VwGH 2002/05/0337

VwGH2002/05/033723.9.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde der Brigitte Huber in Kierling, vertreten durch Dr. Wilhelm Noverka und Dr. Elisabeth Stanek-Noverka, Rechtsanwälte in Wien XVII, Hernalser Hauptstraße 116, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 5. Februar 2001, Zl. RU1-V-01019/00, betreffend einen baupolizeilichen Beseitigungsauftrag (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde Klosterneuburg, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

BauO NÖ 1883 §16;
BauO NÖ 1976 §92;
BauO NÖ 1996 §14 Z1;
BauO NÖ 1996 §35 Abs2 Z3;
BauRallg;
BauO NÖ 1883 §16;
BauO NÖ 1976 §92;
BauO NÖ 1996 §14 Z1;
BauO NÖ 1996 §35 Abs2 Z3;
BauRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin der Grundstücke Nr. 966/1 und 966/2, KG Weidling, die im Flächenwidmungsplan der mitbeteiligten Stadtgemeinde als Grünland-Landwirtschaft festgelegt sind. Anlässlich einer in Anwesenheit der Beschwerdeführerin durchgeführten mündlichen Verhandlung am 17. Mai 2000 auf den genannten Grundstücken, wurde festgestellt, dass eine Scheune und eine Unterstandshütte errichtet worden waren, für die keine Baubewilligungen vorlagen.

Mit Bescheid vom 23. Mai 2000 wurde der Beschwerdeführerin als Eigentümerin der Baulichkeiten der Auftrag erteilt, die Scheune mit den Ausmaßen von ca. 4 m x 3 m und die Unterstandshütte mit den Ausmaßen von ca. 5 m x 3 m binnen einer Frist von sechs Monaten ab Rechtskraft des Bescheides zu entfernen, die Bauteile abzubrechen und zu entsorgen. Fundamente bis zu 50 cm unter dem Gartenniveau seien abzubrechen und der ursprüngliche Zustand mit Besämung wieder herzustellen.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung führte die Beschwerdeführerin aus, die so genannte Unterstandshütte sei im Jahre 1930 gebaut worden, die Scheune im Jahre 1965. Damals habe die Bauordnung für Niederösterreich gegolten, für die genannten Gebäude sei demnach keine Bewilligungspflicht gegeben gewesen. Es handle sich um ein insgesamt nahezu 15.000 m2 großes Grundstück, in der Scheune würden die zur Nutzung und Pflege des Grundstückes notwendigen Geräte gelagert. Bei der Beschwerdeführerin handle es sich nicht um eine Person, die dem Bauernstand bzw. dem Nebenerwerbsbauernstand angehöre, jedoch sei eine Bewirtschaftung des gesamten Grundstückes ohne Werkzeuge und Geräte, die auch nicht im Freien gelagert werden könnten, nicht möglich.

Mit Schreiben des Stadtamtes der mitbeteiligten Stadtgemeinde Abteilung GA III-Rechtsbüro vom 25. Oktober 2000 wurde der Beschwerdeführerin mitgeteilt, aus dem Hausakt könne kein Anhaltspunkt abgeleitet werden, dass anlässlich der Errichtung der mit Abbruchauftrag belegten Gebäude (Scheune, Unterstandshütte) eine Baubewilligung erteilt worden sei oder auch nur ein Antrag auf Baubewilligung gestellt worden wäre. Da die Liegenschaft im Bereich der Widmung Grünland/Landwirtschaft liege, könne für die im Abbruchbescheid bezeichneten Gebäude auch derzeit eine Baubewilligung nicht erteilt werden, da die Beschwerdeführerin offensichtlich keine Landwirtschaft gemäß § 19 Abs. 4 und 2 Z. 1a NÖ ROG 1976 im Sinne der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes betreibe. Die Beschwerdeführerin habe die Möglichkeit, der Behörde Beweismittel, die dieser nicht bekannt seien, vorzulegen. Im Falle, dass die Voraussetzungen für eine Landwirtschaft im Sinne der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bei der Beschwerdeführerin vorlägen, stünde es ihr frei, ein Ansuchen um nachträgliche Baubewilligung einzubringen, diesfalls würde das gegenständliche Berufungsverfahren gegen den Abbruchauftrag bis zur rechtskräftigen Entscheidung über das Ansuchen um Baubewilligung ausgesetzt werden.

Mit Schreiben vom 13. November 2000 äußerte sich die anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin zum Schreiben vom 25. Oktober 2000 dahingehend, dass sie auf dem ihr gehörigen Grundstück umfangreiche Holzschlägerungsarbeiten durchführen lasse. Das geschlägerte Holz könne jedoch erst in der kalten Jahreszeit, bei gefrorenem Boden abtransportiert werden, es hätten sich bei der Beschwerdeführerin bereits Interessenten gemeldet, die in weiterer Folge, sobald das Holz abtransportiert sei, sohin ab Frühjahr 2001, das gegenständliche Grundstück zum Zweck der Schafzucht pachten wollten. Die Beschwerdeführerin beabsichtige daher, ab Frühjahr 2001, die ihr gehörige Liegenschaft landwirtschaftlich zu nutzen.

Das Einlangen eines Ersuchens um Erteilung der Baubewilligung für die genannten Baulichkeiten ist jedenfalls bis zur Erlassung des Berufungsbescheides vom 6. Dezember 2000 nicht aktenkundig.

Mit Berufungsbescheid vom 6. Dezember 2000 hat der Stadtrat der mitbeteiligten Stadtgemeinde der Berufung der Beschwerdeführerin insoweit Folge gegeben, als der neben dem Abbruchauftrag erteilte Auftrag "die Bauteile sind abzubrechen und nach den einschlägigen Bestimmung zu entsorgen. Fundamente sind bis zu 50 cm unter das Gartenniveau abzubrechen und der ursprüngliche Zustand mit Besämung wieder herzustellen" behoben wurde und durch den Satz ersetzt wurde, die im bekämpften Bescheid beschriebenen Bauwerke seien vollständig zu entfernen. Im Übrigen wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Errichtung der in der Widmungsart Grünland/Landwirtschaft mit Abbruchbescheid belegten Bauwerke für die Ausübung der Landwirtschaft und der Nebengewerbe im Sinne der Gewerbeordnung erforderlich sei, sei trotz Vorhalt weder im erstinstanzlichen Abbruchverfahren noch im Berufungsverfahren behauptet worden. Die Beschwerdeführerin habe sogar vorgebracht, dass sie weder dem Bauernstand noch dem Nebenerwerbsbauernstand angehöre.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Vorstellung der Beschwerdeführerin hat die belangte Behörde mit Bescheid vom 5. Februar 2001 abgewiesen. Nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens wurde im Wesentlichen ausgeführt, gemäß § 16 der Bauordnung für Niederösterreich aus 1883 seien Neu- Zu- und Umbauten von Gebäuden baubewilligungspflichtige Vorhaben. Warum die gegenständliche Scheune die in Riegelbauweise mit den Ausmaßen von 4 m x 3 m und einer Gebäudehöhe von 2 m errichtet wurde und der Unterstand mit den Ausmaßen von 5 m x 3 m und einer Gebäudehöhe von 2,20 m, der ebenfalls in Riegelbauweise errichtet wurde, nicht von dieser Gesetzesbestimmung umfasst sein sollten, sei nicht nachvollziehbar. Bereits Erkenntnisse aus dem Jahre 1906 bzw. 1918 zur NÖ BauO 1883 legten fest, dass die Ausführung von Gartenhäusern (vollständig geschlossen, mit einem Dache versehen und mit Türen und Fenstern ausgestatteten Brettergebäuden) der baubehördlichen Bewilligung ebenso bedürfe wie ein Holzbau, wenn er nicht übertragbar, sondern in fester Verbindung mit dem Boden hergestellt werden sollte.

Was die vorgebrachte landwirtschaftliche Nutzung und somit die Erforderlichkeit der abzubrechenden Objekte betreffe, so habe die Baubehörde im Zuge des Ermittlungsverfahrens die Beschwerdeführerin um Vorlage entsprechender Unterlagen ersucht, sowie ihr freigestellt, ein Bauansuchen einzubringen. Eine Vorlage dieser Unterlagen sei unterblieben, die Beschwerdeführerin habe lediglich vorgebracht, dass sie ab dem Frühjahr 2001 beabsichtige, ihre Grundstücke landwirtschaftlich zu nutzen.

Die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 24. September 2001, B 424/01-8, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

In der über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 14 Z. 1 der NÖ Bauordnung 1996 bedürfen Neu- und Zubauten von Gebäuden einer Baubewilligung. Schon die Bauordnung für Niederösterreich 1866 sah im § 1 die Bewilligungspflicht für eine Reihe von Bauvorhaben vor. Später war diese in den §§ 16 NÖ BO 1883 und §§ 92 und 93 NÖ BO 1976 geregelt. Die Begriffe Neu- und Zubau wurden in diesen genannten Gesetzen nicht definiert. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes war bzw. ist ein Gebäude eine in Verbindung mit dem Boden hergestellte kunstmäßige Konstruktion behufs Herstellung eines abgeschlossenen Raumes (siehe die bei Hauer/Zaussinger, Niederösterreichisches Baurecht, 6. Auflage, auf Seite 238 unter 1 zitierte Judikatur).

Selbst unter der Annahme, dass die Baulichkeiten in den Jahren 1930 und 1965 errichtet wurden, unterlagen sie, da sie der oa. Gebäudedefinition entsprechen, im Errichtungszeitpunkt der Baubewilligungspflicht des § 16 NÖ BauO 1883. Die erforderliche Baubewilligung konnte weder von der Behörde in ihren Unterlagen vorgefunden werden, noch hat die Beschwerdeführerin eine derartige Bewilligung vorgelegt. Da kein Umstand hervorgekommen ist, wonach die Unterlagen bzw. Archive der mitbeteiligten Stadtgemeinde unvollständig seien, konnten demnach schon die Gemeindebehörden mit Recht davon ausgehen, dass keine Baubewilligung erteilt wurde.

Gemäß § 35 Abs. 2 Z. 3 der NÖ BO 1996 hat die Baubehörde den Abbruch eines Bauwerks anzuordnen, wenn für das Bauwerk keine Baubewilligung (§ 23) oder Anzeige (§ 15) vorliegt und das Bauwerk unzulässig ist (§ 15 Abs. 3 und § 23 Abs. 1).

Gemäß § 19 Abs. 2 ROG 1976, LGBl. 8000-0 in der hier anzuwendenden Fassung LGBl. 8000-13 gelten als Grünland nach Z. 1a und 1b Flächen, die der land- und forstwirtschaftlichen Bewirtschaftung und der Errichtung von Bauwerken für die Ausübung der Land- und Forstwirtschaft und deren Nebengewerbe im Sinne der Gewerbeordnung dienen bzw. Flächen, die der Errichtung von Wohngebäuden im Hofverband zur Befriedigung der familieneigenen Wohnbedürfnisse der Inhaber land- und forstwirtschaftliche Betriebe sowie zur Fremdbeherbergung gemäß NÖ Privatzimmervermietungsgesetz LGBl. 2040, dienen. Im Grünland ist gemäß § 19 Abs. 4 leg. cit. ein bewilligungs- oder anzeigepflichtiges Bauvorhaben nur dann und in jenem Umfang zulässig, als dies für eine Nutzung gemäß Abs. 2 erforderlich ist und eine nachhaltige Bewirtschaftung erfolgt.

Einen Nachweis, dass die Gebäude für einen landwirtschaftlichen Betrieb erforderlich seien, hat die Beschwerdeführerin trotz gebotener Gelegenheit nicht erbracht.

In ihrer Berufung hat die Beschwerdeführerin ausdrücklich ausgeführt, dass sie weder dem Bauernstand angehöre, noch einen landwirtschaftlichen Nebenerwerbsbetrieb führe. Sie hat auch kein Ansuchen um Erteilung der nachträglichen Baubewilligung für die beiden Gebäude eingebracht, aus dem sich ergeben würde, dass diese Gebäude für einen landwirtschaftlichen Betrieb erforderlich seien. Mangels entsprechender Antragstellung war auf die Frage der Zulässigkeit der Bauten im Grünland nicht einzugehen. Damit hat der Stadtrat der mitbeteiligten Stadtgemeinde mit Recht die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den erstinstanzlichen Bescheid abgewiesen.

Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 23. September 2002

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