassereinleiter im Verbandsgebiet der ARA L-tal seien seit 2000/2001 durch entsprechende IEV-Vereinbarungen beschränkt und würden anhand laufender Untersuchungen auch im täglichen Praxisbetrieb nur Bruchteile der Emission der Firma D. aufweisen. Diese anderen Einleiter könnten schon auf Grund ihrer anlagentechnischen Ausstattung und Produktionsstruktur nicht Ursache extremer CSB-Abwasseremissionen sein. Dies sei eine langjährige Betriebserfahrung der Betriebsleiter der ARA L-tal und der Gewässeraufsicht.

Die belangte Behörde stütze sich bei ihrer Entscheidung auf dieses schlüssige Gutachten, dem der Beschwerdeführer nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten sei. Dieser habe erklärt, dass er von der Einholung eines Privatgutachtens Abstand nehme, weil die Kosten dafür zu hoch seien, und weiters trotz entsprechender Zusage verschiedene Unterlagen, darunter auch das in der Berufung erwähnte, bei der Behörde jedoch nicht eingelangte Schreiben vom 7. Juni 2001 nicht vorgelegt.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer als Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft der Firma D. und als das nach § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach Außen berufenes Organ verantwortlich sei und nie die Behauptung aufgestellt habe, es seien verantwortliche Beauftragte bestellt gewesen. Der Beschwerdeführer habe durch die ihm zur Last gelegte Tat dem Schutzzweck der Norm, der Reinhaltung der Gewässer, in nicht unerheblichem Ausmaß zuwidergehandelt. Aus dem Gutachten des Sachverständigen ergebe sich, dass durch den Abtrieb von rund 12 bis 15 t TS (Trockensubstanz) "Biologie" die durchschnittliche, tägliche Rest-CSB-Fracht der ARA L-tal in den Bodensee statt bei 120 kg/Tag bei rund 500 kg/Tag (konsensgemäße Rest-CSB-Fracht in den Bodensee 270 kg CSB/Tag) gelegen sei.

Hinsichtlich des Verschuldens werde zumindest von grober Fahrlässigkeit ausgegangen. Der Beschwerdeführer hätte nämlich entsprechende Vorsorge dafür treffen müssen, dass keine höheren als die erlaubten BSB5-Frachten eingeleitet würden. Milderungsgründe bzw. Erschwerungsgründe seien keine hervorgekommen. Zu seinen persönlichen Verhältnissen habe der Beschwerdeführer angegeben, er sei Geschäftsführer, beziehe eine monatliche Rente von ATS 21.000,-- netto, habe ein Haus und habe Schulden in der Höhe von ca. ATS 30 Mio. Im Hinblick darauf sei die festgesetzte Strafe schuld-, tat-, vermögens- und einkommensangemessen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der diese nach Ablehnung ihrer Behandlung (Beschluss vom 9. Oktober 2002, B 943/02-3) dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat (Beschluss vom 20. November 2002, B 943/02-5).

Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren hat der Beschwerdeführer unter Geltendmachung der inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt, diesen aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 137 Abs. 3 Z. 3 Wasserrechtsgesetz 1959 - WRG 1959 in der zur Zeit der dem Beschwerdeführer angelasteten Tat geltenden und gemäß § 1 Abs. 2 VStG maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 155/1999 lautet:

"§ 137. ...

(3) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe bis zu S 500.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen, zu bestrafen, wer

...

3. Einleitungen in eine Kanalisationsanlage vornimmt, ohne die gemäß § 33b Abs. 3 erlassenen Emissionsbegrenzungen oder die vom Kanalisationsunternehmen zugelassenen Abweichungen einzuhalten, oder die Einleitungen ohne Zustimmung des Kanalisationsunternehmens vornimmt, und dadurch die Funktionsfähigkeit der Abwasserreinigungsanlage oder ein Gewässer schädigt;

..."

Die Beschwerde bringt vor, dass der Beschwerdeführer im erstinstanzlichen Strafverfahren einerseits sowohl als "Inhaber der Firma K. & Co" als auch als "verantwortliches zur Vertretung nach Außen berufenes Organ (handelsrechtlicher Geschäftsführer) der K. GmbH & Co" jeweils zur Rechtfertigung als Beschuldigter aufgefordert und andererseits im Strafbescheid vom 14. Dezember 2001 erstmals als "handelsrechtlicher Geschäftsführer der K. GmbH, welche persönlich haftende Gesellschafterin der K. GmbH & Co ist", in Anspruch genommen worden sei. Diese Auswechslung des Beschuldigten im erstinstanzlichen Strafverfahren sei unzulässig und müsse zur Aufhebung des nunmehr angefochtenen Bescheides führen.

Die Beschwerde stellt nicht in Abrede, dass der Beschwerdeführer zur Zeit der ihm angelasteten Tat handelsrechtlicher Geschäftsführer der K. GmbH und diese Gesellschaft persönlich haftende Gesellschafterin der K. GmbH & Co gewesen ist. Nach der hg. Rechtsprechung ist die rechtliche Beurteilung der Eigenschaft, in der den Beschuldigten die strafrechtliche Verantwortung trifft, in der von der Behörde an einen Beschuldigten gerichteten Aufforderung zur Rechtfertigung zur Individualisierung der zum Vorwurf gemachten Handlung nicht beachtlich und ist sowohl die spätere Änderung der Art der Verantwortlichkeit in Bezug auf eine von Anfang an als Beschuldigten angesprochene Person als auch jene der Subsumtion der Tat ohne Belang (vgl. etwa die in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren II2, zu § 32 VStG E 72 zitierte Judikatur), sodass bereits deshalb das obzitierte Beschwerdevorbringen nicht zielführend ist.

Die Beschwerde bringt weiters vor, dass dem Beschwerdeführer in unzulässiger Weise ein "Faktenmix" als Übertretungstatbestand angelastet worden sei. Aus der ausschließlichen Verwendung des Passivs "hätte man ableiten können, dass die angelastete Handlung durch Unterlassung" gesetzt worden sei. Ferner genüge es nicht, lediglich in der Begründung die Schuldform darzulegen, und ergebe sich aus dem Spruch auch nicht, welche Abwässer eingeleitet worden seien und woher diese stammten.

Auch mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Gemäß § 5 Abs. 1 erster Satz VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Nach ständiger hg. Judikatur ist es nicht erforderlich, im Spruch des Strafbescheides neben der Anführung des objektiven Tatbestandes auch die subjektiven Tatbestandsmerkmale (die Schuldform) zu nennen (vgl. dazu etwa die in Walter-Thienel, aaO, zu § 44a VStG E 27 ff zitierte Rechtsprechung). Auch lässt der vorliegende Schuldspruch keinen Zweifel darüber offen, welche Verwaltungsübertretung dem Beschwerdeführer angelastet wurde und dass er es in seiner Eigenschaft als handelsrechtlicher Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin der K. GmbH & Co zu verantworten hat, dass von der im angefochtenen Bescheid genannten Betriebsanlage an den genannten Tagen die näher bezeichneten Einleitungen in die ARA L-tal vorgenommen wurden, wodurch die Funktionsfähigkeit der ARA nachhaltig geschädigt wurde. Ferner kann keine Rede davon sein, es sei unklar, welche Abwässer eingeleitet worden seien und woher diese stammten (Betriebsabwässer mit einer BSB5-Fracht von jeweils 2.000 kg bis etwa 2.400 kg).

Wenn die Beschwerde die Probenziehung im Verwaltungsverfahren für rechtswidrig hält, weil der Beschwerdeführer daran nicht teilgenommen habe, keine Gegenproben hergestellt worden seien und der Probenzieher fachlich dazu nicht qualifiziert gewesen sei, so wird in der Beschwerde nicht dargetan, welche besondere, zur Entnahme der Wasserproben erforderliche Befähigung und Fachkenntnisse dem Probenzieher gefehlt hätten, die für diese Tätigkeit erforderlich gewesen wären. Wenn die Beschwerde rügt, dass der Beschwerdeführer der Probenziehung nicht beigezogen worden sei, so ist ihr zu erwidern, dass eine persönliche Anwesenheit einer Partei bei der Beweisaufnahme durch eine Verwaltungsbehörde - außerhalb der mündlichen Verhandlung vor dem unabhängigen Verwaltungssenat (vgl. § 51e Abs. 6, § 51g Abs. 2 VStG) - grundsätzlich nicht vorgesehen ist (vgl. dazu etwa die in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren I2, zu § 45 AVG E 300 ff zitierte hg. Judikatur). Vor allem steht jedoch in Fällen, wie dem vorliegenden, im Zeitpunkt der Probenziehung noch gar nicht fest, ob und zutreffendenfalls gegen wen ein Verwaltungsstrafverfahren einzuleiten sein würde, sodass bereits deshalb eine Beiziehung des Beschwerdeführers zur Probenziehung nicht in Betracht kam. Folgte man der Auffassung der Beschwerde, so hieße dies, dass die Ermittlungsorgane bei Auftreten einer Gewässerverschmutzung und bei Sicherung der Beweise, so durch die Ziehung von Wasserproben, jedem potenziell in Betracht kommenden Verursacher Gelegenheit zur Teilnahme an der Sicherstellung der Beweise geben müsste, dies obwohl in vielen Fällen erst durch die Auswertung solcher Proben der Kreis der möglichen Verursacher bestimmt werden kann. Schon unter diesem Blickwinkel ist der dem von der Beschwerde ins Treffen geführten Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 18. März 1997 (Fall Mantovanelli gegen Frankreich) zugrunde liegende Sachverhalt mit dem Beschwerdefall nicht vergleichbar, sodass der Hinweis auf dieses Urteil nicht zielführend ist.

Ebenso besteht für den behaupteten Anspruch des Beschwerdeführers auf Aushändigung von Beweismitteln, nämlich der Wasserproben, im Gesetz keine Grundlage. Im Übrigen stellt die Beschwerde nicht in Abrede, dass die ARA L-tal zu den gegenständlichen Tatzeitpunkten die erhöhten BSB5-Frachten aufgewiesen hat, und führt sie auch nicht aus, inwieweit die Ausführungen des Amtssachverständigen vor der belangten Behörde in der Verhandlung vom 21. Februar 2002 unschlüssig seien oder in Widerspruch zu den Denkgesetzen oder den Fachregeln stünden.

Die Beschwerde rügt, dass dem Beschwerdeführer vor der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde nicht mitgeteilt worden sei, wer zum Sachverständigen bestellt werde und welche Fragen diesem gestellt würden, und er nicht damit habe rechnen können, dass der ständige Amtssachverständige der Behörde und Anzeiger zum Sachverständigen bestellt und die belangte Behörde nur eine mündliche Verhandlung durchführen werde. Der Beschwerdeführer habe im Berufungsverfahren die Bestellung eines unabhängigen Sachverständigen beantragt, was ihm jedoch verweigert worden sei. Der Hinweis der belangten Behörde auf die Möglichkeit der Vorlage eines Privatgutachtens sei zynisch, weil der Beschwerdeführer in dem hiefür maßgeblichen Zeitpunkt nicht einmal über ein Verhandlungsprotokoll verfügt habe.

Auch mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keinen Verfahrensmangel auf.

Abgesehen davon, dass der Beschwerdeführer auf Grund des erstinstanzlichen Bescheides Kenntnis von der Stellungnahme des gewässerschutztechnischen Amtssachverständigen Dr. K. vom 21. März 2001 hatte und derselbe von der belangten Behörde beigezogene Amtssachverständige in der Verhandlung am 21. Februar 2002 in Anwesenheit des Beschwerdeführers und dessen Rechtsvertreters sein Gutachten darlegte, hätte der Beschwerdeführer jedenfalls nach dieser Verhandlung ein Privatgutachten vorlegen und so den Ausführungen des Amtssachverständigen auf gleicher fachlicher Ebene entgegentreten können. Von der Möglichkeit der Vorlage eines Privatgutachtens hat der Beschwerdeführer jedoch keinen Gebrauch gemacht, sondern in der Verhandlung vom 21. Februar 2002 ausdrücklich erklärt, "es wird kein Antrag gestellt, dass der Beschuldigte selbst ein entsprechendes Privatgutachten einholen und vorliegen kann". Schon im Hinblick darauf ist das Beschwerdevorbringen, der Beschwerdeführer habe kein Verhandlungsprotokoll in Händen gehabt und ihm seien vor der Verhandlung die an den Amtssachverständigen zu stellenden Fragen nicht bekannt gegeben worden, nicht zielführend, zumal keine gesetzliche Verpflichtung besteht, einem Beschuldigten vor der Verhandlung einen solchen Fragenkatalog zu übermitteln.

Schließlich zeigt die Beschwerde auch mit dem Vorbringen, der Amtssachverständige sei ständiger Amtssachverständiger der Behörde und als Anzeiger tätig geworden, keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. So ergibt sich bereits aus Art. 20 Abs. 1 B-VG die grundsätzliche Weisungsgebundenheit von Amtsorganen und ist die Einbindung eines Amtssachverständigen in die Amtshierarchie ein wesentliches Kennzeichen (vgl. etwa die in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren I2, zu § 53 AVG E 35 und 38 zitierte hg. Judikatur). Abgesehen davon würde, selbst wenn ein Amtssachverständiger wegen seiner ständigen Tätigkeit bei der Behörde als befangen angesehen würde, dies nur dann zur Aufhebung des Bescheides führen, wenn sachliche Bedenken gegen die Richtigkeit seines Gutachtens bestünden (vgl. etwa die in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren I2, zu § 53 AVG E 4 zitierte hg. Judikatur; weiters in diesem Zusammenhang etwa das hg. Erkenntnis vom 28. Juni 2004, Zl. 2003/10/0277, mwN). Eine Unrichtigkeit des Amtssachverständigengutachtens wurde jedoch, wie bereits ausgeführt wurde, im vorliegenden Beschwerdeverfahren nicht aufgezeigt und ist auch nicht hervorgekommen.

Soweit die Beschwerde (u.a. unter Hinweis auf Schlussanträge des Generalanwaltes Tizzano im Vorabentscheidungsverfahren beim Europäischen Gerichtshof, Fall Schmid, Rechtssache C-516/99 , hinsichtlich der Berufungssenate der Finanzlandesdirektionen) die Tribunalqualität der belangten Behörde in Zweifel zieht, genügt es gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das vorzitierte Erkenntnis, Zl. 2003/10/0277, worin auf die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes, des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte und des Europäischen Gerichtshofes hingewiesen wird, zu verweisen.

Wenn die Beschwerde hinsichtlich der Ablehnung des Mitgliedes der belangten Behörde, Dr. B., auf eine durch den Verfassungsgerichtshof nicht im vorliegenden Beschwerdeverfahren abgetretene Beschwerde verweist, so stellt dieser Verweis keine gesetzmäßige Ausführung von Beschwerdegründen dar und ist er daher unbeachtlich (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 11. September 2003, Zl. 2002/07/0023, mwN).

Gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG hegt der Verwaltungsgerichtshof - wie bereits der Verfassungsgerichtshof in seinem Ablehnungsbeschluss vom 9. Oktober 2002 - aus den im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 20. Juni 1994, Slg. 13.790, dargelegten Erwägungen keine Bedenken, weshalb er sich auch nicht zur Einleitung des von der Beschwerde angeregten Normenprüfungsverfahrens veranlasst sieht.

Das weitere Beschwerdevorbringen, dass ein Unternehmenswechsel stattgefunden habe und der Beschwerdeführer nicht mehr der agierende Geschäftsführer der K. GesmbH & Co (offensichtlich gemeint: der K. GmbH) sei, ist bereits deshalb nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, weil es gegen das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot (vgl. § 41 Abs. 1 erster Satz VwGG) verstößt. Wenn die Beschwerde im Übrigen das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 23. Oktober 1995 (Fall Gradinger gegen Österreich) ins Treffen führt und meint, dass der Verwaltungsgerichtshof auch Änderungen seit Verhängung des bei ihm angefochtenen Strafbescheides zu berücksichtigen habe und daher auch auf einen durch das behauptete Ausscheiden des Beschwerdeführers als Geschäftsführer bewirkten Wegfall des öffentlichen Strafinteresses Bedacht zu nehmen habe, so ist nicht zu erkennen, was aus dem Urteil für diese Beschwerdemeinung gewonnen werden kann. So nahm dieser Gerichtshof in dem seinem Urteil zugrunde liegenden Fall einen Verstoß gegen das Verbot der Doppelbestrafung nach Art. 4 des 7. ZPEMRK an, weil der Beschuldigte in diesem Verfahren sowohl gerichtlich als auch verwaltungsbehördlich bestraft worden war. Im vorliegenden Fall kann von einer Doppelbestrafung des Beschwerdeführers und einem Verstoß gegen Art. 4 des 7. ZPEMRK keine Rede sein. Auch irrt die Beschwerde, wenn sie offenbar meint, dass diese Bestimmung unabhängig von einer solchen Doppelbestrafung des Beschwerdeführers diesem die Möglichkeit gebe, entgegen dem Neuerungsverbot im verwaltungsgerichtlichen Verfahren neue Tatsachen geltend zu machen.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Von der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden. Der Anforderung des Art. 6 EMRK wurde im vorliegenden Fall durch die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde, einem Tribunal im Sinn der EMRK, Genüge getan (vgl. nochmals die vorzitierten hg. Erkenntnisse Zl. 2002/07/0023 und Zl. 2003/10/0277, mwN).

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 23. September 2004

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte