VwGH 2001/15/0067

VwGH2001/15/006725.4.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde der B GesmbH in M, vertreten durch Dr. Karl Zach, Rechtsanwalt in 1230 Wien, Haeckelstraße 10, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 24. Februar 2000, Zl. IVW3-BE-3171701/035-99, betreffend Kommunalsteuer für die Jahre 1995 und 1996, (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde Mödling, Pfarrgasse 9, 2340 Mödling) zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1988 §22 Z2;
KommStG 1993 §2;
EStG 1988 §22 Z2;
KommStG 1993 §2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 332 und der Stadtgemeinde Mödling Aufwendungen in der Höhe von EUR 908 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.

Begründung

Im Beschwerdefall ist die Vorschreibung von Kommunalsteuer für die Jahre 1995 und 1996 aus den dem zu 50 % an der Beschwerdeführerin beteiligten Geschäftsführer gewährten Vergütungen allein im Umfang der Frage strittig, ob die vom Gesellschafter-Geschäftsführer aus der Geschäftsführungstätigkeit bezogenen Vergütungen rechtlich als Einkünfte eines Dienstnehmers im Sinne des § 2 KommStG 1993 iVm § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 einzustufen waren.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird im Ergebnis die Auffassung vertreten, die Beschäftigung des Geschäftsführers der beschwerdeführenden Gesellschaft weise ungeachtet seiner Beteilung an der Gesellschaft mit Ausnahme der Weisungsgebundenheit sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 auf. Die Eingliederung in den betrieblichen Organismus ergebe sich daraus, dass der Geschäftsführer nach dessen Angaben in einer Niederschrift vom 5. August 1999 "auch viele administrative Tätigkeiten (Sekretariat, Buchhaltung, Lohnverrechnung) selbst verrichte". Das Fehlen eines Unternehmerrisikos ergebe sich daraus, dass der Geschäftsführer einen vom Unternehmenserfolg unabhängigen laufenden Bezug erhalte. Die Erfolgsunabhängigkeit des Bezuges sei vorliegend gegeben, weil die Gegenüberstellung von Geschäftsführerbezug und Gewinn in den maßgeblichen Jahren zeige, dass der Geschäftsführerbezug im fraglichen Zeitraum um 280.000 S gestiegen sei, während der Gewinn im gleichen Zeitraum um 161.648 S zurückgegangen sei. Der Geschäftsführer habe im Jahr 1995 400.000 S (sechs mal 30.000 S, vier mal 50.000 S und einmal 20.000 S) und im Jahr 1996 680.000 S (zehn mal 60.000 S und zweimal 40.000 S) als "Geschäftsführerhonorar" erhalten. Eine persönliche Bankhaftung des Gesellschafter-Geschäftsführers für die Projektfinanzierung der Beschwerdeführerin könne an der augenscheinlichen Erfolgsunabhängigkeit der Bezüge nichts ändern.

Den auch im Beschwerdefall vom Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG mit Beschluss vom 14. Dezember 2000 gestellten Antrag auf Aufhebung bestimmter, im gegenständlichen Fall zur Anwendung kommender, gesetzlicher Bestimmungen hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 14. März 2001, G 155/00 u. a., als unzulässig zurückgewiesen, weil er über die vorgetragenen Bedenken bereits in einem anderen Verfahren mit dem Erkenntnis vom 1. März 2001, G 109/00, entschieden hatte.

Zu der gegen den angefochtenen Bescheid erhobenen Beschwerde erstatteten die belangte Behörde und die mitbeteiligte Partei jeweils eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Erkenntnis vom 1. März 2001, G 109/00, hat der Verfassungsgerichtshof den Antrag des Verwaltungsgerichtshofes auf Aufhebung bestimmter, auch im gegenständlichen Fall zur Anwendung kommender, gesetzlicher Bestimmungen abgewiesen. Er hat dazu u. a. ausgeführt, dass verschiedene Merkmale eines Dienstverhältnisses, die im Zusammenhang mit einer weisungsgebundenen Tätigkeit Indizien für ein Dienstverhältnis seien, im Fall der - auf die gesellschaftsrechtliche Beziehung zurückzuführenden - Weisungsungebundenheit ihre Unterscheidungskraft verlieren und daher für die Lösung der Frage, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses im Vordergrund stehen, nicht brauchbar sind. Zu den Merkmalen, die in diesem Sinn vor dem Hintergrund der Weisungsungebundenheit ihre Indizwirkung zur Bestimmung des durch eine Mehrzahl von Merkmalen gekennzeichneten Typusbegriff des steuerlichen Dienstverhältnisses verlieren, gehören vor allem folgende: fixe Arbeitszeit, fixer Arbeitsort, arbeitsrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Einstufung der Tätigkeit, Anwendbarkeit typischer arbeitsrechtlicher Vorschriften wie Abfertigungs- und Urlaubsregelung, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder Kündigungsschutz, sowie die Heranziehung von Hilfskräften in Form der Delegierung von bestimmten Arbeiten (vgl. dazu und zu den folgenden Ausführungen insbesondere die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. April 2001, 2001/14/0052, 2001/14/0054, und vom 10. Mai 2001, 2001/15/0061, jeweils mwN).

Insgesamt stellt somit das in § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 für wesentlich beteiligte Gesellschafter normierte Vorliegen der sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses - abgesehen vom hinzuzudenkenden Merkmal der Weisungsgebundenheit - vor allem auf die Kriterien der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Kapitalgesellschaft und das Fehlen des Unternehmerwagnisses ab.

Die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers ist gegeben, wenn der Steuerpflichtige auf Dauer einen Teil des rechtlichen bzw. wirtschaftlichen Organismus bildet und seine Tätigkeit im Interesse dieses Organismus ausüben muss (vgl. Herrmann/Heuer/Raupach, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer21, § 19 Anm. 72f). Die Ausführung der vom Geschäftsführer angegebenen "administrativen Tätigkeiten" (Sekretariat, Buchhaltung, Lohnverrechnung) sprechen für die Eingliederung (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 17. Oktober 2001, 96/13/0065).

Unternehmerwagnis liegt vor, wenn der Erfolg der Tätigkeit des Steuerpflichtigen weitgehend von der persönlichen Tüchtigkeit, vom Fleiß, von der persönlichen Geschicklichkeit sowie von den Zufälligkeiten des Wirtschaftslebens abhängt und der Steuerpflichtige für die mit seiner Tätigkeit verbundenen Aufwendungen selbst aufkommen muss. Dabei kommt es auf die tatsächlichen Verhältnisse an: Im Vordergrund dieses Merkmales steht, ob den Steuerpflichtigen tatsächlich das Wagnis ins Gewicht fallender Einnahmenschwankungen trifft. Von Bedeutung ist noch das Merkmal der laufenden (wenn auch nicht notwendig monatlichen) Entlohnung.

Vor dem Hintergrund dieser sowohl in der Rechtsprechung des Verfassungs- als auch des Verwaltungsgerichtshofes herausgearbeiteten Beurteilung in Bezug auf die Erfüllung der Voraussetzungen des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988, die unter Hinweis auf § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auch dem gegenständlichen Beschwerdefall zu Grunde zu legen ist, kann der Verwaltungsgerichtshof nicht finden, dass die belangte Behörde im Beschwerdefall die Betätigung des Geschäftsführers zu Unrecht als solche iSd § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 eingestuft und daraus die Rechtsfolgen hinsichtlich Kommunalsteuer gezogen hätte. Die für die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Beschwerdeführerin wesentliche kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung ist im Beschwerdefall unbestritten geblieben. Ein einnahmenseitiges Unternehmerrisiko ist bei den regelmäßig monatlich ausbezahlten Geschäftsführerbezügen nicht zu erkennen.

Mit dem Hinweis, dass der Geschäftsführer persönlich für die Vorfinanzierung der Bauträgerprojekte der Beschwerdeführerin hafte, kann die Beschwerdeführerin nichts für sich gewinnen, weil die steuerliche Betrachtung die Trennung der Gesellschafts- und der Geschäftsführersphäre erfordert (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 17. Oktober 2001, 2001/13/0104).

Soweit die Beschwerdeführerin hervorhebt, dass zwischen ihr und dem Gesellschafter-Geschäftsführer ein Werkvertrag vorliege, genügt der Hinweis auf die hg. Rechtsprechung, wonach es auf die zivilrechtliche Einstufung des Leistungsverhältnisses zwischen der Gesellschaft und dem Gesellschafter-Geschäftsführer nicht ankommt (vgl. jüngst etwa das hg. Erkenntnis vom 31. Jänner 2002, 2001/15/0063).

Zum Einwand, der Gesellschafter-Geschäftsführer sei auch handels- und gewerberechtlicher Geschäftsführer zweier weiterer Gesellschaften, hat der Gerichtshof wiederholt ausgesprochen, dass dies für die Einstufung der Tätigkeit des Geschäftsführers unter die Bestimmung des § 22 Abs. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 nicht ausschlaggebend ist (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 28. November 2001, 2001/13/0114, und vom 23. Jänner 2002, 2001/13/0083). Der Hinweis auf die im jährlich neu abgeschlossenen "Werkvertrag" vorgesehene Möglichkeit, der Gesellschafter-Geschäftsführer könne sich bei Bedarf vertreten lassen, führt angesichts der ständigen hg. Rechtsprechung nicht zum Erfolg (vgl. jüngst das erwähnte hg. Erkenntnis vom 23. Jänner 2002, 2001/13/0083).

Mit dem allgemeinen Vorbringen, der Gesellschafter-Geschäftsführer müsse die Reisekosten selbst tragen, zeigt die Beschwerdeführerin nicht auf, in welchem Umfang den Gesellschafter-Geschäftsführer ins Gewicht fallende, nicht überwälzbare Ausgaben getroffen hätten.

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war gemäß § 42 Abs.1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei betrifft die Umsatzsteuer, welche im pauschalierten Schriftsatzaufwand bereits enthalten ist.

Wien, am 25. April 2002

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte