VwGH 2001/17/0203

VwGH2001/17/020328.1.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der Stadtgemeinde Kirchdorf an der Krems, vertreten durch Dr. Otto Hauck, Rechtsanwalt in 4560 Kirchdorf an der Krems, Dietlstraße 8, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 25. Oktober 2001, Zl. Gem-524227/2-2001- Keh/Wö, betreffend Vorstellung i.A. eines Antrages auf Bruchteilsfestsetzung der Anzeigenabgabe (mitbeteiligte Partei:

O GmbH & Co KG in Linz), zu Recht erkannt:

Normen

AnzeigenabgabeG OÖ §1 Abs2 lita;
AnzeigenabgabeG OÖ §2 Abs3 lita;
AnzeigenabgabeG OÖ §1 Abs2 lita;
AnzeigenabgabeG OÖ §2 Abs3 lita;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der vorliegenden Beschwerde und den ihr angeschlossenen Beilagen ergibt sich folgender Sachverhalt:

Mit Schreiben vom 27. Jänner 2000 beantragte die Mitbeteiligte beim Bürgermeister der beschwerdeführenden Stadtgemeinde die Bruchteilsfestsetzung der Anzeigenabgabe für ein näher genanntes Druckwerk. In der Begründung dieses Antrages wurde ausgeführt, der Abgabentatbestand der erstmaligen Verbreitung dieses Druckwerkes sei auch in der Marktgemeinde Micheldorf erfüllt.

Der Bürgermeister der beschwerdeführenden Stadtgemeinde wies diesen Antrag mit Bescheid vom 5. Dezember 2000 mit der Begründung ab, nur die beschwerdeführende Stadtgemeinde sei gemäß § 2 Abs. 3 lit. a des Oberösterreichischen Anzeigenabgabengesetzes, LGBl. Nr. 17/1952 in der Fassung LGBl. Nr. 30/1984 (im Folgenden: Oö AnzAbgG), als Erscheinungsort dieses Druckwerkes aufzufassen. Letzteres werde seinen Lesern auf drei Arten zugänglich gemacht, nämlich durch Hauszustellung, durch Postzustellung und durch Verschleiß in Trafiken bzw. Geschäften. Die erstmalige Zustellung sei die Hauszustellung, welche ausschließlich im Gebiet der beschwerdeführenden Stadtgemeinde durchgeführt werde. Sie sei zu dem Zeitpunkt, in dem die beiden anderen Verbreitungsarten vorgenommen würden, bereits abgeschlossen. Die erstmalige Verbreitung erfolge daher ausschließlich in der beschwerdeführenden Stadtgemeinde.

Die Mitbeteiligte erhob Berufung.

Mit Bescheid des Gemeinderates der beschwerdeführenden Stadtgemeinde vom 16. Mai 2001 wurde diese Berufung als unbegründet abgewiesen. Die Berufungsbehörde teilte die Rechtsauffassung der erstinstanzlichen Behörde.

Gegen diesen Bescheid erhob die Mitbeteiligte Vorstellung an die belangte Behörde. Es treffe zu, dass die Verbreitung des Druckwerkes im Wege der drei von der erstinstanzlichen Abgabenbehörde geschilderten Arten erfolge. Dies hindere jedoch ein erstmaliges Erscheinen des Druckwerkes in der Marktgemeinde Micheldorf nicht, weil nach Art und Umfang der Verbreitung übliche Zeitdifferenzen außer Acht zu lassen seien. Bei einer wöchentlich einmal erscheinenden Zeitung, die jedenfalls an einem Tag dem Zielpublikum zugänglich gemacht werde, könne von einer gleichzeitigen Verbreitung gesprochen werden.

Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 25. Oktober 2001 gab diese der Vorstellung der Mitbeteiligten Folge, hob den Bescheid des Gemeinderates der beschwerdeführenden Stadtgemeinde vom 16. Mai 2001 auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die beschwerdeführende Stadtgemeinde.

Begründend führte die belangte Behörde aus, der Aktenlage zufolge werde das in Rede stehende Druckwerk an einem bestimmten Tag der Woche auf drei Arten verteilt, nämlich durch Hauszustellung, durch Postzustellung sowie durch Trafiken und Geschäfte. Betroffen seien jedenfalls die Gebiete der beschwerdeführenden Stadtgemeinde sowie der Marktgemeinde Micheldorf. Gemäß § 2 Abs. 2 Oö AnzAbgG sei jene Gemeinde zur Einhebung der Anzeigenabgabe berechtigt, in der die Verbreitung des Druckwerkes erstmalig erfolge. Bei einer - unter Berücksichtigung der üblichen Zeitdifferenzen nahezu - gleichzeitigen Zugänglichmachung eines Druckwerkes in verschiedenen Gemeinden werde die Anzeigenabgabepflicht in jeder von ihnen ausgelöst. Ein solcher Fall liege hier vor. Wie ergänzende Erhebungen ergeben hätten, sei der Verteilungstag des in Rede stehenden Druckwerkes jeweils der Donnerstag. Die Zustellung beginne um 3.00 Uhr und ende um 6.00 Uhr; der Verkauf beginne um 7.00 Uhr. Wenn auch die Hauszustellung, welche nur in der beschwerdeführenden Stadtgemeinde durchgeführt werde, zu dem Zeitpunkt, zu dem die beiden anderen Verbreitungsarten vorgenommen würden, bereits abgeschlossen sei, so könne dennoch - weil übliche Zeitdifferenzen (hier vier Stunden) außer Acht zu lassen seien - davon ausgegangen werden, dass die Verbreitung des Druckwerkes sowohl in der beschwerdeführenden Stadtgemeinde als auch in der Marktgemeinde Micheldorf gleichzeitig erfolge. Die Voraussetzungen für eine Bruchteilsfestsetzung im Sinne des § 4 Abs. 5 Oö AnzAbgG seien erfüllt. Dadurch, dass der Gemeinderat der beschwerdeführenden Stadtgemeinde die erstinstanzliche Abweisung des Antrages auf Bruchteilsfestsetzung bestätigt habe, sei die Mitbeteiligte in Rechten verletzt worden, weshalb der angefochtene Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die beschwerdeführende Stadtgemeinde zurückzuverweisen gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die beschwerdeführende Stadtgemeinde erachtet sich in ihrem Recht "auf ungeteilte Zuteilung der Anzeigenabgabe" für die Verbreitung des in Rede stehenden Druckwerkes verletzt. Sie macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes mit dem Antrag geltend, den angefochtenen Bescheid aus diesem Grunde aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Das Oö AnzAbgG trat am 1. Juni 2000 außer Kraft. § 1, § 2 und § 4 Abs. 5 Oö AnzAbgG in der im Beschwerdefall

maßgeblichen Fassung der Novelle LGBl. Nr. 30/1984 lauteten (auszugsweise):

"§ 1.

Ermächtigung zur Einhebung der Abgabe.

(1) Die Gemeinden sind ermächtigt, eine Abgabe für die entgeltliche Veröffentlichung oder Verbreitung von Anzeigen in Druckwerken und für die entgeltliche Verbreitung von Anzeigen mittels Lautsprecher an öffentlichen Orten oder durch den Rundfunk nach den Bestimmungen dieses Gesetzes einzuheben.

(2) Abgabenberechtigt ist die Gemeinde,

a) die Erscheinungsort des Druckwerkes ist;

...

§ 2.

Gegenstand der Abgabe.

...

(3) Erscheinungsort im Sinne des § 1 Abs. 2 lit. a ist

a) die Gemeinde, in der die Verbreitung des

Druckwerkes erstmalig erfolgt;

b) wenn lit. a im Wirkungsbereich dieses Gesetzes nicht zutrifft, die Gemeinde, in welcher der die Verbreitung besorgende Unternehmer (Verleger) seinen Standort hat;

c) wenn lit. a und b im Wirkungsbereich dieses Gesetzes nicht zutreffen, die Gemeinde, in welcher die verwaltende Tätigkeit des die Veröffentlichung oder Verbreitung besorgenden Unternehmers vorwiegend ausgeübt wird.

...

§ 4.

Ausmaß und Berechnung der Abgabe.

...

(5) Weist der Abgabenschuldner innerhalb der Verjährungszeit nach, wegen der gleichen Anzeige auf Grund eines Tatbestandes, der einem der Tatbestände des § 2 entspricht, auch gegenüber anderen inländischen Gebietskörperschaften abgabepflichtig zu sein, so ist die Abgabe mit dem der Anzahl der einhebungsberechtigten Gebietskörperschaften entsprechenden Bruchteil festzusetzen. Die Abgabebehörde hat die anderen einhebungsberechtigten Gebietskörperschaften hievon zu benachrichtigen."

Art. I und Art. II des Landesgesetzes, mit dem das Gemeinde-Getränkesteuergesetz, das Ankündigungsabgabe-Gesetz und das Anzeigenabgabe-Gesetz aufgehoben werden, LGBl. Nr. 4/2001, lauten (auszugsweise):

"Artikel I

...

3. Das Anzeigenabgabe-Gesetz, LGBl. Nr. 17/1952, zuletzt geändert durch das Landesgesetz LGBl. Nr. 30/1984, wird aufgehoben.

Artikel II

...

  1. 2. Art. I Z. 2 und 3 treten mit 1. Juni 2000 in Kraft.
  2. 3. Die im Art. I angeführten Landesgesetze sind auf Sachverhalte, die sich vor dem Außerkrafttreten des auf sie jeweils anzuwendenden Landesgesetzes ereignet haben, weiterhin anzuwenden."

    Da sich der gegenständliche Bruchteilsfestsetzungsantrag notwendigerweise auf Abgabenansprüche bezieht, welche während der Geltungsdauer des Oö AnzAbgG entstanden sind, bietet § 4 Abs. 5 Oö AnzAbgG in Verbindung mit Art. II Z 3 des Gesetzes LGBl. Nr. 4/2001 auch nach Außerkrafttreten des Oö AnzAbgG am 1. Juni 2000 eine Rechtsgrundlage für die Entscheidung über den Bruchteilsfestsetzungsantrag der Mitbeteiligten vom 27. Jänner 2000.

    Die beschwerdeführende Stadtgemeinde vertritt die Auffassung, die Abweisung des Bruchteilsfestsetzungsantrages durch ihren Gemeinderat sei aus dem Grunde des § 4 Abs. 5 Oö AnzAbgG zu Recht erfolgt, weil es an der dort umschriebenen Voraussetzung einer Abgabepflicht der Mitbeteiligten gegenüber einer inländischen Gebietskörperschaft, insbesondere gegenüber der Marktgemeinde Micheldorf, gefehlt habe. Die erstmalige Verbreitung des in Rede stehenden Druckwerkes sei ausschließlich im Gebiet der beschwerdeführenden Stadtgemeinde erfolgt. Es sei nämlich zur Auslegung des Begriffes "erstmalige Verbreitung" zwischen den einzelnen Vertriebsformen genau zu differenzieren. Da aber die Vertriebsform der Hauszustellung ausschließlich in der beschwerdeführenden Stadtgemeinde, nicht aber in der Marktgemeinde Micheldorf durchgeführt werde, sei die erstmalige Verbreitung durch den Abschluss der Hauszustellung schon abgeschlossen und daher nur die beschwerdeführende Stadtgemeinde hebeberechtigt.

    Dieser Rechtsauffassung schließt sich der Verwaltungsgerichtshof nicht an:

    Gemäß § 1 Abs. 1 Oö AnzAbgG sind die Gemeinden ermächtigt, eine Abgabe für die entgeltliche Veröffentlichung oder Verbreitung von Anzeigen u.a. in Druckwerken einzuheben. § 2 Abs. 1 Oö AnzAbgG umschreibt zunächst den Gegenstand der Abgabe dahingehend, dass ihr die entgeltliche Veröffentlichung oder Verbreitung von Anzeigen in Druckwerken unterliege. Der primäre Abgabentatbestand hinsichtlich der Verbreitung von Anzeigen in Druckwerken ist dem § 1 Abs. 2 lit. a in Verbindung mit § 2 Abs. 3 lit. a Oö AnzAbgG zu entnehmen. Er ist verwirklicht, sobald das die Anzeige enthaltende Druckwerk erstmalig verbreitet wird (die Abgabentatbestände des § 1 Abs. 2 lit. a in Verbindung mit § 2 Abs. 3 lit. b und c Oö AnzAbgG gelten bloß subsidiär). Erhebungsberechtigt ist diejenige Gemeinde, in welcher die Verbreitung erstmalig erfolgt. Dabei ist der Ort, in dem die Verbreitung erfolgt, jener Ort, in welchem die Verbreitung ihr Ziel findet, das Druckwerk also einem größeren Personenkreis zugänglich wird. Hiebei bedeutet der Begriff "erstmalig" nicht "zuerst", sondern "auf einmal", weswegen es darauf ankommt, dass eine Anzahl von Exemplaren eines bestimmten Druckwerkes, welches bis dahin nicht einem größeren Personenkreis zugänglich war, einem größeren Personenkreis zugänglich gemacht wird. Die nach der Art und dem Umfang der Verbreitung üblichen Zeitdifferenzen haben außer Betracht zu bleiben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Juni 1986, Zl. 84/17/0173).

    In dem eben zitierten Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass bei einem jährlich erscheinenden Druckwerk eine für die Frage der erstmaligen Verbreitung desselben übliche Zeitdifferenz vorliegt, auch wenn sich die Verbreitung aus rein manipulativen Gründen über einen Zeitraum von zwei bis drei Wochen hingezogen hat.

    Nach den unbestrittenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid lagen vorliegendenfalls zwischen dem Beginn der Hauszustellung des wöchentlich erscheinenden gegenständlichen Druckwerkes im Gebiet der beschwerdeführenden Stadtgemeinde und dem Beginn seiner Verbreitung auch im Gebiet der Marktgemeinde Micheldorf durch Postzustellung und Verschleiß vier Stunden.

    Der Verwaltungsgerichtshof vermag der belangten Behörde nicht entgegen zu treten, wenn sie die Auffassung vertrat, bei dieser Zeitdifferenz handle es sich um eine solche, die nach der Art und dem Umfang der Verbreitung üblich sei:

    Im Gegensatz zur Auffassung der beschwerdeführenden Stadtgemeinde ist nämlich in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem verschiedene Arten der Verbreitung gewählt werden, dennoch von einem einheitlichen Verbreitungsvorgang auszugehen. Die "Art" dieser Verbreitung ist dann eben dadurch gekennzeichnet, dass sie über verschiedene Verbreitungskanäle erfolgt. Die Prüfung der Üblichkeit der Zeitdifferenzen im Verständnis der Vorjudikatur ist hier also einerseits unter Berücksichtigung des Umfanges der Verbreitung sowie andererseits unter Berücksichtigung der gewählten Art der Verbreitung über verschiedene Vertriebskanäle zu prüfen.

    Im Hinblick auf die hier festgestellte Art der Verbreitung erscheinen die in Rede stehenden Zeitdifferenzen als üblich. Umstände, die diese Zeitdifferenzen im Hinblick auf den Umfang der Verbreitung des gegenständlichen Druckwerkes, bei dem es sich nach dem Beschwerdevorbringen um eine Regionalzeitung handelt, unüblich erscheinen ließen, sind nicht erkennbar und werden von der beschwerdeführenden Stadtgemeinde auch nicht dargelegt.

    Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die von der beschwerdeführenden Stadtgemeinde behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

    Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

    Wien, am 28. Jänner 2002

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