VwGH 2002/02/0276

VwGH2002/02/02767.8.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. König, über die Beschwerde des HP in V, vertreten durch Dr. Siegfried Rack und Mag. Gottfried Tazol, Rechtsanwälte in Völkermarkt, Münzgasse 3, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom 7. Oktober 2002, Zl. KUVS- 1260/4/2002, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Normen

StGB §34 Abs1 Z10;
StVO 1960 §5 Abs2 idF 1994/518;
StVO 1960 §99 Abs1 litb idF 1994/518;
VStG §19 Abs2;
VStG §19;
VStG §20;
StGB §34 Abs1 Z10;
StVO 1960 §5 Abs2 idF 1994/518;
StVO 1960 §99 Abs1 litb idF 1994/518;
VStG §19 Abs2;
VStG §19;
VStG §20;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 7. Oktober 2002 wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe sich am 25. Mai 2002 um 04.20 Uhr an einem näher umschriebenen Ort trotz Aufforderung eines besonders geschulten und hiezu von der Behörde ermächtigten Organes der Straßenaufsicht geweigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl vermutet hätte werden können, dass er sich beim Lenken eines dem Kennzeichen nach bestimmten Fahrzeuges gegen 03.05 Uhr an einem anderen näher umschriebenen Ort in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b i.V.m. § 5 Abs. 2 StVO begangen. Es wurde eine Geldstrafe von EUR 1.200,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 17 Tage) verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt die Verwaltungsübertretung des § 99 Abs. 1 lit. b i.V.m. § 5 Abs. 2 zweiter Satz StVO bereits dann vor, wenn der zur Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt Aufgeforderte lediglich im Verdacht steht, ein Kraftfahrzeug in alkoholisiertem Zustand gelenkt zu haben; darauf, ob im weiteren Verfahren der Nachweis erbracht wird, dass ein Beschuldigter ein Kraftfahrzeug nicht gelenkt hat, kommt es nicht an, weil das Delikt bereits mit der Verweigerung der Vornahme der Atemluftuntersuchung vollendet ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 23. November 2001, Zl. 98/02/0212). Dass ein solcher "Verdacht" in Hinsicht auf den Beschwerdeführer unbegründet gewesen wäre, vermag der Gerichtshof allerdings nicht zu erkennen:

Die belangte Behörde stützte sich insoweit auf die Zeugenaussagen der beiden eingeschrittenen Gendarmeriebeamten, welche angegeben hatten, der Zulassungsbesitzer des mit diesem Fahrzeug verwendeten Probefahrtkennzeichens habe vor der in Rede stehenden Amtshandlung telefonisch angegeben, ausschließlich dem Beschwerdeführer dieses Fahrzeug überlassen zu haben; weiters hätten die Beamten im Fahrzeuginneren eine schriftliche Ermächtigung dieses Zulassungsbesitzers zur Durchführung von Probefahrten, ausgestellt auf den Beschwerdeführer, vorgefunden. Der Beschwerdeführer sei zunächst im Haus schlafend angetroffen worden und habe in der Folge auf die Frage, wer mit diesem Fahrzeug fahre, zunächst geantwortet, dass dies nur er sei und der Schlüssel dazu irgendwo sein müsse. Der Beschwerdeführer habe diesen Schlüssel gesucht, dem Alkotest zunächst zugestimmt und diesen erst kurz danach mit der Begründung abgelehnt, dass er nicht "gefahren" sei.

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers war die belangte Behörde nicht verpflichtet, von Amts wegen jene zwei Personen, welche beim Eintreffen der beiden Gendarmeriebeamten neben dem Fahrzeug gestanden sind, als Zeugen dafür einzuvernehmen, ob diese - die eine vierte Person als Lenker angegeben hatten - eine andere Person als diese vierte als Lenker des Fahrzeuges "ausgeschlossen" hätten, weil nach den Umständen des Falles jedenfalls auch der Beschwerdeführer (dessen Alkoholisierungsmerkmale bei der Amtshandlung unbestritten sind) in Verdacht stand, das Fahrzeug gelenkt zu haben. Dass aber mehrere Personen in einem Verdacht im Sinne des § 5 Abs. 2 zweiter Satz StVO stehen können und sohin jede derselben die Pflicht zur Untersuchung der Atemluft trifft, bedarf keiner näheren Erörterung. Auf das vom Beschwerdeführer zitierte, zu § 5 Abs. 2 StVO ergangene hg. Erkenntnis vom 13. März 1979, Zl. 1860/78 (ZfVB 1980/156), - von ihm als "nicht klar" bezeichnet - war schon im Hinblick auf die unterschiedliche Rechtslage nicht einzugehen.

Zur Klarstellung sei noch auf Folgendes verwiesen:

Wohl wurde dem Beschwerdeführer spruchgemäß (im Instanzenzug) der Vorwurf gemacht, das Fahrzeug "gelenkt" zu haben ("beim Lenken"), obwohl seine Lenkereigenschaft (noch) nicht als erwiesen angenommen werden konnte. Der Verwaltungsgerichtshof hat aber in seiner Rechtsprechung zum Ausdruck gebracht, der Vorwurf des "Lenkens" im Sinne des § 5 Abs. 2 StVO schließe den bloßen "Verdacht" des Lenkens in sich. Von daher gesehen wurde somit im Beschwerdefall ein "überschießendes" Tatbestandselement in den Spruch aufgenommen, welches nicht Gegenstand der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung (nach dem zweiten Satz des § 5 Abs. 2 StVO) ist. Eine Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers hiedurch ist jedoch nicht erkennbar (vgl. zum Ganzen das zitierte hg. Erkenntnis vom 23. November 2001, Zl. 98/02/0212).

Weiters übersieht der Beschwerdeführer, dass sehr wohl auch dann ein rechtliches Interesse an der Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt besteht, wenn eine Alkoholisierung des Probanden feststeht, kommt doch dem Grad der Alkoholisierung in mehrfacher Hinsicht rechtliche Bedeutung zu.

Weiters sei vermerkt, dass die belangte Behörde - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - im Hinblick auf das situationsbezogene Verhalten des Beschwerdeführers (trotz der von ihm ins Treffen geführten "Schlaftrunkenheit") anlässlich der in Rede stehenden Amtshandlung nicht verpflichtet war, ein medizinisches Gutachten über dessen Zurechnungsfähigkeit einzuholen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 2001, Zl. 99/02/0010); aus demselben Grund war die belangte Behörde auch nicht verpflichtet, von einer verminderten Zurechnungsfähigkeit des Beschwerdeführers auszugehen und diese im Grunde des § 3 Abs. 2 VStG als Milderungsgrund anzuerkennen.

Auch war die Behörde nicht gehalten, eine außerordentliche Milderung der Strafe gemäß § 20 VStG vorzunehmen: Selbst wenn dem Beschwerdeführer der Milderungsgrund der Unbescholtenheit zugekommen wäre (was nach der Aktenlage nicht zutrifft), läge auch bei Fehlen von Erschwerungsgründen kein "beträchtliches Überwiegen" der Milderungsgründe über die Erschwerungsgründe vor (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. April 2003, Zl. 2001/03/0214), zumal die Zeitspanne des "Wohlverhaltens" (und damit der Milderungsgrund des § 34 Z. 18 StGB) seit der Tat bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides viel zu kurz ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. Juni 2001, Zl. 98/02/0031) und es bei Vollziehung des § 20 VStG nicht auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse ankommt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. März 2003, Zl. 2001/03/0046). Selbst wenn diese Verhältnisse (im Zusammenhang mit Sorgepflichten) ungünstig sein sollten, vermag der Verwaltungsgerichtshof auch einen Ermessenfehler der belangten Behörde bei der Strafbemessung - die verhängte Strafe bewegt sich ohnedies im untersten Bereich der Strafdrohung - nicht zu erkennen.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am 7. August 2003

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