VwGH 2001/18/0083

VwGH2001/18/00837.8.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bazil, über die Beschwerde des JO in Wien, geboren am 14. Februar 1984, vertreten durch Mag. Andreas Duensing, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schmerlingplatz 3, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 30. Jänner 2001, Zl. SD 744/00, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z7;
JWG 1989 §28 Abs1;
JWG 1989 §33;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z7;
JWG 1989 §28 Abs1;
JWG 1989 §33;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 30. Jänner 2001 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen von Sierra Leone, gemäß § 36 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Z. 7 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.

Der Beschwerdeführer sei angeblich am 28. Juni 1999 unter Zuhilfenahme eines Schleppers illegal in das Bundesgebiet gelangt.

Sein am 30. Juni 1999 gestellter Asylantrag sei am 28. September 1999 gemäß § 6 Asylgesetz 1997 - AsylG als offensichtlich unbegründet rechtskräftig abgewiesen worden. Das Bundesasylamt habe festgestellt, dass die Angaben des Beschwerdeführers zu seiner Herkunft nicht der Wahrheit entsprechen könnten. So sei er nicht in der Lage gewesen, grundlegende Fragen über seinen Heimatstaat richtig zu beantworten und die Sprache seiner behaupteten Volksgruppe zu sprechen. Dem Beschwerdeführer sei während des Asylverfahrens keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung im Sinn des § 19 Abs. 2 AsylG zuerkannt worden. Sein Aufenthalt im Bundesgebiet sei zur Gänze unrechtmäßig. Mit am 23. Dezember 1999 in Rechtskraft erwachsener Strafverfügung sei er wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet bestraft worden.

Auf Grund der behaupteten Minderjährigkeit sei dem Magistrat der Stadt Wien die Obsorge im Bereich der gesetzlichen Vertretung für den Beschwerdeführer übertragen worden. Seither befinde sich der Beschwerdeführer in einer Jugendwohlfahrtseinrichtung, wo ihm Nahrungsmittel, Hygieneartikel, Kleidung und Taschengeld zur Verfügung gestellt würden. Dieser Umstand könne jedoch an seiner Mittellosigkeit nichts ändern. Die dem Beschwerdeführer zukommenden Jugendwohlfahrtsmaßnahmen stellten keinen durchsetzbaren Rechtsanspruch auf Gewährung der erforderlichen Unterhaltsmittel dar. Jedenfalls könnten die Leistungen des Jugendwohlfahrtsträgers die erforderlichen Unterhaltsmittel nicht substituieren. Zweifellos sei daher der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG verwirklicht. Auf Grund der Mittellosigkeit des Beschwerdeführers und seines unrechtmäßigen Aufenthaltes werde die öffentliche Ordnung in erheblichem Ausmaß beeinträchtigt, sodass die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei.

Der Beschwerdeführer sei ledig und habe keine Sorgepflichten. Familiäre Bindungen bestünden im Bundesgebiet nicht. Das Aufenthaltsverbot sei daher nicht mit einem Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers verbunden. Eine Überprüfung der Zulässigkeit dieser Maßnahme im Grund des § 37 Abs. 1 und Abs. 2 FrG sei daher nicht durchzuführen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, der Sache nach inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Gemäß § 36 Abs. 1 FrG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen eine der in den Z. 1 und 2 dieser Bestimmung umschriebenen Annahmen gerechtfertigt ist.

Gemäß § 36 Abs. 2 FrG hat als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder (Z. 7) den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag, es sei denn, er wäre rechtmäßig zur Arbeitsaufnahme eingereicht und innerhalb des letzten Jahres im Inland mehr als sechs Monate einer erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen.

1.2. Der Beschwerdeführer bringt vor, dass er sich in "voller Erziehung" der Stadt Wien befinde und dem Jugendwohlfahrtsträger die Obsorge nicht nur im Bereich der gesetzlichen Vertretung, sondern auch im Bereich der Pflege und Erziehung zukomme. Der Jugendwohlfahrtsträger habe daher für seine Erziehung und sein Wohl zu sorgen. Es sei davon auszugehen, dass er dieser Verpflichtung auch nachkomme und "dieser Unterhaltsanspruch" durchsetzbar sei.

1.3. Gemäß § 28 Abs. 1 Jugendwohlfahrtsgesetz umfasst die volle Erziehung die Pflege und Erziehung des Minderjährigen in einer Pflegefamilie, bei Personen gemäß § 21 Abs. 2 leg. cit., in einem Heim, in einer sonstigen Einrichtung oder durch nicht ortsfeste Formen der Pädagogik, sofern der Jugendwohlfahrtsträger mit der Pflege und Erziehung zur Gänze betraut wurde.

Anders als der Beschwerdeführer offenbar meint, ist damit kein (privatrechtlicher) Unterhaltsanspruch gegenüber dem Jugendwohlfahrtsträger verbunden. Vielmehr haben gemäß § 33 erster Satz Jugendwohlfahrtsgesetz der Minderjährige und seine nach bürgerlichem Recht Unterhaltspflichtigen die Kosten der vollen Erziehung zu tragen und gegebenenfalls rückwirkend für drei Jahre zu ersetzen, soweit sie nach ihren Lebensverhältnissen dazu im Stande sind. Aus öffentlichen Mitteln werden die Kosten der "vollen Erziehung" somit nur getragen, wenn und so weit der Minderjährige und seine Unterhaltspflichtigen dazu nicht in der Lage sind, wenn also weder der Minderjährige selbst noch seine Unterhaltspflichtigen die Mittel zur Bestreitung seines Unterhaltes besitzen. Mit seiner Behauptung, im Rahmen der vollen Erziehung aus öffentlichen Mitteln unterhalten zu werden, bestätigt somit der Beschwerdeführer die Richtigkeit der Auffassung der belangten Behörde, der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG sei erfüllt. (Vgl. dazu auch die ständige hg. Judikatur, wonach Leistungen aus der Sozialhilfe keine eigenen Unterhaltsmittel darstellen; etwa die zu § 18 Abs. 2 Z. 7 FrG 1992 ergangenen Erkenntnisse vom 8. September 1994, Zl. 94/18/0363 und 94/18/0484.)

1.4. Der Beschwerdeführer bringt vor, die Behörde habe es unterlassen, seinen gesetzlichen Vertreter vom Ergebnis des Beweisverfahrens zu informieren. Überdies habe sie den Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt. Ohne diese Verfahrensfehler wäre hervorgekommen, dass dem Jugendwohlfahrtsträger - im Rahmen der "vollen Erziehung" - auch Pflege und Erziehung übertragen worden seien.

Im Hinblick auf die obigen Ausführungen (1.3.) tut der Beschwerdeführer damit die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensmängel nicht dar.

2. Aus der Mittellosigkeit des Beschwerdeführers resultiert die Gefahr der illegalen Mittelbeschaffung und der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft. Darüber hinaus beeinträchtigt der Beschwerdeführer durch seinen zur Gänze unberechtigten Aufenthalt, den er trotz diesbezüglicher Bestrafung aufrecht gehalten hat, das große öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens. Im Hinblick auf dieses gesamte Fehlverhalten begegnet die Ansicht der belangten Behörde, die in § 36 Abs. 1 umschriebene Annahme sei gerechtfertigt, keinen Bedenken.

3. Im Hinblick auf das unstrittige Fehlen von familiären Bindungen im Bundesgebiet und die kurze Dauer des gesamten - zur Gänze rechtswidrigen - inländischen Aufenthaltes begegnet die nicht bekämpfte Ansicht der belangten Behörde, das Aufenthaltsverbot sei mit keinem Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers verbunden, weshalb sich eine Prüfung der Zulässigkeit dieser Maßnahme im Grund des § 37 Abs. 1 und Abs. 2 FrG erübrige, keinen Bedenken.

4. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Wien, am 7. August 2001

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