VwGH 2002/05/1520

VwGH2002/05/15203.4.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde des Gerhard Resch in Kollerschlag, vertreten durch Mag. Wolfgang Lichtenwagner, Rechtsanwalt in 4150 Rohrbach, Haslacher Straße 17, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 15. November 2002, Zl. BauR-012726/6-2002-Um/Pa, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Oberkappel, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

BauO OÖ 1994 §45 Abs1 idF 1998/070;
BauO OÖ 1994 §45 idF 1998/070;
BauRallg;
ROG OÖ 1972 §18;
ROG OÖ 1994 §30 Abs3 Z5;
VwRallg;
BauO OÖ 1994 §45 Abs1 idF 1998/070;
BauO OÖ 1994 §45 idF 1998/070;
BauRallg;
ROG OÖ 1972 §18;
ROG OÖ 1994 §30 Abs3 Z5;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 27. Jänner 2002, bei der Baubehörde eingelangt am 29. Jänner 2002, beantragte der Beschwerdeführer die Erteilung der Baubewilligung für den "Neubau eines Stallgebäudes mit Heulagerplatz und Maschinenlager" auf dem Grundstück Nr. 2880/1, KG Oberkappel. Dieses Grundstück befindet sich im Ortsteil Mollmannsreith und wird U-förmig von der Atzesberger Gemeindestraße umschlossen.

Der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde hat in seiner Sitzung vom 22. Februar 2002 gemäß § 45 Abs. 1 O.ö. Bauordnung 1994, LGBl. Nr. 66/1994, in der Fassung der O.ö. Bauordnungsnovelle 1998, LGBl. Nr. 70/1998, u.a. das gesamte Grundstück Nr. 2880/1, KG Oberkappel, zum Neuplanungsgebiet erklärt. In § 3 dieser Verordnung wurde diesbezüglich die beabsichtigte Änderung des derzeit rechtswirksamen Flächenwidmungsplanes Nr. 2 wie folgt umschrieben:

"Umwidmung des Grundstückes Nr. 2880/1, KG Oberkappel, von Grünland in Trenngrün mit Aufforstungsverbot (Lageplan-Tre 2).

...

Das Erfordernis dieses Neuplanungsgebietes wird wie folgt

begründet:

...

Parzelle Nr. 2880/1, (Lageplan Nr. 2): Schaffung einer Trenngrünfläche zur Trennung der Widmungskategorien zwischen Wohnnutzung und gewerblicher Nutzung und Freihalten dieser Fläche zwecks Sichtverbindung im Straßeninnenbogen der Gemeindestraße."

Mit Schreiben der Oberösterreichischen Landesregierung vom 15. März 2002 wurde der mitbeteiligten Marktgemeinde mitgeteilt, dass gemäß § 101 O.ö. Gemeindeordnung 1990 die durchgeführte formelle Prüfung der Verordnung keine Rechtswidrigkeit ergeben habe und die Verordnung, welche gemäß § 94 O.ö. Gemeindeordnung 1990 in der Zeit vom 25. Februar 2002 bis 12. März 2002 kundgemacht worden ist, rechtswirksam sei.

Im Rahmen des Vorprüfungsverfahrens gemäß § 30 O.ö. Bauordnung 1994 führte der bautechnische Amtssachverständige in seiner Stellungnahme vom 13. März 2002 aus, dass als Schutzzweck bzw. als Funktion in der Neuplanungsgebietsverordnung die Schaffung einer Trenngrünfläche zur Trennung der Widmungskategorien zwischen Wohnnutzung und gewerblicher Nutzung und Freihaltung dieser Fläche zwecks Sichtverbindung im Straßeninnenbogen der Gemeindestraße angeführt sei. Ein Bebauen dieser Grundfläche sei daher auf Grund der Neuplanungsgebietsverordnung grundsätzlich nicht zulässig. Das beantragte Bauvorhaben stehe im Widerspruch zu dieser Verordnung.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 9. Juli 2002 wurde das Ansuchen des Beschwerdeführers vom 27. Jänner 2002 abgewiesen. Der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 27. September 2002 keine Folge gegeben.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der gegen den Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 27. September 2002 erhobenen Vorstellung des Beschwerdeführers mit der Feststellung keine Folge gegeben, dass der Beschwerdeführer durch diesen Bescheid in seinen Rechten nicht verletzt wird. In der Begründung führte die belangte Behörde aus, dass hinsichtlich der Frage der anzuwendenden Rechtsvorschriften die Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung der Behörde maßgeblich sei, weshalb die für das zu bebauende Grundstück bestehende Neuplanungsverordnung von den Baubehörden im Baubewilligungsverfahren zu berücksichtigen gewesen sei. Es sei nicht entscheidend, welche Gründe zur Erlassung der Verordnung geführt hätten. Bei Vorliegen eines Widerspruches zu den in § 30 Abs. 6 O.ö. Bauordnung 1994 genannten Gründen sei ein Bauansuchen ohne Durchführung einer Bauverhandlung abzuweisen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Er führt aus, dass durch das beantragte Bauvorhaben die Sichtverbindung im Straßeninnenbogen keineswegs beeinträchtigt werde. Es fehlten Feststellungen in den gemeindebehördlichen Bescheiden, dass durch das gegenständliche Bauvorhaben die Sicht im Straßeninnenbogen in der Weise eingeschränkt werde, dass sich daraus eine Behinderung des Straßenverkehrs ergeben würde. Auch in dem der Entscheidung der Gemeindebehörden zugrunde gelegten Gutachten des bautechnischen Amtssachverständigen fehlten Ausführungen aus denen geschlossen werden könnte, dass die Sichtverbindung bei Errichtung des Bauwerkes beeinträchtigt würde. Eine Begründung, warum die Bewilligung die Durchführung des derzeit im Genehmigungsverfahren befindlichen Flächenwidmungsplanes hindern würde, lasse sich den gemeindebehördlichen Bescheiden nicht entnehmen.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 30 Abs. 6 O.ö. Bauordnung 1994 in der hier anzuwendenden Fassung der O.ö. Bauordnungsnovelle 1998, LGBl. Nr. 70/1998, ist der Baubewilligungsantrag von der Baubehörde ohne Durchführung einer Bauverhandlung abzuweisen, wenn sich auf Grund der Prüfung durch die Baubehörde schon aus dem Antrag oder dem Bauplan ergibt, dass das Bauvorhaben

1. zwingenden Bestimmungen eines Flächenwidmungsplanes, eines Bebauungsplanes, einer Erklärung zum Neuplanungsgebiet oder einer rechtskräftigen Bauplatzbewilligung widerspricht, oder

2. sonstigen zwingenden baurechtlichen Bestimmungen widerspricht und eine Baubewilligung daher ohne Änderung des Bauvorhabens offensichtlich nicht erteilt werden kann.

Das Bauansuchen des Beschwerdeführers betrifft ein Grundstück, das im Sinne des § 45 O.ö. Bauordnung 1994 zum Neuplanungsgebiet erklärt worden ist. Der Begriff "Neuplanungsgebiet" entspricht dem bisherigen Begriff der Bausperre (vgl. hiezu den bei Neuhofer, O.ö. Baurecht 2000,

5. Auflage, wiedergegebenen AB zu § 45 O.ö. Bauordnung 1994 sowie Anmerkung 1 der Erläuterungen zu diesem Paragraphen, Seite 277).

Die vom Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde erlassene Verordnung, mit welcher bestimmte Gebiete, darunter das im Beschwerdefall zu bebauende Grundstück zu Neuplanungsgebieten erklärt wurden, war im Beschwerdefall beachtlich. Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach auch die während eines anhängigen Baubewilligungsverfahrens verhängte Bausperre bei der Erlassung des Bescheides über die beantragte Baubewilligung zu beachten ist (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2002/05/0080, mit weiteren Nachweisen, auf dessen Begründung gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird) gilt auch für gemäß § 45 Abs. 1 O.ö. Bauordnung 1994 in der Fassung der O.ö. Bauordnungsnovelle 1998, LGBl. Nr. 70/1998, erlassene Verordnungen, womit bestimmte Gebiete zu Neuplanungsgebieten erklärt worden sind, weil sich mit der Änderung des Begriffes "Neuplanungsgebiet" anstelle des Begriffes "Bausperre" an der für die diesbezügliche rechtliche Beurteilung maßgeblichen inhaltlichen Regelung dieser Gesetzesstelle nichts geändert hat.

§ 45 O.ö. Bauordnung 1994 in der Fassung, LGBl. Nr. 70/1998,

hat folgenden Wortlaut (auszugsweise):

"Neuplanungsgebiete

(1) Der Gemeinderat kann durch Verordnung bestimmte Gebiete zu Neuplanungsgebieten erklären, wenn ein Flächenwidmungsplan oder ein Bebauungsplan für dieses Gebiet erlassen oder geändert werden soll und dies im Interesse der Sicherung einer zweckmäßigen und geordneten Bebauung erforderlich ist. Der Gemeinderat hat anlässlich der Verordnung die beabsichtigte Neuplanung, die Anlass für die Erklärung ist, in ihren Grundzügen zu umschreiben.

(2) Die Erklärung zum Neuplanungsgebiet hat die Wirkung, dass Bauplatzbewilligungen, Bewilligungen für die Änderung von Bauplätzen und bebauten Grundstücken und Baubewilligungen - ausgenommen Baubewilligungen für Bauvorhaben gemäß § 24 Abs. 1 Z. 4 - nur ausnahmsweise erteilt werden dürfen, wenn nach der jeweils gegebenen Sachlage anzunehmen ist, dass die beantragte Bewilligung die Durchführung des künftigen Flächenwidmungsplanes oder Bebauungsplanes nicht erschwert oder verhindert.

..."

Sinn der Bausperre ist es, baurechtliche Bewilligungen und damit das Unterlaufen der Änderungsabsicht durch Bebauung zu verhindern (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 30. September 1995, V 37-39/1995, VfSlg. 14.271/1995). Zur Sicherung einer zweckmäßigen und geordneten Bebauung im Sinne des § 45 Abs. 1 O.ö. Bauordnung 1994 zählt auch die Freihaltung bestimmter Flächen von der Bebauung und damit die Grünlandwidmung (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 2. Oktober 1998, V 2/97, bbl 1999/7).

In § 30 des O.ö. Raumordnungsgesetzes 1994 wird Grünland wie

folgt umschrieben:

"Grünland

(1) Alle nicht als Bauland oder Verkehrsflächen gewidmeten Flächen sind als Grünland zu widmen.

(2) Flächen des Grünlandes, die nicht für Land- und Forstwirtschaft bestimmt sind und nicht zum Ödland gehören, sind im Flächenwidmungsplan gesondert zu widmen.

(3) Im Grünland sind - je nach Erfordernis - insbesondere folgende Widmungen auszuweisen:

1. Größere Erholungsflächen für Erholungs- oder Sportanlagen wie Parkanlagen, Spiel- und Liegewiesen, Sport- und Spielflächen, Freibäder, Campingplätze, Tennishallen, Golfplätze, Reitsportanlagen, Wintersportanlagen einschließlich der Schipisten sowie Gaststätten und Schutzhütten;

  1. 2. Dauerkleingärten;
  2. 3. Erwerbsgärtnereien;
  3. 4. Friedhöfe;
  4. 5. Grünflächen, sofern die Ausweisung aus Gründen einer geordneten Flächenwidmung notwendig ist, wie Grünzüge oder Trenngrün.

    ...

(5) Im Grünland dürfen nur Bauten und Anlagen errichtet werden, die nötig sind, um dieses bestimmungsgemäß zu nutzen (Abs. 2 bis 4)."

Die Sonderwidmungsform Trenngrün hat der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 1. März 1991, V 201/90, schon im Geltungsbereich des § 18 O.ö. ROG für zulässig erachtet. Die Widmung Grünland-Trenngrün wird im Wesentlichen aus öffentlichen Interessen, wie der Schaffung entsprechender Freiflächen bei Aneinandergrenzen von verschiedenen Widmungskategorien zur Hintanhaltung von Immissionsbeeinträchtigungen geschaffen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 14. Mai 1991, Zl. 90/05/0067). Die mit der Anordnung dieser Sonderwidmung beabsichtigte Bebauungsbeschränkung ist daher im Interesse des Gemeinwohls zulässig und rechtfertigt die diesbezügliche Abänderung des Flächenwidmungsplanes (vgl. hiezu das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Oktober 1996, B 1873, 1874/94). Da somit die Wimdungsart Grünland-Trenngrün nur die Errichtung von Bauten und Anlagen zulässt, welche die Funktion der Grünfläche nicht beeinträchtigen, und die in der Neuplanungsverordnung der Marktgemeinde Oberkappel vom 25. Februar 2002 betreffend das beschwerdegegenständliche Grundstück festgelegten Zielvorstellungen im "Freihalten dieser Fläche zwecks Sichtverbindung im Straßeninnenbogen der Gemeindestraße" liegen, würde - entgegen den Beschwerdeausführungen - die beantragte Verbauung dieses Grundstückes - wie aus dem vorliegenden Einreichplan, der die Lage und Höhe des projektierten Gebäudes wiedergibt, ersichtlich ist - die Durchführung des künftigen Flächenwidmungsplanes nicht nur erschweren sondern auch verhindern.

Aus diesen Gründen erweist sich der angefochtene Bescheid als frei von Rechtsirrtum. Im Hinblick auf die dargestellte Rechtslage bedurfte es im Beschwerdefall auch keiner weiteren Feststellungen durch die Gemeindebehörden. Der behauptete Begründungsmangel liegt somit ebenfalls nicht vor.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Wien, am 3. April 2003

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