VwGH 2002/02/0228

VwGH2002/02/022820.12.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde des AC in Wien, vertreten durch Dr. Heinrich Nesvadba, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Königsklostergasse 7/6, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich (Außenstelle Wiener Neustadt) vom 11. Juli 2002, Zl. Senat-BN-01-1086, betreffend Übertretung der StVO, zu Recht erkannt:

Normen

StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §99 Abs1 litb;
VStG §51c;
VStG §66b Abs11;
StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §99 Abs1 litb;
VStG §51c;
VStG §66b Abs11;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 11. Juli 2002 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 18. Dezember 2000 um 2.00 Uhr am Gendarmerieposten Traiskirchen die Untersuchung seiner Atemluft auf ihren Alkoholgehalt gegenüber einem besonders geschulten, von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht verweigert, obwohl er einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw gelenkt habe, und vermutet werden konnte, dass er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe.

Er habe dadurch § 5 Abs. 2 und § 99 Abs. 1 lit. b StVO übertreten, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs. 1 lit. b StVO eine Geldstrafe in der Höhe von S 16.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich erkennbar in seinem Recht, nicht bestraft zu werden, verletzt. Weiters macht er geltend, der Bescheid sei durch eine unzuständige Behörde erlassen worden, die belangte Behörde hätte angesichts der Höhe der Strafe in Kammerbesetzung zu entscheiden gehabt und nicht durch ein Einzelmitglied.

Nach § 51c VStG in der Fassung des Art. 2 Z. 3 des Verwaltungsreformgesetzes 2001, BGBl. Nr. 65/2002, entscheidet der unabhängige Verwaltungssenat, wenn in dem mit Berufung angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine EUR 2.000,-- übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied. Ansonsten entscheidet er, abgesehen von den gesetzlich besonders geregelten (hier nicht in Betracht kommenden) Fällen, durch Kammern, die aus drei Mitgliedern bestehen. Diese Bestimmung ist zufolge des § 66b Abs. 11 VStG mit dem der Kundmachung des Verwaltungsreformgesetzes 2001 (Bundesgesetzblatt ausgegeben am 19. April 2002) folgenden Tag, somit mit 20. April 2002, in Kraft getreten. Damit war aber ab diesem Zeitpunkt zur Verhandlung (diese fand am 3. Juli 2002 statt) und zur Entscheidung (diese wurde bei der erwähnten Verhandlung verkündet und mit dem vorliegenden Bescheid ausgefertigt) das Einzelmitglied zuständig, zumal keine Übergangsbestimmung (das erstinstanzliche Straferkenntnis wurde am 1. Juni 2001 zugestellt) etwas anderes vorsieht. Eine Verletzung des Beschwerdeführers in seinem von ihm so näher umschriebenen Recht der Entscheidung durch die Kammer an Stelle des Einzelmitgliedes liegt daher nicht vor.

Der Beschwerdeführer rügt weiters unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, ihm sei die Anzeige von (offenbar) der Verlegung der ursprünglich für den 17. Juni 2002 anberaumten Tagsatzung vor der belangten Behörde auf den 3. Juli 2002 nicht zugekommen. Insoferne sei dem Beschwerdeführer das Parteiengehör genommen worden.

Dem ist zu entgegnen, dass der Beschwerdeführer bei der Tagsatzung vor der belangten Behörde am 3. Juli 2002 durch seinen Rechtsanwalt vertreten war, somit jedenfalls keine Verletzung in seinem Recht auf Parteiengehör vorliegt.

Gemäß § 5 Abs. 2 StVO sind Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt, u.a. die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt zu haben, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 26. Juli 2002, Zl. 2002/02/0170) reicht zur Verwirklichung des Tatbestandes nach § 5 Abs. 2 StVO schon der Verdacht aus, der Beschuldigte habe das Kraftfahrzeug im alkoholisierten Zustand gelenkt. Dieser Verdacht muss allerdings - durch entsprechende Beweise gestützt - begründet sein (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 2002, Zl. 2002/03/0041).

Der Beschwerdeführer bestreitet selbst nicht, dass die einschreitenden Beamten davon ausgehen konnten, er habe ein Kraftfahrzeug gelenkt. Er bestreitet aber, dass die Beamten auf Grund von Alkoholisierungsmerkmalen den (begründeten) Verdacht haben konnten, er habe dies in alkoholisiertem Zustand getan.

Die belangte Behörde hat in diesem Zusammenhang allein die Wahrnehmbarkeit von Alkoholgeruch beim Beschwerdeführer als Grund für den Verdacht der einschreitenden Beamten herangezogen. Wenngleich der belangten Behörde dabei insoweit zuzustimmen ist, als bereits das Vorliegen eines einzigen Alkoholisierungsmerkmales zur Begründung des gegenständlichen Verdachtes ausreichen kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. April 1997, Zl. 97/02/0050, in dem der Verwaltungsgerichtshof das Vorliegen von "geröteten Bindehäuten" - unabhängig von der Ursache - allein für die Vermutung einer Alkoholbeeinträchtigung als ausreichend angesehen hat; vgl. hiezu immerhin auch die Angaben des Beschwerdeführers in seiner Stellungnahme vom 5. April 2001), so hat doch der Beschwerdeführer - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - nach dem Inhalt des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 3. Juli 2002 die Einvernahme einer näher genannten Zeugin auch zu dem Thema beantragt, dass die von den Beamten dargelegten Alkoholisierungssymptome an seiner Person nicht bestanden hätten. Die belangte Behörde hat jedoch die Einvernahme der Zeugin zu diesem Thema unterlassen, da sie nach der Begründung des angefochtenen Bescheides der (unrichtigen) Ansicht war, die Zeugin sei nur zur Frage des Getränkekonsums des Beschwerdeführers geführt worden.

Der Beschwerdeführer rügt vor dem Verwaltungsgerichtshof den in der Unterlassung der Einvernahme der Zeugin zu diesem Thema gelegenen Verfahrensmangel daher zu Recht; es wäre nicht ausgeschlossen, dass die belangte Behörde (im Hinblick auf das von ihr allein herangezogene Alkoholisierungssymptom des Alkoholgeruches) bei Unterlassung des ihr zur Last fallenden Verfahrensmangels zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können.

Der angefochtene Bescheid war aus diesen Erwägungen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Das Mehrbegehren war abzuweisen, da in der genannten Verordnung ein Ersatz von Stempelgebühren nur im Umfang von EUR 180,-- (und nicht wie verzeichnet von EUR 182,--) vorgesehen ist.

Wien, am 20. Dezember 2002

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