VwGH 2001/21/0164

VwGH2001/21/016423.9.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Thurin, über die Beschwerde der P, vertreten durch Dr. Heinz Pichler und Dr. Johannes Schütz, Rechtsanwälte in 8750 Judenburg, Burggasse 61, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 22. Juni 2001, Zl. Fr-4250b-105/00, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1993 §33 Abs1;
FrG 1997 §33 Abs1;
FrG 1997 §57 Abs1;
FrG 1997 §57 Abs2;
FrG 1997 §75 Abs1;
VwRallg;
FrG 1993 §33 Abs1;
FrG 1997 §33 Abs1;
FrG 1997 §57 Abs1;
FrG 1997 §57 Abs2;
FrG 1997 §75 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde die Beschwerdeführerin, eine türkische Staatsangehörige, gemäß § 33 Abs. 1 iVm § 31 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich aus.

Zur Begründung dieser Maßnahme führte sie im Wesentlichen aus: Die Beschwerdeführerin sei am 18. Februar 1996 mit einem vom 13. Februar 1996 bis 13. März 1996 gültigen Touristensichtvermerk nach Österreich eingereist. Ihr Asylantrag sei letztinstanzlich abgewiesen worden; die gegen den letztinstanzlichen Asylbescheid erhobene Beschwerde sei vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 9. Oktober 1997 (zur Zl. 97/20/0270) zurückgewiesen worden. Die Beschwerdeführerin verfüge über keinen gültigen Aufenthaltstitel und halte sich somit seit Ablauf der Gültigkeitsdauer ihres Reisevisums unrechtmäßig in Österreich auf. Damit erfülle sie die Voraussetzungen des § 33 Abs. 1 FrG und könne daher aus Österreich ausgewiesen werden. Von dieser Möglichkeit werde Gebrauch gemacht, weil sich ansonsten Fremde den weiteren Aufenthalt in Österreich dadurch erzwingen könnten, indem sie sich weigerten, den gesetzeskonformen Zustand durch eine freiwillige Ausreise herzustellen. Da der Beschwerdeführerin ursprünglich lediglich ein Reisevisum erteilt worden sei, finde das Assoziationsabkommen EWG-Türkei und der dazu ergangene Ratsbeschluss Nr. 1/80 auf sie keine Anwendung.

Die Beschwerdeführerin lebe in Österreich gemeinsam mit ihrem Bruder und es seien im April des Jahres 2000 ihre Eltern nach Österreich nachgezogen. Die Ausweisung beinhalte daher einen Eingriff in ihr Privat- und Familienleben. Ein geordnetes Fremdenwesen sei für den österreichischen Staat von eminentem Interesse und es komme den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Befolgung durch den Normadressaten aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein sehr hoher Stellenwert zu. Dieses maßgebliche öffentliche Interesse habe die Beschwerdeführerin durch ihren langjährigen unerlaubten Aufenthalt erheblich beeinträchtigt. Es überwiege somit das öffentliche Interesse an der Erlassung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme den damit verbundenen Eingriff in ihr Privat- und Familienleben. Mit der Ausweisung sei nicht das Gebot verbunden, in ein bestimmtes Land auszureisen. Über ihren Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung gemäß § 75 FrG behänge derzeit ein Verfahren bei der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch. Die Ausweisung sei aus all diesen angeführten Gründen dringend notwendig; eine Interessenabwägung nach § 37 Abs. 2 FrG sei bei einer Ausweisung nach § 33 Abs. 1 FrG gesetzlich nicht vorgesehen.

Die gegen diesen Bescheid an den Verfassungsgerichtshof gerichtete Beschwerde trat dieser nach Ablehnung ihrer Behandlung mit Beschluss vom 25. September 2001, B 1160/01-5, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab, der nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen hat:

Die Beschwerde tritt den behördlichen Feststellungen, dass die Beschwerdeführerin lediglich über ein Touristenvisum mit einer einmonatigen Gültigkeitsdauer verfügt habe und das Asylverfahren rechtskräftig negativ abgeschlossen sei, nicht entgegen. Nach Meinung der Beschwerde sei ein unrechtmäßiger Aufenthalt als Grund für eine Ausweisung unzureichend. Dieser Ansicht steht der klare Gesetzeswortlaut entgegen, demzufolge Fremde mit Bescheid ausgewiesen werden können, wenn sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten (§ 33 Abs. 1 FrG); dass einer der in § 31 FrG enthaltenen Gründe für eine Rechtmäßigkeit des Aufenthalts in Österreich gegeben sei, wird von der Beschwerdeführerin nicht behauptet und ist aus dem Akteninhalt auch in keiner Weise ersichtlich.

Sofern mit dem genannten Beschwerdevorbringen das der belangten Behörde bei Erlassung einer Ausweisung eingeräumte Ermessen angesprochen werden soll, ist festzuhalten, dass keine Gründe ersichtlich sind, die die belangte Behörde hätten veranlassen müssen, von dem ihr eingeräumten Ermessen Gebrauch zu machen und von der Ausweisung abzusehen.

Mit dem Beschwerdevorbringen, es sei ein selbständiges Ermittlungsverfahren noch nicht eingeleitet worden und es sei die Beschwerdeführerin noch nicht zu den von ihr vorgebrachten Refoulement-Gründen befragt worden, wird offenkundig das hier nicht gegenständliche Verfahren über den Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung in die Türkei angesprochen. Abgesehen davon, dass eine allfällige Rechtswidrigkeit eines Verfahrens über einen solchen Antrag nicht Bestandteil der hier allein spruchgegenständlichen Ausweisung ist, haben allfällige Verfolgungsgründe, die im Verfahren nach § 75 FrG zu prüfen sind, keine Relevanz für ein Ausweisungsverfahren und es ist die Behörde gesetzlich nicht verpflichtet, mit der Ausweisung bis zur Beendigung des Feststellungsverfahrens zuzuwarten. Mit dem zitierten Beschwerdevorbringen kann somit eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Ausweisungsbescheides nicht aufgezeigt werden.

Ebenso erfolglos bleibt der Hinweis auf den Beschluss Nr. 1/80 des durch das Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei errichteten Assoziationsrates vom 19. September 1980 über die Entwicklung der Assoziation (ARB), hat doch der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (vgl. für viele etwa das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 2004, Zlen. 2002/21/0138 bis 0140) dargelegt, dass ein Reisevisum keine Grundlage für eine Berechtigung nach dem ARB darstelle. Entgegen der Beschwerdeansicht mangelt es somit hier an einer Vergleichbarkeit mit dem angesprochenen Fall "Ergat" (Urteil des EuGH vom 16. März 2000, Rechtssache C-329/97 ).

Letztlich kann auch die Ansicht der belangten Behörde, dass die Ausweisung nach § 37 Abs. 1 FrG dringend geboten sei, trotz der familiären Bindungen der Beschwerdeführerin im Inland nicht als rechtswidrig erkannt werden, kommt doch - wie die belangte Behörde zutreffend ausführte - den fremdenrechtlichen Vorschriften aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein sehr hoher Stellenwert zu und es hat die Beschwerdeführerin dieses öffentliche Interesse durch ihren langen und fast zur Gänze unrechtmäßigen Aufenthalt erheblich beeinträchtigt.

Da somit dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

In Ermangelung eines Kostenbegehrens hatte ein Kostenzuspruch an den Bund zu unterbleiben.

Wien, am 23. September 2004

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