Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Landeshauptstadt Innsbruck hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Im Zuge einer abgabenbehördlichen Nachschau für den Zeitraum 1995 bis 1998 stellte der Prüfer fest, dass die Geschäftsführungsagenden bei der beschwerdeführenden GmbH von einem "operativen" Geschäftsführer und von einem "kontrollierenden" Geschäftsführer - die Geschäftsführer seien an der Beschwerdeführerin nicht beteiligt - wahrgenommen worden seien. Die Bezüge des kontrollierenden Geschäftsführers WF (1995 bis 1998 insgesamt ca 820.000 S) habe die Beschwerdeführerin nicht der Kommunalsteuer unterzogen. Dem kontrollierenden Geschäftsführer obliege u.a. die Mitarbeiterbetreuung mit diversen wöchentlichen Besprechungen, sodass die Besorgung seiner Aufgaben hinsichtlich Arbeitszeit und dem Arbeitsort bestimmt sei und nur über eine Eingliederung in die Organisation der Beschwerdeführerin möglich sei. Daher sei der kontrollierende Geschäftsführer - gleich dem operativen Geschäftsführer - als Dienstnehmer anzusehen. Die Bezüge unterlägen der Kommunalsteuer.
Den Prüfungsfeststellungen entsprechend wurde der Beschwerdeführerin mit Bescheid des Magistrates Innsbruck vom 8. März 2000 eine Kommunalsteuer-Nachforderung für den Zeitraum Jänner 1995 bis Dezember 1998 samt Säumniszuschlag vorgeschrieben.
In der Berufung gegen diesen Bescheid wurde eingewendet, dass WF aufgrund eines Werkvertrages tätig sei. Er sei nicht weisungsgebunden, habe keine bestimmte Arbeitszeit, müsse seine Aufgaben nicht selbst verrichten, erhalte ein vom Betriebsergebnis abhängiges Entgelt und habe keinen Anspruch auf Urlaub, Entschädigung im Krankheitsfall oder bei Beendigung des Werkvertrages.
§ 1 des Werkvertrages des WF lautet:
"(1) Herr (WF) wird mit Wirkung vom 10.12.1990 zum Geschäftsführer der Gesellschaft bestellt.
(2) Der Geschäftsführer ist berechtigt und verpflichtet, die Gesellschaft nach Maßgabe des Gesellschaftsvertrages und einer etwaigen Geschäftsordnung zu vertreten und die Geschäfte der Gesellschaft gemeinsam mit einem zweiten oder mehreren Geschäftsführern zu führen. Innerhalb der gemeinsamen Vertretungsbefugnis hat (WF) Agenden übertragen bekommen, die er in eigener Verantwortung auszuführen hat."
Aus einer mit WF aufgenommenen Niederschrift ergibt sich als dessen Tätigkeitsbereich: "Controlling, Zubringung von Geschäftsfeldern und Geschäftsfällen aus meiner Geschäftsführertätigkeit bei anderen Gesellschaften und aus meinem
Bekanntenkreis ... Weiters führe ich unperiodisch Gespräche mit
unseren Mitarbeitern zur Unterstützung z.B. vor Geschäftsabschlüssen oder bei Hilfestellungen; nicht jedoch die Abwicklung eines Geschäftsfalles durch mich selbst ... Controlllisten bekomme ich regelmäßig entweder in mein Büro bei
der (X-Bank) oder auf meinen Privatcomputer zu Hause ... Bei
Abwesenheit von Hrn J. werden von mir in dringenden Fällen Entscheidungen getroffen und seine Aufgaben teilweise übernommen. Hr. J. ist operativer Geschäftsführer ..."
Aus einer mit dem - unbestritten in einem Dienstverhältnis tätigen Geschäftsführer J. aufgenommenen Niederschrift ergibt sich folgende Aussage über die Tätigkeit des WF: "Fallweise Anwesenheit nach seinem Dienstschluss bei der (X-Bank) bei Mitarbeiterbesprechungen (Informationsaustausch) und gegebenenfalls Erklärungen zu den aus seinem Bereich zugebrachten, zu verkaufenden Immobilien (im Rahmen seiner Tätigkeit bei der ... Hausverwaltung und der angegliederten Gesellschaften habe (der Beschwerdeführer) Hintergrundinformationen)."
Die Berufung wurde mit Berufungsvorentscheidung als unbegründet abgewiesen. Die X-Bank sei zu 25% an der beschwerdeführenden GmbH beteiligt. WF sei Dienstnehmer der X-Bank und habe seinen Arbeitsplatz in den Räumlichkeiten der Bank. Bei der Beschwerdeführerin obliege dem Geschäftsführer WF die Mitarbeiterbetreuung. Die Erlassung entsprechender Ordnungsvorschriften und deren Überwachung - es gebe wöchentlich angesetzte Besprechungen - sei ohne eine starke organisatorische Eingliederung des WF in den Betrieb der Beschwerdeführerin kaum möglich. Zudem sei festgestellt worden, dass WF während des gesamten Zeitraumes 1995 bis 1998 monatlich gleich bleibende Bezüge erhalten habe; nach Bilanzerstellung habe er jeweils einen Restbetrag erhalten. Der Aufforderung der Behörde, Unterlagen vorzulegen, aus welchen sich ein Zusammenhang zwischen dem Betriebsergebnis der Beschwerdeführerin und den Geschäftsführerbezügen ergebe, sei nicht entsprochen worden. Die regelmäßige Bezugsauszahlung lasse den Schluss zu, dass WF nicht ein bestimmtes Werk, sondern seine persönliche Arbeitsleistung schulde. Hinsichtlich des Unternehmerwagnisses werde darauf hingewiesen, dass WF keine Aufwendungen zu tragen habe. Dass WF die Sozialversicherungsbeiträge und die Einkommensteuer selbst zahle, sei nicht entscheidend, weil dies auch bei klassischen Dienstnehmern vorkomme. WF erbringe die für die Leitung einer GmbH üblichen Tätigkeiten, wie zB die fachliche Unterstützung der Mitarbeiter, das Auf- und Zubringen von Geschäftsfeldern und das Abzeichnen von Controlllisten. Aus § 2 des schriftlichen Werkvertrages ergebe sich eine sachliche und persönliche Weisungsgebundenheit des WF. Unter Berücksichtigung des tatsächlich durch WF verwirklichten Gesamtbildes der Tätigkeiten gelange die Behörde zur Auffassung, dass dieser in der Art eines Dienstnehmers tätig gewesen sei.
Die Beschwerdeführerin beantragte die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Ergänzend wurde vorgebracht, es treffe nicht zu, dass die Betreuung von Mitarbeitern einer starken Eingliederung in die Organisation der Beschwerdeführerin bedürfe, zumal derartige Leistungen auch von freiberuflich tätigen Unternehmensberatern durchgeführt würden. Die monatlich (gleichbleibenden) Zahlungen seien Akontierungen auf das Jahreshonorar, das vom Betriebsergebnis abhänge. Da die Bilanzen anlässlich der Prüfung vorgelegt worden seien, seien die Schwankungen der Jahresbezüge der Behörde erkennbar gewesen. Es treffe nicht zu, dass WF keinen Spesenersatz erhalte; vielmehr sei seine Tätigkeit nicht mit Spesen verbunden.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Nach Ansicht der belangten Behörde schulde der Geschäftsführer WF kein Werk, sondern die Erbringung einer Arbeitsleistung. Aus § 1 des Werkvertrages ergebe sich, dass WF die generelle Vertretung der Beschwerdeführerin nach Maßgabe der Geschäftsordnung mit einem oder mehreren Geschäftsführern obliege, wobei WF innerhalb der gemeinsamen Vertretungsbefugnis Agenden übertragen bekommen habe, die er in eigener Verantwortung auszuführen habe. "Damit ist aber eine Weisung (der Beschwerdeführerin) formuliert. Der Gestaltung der Weisungsunterworfenheit sind dem Dienstgeber gegenüber keine Grenzen gesetzt und können Weisungen je nach Unternehmensstruktur oder Organisationsstruktur entweder individuell für einzelne Dienstnehmer oder generell an alle Dienstnehmer erteilt werden. Die gegenständliche Formulierung des § 1 des vorliegenden Werkvertrages ist als Weisung zu qualifizieren, welche sich darauf bezieht, welche Arbeiten zu verrichten sind und in welcher Form sie zu erbringen sind."
Es treffe nicht zu, dass WF Unternehmerwagnis zu tragen habe. Er habe nicht die Möglichkeit, Aufträge anzunehmen oder abzulehnen, er könne den Umfang und den Erfolg seiner Arbeit nicht selbst bestimmen. Sein Gehalt richte sich nicht ausschließlich nach dem Betriebsergebnis, weil ein Mindestfixum von 80.500 S pro Jahr vereinbart sei. Das Dienstverhältnis verlängere sich automatisch, wenn die Gesellschafter nicht bei Feststellung der Bilanz die Beendigung des "Werkvertrages" aussprächen. Gegenstand des Vertrages sei sohin eine auf Dauer angelegte und zeitraumbezogene Leistungserbringung. Die Mitarbeiterbetreuung führe WF mit wöchentlich angesetzten Besprechungen durch, sodass eine organisatorische Eingliederung in den Betrieb der Beschwerdeführerin anzunehmen sei. Auffallend sei, dass WF im gesamten Prüfungszeitraum monatlich gleich bleibende Bezüge erhalten habe. Der Aufforderung, Unterlagen vorzulegen, aus denen sich ein Zusammenhang zwischen den Betriebsergebnissen und dem Geschäftsführerbezug ergeben, sei nicht entsprochen worden. WF sei sohin in einem Dienstverhältnis tätig gewesen, weshalb seine Bezüge zur Bemessungsgrundlage für die Kommunalsteuer zu rechnen seien.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:
§§ 1 und 2 des KommStG, BGBl 819/1993, in der für die Streitjahre maßgeblichen Fassung lauten:
§ 1
"Der Kommunalsteuer unterliegen die Arbeitslöhne, die jeweils in einem Kalendermonat an die Dienstnehmer einer im Inland (Bundesgebiet) gelegenen Betriebsstätte des Unternehmens gewährt worden sind."
§ 2
"Dienstnehmer sind Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes 1988 stehen, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen im Sinne des § 22 Z 2 des Einkommensteuergesetzes 1988.
§ 47 Abs 2 EStG lautet:
"Ein Dienstverhältnis liegt vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist. Ein Dienstverhältnis ist weiters dann anzunehmen, wenn bei einer Person, die an einer Kapitalgesellschaft nicht wesentlich im Sinne des § 22 Z 2 beteiligt ist, die Voraussetzungen des § 25 Abs. 1 Z 1 lit. b vorliegen."
§ 20 Abs 1 GmbHG lautet:
"Die Geschäftsführer sind der Gesellschaft gegenüber verpflichtet, alle Beschränkungen einzuhalten, die in dem Gesellschaftsvertrage, durch Beschluss der Gesellschafter oder in einer für die Geschäftsführer verbindlichen Anordnung des Aufsichtsrates für den Umfang ihrer Befugnis, die Gesellschaft zu vertreten, festgesetzt sind."
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt das steuerliche Dienstverhältnis auf die Kriterien der Weisungsgebundenheit und der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers sowie auf jenes des Fehlens eines Unternehmerwagnisses ab. Nach dieser Rechtsprechung ist in Zweifelsfällen zudem auf weitere Kriterien (wie beispielsweise laufenden Arbeitslohn, Pflicht zur persönlichen Arbeitsleistung, fixe Arbeitszeit, fixer Arbeitsort, feste Urlaubseinteilung) abzustellen. Der Begriff des steuerlichen Dienstverhältnisses ist somit ein durch eine Mehrzahl von Merkmalen gekennzeichneter Typusbegriff. Solchen Typusbegriffen sind die realen Erscheinungen an Hand einer Mehrzahl von Merkmalen zuzuordnen, wobei nicht stets alle Merkmale in gleicher Intensität ausgebildet sein müssen und die Entscheidung letztlich nach dem Gesamtbild zu erfolgen hat (vgl das hg Erkenntnis vom 23. April 2001, 2001/14/0054).
Das völlige Fehlen einer Weisungsunterworfenheit schließt im allgemeinen ein Dienstverhältnis aus (vgl das hg Erkenntnis vom 9. Dezember 1980, 1666, 2223f/79). Allerdings reicht es bei leitenden Angestellten aus, wenn sich die Weisungsgebundenheit auf die grundsätzliche Erfüllung der Leitungsaufgaben beschränkt (vgl das hg Erkenntnis vom 25. Oktober 1994, 90/14/0184).
Im gegenständlichen Fall hat die belangte Behörde das Vorliegen von Weisungsunterworfenheit angenommen. Sie hat die Weisungsunterworfenheit daraus abgeleitet, dass dem Geschäftsführer in § 2 des Werkvertrages Agenden übertragen worden seien, welcher dieser auszuführen habe. Damit sei eine Weisung formuliert. Mit dieser Auffassung hat die belangte Behörde allerdings den Begriff der Weisungsunterworfenheit verkannt. In der am Beginn eines Vertragsverhältnisses vorgenommenen Festlegung des Aufgabenumfanges als solcher liegt keine Weisungsunterworfenheit. Weisungsunterworfenheit bedeutet vielmehr, dass der Arbeitgeber durch individuell-konkrete Anordnungen das Tätigwerden des Dienstnehmers beeinflussen kann. Ob eine Weisungsunterworfenheit in diesem Sinne vorgelegen ist, hat die belangte Behörde - in Verkennung der Rechtslage - nicht festgestellt.
Es trifft zu, dass der Geschäftsführer WF kein wesentlich ins Gewicht fallendes Unternehmerwagnis zu tragen hat, zumal er selbst im Falle eines negativen Betriebsergebnisses der Beschwerdeführerin ein Mindest-Fixum bezieht und ihm - dem Vorbringen der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren zufolge -
keine Spesen erwachsen.
Die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers ist gegeben, wenn der Steuerpflichtige auf Dauer einen Teil des rechtlichen bzw wirtschaftlichen Organismus bildet und seine Tätigkeit im Interesse dieses Organismus ausüben muss. Die kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung spricht für die Eingliederung (vgl nochmals das hg Erkenntnis 2001/14/0054). Entgegen der Ansicht der belangten Behörde ergibt sich aus einer "Tätigkeit der Mitarbeiterbetreuung mit wöchentlich angesetzten Besprechungen" als solcher noch nicht ohne weiteres die Eingliederung. Hiezu hätte es weiterer Feststellungen, etwa über die Intensität der Mitarbeiterbetreuung und die Bedeutung dieser Tätigkeit für das betriebliche Geschehen bedurft.
Die belangte Behörde hat es sohin in Verkennung der Rechtslage unterlassen, jene Feststellungen zu treffen, die erforderlich sind um beurteilen zu können, ob die Merkmale eines Dienstverhältnisses im Vordergrund stehen.
Der angefochtene Bescheid ist sohin mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet und war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47ff VwGG iVm der Verordnung BGBl II 501/2001.
Wien, am 22. Oktober 2002
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