VwGH 2002/06/0174

VwGH2002/06/017422.2.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde des MS als Rechtsnachfolger des verstorbenen Dr. FS, vertreten durch Dr. Michael E. Sallinger, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Sillgasse 21/III, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Innsbruck vom 7. Oktober 2002, Zl. II-AL- 0059e/2002, betreffend Nachbareinwendungen im Bauverfahren (mitbeteiligte Partei: Dr. PW in H), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
BauO Tir 1998 §23 Abs1;
BauO Tir 1998 §23 Abs2;
BauO Tir 2001 §2 Abs7;
BauO Tir 2001 §2 Abs8;
BauO Tir 2001 §2 Abs9;
BauO Tir 2001 §23 Abs1;
BauO Tir 2001 §23 Abs2;
BauO Tir 2001 §24 Abs1;
BauO Tir 2001 §25 Abs3 litc;
BauO Tir 2001 §25 Abs3 litd;
BauO Tir 2001 §25 Abs3;
BauO Tir 2001 §6 Abs1;
BauO Tir 2001 §6;
BauO Tir 2001 §7 Abs1;
BauO Tir 2001 §7 Abs2;
BauRallg;
PlanunterlagenV Tir 1998;
ROG Tir 2001 §62 Abs2;
AVG §8;
BauO Tir 1998 §23 Abs1;
BauO Tir 1998 §23 Abs2;
BauO Tir 2001 §2 Abs7;
BauO Tir 2001 §2 Abs8;
BauO Tir 2001 §2 Abs9;
BauO Tir 2001 §23 Abs1;
BauO Tir 2001 §23 Abs2;
BauO Tir 2001 §24 Abs1;
BauO Tir 2001 §25 Abs3 litc;
BauO Tir 2001 §25 Abs3 litd;
BauO Tir 2001 §25 Abs3;
BauO Tir 2001 §6 Abs1;
BauO Tir 2001 §6;
BauO Tir 2001 §7 Abs1;
BauO Tir 2001 §7 Abs2;
BauRallg;
PlanunterlagenV Tir 1998;
ROG Tir 2001 §62 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Landeshauptstadt Innsbruck hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer und der Mitbeteiligte sind Eigentümer unmittelbar benachbart gelegener Grundstücke in der KG H. der Landeshauptstadt Innsbruck. Das Grundstück des Beschwerdeführers liegt östlich des Baugrundstückes des Mitbeteiligten.

Mit Bescheid des Stadtmagistrates der Landeshauptstadt Innsbruck vom 18. Mai 1998 wurde dem Mitbeteiligten die beantragte Baubewilligung für die Errichtung eines Wohnhauses mit zwei Wohneinheiten nach Maßgabe der einen Bestandteil bildenden Pläne und Projektunterlagen auf dem verfahrensgegenständlichen Grundstück in der KG H. unter Auflagen erteilt.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 16. September 1998 wurde die dagegen vom Rechtsvorgänger des Beschwerdeführers erhobene Berufung abgewiesen.

Auf Grund der dagegen erhobenen Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 24. Februar 2000, Zl. 98/06/0207, den Berufungsbescheid vom 16. September 1998 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 23. Juni 2000 wurde die gegen den angeführten erstinstanzlichen Bescheid erhobene Berufung des Rechtsvorgängers des Beschwerdeführers neuerlich abgewiesen.

Die dagegen beim Verwaltungsgerichtshof erhobene Beschwerde des Rechtsvorgängers des Beschwerdeführers wurde mit dem hg. Erkenntnis vom 24. Oktober 2002, Zl. 2000/06/0129, als unbegründet abgewiesen.

In einem weiteren Bauverfahren (Bescheid des Stadtmagistrates Innsbruck vom 26. Februar 2001 und Bescheid der belangten Behörde vom 4. Oktober 2001) wurden weitere Änderungen (betreffend das Kellergeschoß und das erste und zweite Untergeschoß) baurechtlich bewilligt.

Mit Bauansuchen des Mitbeteiligten vom November 2001 wurde die Erteilung der Bewilligung für das verfahrensgegenständliche Wohnhaus mit einer Neubaumasse von 170,26 m3 beantragt. Dieses Ansuchen betraf im Unterschied zu den in der Folge vorgelegten, reduzierten Änderungen insbesondere eine Änderung des Dachgeschoßes (die Geschoßfläche von 40,50 m2 wurde auf 118,39 m2 im Dachgeschoß erhöht).

Die Magistratsabteilung III - Planung und Baurecht/Stadtplanung stellte dazu fest (Stellungnahme vom 12. Dezember 2001), dass keine Tekturplanung, sondern eine Neuplanung vorliege. Zu der nach dem Bebauungsplan Nr. 60 ad gebotenen talseitigen (also die Südseite des verfahrensgegenständlichen Gebäudes betreffenden) Wandhöhe von maximal 10 m wurde festgestellt, dass die talseitige Wandhöhe vom tiefsten Geländeanschnitt aus gemessen im Bereich des Dachausstieges ca. 14 m, vom Geländeniveau senkrecht unterhalb der betrachteten Wandfläche gemessen beim obersten Geschoß (Dachausstieg) 10,9 m betrage. In beiden Fällen werde der zulässige Wert von 10 m überschritten. Weiters wurde zu den Erfordernissen des § 115 Abs. 2 TROG 1997 ausgesprochen, dass die beantragte Bebauung in diesem Gebiet wegen der erheblich überhöhten Dichtewerte nicht den Erfordernissen der örtlichen Raumordnung hinsichtlich einer zweckmäßigen Bebauung entspreche.

In einer weiteren Stellungnahme dieser Magistratsabteilung vom 14. Jänner 2001 wurde zur Einhaltung der festgelegten talseitigen Wandhöhe ausgeführt, dass die südliche Fassade abgestuft sei und die Wandhöhe im Sinne der "alten Bauordnung" maximal 9,91 m ausmache.

In der Folge ergibt sich aus einem Schreiben der MA III (Bau- und Feuerpolizei) vom 26. April 2002, dass vom Mitbeteiligten neue Pläne und Berechnungen vom 22. April 2002 vorgelegt worden seien "für den Umbau des Hauses" mit der Beifügung, dass das Objekt so geändert werde, dass sich gegenüber dem Bescheid aus dem Jahre 1998 keine Vergrößerung ergebe. Nach diesen Plänen entfielen die ursprünglich beantragten Zubauten im Bereich des Dachgeschoßes. Danach war nach der von der MA III (Bau- und Feuerpolizei) erfolgten Baubeschreibung vom 14. Mai 2002 Folgendes beabsichtigt,

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Für das gegenständliche Bauverfahren kam im Hinblick auf das dieses einleitende Bauansuchen vom November 2001 die Tir. Bauordnung 2001 - TBO 2001, LGBl. Nr. 94 (Wiederverlautbarung der Tir. Bauordnung 1998 in der im Zeitpunkt der Wiederverlautbarung geltenden Fassung LGBl. Nr. 74/2001), deren Kundmachung am 23. Oktober 2001 im Landesgesetzblatt Tirol erfolgte, zur Anwendung.

Gemäß § 25 Abs. 3 TBO 2001 sind Nachbarn, deren Grundstücke unmittelbar an den Bauplatz angrenzen oder deren Grenzen zumindest in einem Punkt innerhalb eines Abstandes von 5 m zu einem Punkt der Bauplatzgrenze liegen, berechtigt, die Nichteinhaltung folgender bau- und raumordnungsrechtlicher Vorschriften geltend zu machen, soweit diese auch ihrem Schutz dienen:

"a) der Festlegungen des Flächenwidmungsplanes, soweit

damit ein Immissionsschutz verbunden ist;

  1. b) der Bestimmungen über den Brandschutz;
  2. c) der Festlegungen des Bebauungsplanes hinsichtlich der Baufluchtlinien, der Baugrenzlinien, der Bauweise und der Bauhöhe;

    d) der Abstandsbestimmungen des § 6."

    § 6 Abs. 1 TBO 2001 betreffend die Abstände baulicher Anlagen von den übrigen Grundstücksgrenzen und von anderen baulichen Anlagen lautet wie folgt:

"(1) Sofern nicht auf Grund der in einem Bebauungsplan festgelegten geschlossenen oder besonderen Bauweise oder auf Grund von darin festgelegten Baugrenzlinien zusammenzubauen bzw. ein anderer Abstand einzuhalten ist, muss jeder Punkt auf der Außenhaut von baulichen Anlagen gegenüber den Grenzen des Bauplatzes zu den angrenzenden Grundstücken mindestens einen horizontalen Abstand aufweisen, der

a) im Gewerbe- und Industriegebiet, im Kerngebiet, auf Sonderflächen ...

b) im übrigen Bauland, auf Sonderflächen nach den §§ 48, 49 und 51 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2001 und auf Vorbehaltsflächen das 0,6fache des lotrechten Abstandes zwischen dem betreffenden Punkt und dem Geländeniveau darunter, jedenfalls aber vier Meter,

beträgt. Wurde das Geländeniveau durch die Bauführung oder im Hinblick auf eine beabsichtigte Bauführung verändert, so ist bei der Berechnung der Abstände nach lit. a und b vom Geländeniveau vor dieser Veränderung auszugehen. Andernfalls ist vom bestehenden Geländeniveau auszugehen. Dies gilt auch dann, wenn eine Geländeveränderung mehr als zehn Jahre zurückliegt. Ist jedoch in einem Bebauungsplan eine Höhenlage festgelegt, so ist in allen Fällen von dieser auszugehen."

Gemäß § 7 Abs. 1 TBO 2001 wird die zulässige Höhe von baulichen Anlagen durch die in einem Bebauungsplan festgelegte Höhe bestimmt.

§ 7 Abs. 2 TBO 2001 trifft eine nähere Regelung für den Fall, dass die Bauhöhe nicht in einem Bebauungsplan festgelegt ist.

§ 62 Abs. 2 dritter Satz Tir. Raumordnungsgesetz 2001, TROG 2001, LGBl. Nr. 93, sieht im Rahmen der Regelung über die Bauhöhe und die Höhenlage, die in einem Bebauungsplan festgelegt werden kann, vor, dass, wenn das Gelände durch die Bauführung oder im Hinblick auf die beabsichtigte Bauführung verändert wurde, hinsichtlich der Anzahl der oberirdischen Geschoße und der Wandhöhe vom Geländeniveau nach dieser Veränderung auszugehen ist.

Der Beschwerdeführer macht zunächst die Mangelhaftigkeit der Planunterlagen geltend. Nach der hg. Judikatur (Hinweis auf das Erkenntnis vom 31. Mai 1988, Zl. 87/05/0142) habe der Nachbar einen Rechtsanspruch darauf, dass die Planunterlagen so ausreichend seien, dass eine verlässliche Beurteilung des Bauvorhabens möglich sei. Eine derartige Vollständigkeit fehle im vorliegenden Fall. Die vorliegenden "Planunterlagen" stellten inhaltlich eine Kompilation aus bestimmten Begutachtungen, ausgewechselten Plänen, unvollständigen Plänen, Stellungnahmen udgl. dar. Zur maßgeblichen Frage der Wandhöhe gebe es zwei Stellungnahmen der MA III-Planung und Baurecht (Stadtplanung) jeweils vom 12. Dezember 2001, die für sich insgesamt zum Ergebnis gelangten, die talseitige Wandhöhe betrage vom tiefsten Geländeanschnitt gemessen jeweils 14 m und übersteige die maximal zulässige Höhe von 10 m. In diesem Zusammenhang falle auch auf, dass die dem Rechtsvorgänger des Beschwerdeführers ausgehändigten Planunterlagen angeblich mit Bescheid vom 16. Mai 2002, Zl. III- 5698/1, bewilligt worden sein sollen. Der angefochtene Bescheid sei jedenfalls vom 24. Mai 2002. Die gegenständlichen Planunterlagen enthielten jedenfalls keine verlässlichen Angaben, die eine Beurteilung der Geschoßflächendichte, der Wandhöhe, der Einhaltung der Nachbarrechte bzw. des Vorliegens eines ordnungsgemäßen Planes nach § 23 TBO 2001 bzw. den einschlägigen Bestimmungen der Planunterlagen-Verordnung ermöglichten.

Dazu ist Folgendes auszuführen:

§ 23 TBO 2001 trifft Regelungen über die erforderlichen Planunterlagen. Gemäß § 23 Abs. 1 TBO 2001 hat die Landesregierung durch Verordnung nähere Bestimmungen über den Inhalt und die Form der Planunterlagen zu erlassen. Dabei ist insgesamt darauf Bedacht zu nehmen, dass die Planunterlagen in übersichtlicher und leicht fassbarer Form alle zur Beurteilung der Zulässigkeit des Bauvorhabens nach den bau- und raumordnungsrechtlichen Vorschriften erforderlichen Angaben enthalten müssen. Gestützt auf

§ 23 Abs. 1 und Abs. 2 TBO 1998, der § 23 Abs. 1 und Abs. 2 TBO 2001 entspricht, ist die Planunterlagenverordnung 1998, LGBl. Nr. 90, erlassen worden. Nach der hg. Judikatur kommt dem Nachbarn kein Recht zu, dass die Planunterlagen und sonstigen Belege vollständig der Rechtslage entsprechend der Baubehörde vorgelegt werden. Der Nachbar hat aber ein Recht auf die Vorlage jener Planunterlagen, die ihm jene Informationen vermitteln, die er zur Verfolgung seiner Rechte im Verwaltungsverfahren und vor dem Verwaltungsgerichtshof braucht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. November 1997, Zl. 96/06/0273).

Der Rechtsvorgänger des Beschwerdeführers machte im Berufungsverfahren und in der Beschwerde die Verletzung im Recht auf Einhaltung der Wandhöhe bzw. der Abstandsbestimmung gemäß § 6 TBO 2001 geltend. Insoweit sind die vorgelegten Planunterlagen daraufhin zu untersuchen, ob sie ihm diesbezüglich die Verfolgung dieser von ihm geltend gemachten Rechte ermöglichten.

Der Beschwerdeführer rügt in Bezug auf die Einhaltung der Wandhöhe, dass die talseitige Wandhöhe des beantragten Bauvorhabens 14 m betrage und damit die nach dem Bebauungsplan maximal zulässige Höhe von 10 m übersteige. Selbst wenn man die talseitige Wandhöhe vom Geländeniveau senkrecht unterhalb der betrachteten Wandfläche messe, mache sie beim obersten Geschoß (Dachausstieg) 10,9 m aus und überschreite damit den zulässigen Wert. Dass im vorliegenden Fall die zulässige Bauhöhe überschritten werde, ergebe sich schon aus dem im Verfahren eingeholten Gutachten der Magistratsabteilung III - Planung und Baurecht vom 12. Dezember 2002 (gemeint offensichtlich 2001).

Dazu ist zunächst festzustellen, dass dem Beschwerdeführer (dessen Grundstück östlich des verfahrensgegenständlichen Grundstückes gelegen ist) auf die Einhaltung dieser Wandhöhe gemäß § 25 Abs. 3 lit. c TBO 2001 insoweit ein Nachbarrecht zukommt, als die südseitige Wandhöhe einen unmittelbaren Einfluss auf die seinem Grundstück zugewendete ostseitige Wand haben kann. Dies trifft jedenfalls auf die südöstliche Kante des verfahrensgegenständlichen Gebäudes zu, die auch Teil der dem Grundstück des Beschwerdeführers zugewendeten Außenwand des verfahrensgegenständlichen Gebäudes ist.

Gemäß dem im vorliegenden Fall anzuwendenden Bebauungsplan Nr. 60/ad ist talseitig eine Wandhöhe von maximal 10 m festgelegt. Nach dem wiedergegebenen § 62 Abs. 2 letzter Satz TROG 2001, der sich auf im Bebauungsplan festgelegte Wandhöhen bezieht, was aus den Regelungen des § 7 Abs. 1 und 2 TBO 2001 abgeleitet werden kann, ist im Falle einer Änderung des Geländes durch die Bauführung u.a. hinsichtlich der Wandhöhe vom Geländeniveau nach dieser Veränderung auszugehen. Aus den Planunterlagen betreffend die Südansicht kann das an diese Außenwand anschließende Geländeniveau, das für die Ermittlung dieser Wandhöhe maßgeblich ist, entnommen werden. Die Planunterlagen waren in dieser Hinsicht zur Verfolgung dieses Nachbarrechtes ausreichend.

Misst man die talseitige Wandhöhe des verfahrensgegenständlichen Gebäudes - wie dies in der Stellungnahme der Magistratsabteilung III, Planung und Baurecht, vom 12. Dezember 2001 dargelegt wurde - vom Geländeniveau senkrecht unterhalb der betrachteten Wandfläche (als jenem im Sinne des § 62 Abs. 2 TROG 2001 nach Bauführung bestehenden Geländeniveau), überschreitet die in der Südansicht dargestellte Außenwand schon bis zur Decke des Erdgeschoßes die festgelegten 10 m Wandhöhe. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob in die talseitige Wandhöhe nicht auch die südseitige Außenwand des ca. 4,2 m zurückversetzten Dachgeschoßes miteinzubeziehen ist. Die belangte Behörde hat in diesem Zusammenhang unzutreffend die Ansicht vertreten, dass die Wandhöhe vom gewachsenen Gelände (womit sie offensichtlich das Geländeniveau vor der Bauführung gemeint hat) zu messen ist.

Zur Abstandsverletzung führt der Beschwerdeführer aus, dass, da die Wandhöhe tatsächlich über 14 m reiche, auch die Abstandsbestimmungen zu Lasten des Nachbarn verletzt seien. Die "Rechtsverletzung nach § 6 TBO 2001" sei auch begründungslos, da die zweite Instanz keine Gutachten eingeholt habe, sondern bloß entgegen der angeführten Stellungnahme des Stadtplanungsamtes die Unbegründetheit der Berufung behauptet habe.

Dazu ist Folgendes auszuführen:

Bei der Berechnung der einzuhaltenden Abstände gemäß § 6 Abs. 1 TBO 2001 ist bei der dabei zu ermittelnden Wandhöhe, wenn das Geländeniveau durch die Bauführung oder im Hinblick auf eine beabsichtigte Bauführung verändert wurde, - anders als bei der nach dem Bebauungsplan festgelegten Wandhöhe - vom Geländeniveau vor dieser Veränderung auszugehen. Die belangte Behörde nimmt in ihrer Begründung zur Einhaltung der Abstände zum Grundstück des Beschwerdeführers auf die Schnittdarstellung Bezug, nach der sich vom "gewachsenen Gelände" bis zur Oberkante der Brüstung des Dachgeschoßes 8,50 m bzw. für das Dachgeschoß 8,80 m als heranzuziehende Wandhöhe ergäben. Die bezogene Schnittdarstellung verläuft etwa in der Mitte des verfahrensgegenständlichen Gebäudes von Norden nach Süden. In dieser Darstellung ist eine Linie enthalten, die die Bezeichnung "Geländeschnitt" trägt. Die von der belangten Behörde angenommenen 8,80 m Wandhöhe sind von dieser Linie betreffend den Geländeschnitt senkrecht zum obersten Punkt des Dachgeschoßes gemessen. Die Planunterlagen sind diesbezüglich als ausreichend zu qualifizieren, auch wenn die Linie Geländeschnitt nicht dezidiert als das vor Bauführung gegebene Geländeniveau bezeichnet wurde. Aus der Schnittdarstellung ergibt sich aber, dass damit das ursprüngliche Geländeniveau gemeint ist. Die Wandhöhe im Zusammenhang mit den Abstandbestimmungen ist daher zutreffend von diesem Geländeniveau gemessen worden. Dass von dieser Wandhöhe ausgehend der Abstand falsch berechnet worden wäre, wird in der Beschwerde nicht behauptet.

Insoweit sich der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der Rüge mangelhafter Planunterlagen auch auf die Baudichte bezieht, genügt es ihm entgegenzuhalten, dass ihm diesbezüglich nach der taxativen Aufzählung der Nachbarrechte in § 25 Abs. 3 TBO 2001 kein Nachbarrecht zusteht.

Es kann im vorliegenden Fall auch nicht davon ausgegangen werden, dass das verfahrensgegenständliche Bauvorhaben lediglich einen Umbau - wie die Behörde im angefochtenen Bescheid meint - darstellt, dessen grundrissliche und höhenmäßige Ausdehnung durch die bereits ergangenen rechtskräftigen Bescheide erfasst wäre.

Gemäß § 2 Abs. 9 TBO 2001 ist ein Umbau die bauliche Änderung eines Gebäudes, durch die dessen Außenmaße nicht geändert werden und die geeignet ist, die mechanische Festigkeit und Standsicherheit, die Brandsicherheit oder das äußere Erscheinungsbild des Gebäudes wesentlich zu berühren.

Ein maßgebliches Kriterium für das Vorliegen eines Umbaues ist somit, dass eine bauliche Änderung eines Gebäudes vorliegt, durch die dessen Außenmaße nicht geändert werden. Davon kann im vorliegenden Fall - insbesondere betreffend das Erdgeschoß und das Dachgeschoß - keine Rede sein. Wie eingangs dargestellt, wird das Erdgeschoß insgesamt 60 cm nach Süden versetzt und bisher an der östlichen Außenwand bewilligte schräge Gebäudeteile erfolgen nunmehr in rechtwinkeliger Form. Im Dachgeschoß wird das bisher bewilligte Studio gleichfalls ca. 60 cm nach Süden verrückt und gleichzeitig nach Süden hin etwas vergrößert und an der Ostseite wird ein Raum von ca. 2,6 m Länge bis an die Fassadenkante des Erdgeschoßes angebaut. Das vorliegende Bauvorhaben stellt im Hinblick auf diese Veränderungen im Erdgeschoß und Dachgeschoß, die mit den übrigen Geschoßen in einem untrennbaren Zusammenhang stehen (deren Änderungen als Zubau qualifiziert werden können), ein neues und eigenständiges Bauvorhaben dar. In diesem Sinne wurde mit dem von der belangten Behörde bestätigten erstinstanzlichen Bescheid auch die nunmehr beantragte Baubewilligung nach Maßgabe der einen Bestandteil dieses Bescheides bildenden Pläne und Projektunterlagen erteilt. Dem Beschwerdeführer stand daher im Rahmen der ihm zustehenden Nachbarrechte die Möglichkeit offen, gegen das vorliegende Bauvorhaben Einwendungen zu erheben.

Die Beschwerdeführer rügen weiters die Nichtdurchführung einer Bauverhandlung gemäß § 24 Abs. 1 TBO 2001.

Gemäß § 24 Abs. 1 TBO 2001, der die Wiederverlautbarung des § 24 Abs. 1 TBO 1998 i.d.F. LGBl. Nr. 74/2001 darstellt (somit eine landesrechtliche Bestimmung, die nach dem in § 82 Abs. 7 AVG i. d.F. BGBl. I Nr. 158/1998 angeführten Zeitpunkt des 30. Juni 1998 kundgemacht wurde, in Bezug auf die die in § 82 Abs. 7 AVG angeführten Bestimmungen des AVG (u.a. § 39 Abs. 2 und Abs. 3) in der Fassung dieser Novelle keine Derogationswirkung mehr haben) kann die Behörde, sofern das Bauansuchen nicht nach § 26 Abs. 2 oder 3 zurückzuweisen oder ohne weiteres Verfahren abzuweisen ist, eine Bauverhandlung durchführen, wenn dies insbesondere im Hinblick auf die Art oder Größe des betreffenden Bauvorhabens, die Anzahl der im Verfahren beizuziehenden Sachverständigen oder die Anzahl der Parteien und Beteiligten im Interesse einer möglichst raschen und zweckmäßigen Verfahrensabwicklung gelegen ist.

Der Beschwerdeführer führt keine Gründe im Sinne des § 24 Abs. 1 BO 2001 ins Treffen, nach denen die Durchführung einer Bauverhandlung gemäß dieser Bestimmung geboten gewesen wäre. Allein der Umstand, dass man das vorliegende Bauvorhaben als selbständiges Bauvorhaben bzw. als Neubau zu qualifizieren hat, begründet noch nicht die Verpflichtung, eine Bauverhandlung durchzuführen.

Zutreffend ist allerdings, dass die Baubehörden angesichts der eingereichten geänderten Pläne vom 22. April 2002 eine sachverständige Stellungnahme des hochbautechnischen Amtssachverständigen im Sinne des § 24 Abs. 4 TBO 2001 hätten einholen müssen. Das Schreiben der Magistratsabteilung III (Bau- und Feuerpolizei) vom 26. April 2002, in dem zu den neu vorgelegten Plänen vom 22. April 2002 festgestellt wird, das Objekt werde so geändert, dass sich gegenüber dem Bescheid aus dem Jahre 1998 keine Vergrößerung ergebe, bzw. die am 23. Mai 2002 gegenüber dem Rechtsvorgänger des Beschwerdeführers erfolgte eingehende Erläuterung des Bauvorhabens durch Ing. K., den baupolizeilichen Amtssachverständigen, und der Umstand, dass sich der Rechtsvorgänger des Beschwerdeführers am 23. Mai 2002 Kopien von den Einreichunterlagen hat machen können, stellen eine solche Stellungnahme eines hochbautechnischen Sachverständigen, insbesondere zur Einhaltung der im Bebauungsplan vorgesehenen talseitigen Wandhöhe, nicht dar. Die Wesentlichkeit dieses Verfahrensmangels wurde auch dargetan.

Da eine inhaltliche Rechtswidrigkeit einer wesentlichen Verfahrensverletzung vorgeht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 1. Dezember 1978, Zl. 277/78), war der angefochtene Bescheid im Hinblick auf die festgestellte inhaltliche Rechtswidrigkeit betreffend die gemäß dem anzuwendenden Bebauungsplan vorgeschriebene talseitige Wandhöhe gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 22. Februar 2005

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