VwGH 2002/05/1505

VwGH2002/05/150516.12.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. König, über die Beschwerde 1. des Ing. Georg Heindl, 2. der Martha Schuster und 3. der Anneliese Wittberger, alle in Perg, vertreten durch Haslinger/Nagele & Partner, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Am Hof 13, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 25. September 2002, Zl. BauR-250971/13-2002-See/Pa, betreffend Vollstreckung eines Enteignungsbescheides nach dem O.ö. Straßengesetz, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §68 Abs1;
LStG OÖ 1991 §35;
LStG OÖ 1991 §36;
VVG §10 Abs2 Z1;
VVG §7;
VwGG §42 Abs3;
AVG §68 Abs1;
LStG OÖ 1991 §35;
LStG OÖ 1991 §36;
VVG §10 Abs2 Z1;
VVG §7;
VwGG §42 Abs3;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat den Beschwerdeführern insgesamt Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Enteignungsbescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 6. Dezember 2001, BauR-250971/8-2001-See/Pa, wurde der Erstbeschwerdeführer u. a. verpflichtet, die Grundinanspruchnahme aus näher bezeichneten Grundstücken und Grundstücksteilen durch das Land Oberösterreich, Landesstraßenverwaltung, zu dulden.

Mit Enteignungsbescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 7. Jänner 2002, BauR-250971/9-2001-See/Pa, wurden die Zweitbeschwerdeführerin und die Drittbeschwerdeführerin u. a. verpflichtet, die Grundinanspruchnahme aus näher bezeichneten Grundstücken und Grundstücksteilen durch das Land Oberösterreich, Landesstraßenverwaltung, zu dulden.

Da die Beschwerdeführer diesen bescheidmäßig angeordneten Duldungsverpflichtungen nicht nachgekommen sind, wurde mit Vollstreckungsverfügung der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 13. Mai 2002 die zwangsweise Inbesitznahme der enteigneten Grundflächen ausgesprochen und die Enteignung mit der Begründung vollzogen, die Enteignungsbescheide seien in Rechtskraft erwachsen und die zuerkannten Entschädigungsbeträge ausbezahlt bzw. hinterlegt worden. Die Vollstreckungsverfügung stütze sich auf § 35 Abs. 1 Eisenbahnenteignungsgesetz 1954 (EisBEG) und § 7 Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 (VVG).

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der dagegen erhobenen Berufung der Beschwerdeführer im Grunde der §§ 7 und 10 VVG, §§ 35 und 36 Oö Straßengesetz 1991 (OöStrG) und § 35 EisBEG, in Verbindung mit § 66 Abs. 4 AVG keine Folge gegeben. Die belangte Behörde ging ebenfalls von rechtskräftigen Titelbescheiden aus.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Mit Erkenntnissen vom heutigen Tag, Zlen. 2003/05/0038 und 2003/05/0103, hat der Verwaltungsgerichtshof die eingangs erwähnten Enteignungsbescheide der Oberösterreichischen Landesregierung vom 6. Dezember 2001 und 7. Jänner 2003 wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufgehoben.

Diese Aufhebung der Enteignungsbescheide wirkt auf den Zeitpunkt der Erlassung dieser Bescheide zurück (ex tunc-Wirkung). Damit treten die Rechtssachen in die Lage zurück, in der sie sich vor Erlassung der aufgehobenen Bescheide befunden haben (§ 42 Abs. 3 VwGG).

Dies bedeutet, dass der Rechtszustand zwischen Erlassung der Bescheide und ihrer Aufhebung im Nachhinein so zu betrachten ist, als ob die aufgehobenen Bescheide von Anfang an nicht erlassen worden wären. Die mit rückwirkender Kraft ausgestattete Gestaltungswirkung der aufhebenden Erkenntnisse bedeutet auch, das allen Rechtsakten und faktischen (Vollzugs-) Akten, die während der Geltung der aufgehobenen Bescheide auf deren Basis gesetzt wurden, im Nachhinein die Rechtsgrundlage entzogen wurde (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 21. März 1995, Zl. 93/04/0177, und vom 10. Oktober 1995, Zl. 94/05/0348, mwN).

Die gemäß §§ 35 ff OöStrG erfolgte Enteignung setzt einen rechtskräftigen Enteignungsbescheid voraus. Mit der Aufhebung der Enteignungsbescheide hat demnach der angefochtene Bescheid infolge der ex tunc-Wirkung des Verwaltungsgerichtshofserkenntnisses seine von der belangten Behörde zur Begründung herangezogene rechtliche Basis verloren. Damit erweist sich nunmehr die mit dem angefochtenen Bescheid angeordnete Vollstreckung wegen Fehlens eines Titelbescheides als unzulässig (siehe § 10 Abs. 2 Z. 1 VVG).

Der angefochtene Bescheid war daher wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 16. Dezember 2003

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