VwGH 2001/16/0030

VwGH2001/16/003028.6.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde der S GmbH in W, vertreten durch Mag. Wolfgang Ilgenfritz, Wirtschaftsprüfer in 9500 Villach, Haydnstraße 5, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 5. Dezember 2000, Zl. IVW3-BE-3171001/004-99, betreffend Getränkesteuer (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde G, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

BAO §215;
BAO §239;
B-VG Art119a Abs5;
GdO NÖ 1973 §61 Abs4;
LAO NÖ 1977 §163 Abs1;
LAO NÖ 1977 §163 Abs2;
LAO NÖ 1977 §186;
VwRallg;
BAO §215;
BAO §239;
B-VG Art119a Abs5;
GdO NÖ 1973 §61 Abs4;
LAO NÖ 1977 §163 Abs1;
LAO NÖ 1977 §163 Abs2;
LAO NÖ 1977 §186;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 25. September 1998 wies der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde den Antrag der Beschwerdeführerin auf bescheidmäßige Festsetzung der Getränkesteuer für Jänner 1996 bis Juli 1998 als unbegründet ab. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, die Getränke- und Speiseeissteuer habe nicht den Charakter einer Umsatzsteuer im Sinne des Artikels 33 der

6. Mehrwertsteuerrichtlinie und bei der Getränkesteuer handle es sich um keine Verbrauchssteuer, sodass insbesondere auch der Artikel 3 der Systemrichtlinie nicht anzuwenden sei.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung.

Mit Bescheid vom 18. Jänner 1999 gab der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde der Berufung keine Folge und bestätigte den angefochtenen Bescheid.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Vorstellung und beantragte die Aussetzung der Entscheidung durch die Vorstellungsbehörde.

Mit Bescheid vom 9. April 1999 setzte die belangte Behörde die Entscheidung über die Vorstellung der Beschwerdeführerin bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über die zu Zl. 97/16/0215 protokollierte Beschwerde aus.

Mit Bescheid vom 5. Dezember 2000 gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid der Vorstellung Folge, behob den bekämpften Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die mitbeteiligte Marktgemeinde. Dies mit der Begründung, mit dem Urteil des EuGH vom 9. März 2000, Rs C-437/97 , sei entschieden worden, dass Artikel 3 Abs. 2 der Richtlinie 92/12/EWG des Rates (Systemrichtlinie) der Beibehaltung einer auf alkoholische Getränke erhobenen Steuer wie der österreichischen Getränkesteuer auf alkoholische Getränke entgegenstehe. Dies bedeute, die Getränkesteuer auf alkoholische Getränke widerspreche dem Gemeinschaftsrecht und die Getränkesteuer auf nicht alkoholische Getränke und Speiseeis sei gemeinschaftsrechtskonform. Mit dem genannten Urteil des EuGH sei weiter entschieden worden, dass Rückzahlungsansprüche hinsichtlich der vor dem 9. März 2000 entrichteten oder fällig gewordenen Getränkesteuer auf alkoholische Getränke nur derjenige geltend machen könne, der vor diesem Zeitpunkt Klage erhoben oder einen entsprechenden Rechtsbehelf eingelegt habe. Da die Beschwerdeführerin vor dem 9. März 2000 einen Rechtsbehelf eingelegt habe, erweise sich die Bestätigung der Abweisung des Festsetzungsantrages durch den Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde insofern als rechtswidrig, als hinsichtlich der alkoholischen Getränke das NÖ Getränke- und Speiseeissteuergesetz 1992 durch entgegenstehendes Gemeinschaftsrecht verdrängt worden sei, weshalb die Getränkesteuer auf alkoholische Getränke für den im Spruch genannten Zeitraum mit Null festzusetzen gewesen wäre. Durch den angefochtenen Bescheid seien daher subjektiv-öffentliche Rechte der Beschwerdeführerin verletzt worden. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 25. November 1999, Zl. 96/16/0173, dargelegt habe, liege ein Verstoß gegen Artikel 14 des EWR-Abkommens nicht vor. Für die Entscheidung der Vorstellungsbehörde sei jene Sach- und Rechtslage maßgeblich, die zum Zeitpunkt des letztinstanzlichen gemeindebehördlichen Bescheides bestanden habe. Maßstab für die Beurteilung, ob durch den angefochtenen Bescheid subjektiv-öffentliche Rechte verletzt worden seien, sei daher die im Zeitpunkt der Erlassung dieses Bescheides geltende Rechtslage. Dies gelte auch für den Fall, dass das die Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides bildende Gesetz nach der Erlassung dieses Bescheides mit rückwirkender Kraft bezogen auf einen vor Erlassung des Bescheides gelegenen Zeitpunkt geändert werde. Mit der 6. Novelle zur NÖ Abgabenordnung sei § 186a in die NÖ Abgabenordnung eingefügt worden. Die Kundmachung sei erst nach Erlassung des angefochtenen Bescheides am 31. Jänner 2000 im Landesgesetzblatt erfolgt. Diese Bestimmung sei rückwirkend mit dem Tag der Beschlussfassung im Landtag in Kraft gesetzt worden und finde auch auf davor entstandene Abgabenschuldverhältnisse Anwendung. Zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides sei § 186a NÖ Abgabenordnung aber noch nicht in Geltung gestanden und habe daher von der Abgabenbehörde zweiter Instanz bei ihrer Entscheidung nicht angewendet werden können. Da die Vorstellungsbehörde nicht in der Sache selbst, sondern nur kassatorisch zu entscheiden habe, könne sie die Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte durch einen angefochtenen Bescheid nur anhand der von der Abgabenbehörde zweiter Instanz anzuwendenden Rechtslage überprüfen. § 186a NÖ Abgabenordnung sei von der Abgabenbehörde zweiter Instanz bei Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht anzuwenden gewesen und könne daher auch für die Entscheidung der belangten Behörde nicht präjudiziell sein.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Rückzahlung der in diesem Zeitraum auf alkoholische Getränke zu Unrecht entrichteten Getränkesteuer nach § 186 und § 186a NÖ Abgabenordnung für den Zeitraum Jänner 1996 bis Juli 1998 verletzt.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 61 NÖ Gemeindeordnung kann, wer durch den Bescheid eines Gemeindeorganes in den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, nach Erschöpfung des Instanzenzuges innerhalb von zwei Wochen, von der Zustellung des Bescheides an gerechnet, dagegen eine mit einem begründeten Antrag versehene Vorstellung bei der Aufsichtsbehörde erheben.

Die Aufsichtsbehörde hat gemäß § 61 Abs. 4 NÖ Gemeindeordnung den Bescheid, wenn durch ihn Rechte des Einschreiters verletzt werden, aufzuheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zu verweisen.

Aus dem Umstand, dass im Fall einer Verletzung der subjektiven Rechte des Vorstellungswerbers der gemeindebehördliche Bescheid nur aufgehoben werden kann, folgt, dass die Vorstellung die Aufsichtsbehörde nur zu einer Rechtmäßigkeitskontrolle berechtigt. Dabei ist die Rechtmäßigkeit des Bescheides des obersten Gemeindeorgans an der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seiner Erlassung zu messen (vgl. hg. Erkenntnis vom 28. September 2000, Zl. 2000/16/0338).

Im Beschwerdefall wurde der Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 18. Jänner 1999 am 22. Jänner 1999 zugestellt. Die Vorstellungsbehörde hatte die Rechtmäßigkeit dieses Bescheides anhand der in diesem Zeitpunkt in Kraft gestandenen Rechtslage zu prüfen.

Die Vorschreibung der Getränkesteuer auf alkoholische Getränke war auf Basis der Systemrichtlinie rechtswidrig und die Beschwerdeführerin hatte einen Rechtsbehelf vor Erlass des Urteils des EuGH vom 9. März 2000, Rs C-437/97 , eingebracht. Die Vorschreibung der Getränkesteuer war im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde rechtswidrig und daher von der belangten Behörde mit Recht aufzuheben.

Nach § 186 Abs. 1 NÖ Abgabenordnung kann die Rückzahlung von Guthaben (§ 163 Abs. 2 NÖ Abgabenordnung) auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen erfolgen.

Gemäß § 163 Abs. 1 NÖ Abgabenordnung sind Guthaben des Abgabepflichtigen zur Tilgung fälliger Schuldigkeiten zu verwenden.

Nach § 163 Abs. 2 NÖ Abgabenordnung sind, soweit Guthaben nicht gemäß Abs. 1 zu verwenden sind, nach Maßgabe der Bestimmungen des § 186 NÖ Abgabenordnung zurückzuzahlen.

Ein Guthaben entsteht, wenn auf einem Abgabenkonto die Summe der Gutschriften (Zahlungen, sonstige Gutschriften) die Summe der Lastschriften übersteigt. Maßgeblich sind die tatsächlich durchgeführten Gutschriften (Lastschriften) und nicht diejenigen, die nach Meinung des Abgabepflichtigen durchgeführt hätten werden müssen (Ritz, Bundesabgabenordnung-Kommentar2, Rz 1 zu § 215 BAO). Da mit dem Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde die Berufung gegen den Bescheid erster Instanz abgewiesen wurde, erfolgte auch keine Gutschrift der Getränkesteuer auf dem Abgabenkonto, sodass ein Guthaben durch eine solche Getränkesteuergutschrift gar nicht entstanden ist. Eine Rückzahlung nach § 186 NÖ Abgabenordnung war daher ausgeschlossen. Die belangte Behörde versagte daher mit Recht eine solche Zurückzahlung.

Mit der am 31. Jänner 2000 kundgemachten 6. Novelle zur NÖ Abgabenordnung wurde § 186a in die NÖ Abgabenordnung eingefügt. Zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde im Jänner 1999 stand diese Bestimmung noch nicht in Kraft und konnte daher vom Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde in diesem Zeitpunkt auch nicht angewendet werden. Da die Rechtmäßigkeit des Bescheides des obersten Gemeindeorgans an der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seiner Erlassung zu messen ist, konnte diese Bestimmung bei der kassatorischen Entscheidung der belangten Behörde entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin keine Berücksichtigung finden. Die belangte Behörde ist im Recht, wenn sie die Ansicht vertritt, dass erst im fortgesetzten Verfahren § 186a NÖ Abgabenordnung bei der Entscheidung der Abgabenbehörden anzuwenden sein wird.

Aus diesen Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, sodass sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Auf Basis der zitierten Rechtsprechung konnte die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 28. Juni 2001

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte