VwGH 2002/05/1012

VwGH2002/05/101216.9.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde des GO in Wien, vertreten durch Dr. WB, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 28. Juni 2002, Zl. UVS- 04/A/30/4991/2001-7, betreffend Übertretung der Bauordnung für Wien (weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:

Normen

BauO Wr §129 Abs10;
BauO Wr §129 Abs2;
BauO Wr §135 Abs1;
BauRallg;
VStG §19;
VStG §44a Z1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt:

"Sie haben als Eigentümer des Hauses in Wien ... in der Zeit

vom 29.10.1998 bis 18.12.2000

1) Abweichungen von den Bauvorschriften insoferne nicht behoben, als Sie die Setzgrube im schliefbaren Hauskanal an der Grundgrenze im Bereich des Einstiegschachtes, für die eine Baubewilligung zu erwirken gewesen wäre, da diese einen Einfluss auf die Festigkeit und die gesundheitlichen Verhältnisse im Hinblick auf die fehlende Möglichkeit einer ordnungsgemäßen Räumung des Kanals kommen konnte, für die aber weder eine Baubewilligung noch eine nachträgliche Bewilligung oder Kenntnisnahme einer Bauanzeige erwirkt worden ist, nicht beseitigt haben.

2) Hinsichtlich dieses Hauses insofern nicht dafür gesorgt, dass das Gebäude und die baulichen Anlagen in gutem, der Baubewilligung und den Vorschriften der Bauordnung für Wien entsprechendem Zustand erhalten wird, als Sie es unterließen, die Sohle des schliefbaren Hauskanals flüssigkeitsdicht herzustellen und den Verputz an den Wänden und am Gewölbe des schliefbaren Hauskanals in Stand setzen zu lassen, obwohl Ihnen das Baugebrechen bekannt war.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

1) § 135 Abs. 1 in Verbindung mit § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien, LGBl. für Wien Nr. 11/1930, in der geltenden Fassung - BO.

2) § 129 Abs. 2 BO."

Über den Beschwerdeführer wurde wegen dieser Verwaltungsübertretungen eine Strafe von je ATS 19.500,--, insgesamt ATS 39.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafen insgesamt zwei Wochen, vier Tage, 36 Stunden) gemäß § 135 leg. cit. verhängt.

Die belangte Behörde führte in der Begründung des angefochtenen Bescheides im Wesentlichen aus, die vom Beschwerdeführer erstattete Verantwortung, im Sommer 2000 die Setzgrube gereinigt, geräumt und reibungslos funktionstüchtig gemacht zu haben, stelle keine Maßnahme dar, die die inkriminierten Mängel erfasse. Ein Auftrag zur Beseitigung konsensloser Bauten biete zwar die Grundlage für eine eventuelle amtswegige Beseitigung der konsenslosen Bauten, begründe aber nicht erst die Strafbarkeit. Die Verpflichtung des Eigentümers dafür zu sorgen, dass die Gebäude und die baulichen Anlagen in gutem, der Baubewilligung und den Bauvorschriften der Bauordnung entsprechenden Zustand erhalten werden, ergebe sich unmittelbar aus dem Gesetz. Offenkundige Konsenslosigkeiten dürften gar nicht erst entstehen. Deshalb sei eine Verwaltungsstrafe auch vor Ablauf der in baupolizeilichen Instandsetzungsaufträgen festgesetzten Erfüllungsfrist möglich. Der Eigentümer müsse initiativ werden und dafür Sorge tragen, dass Konsenswidrigkeiten behoben werden bzw. durch Einholung einer entsprechenden Baugenehmigung die Konsensmäßigkeit eines Baues nachträglich erwirkt werde. Das der Bestrafung zugrunde liegende Verhalten schädige in hohem Maße das vom Gesetz geschützte Interesse an der Aufrechterhaltung des konsensgemäßen und gesetzeskonformen Zustandes von Häusern und es sei daher der Unrechtsgehalt der Tat als hoch einzustufen, zumal gegenständlich ein Teil des Objektes betroffen sei, welcher geeignet ist, einen sanitären Übelstand zu verursachen. Eine Herabsetzung der Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe sei nicht vertretbar; dies insbesondere auf Grund der zahlreichen verwaltungsstrafrechtlichen Vorstrafen, unter denen sich sogar schon eine einschlägige Baustrafe befinde. Angesichts des Umstandes, dass das verhängte Strafausmaß jeweils lediglich 6,5 % der Höchststrafe betrage, erscheine dieses durchaus angemessen und auch keinesfalls als zu hoch. Da es der Beschwerdeführer unterlassen habe, eine Auskunft über seine Vermögens- und Einkommensverhältnisse zu erteilen, hätten diese eingeschätzt werden müssen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht, nicht wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Bauordnung für Wien bestraft zu werden, verletzt. Er macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 135 Abs. 1 der Bauordnung für Wien werden Übertretungen der Vorschriften dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen mit Geldstrafe bis zu EUR 21.000,-- oder mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen bestraft.

Gemäß § 129 Abs. 2 leg. cit. hat der Eigentümer (jeder Miteigentümer) dafür Sorge zu tragen, dass die Gebäude und die baulichen Anlagen (Gärten, Hofanlagen, Einfriedungen u.dgl.) in gutem, der Baubewilligung und den Vorschriften dieser Bauordnung entsprechendem Zustand erhalten werden.

Gemäß Abs. 10 dieses Paragraphen ist jede Abweichung von den Bauvorschriften einschließlich der Bebauungsvorschriften zu beheben. Ein vorschriftswidriger Bau, für den eine nachträgliche Bewilligung oder Kenntnisnahme einer Bauanzeige nicht erwirkt worden ist, ist zu beseitigen. Gegebenenfalls kann die Behörde Aufträge erteilen; solche Aufträge müssen erteilt werden, wenn augenscheinlich eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen besteht.

Die belangte Behörde hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die Verpflichtung zur Instandhaltung den Eigentümer kraft Gesetzes trifft. Diese Verpflichtung bedarf zu ihrer Konkretisierung nicht erst eines baupolizeilichen Auftrages. Nicht die Nichterfüllung eines baupolizeilichen Auftrages, sondern die Verletzung der Instandhaltungspflicht ist strafbar. Eine Übertretung der Instandhaltungspflicht liegt daher auch dann vor, wenn die Erfüllungsfrist des auf die Beseitigung des festgestellten Baugebrechens gerichteten Bauauftrages noch nicht abgelaufen ist (vgl. die bei Geuder/Hauer, Wiener Bauvorschriften, 4. Auflage, E 6 ff zu § 135 BO, Seite 848).

Der Beschwerdeführer wurde mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 37, vom 7. August 1998 gemäß § 129 Abs. 2 und 4 der Bauordnung für Wien beauftragt, innerhalb von drei Monaten nach Zustellung des Bescheides die Sohle des schliefbaren Hauskanals flüssigkeitsdicht herzustellen, den Verputz an den Wänden und am Gewölbe des schliefbaren Hauskanals in Stand zu setzen und die Setzgrube mit der Trennwand im schliefbaren Hauskanal an der Grundgrenze im Bereich des Einstiegsschachtes aufzulassen.

Mit seinem Hinweis in der Beschwerde, er habe auf Grund eines Auftrages aus dem Jahre 1982 schon im September 1984 den Hauskanal saniert und es sei mit Kanalbefund vom 24. März 1988 die Instandsetzung des schliefbaren Kanals bestätigt worden, vermag daher der Beschwerdeführer den ihm zur Last gelegten Verstoß gegen § 129 Abs. 2 BO im Zeitraum vom 29. Oktober 1998 bis 18. Dezember 2000 nicht zu entkräften. Dass der Hauskanal in diesem Zeitraum in gutem, der Baubewilligung und den Vorschriften der Bauordnung entsprechendem Zustand gewesen wäre, wird in der Beschwerde nicht behauptet. Auch in seinen Stellungnahmen zum Vorwurf der Verwaltungsübertretung vor der Strafbehörde erster Instanz hat der Beschwerdeführer diesbezüglich kein entlastendes Vorbringen erstattet.

Dass die vorhandene Setzgrube den Bauvorschriften entspräche, wird in der Beschwerde ebenfalls nicht behauptet. Vielmehr wird nur darauf hingewiesen, dass im Sommer 2000 diese "Setzgrube funktionstüchtig gemacht" worden sei. Die Annahme der belangten Behörde, dass es sich hierbei um eine Abweichung von den Bauvorschriften gemäß § 129 Abs. 10 BO handle, für welche eine - nachträgliche - Bewilligung einzuholen gewesen wäre, zieht auch der Beschwerdeführer nicht in Zweifel.

Mit dem Vorbringen, es seien von dritten Personen Kanalarbeiten durchgeführt worden, auf Grund deren die Bauwidrigkeiten entstanden seien, von welchen er jedoch keine Kenntnis erlangt habe, vermag der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides ebenfalls nicht aufzuzeigen, weil es dem Eigentümer obliegt, sich laufend vom guten Zustand seiner Baulichkeit zu überzeugen. Es obliegt dem Eigentümer glaubhaft zu machen, dass er hinsichtlich eines zu behebenden Baugebrechens alles in seinen Kräften Stehende unternommen hat, um dieses innerhalb kürzester Zeit zu beseitigen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 20. Juni 1995, Zl. 95/05/0132, BauSlg. 127). Dass der Beschwerdeführer dieser Verpflichtung nachgekommen wäre, wird von ihm nicht näher ausgeführt.

Für die konsenslose Setzgrube, die jedenfalls geeignet ist, gesundheitliche Verhältnisse zu berühren, hat der Beschwerdeführer die erforderliche Baubewilligung nicht zu erlangen versucht.

Gegen die festgesetzte Höhe der Strafe bestehen keine Bedenken. Der Beschwerdeführer hat die Verwaltungsübertretungen trotz eines bestehenden Bauauftrages begangen. Sein Verhalten ist daher als vorsätzlich zu bewerten, dies rechtfertigt unter Berücksichtigung des in § 135 Abs. 1 BO vorgesehenen Strafrahmens bereits eine Festsetzung der Strafe in der von der belangten Behörde bemessenen Höhe. Der Beschwerdeführer hat in seiner Berufung gegen die von der Strafbehörde erster Instanz festgesetzte Höhe der Strafe nichts vorgebracht. Er hat auch seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse nicht offen gelegt, weshalb die belangte Behörde bei Festsetzung der Höhe der Strafe von den Annahmen der Behörde erster Instanz ausgehen konnte.

Die Beschwerde war aus diesen Gründen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 16. September 2003

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte