VwGH 2001/15/0197

VwGH2001/15/019716.12.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Reinisch, über die Beschwerde des Univ.-Prof. Dr. D in G, vertreten durch Dr. Wolfram Themmer, Dr. Martin Prunbauer und Dr. Josef Toth, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Biberstraße 15, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 13. September 2001, RV/188-17/02/2001, betreffend Einkommensteuer 1999, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1988 §20 Abs1 Z2 litd;
EStG 1988 §20 Abs1 Z2 litd;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Universitätsprofessor für Anglistik.

Mit dem angefochtenen Bescheid setzte die belangte Behörde im Instanzenzug die Einkommensteuer 1999 fest und wich dabei von der Einkommensteuererklärung ab, da es die im Zusammenhang mit einem häuslichen Arbeitszimmer geltend gemachten Aufwendungen nicht anerkannte. Der Beschwerdeführer habe vorgebracht, das Arbeitszimmer diene der Durchführung von Forschungsarbeiten im weitesten Sinn und damit auch der Vorbereitung von Lehrveranstaltungen und der Korrektur von Arbeiten der Studenten. Es enthalte eine umfangreiche Fachbibliothek (ca 2000 Fachbücher und Fachzeitschriften) sowie wissenschaftliche Aufzeichnungen. Die Fachliteratur könne aus Platzgründen nicht im Dienstzimmer an der Universität aufgestellt werden. Das UOG verpflichte den Universitätsprofessor zu Forschung und Lehre. Der Großteil der eigentlichen wissenschaftlichen Arbeit erfolge am Abend und am Wochenende und könne nur im häuslichen Arbeitszimmer durchgeführt werden, wo die notwendige Literatur unmittelbar greifbar sei. Das Dienstzimmer (an der Universität) werde ausschließlich für Sprechstunden, Institutsverwaltung sowie für die Ausübung der Funktion bei einer wissenschaftlichen Gesellschaft verwendet, nicht aber für Zwecke der Forschung und der Vorbereitung von Lehrveranstaltungen; dieser Umstand könne vom Institutspersonal bezeugt werden.

Das Finanzamt habe die Aufwendungen für das Arbeitszimmer nicht anerkannt, weil der Mittelpunkt der Berufstätigkeit eines Universitätsprofessors nicht im Arbeitszimmer gelegen sei.

In der Berufung habe der Beschwerdeführer betont, es sei auf die jeweilige Fachrichtung des Universitätsprofessors abzustellen und der jeweilige Einzelfall zu prüfen. Für Geisteswissenschafter müssten die Unterlagen unmittelbar zugänglich sein. Im Mittelpunkt der Tätigkeit eines Universitätsprofessors stehe die Forschung. Die Forschung sei bei Philologen nicht ohne Bücher und schriftliche Unterlagen durchführbar. Wenn nicht jederzeit auf die schriftlichen Unterlagen zurückgegriffen werden könne, sei eine sinnvolle Forschungsarbeit - und somit auch die daraus abgeleitete Lehrtätigkeit - nicht möglich. Die schriftlichen Unterlagen für die Forschungstätigkeit befänden sich - auch wegen des Platzmangels im Dienstzimmer an der Universität - im häuslichen Arbeitszimmer. Zu beachten sei auch, dass die Anfahrt zur Universität ca 40 Minuten dauere. Das sei für Abend- und Wochenendarbeit schlicht unzumutbar. Der Beschwerdeführer erbringe seine Arbeitsleistung überwiegend im Arbeitszimmer.

Nach Ansicht der belangten Behörde seien die in § 20 Abs 1 Z 2 lit d EStG 1988 idF Strukturanpassungsgesetz 1996 normierten Voraussetzungen für die Absetzbarkeit eines Arbeitszimmers nicht erfüllt. Entscheidend sei, ob nach der Verkehrsauffassung das Arbeitszimmer der Tätigkeitmittelpunkt des Steuerpflichtigen sei. Der Beschwerdeführer erziele als Universitätsprofessor Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Das Berufsbild eines Hochschullehrers sei durch die außerhalb des Arbeitszimmers ausgeübte Tätigkeitskomponente geprägt. Die das Berufsbild des Hochschullehrers bestimmende Tätigkeitskomponente liege im Weitergeben von Wissen und Können an Studierende in den Räumlichkeiten der Universität. Die Vor- und Nachbereitungsarbeiten zu Lehrveranstaltungen hätten keinen Einfluss auf den Mittelpunkt der Tätigkeit.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Nach § 20 Abs 1 Z 2 lit d EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden Aufwendungen oder Ausgaben für ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer und dessen Einrichtung sowie für Einrichtungsgegenstände der Wohnung. Bildet ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen, sind die darauf entfallenden Aufwendungen und Ausgaben einschließlich der Kosten seiner Einrichtung abzugsfähig.

Strittig ist, ob das im Wohnungsverband gelegene Arbeitszimmer des Beschwerdeführers den Mittelpunkt seiner Tätigkeit als Universitätsprofessor gebildet hat. Der Beschwerdeführer wendet ein, der zentrale Teil seiner Tätigkeit liege in der Forschung. Seine Forschungstätigkeit als Philologe werde im häuslichen Arbeitszimmer ausgeübt. Die Lehrtätigkeit (an der Universität) sei lediglich Folge seiner Forschungstätigkeit.

Der Mittelpunkt einer Tätigkeit iSd § 20 Abs 1 Z 2 lit d EStG ist nach dem materiellen Schwerpunkt der Tätigkeit zu beurteilen; nur in Zweifelsfällen ist darauf abzustellen, ob das Arbeitszimmer in zeitlicher Hinsicht für mehr als die Hälfte der Tätigkeit im Rahmen der konkreten Einkunftsquelle benützt wird (vgl das hg. Erkenntnis vom 28. November 2000, 99/14/0008).

Es kann dahingestellt bleiben, ob bei der Tätigkeit eines Universitätsprofessors die Forschung oder die Lehre im Vordergrund steht. Die Tätigkeit des Universitätsprofessors ist jedenfalls durch beide Bereiche (Forschung und Lehre) geprägt.

Der belangten Behörde kann nicht entgegengetreten werden, wenn sie zum Ergebnis gelangte ist, dass der materielle Schwerpunkt einer solchen Tätigkeit nicht im häuslichen Arbeitszimmer gelegen ist. Nach der allgemeinen Verkehrsauffassung ist der materielle Schwerpunkt der die Forschung und die Lehre umfassenden Gesamt-Tätigkeit eines Universitätsprofessors (auch auf dem vom Beschwerdeführer betreuten Fach) im Bereich der Universität gelegen. Daran ändert nichts, dass Professoren auch am Abend und an Wochenenden arbeiten, die Fahrt zur Universität eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt und schriftliche Unterlagen der beruflichen Tätigkeit in der privaten Wohnung aufbewahrt werden.

Überdies ist zu beachten, dass Aufwendungen für ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer nach den von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien - abgesehen von den in § 20 Abs. 1 Z 2 lit. d EStG normierten Voraussetzungen - nur dann anzuerkennen sind, wenn ein Arbeitszimmer nach der Art der Tätigkeit des Steuerpflichtigen notwendig ist sowie der zum Arbeitszimmer bestimmte Raum tatsächlich ausschließlich oder nahezu ausschließlich beruflich genutzt und auch entsprechend eingerichtet ist (vgl das hg Erkenntnis vom 24. April 2002, 98/13/0193).

Der Beschwerdeführer verfügt als Universitätsprofessor über ein jederzeit zugängliches Arbeitszimmer an der Universität. Die Möglichkeit der Benutzung dieses Arbeitszimmers steht der Notwendigkeit eines häuslichen Arbeitszimmers entgegen (vgl das hg Erkenntnis vom 7. Oktober 2003, 99/15/0203), zumal der Beschwerdeführer nicht nachvollziehbar dargetan hat, dass es ihm nicht möglich wäre, seine Privatbibliothek und seine sonstigen schriftlichen Unterlagen im Universitätsbereich zu lagern. Der Benutzung des Dienstzimmers an der Universität steht auch nicht entgegen, dass die Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsort eine gewisse Zeit (hier ohnedies nur 40 Minuten) in Anspruch nimmt.

Die Beschwerde vermag auch keine Verletzung von Verfahrensvorschriften durch die belangte Behörde aufzuzeigen. Da es - wie oben dargestellt - für die Absetzbarkeit der in Rede stehenden Aufwendungen nicht darauf ankam, ob die "Tätigkeitskomponente der Lehrtätigkeit" jene der Forschung überwogen hat, brauchte die belangte Behörde zu dieser Frage keine Sachverhaltsfeststellungen treffen. Die belangte Behörde war - entgegen dem Beschwerdevorbringen - auch nicht gehalten, das Institutspersonal zu der Frage zu vernehmen, ob der Beschwerdeführer sein Dienstzimmer nicht für Zwecke der Forschung und der Vorbereitung von Lehrveranstaltungen verwendet, hängt doch weder der materielle Tätigkeitsmittelpunkt noch die Frage der Notwendigkeit des häuslichen Arbeitszimmers davon ab, ob der Beschwerdeführer freiwillig auf eine entsprechende Nutzung seines Dienstzimmers verzichtet hat.

Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl II 333/2003.

Wien, am 16. Dezember 2003

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