Normen
FrG 1997 §44;
FrG 1997 §48 Abs1;
FrG 1997 §44;
FrG 1997 §48 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
I.
1.1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 27. Juli 1999 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen jugoslawischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 1 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von zehn Jahren erlassen.
Der Beschwerdeführer befinde sich seit November 1984 im Bundesgebiet und habe ab Sommer 1985 über Aufenthaltstitel verfügt. Seit 14. Mai 1997 halte er sich ohne erforderliche Berechtigung im Bundesgebiet auf. Er sei hier berufstätig. Im Inland befänden sich auch seine Gattin und die drei Kinder. Im Zeitraum von 1988 bis 1997 sei der Beschwerdeführer sechsmal rechtskräftig verurteilt worden, u.a. am 5. Juli 1995 wegen schweren gewerbsmäßigen Betruges und Untreue zu einer - unbedingten - Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren und am 24. April 1997 wegen Veruntreuung und schweren Betruges zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von zehn Monaten. Auf Grund der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefährdung maßgeblicher öffentlicher Interessen sei die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt. Die Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 1 und Abs. 2 FrG gehe zu Lasten des Beschwerdeführers aus.
Die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde wurde mit hg. Erkenntnis vom 31. März 2000, Zl. 99/18/0343, als unbegründet abgewiesen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird des Näheren auf dieses Erkenntnis verwiesen.
1.2. Mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid vom 26. Juli 2001 hat die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers vom 9. Juni 2000 auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes gemäß § 44 FrG abgewiesen.
Der Beschwerdeführer habe den Antrag zunächst damit begründet, dass er den Unrechtsgehalt seiner strafbaren Handlungen eingesehen und sich seit der letzten Straftat wohlverhalten hätte. Mit Schriftsatz vom 9. August 2000 habe er unter Vorlage der entsprechenden Staatsbürgerschaftsnachweise dargetan, dass seiner Gattin und den drei Kindern im August 2000 die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen worden sei. Dazu habe er vorgebracht, dass gemäß § 48 Abs. 1 FrG die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gegen EWR-Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Hauptwohnsitz ununterbrochen seit zehn Jahren im Bundesgebiet hätten, nicht zulässig wäre. Am 4. Jänner 2001 habe er dazu ergänzt, dass die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft an seine Familie eine bei der Prognose gemäß § 36 Abs. 1 FrG und der Interessenabwägung gemäß § 37 leg. cit. zu berücksichtigende wesentliche Änderung des Sachverhaltes darstellte.
Auf Grund der Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft an seine Gattin nach Erlassung des Aufenthaltsverbots sei der Beschwerdeführer nunmehr begünstigter Drittstaatsangehöriger. Für die Frage der Aufhebung des Aufenthaltsverbots gemäß § 44 FrG sei daher zu prüfen, ob eine Gefährlichkeitsprognose im Grund des § 48 Abs. 1 FrG dergestalt (weiterhin) zu treffen sei, dass die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes erforderlich sei, um eine vom Beschwerdeführer ausgehende erhebliche Gefahr im Bundesgebiet abzuwenden.
Zunächst sei festzuhalten, dass dem Beschwerdeführer nach Erlassung des Aufenthaltsverbotes zunächst ein Durchsetzungsaufschub bis 4. November 1999 gewährt worden sei. Während des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof habe er sich infolge der Zuerkennung von aufschiebender Wirkung an seine Beschwerde erlaubt im Bundesgebiet aufgehalten. Nach Abweisung seiner Beschwerde durch den Verwaltungsgerichtshof habe er jedoch das Bundesgebiet "offensichtlich" nicht verlassen, sondern vielmehr den vorliegenden Antrag gestellt. Es könne daher von einem "völligen Wohlverhalten" seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes keine Rede sein. In den privaten und familiären Lebensumständen des Beschwerdeführers sei keine wesentliche Änderung eingetreten. Die seit Begehung der letzten Straftat verstrichene Zeit sei zu kurz, um die maßgeblichen öffentlichen Interessen im Sinn des § 36 Abs. 1 FrG nicht mehr als gefährdet anzusehen. Es liege kein Grund vor, das Dringend-Geboten-Sein des Aufenthaltsverbots nunmehr zu verneinen bzw. eine zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechende Interessenabwägung vorzunehmen.
Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, dass gemäß § 48 Abs. 1 FrG das Aufenthaltsverbot zum jetzigen Zeitpunkt keinesfalls mehr verhängt werden könnte, sei auszuführen, dass bei der Entscheidung über die Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltsverbotsbescheides nicht mehr überprüft werden könne. Überdies sei der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Erlassung des Aufenthaltsverbotes unstrittig kein begünstigter Drittstaatsangehöriger gewesen.
2. Gegen den Bescheid vom 26. Juli 2001 richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 44 FrG ist ein Aufenthaltsverbot auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu seiner Erlassung geführt haben, weggefallen sind. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann ein solcher Antrag nur dann zum Erfolg führen, wenn sich seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes die dafür maßgebenden Umstände zu Gunsten des Fremden geändert haben, wobei im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag auch auf die nach der Verhängung des Aufenthaltsverbots eingetretenen und gegen die Aufhebung dieser Maßnahme sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen ist. Bei der Beurteilung nach § 44 FrG ist maßgeblich, ob eine Gefährlichkeitsprognose dergestalt (weiterhin) zu treffen ist, dass die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes erforderlich ist, um eine vom Fremden ausgehende erhebliche Gefahr im Bundesgebiet abzuwenden, und ob die Aufrechterhaltung dieser Maßnahme im Grund der §§ 37 und 38 FrG zulässig ist. Darüber hinaus hat die Behörde bei dieser Entscheidung auch das ihr in § 36 Abs. 1 FrG eingeräumte Ermessen zu üben. Weiters kann bei der Entscheidung über die Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes die Rechtmäßigkeit des Bescheides mit dem das Aufenthaltsverbot erlassen wurde, nicht mehr überprüft werden. (Vgl. zum Ganzen etwa das hg. Erkenntnis vom 13. März 2001, Zl. 98/18/0349, mwN.)
Dies bedeutet, dass die Behörde bei der Frage, ob ein Aufenthaltsverbot gemäß § 44 FrG aufzuheben ist, zu beurteilen hat, ob das Aufenthaltsverbot unter Berücksichtigung der seit dessen Verlängerung eingetretenen Änderung von maßgeblichen Umständen noch erlassen werden könnte.
Umstände, die dem Aufenthaltsverbot bereits bei dessen Erlassung entgegengestanden sind, können jedoch nicht zur Aufhebung führen. So hat der Verwaltungsgerichtshof etwa in seinem Erkenntnis vom 22. Jänner 2002, Zl. 2001/18/0146, ausgeführt, dass das Vorbringen der dort beschwerdeführenden Partei, sie erfüllte die Voraussetzungen des Aufenthaltsverbots-Verbots gemäß § 38 Abs. 1 Z. 4 FrG und jenes gemäß dem nach dem Vorbringen auf assoziationsintegrierte türkische Staatsangehörige analog anzuwendenden § 48 Abs. 1 zweiter Satz leg. cit., schon deshalb nicht geeignet sei, die Rechtswidrigkeit des die Aufhebung eines Aufenthaltsverbots gemäß § 44 leg. cit. verweigernden Bescheides aufzuzeigen, weil die als Voraussetzung für die Anwendbarkeit der der Erlassung eines Aufenthaltsverbots entgegenstehenden Bestimmungen geltend gemachten Umstände bereits vor Erlassung des Aufenthaltsverbots eingetreten gewesen seien. Erst nach Verhängung des Aufenthaltsverbots eingetretene, für die Erlassung bzw. die Nichterlassung dieser Maßnahme relevante Umstände sind bei der Frage, ob das Aufenthaltsverbot aufzuheben ist, zu berücksichtigen. Dementsprechend hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 27. Juni 2001, Zl. 2000/18/0041, ausgesprochen, dass bei einem Fremden, der seit der Erlassung des Aufenthaltsverbots die Stellung eines EWR-Bürger oder eines begünstigten Drittstaatsangehörigen erlangt hat, bei der Gefährlichkeitsprognose zu beachten ist, dass die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbots nur im Grund des § 48 Abs. 1 FrG zulässig ist. Tritt somit nachträglich ein Umstand ein, der zur Unzulässigkeit der Erlassung eines Aufenthaltsverbots führt, so ist das Aufenthaltsverbot gemäß § 44 FrG aufzuheben.
2.1. Die Gattin des Beschwerdeführers, der erstmals im Sichtvermerksantrag vom 10. Februar 1989 als Familienstand "verheiratet" angegeben hat, ist unstrittig seit August 2000 österreichische Staatsangehörige. Da der Beschwerdeführer somit mit einer österreichischen Staatsangehörigen verheiratet ist, gelten für ihn gemäß § 49 Abs. 1 iVm § 47 Abs. 3 FrG die Bestimmungen für begünstigte Drittstaatsangehörige. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gegen ihn wäre daher nur gemäß § 48 Abs. 1 FrG zulässig. Diese Bestimmung hat folgenden Wortlaut:
"Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist nur zulässig, wenn auf Grund ihres Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Hauptwohnsitz ununterbrochen seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist nicht zulässig; für Ehegatten von EWR-Bürgern gilt dies nur, wenn sie mehr als die Hälfte der Zeit mit einem EWR-Bürger verheiratet waren."
Für die Anwendbarkeit des Aufenthaltsverbots-Verbots gemäß dem zweiten Satz dieser Bestimmung auf den Gatten einer österreichischen Staatsbürgerin kommt es nicht darauf an, wann der Ehegattin die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen worden ist (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 15. Juli 1999, B 137/99). Sollte der Beschwerdeführer daher seit mindestens zehn Jahren ununterbrochen seinen Hauptwohnsitz im Bundesgebiet haben - dazu ist die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts nicht erforderlich (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. Juni 2000, Zl. 98/01/0081) - und seit mehr als fünf Jahren mit der Frau, der nunmehr die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen worden ist, verheiratet sein, könnte derzeit gemäß § 48 Abs. 1 zweiter Satz FrG kein Aufenthaltsverbot über ihn verhängt werden. Diesfalls hätte die belangte Behörde nach dem oben 1. Gesagten auf Grund des erst nach Erlassung des Aufenthaltsverbotes eingetretenen Umstandes der Verleihung der Staatsbürgerschaft an die Gattin des Beschwerdeführers das Aufenthaltsverbot gemäß § 44 FrG aufzuheben gehabt.
2.2. Dies hat die belangte Behörde verkannt. Der angefochtene Bescheid enthält daher weder Feststellungen, aus denen zweifelsfrei abgeleitet werden kann, ob der Beschwerdeführer ununterbrochen seit mindestens zehn Jahren seinen Hauptwohnsitz im Bundesgebiet hat, noch Feststellungen über die Dauer der Ehe des Beschwerdeführers.
3. Auf Grund des aufgezeigten sekundären Verfahrensmangels war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil der pauschalierte Schriftsatzaufwandersatz im Zeitpunkt der Einbringung der Beschwerde gemäß der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994 nur S 12.500,-- (nunmehr nach der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001, EUR 908,--) und nicht wie begehrt S 15.000,-- betrug.
Wien, am 12. März 2002
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