VwGH 2001/12/0182

VwGH2001/12/018225.9.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde des W in G, vertreten durch Klein, Wuntschek & Partner, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Grazbachg. 39/III, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 28. Juni 2001, Zl. Präs. K-113/1993- 21, betreffend Zuerkennung von außerordentlichen Vorrückungen als Belohnung gemäß § 74 Abs. 3 der Dienst- und Gehaltsordnung der Beamten der Landeshauptstadt Graz 1956, zu Recht erkannt:

Normen

B-VG Art130 Abs2;
DGO Graz 1957 §31g;
DGO Graz 1957 §74 Abs3;
GehG 1956 §19;
GehG 1956 §23 Abs1;
B-VG Art130 Abs2;
DGO Graz 1957 §31g;
DGO Graz 1957 §74 Abs3;
GehG 1956 §19;
GehG 1956 §23 Abs1;

 

Spruch:

Der in seinem Spruchabschnitt 2 angefochtene Bescheid wird in diesem Umfang wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Stadt Graz hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht seit 1. Juli 1996 als Oberrechnungsrat in Ruhe in einem öffentlich-rechtlichen Ruhestandsverhältnis zur Landeshauptstadt Graz.

Zum Sachverhalt und zur Vorgeschichte dieser Beschwerdesache wird zur Vermeidung entbehrlicher Wiederholungen in sinngemäßer Anwendung des § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf das hg. Erkenntnis vom 22. November 2000, Zl. 99/12/0113, verwiesen. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Aufhebung des damals angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften damit begründet, dass der Beschwerdeführer unbestritten die (formelle) Einstiegsvoraussetzung einer ausgezeichneten Dienstbeschreibung im Sinne des § 18 der Dienst- und Gehaltsordnung der Beamten der Landeshauptstadt Graz 1956 (im Folgenden: DO-Graz) für den gesamten von ihm geltend gemachten Zeitraum erfülle. Die belangte Behörde habe hinreichend zum Ausdruck gebracht, dass der Beschwerdeführer keine im Sinne des § 74 Abs. 3 DO-Graz für eine positive Ermessensübung maßgebenden herausragenden Dienstleistungen erbracht habe. Wie die Behörde zu diesem Urteil gekommen sei, sei allerdings nicht nachvollziehbar. Der Verwaltungsgerichtshof trug der belangten Behörde für das fortgesetzte Verfahren auf, unter Einbeziehung der Äußerungen des Vorgesetzten des Beschwerdeführers vom 7. Dezember 1993, der mit Wirkung vom 1. Oktober 1993 erfolgten (gänzlichen oder teilweisen) Abberufung von der Funktion als Referatsleiter (sofern sie nicht in der Folge wegen Nichtzutreffens der ihr zugrundeliegenden Annahmen aufgehoben worden sei) sowie allfälliger Ermittlungen (insbesondere zu dem nachfolgenden Zeitabschnitt) unter Mitwirkung des Beschwerdeführers zu prüfen, ob dieser ab dem 1. Jänner 1991 bis zu seiner mit Wirkung vom 1. Juli 1996 erfolgten Ruhestandsversetzung oder in einem in diesen Zeitraum fallenden zeitlichen Teilabschnitt tatsächlich die behaupteten Leistungen erbracht bzw. ob es sich dabei überhaupt um außergewöhnliche (hervorragende) Leistungen gehandelt habe. Im Falle einer positiven Ermessensübung würde die Zuerkennung einer Belohnung im Sinne des § 74 Abs. 3 DO Graz dann zu einer Neufestsetzung der Ruhegenussbemessung zu führen haben, wenn sich diese Ermessensübung noch auf den letzten Aktivdienstbezug des Beschwerdeführers auswirken sollte.

Im fortgesetzten Verfahren teilte die belangte Behörde mit Vorhalt vom 11. April 2001 dem Beschwerdeführer folgenden "Sachverhalt" mit, der zu einer "geänderten Ermessensübung" geführt habe: der Ersatzbescheid sei auf Grund der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der neuen Entscheidung zu fällen. In einem gleich gelagerten Fall habe der für Personalangelegenheiten zuständige Stadtsenatsreferent die Auffassung vertreten, die Berücksichtigung der budgetären Möglichkeiten des Dienstgebers sei ein im Rahmen der "Ermessenswahrnehmung" zu berücksichtigender "Rechtsaspekt", der - sofern das Gleichheitsgebot nicht verletzt werde - sachlich gerechtfertigt sei. Seit dem Zeitpunkt der Übernahme der Verantwortung für das Personalreferat habe es keinen einzigen Fall der Gewährung einer außerordentlichen Gehaltsvorrückung an einen im Aktivstand befindlichen Dienstnehmer gegeben. Diese Tatsache sei auf den Umstand zurückzuführen, dass die budgetäre Situation der Stadt Graz - und hier insbesondere der Personalkostenbereich - Anlass zur Sorge gebe. Die Beschlussfassung des Gemeinderates betreffend die Belohnungsrichtlinien habe ihre Ursache u.a. darin, den finanziellen Rahmenbedingungen der Stadt gerecht zu werden. Außerordentliche Gehaltsvorrückungen wären für das Budget der Stadt ungleich belastender als die Gewährung einer einmaligen finanziellen Belohnung für überdurchschnittliche Dienstleistungen. Trotz der knapper werdenden Finanzmittel sollten allerdings selbstverständlich Gehaltsanreize für die Mitarbeiter/innen der Magistratsverwaltung bestehen bleiben. Die Berücksichtigung der finanziellen Lage der Stadt sei aber ein im Rahmen der Anwendung des § 74 Abs. 3 DO-Graz wahrzunehmendes Ermessenskriterium.

Der Beschwerdeführer brachte dazu in seiner Stellungnahme vom 14. Mai 2001 vor, nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. November 2000 könne davon ausgegangen werden, dass es auf die - im Beschwerdefall unveränderte - Rechtslage im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides ankomme. Unbestritten sei auch die Einstiegsvoraussetzung einer ausgezeichneten Dienstbeschreibung im Sinne des § 18 DO-Graz für den gesamten geltend gemachten Zeitraum. Es sei in dieser Zeit öfters von der Möglichkeit Gebrauch gemacht worden, außerordentliche Vorrückungen an Bedienstete zu gewähren. Der Prüfungsbericht des Bundesrechnungshofes habe keine wie immer geartete Beanstandungen über die Tätigkeiten des Beschwerdeführers in seiner Funktion als Referatsleiter ergeben, sodass seiner Abberufung jedwede Grundlage entzogen worden sei und diese einen Willkürakt darstelle. Der interimistisch eingesetzte Nachfolger habe für seine Tätigkeit als Referatsleiter sehr wohl eine Entschädigung in Form einer Verwendungszulage bzw. -abgeltung erhalten. Auch der derzeitige Referatsleiter erhalte hiefür eine entsprechende Verwendungszulage. Zudem sei dieser Dienstposten in einen solchen der Verwendungsgruppe A VII (bisher B VII) aufgewertet worden. Damit sei die Ungleichbehandlung zwischen dem Beschwerdeführer und den nachfolgenden Referatsleitern für ein und dieselbe Tätigkeit erkennbar. Dies stelle einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz dar. Die außergewöhnlichen Leistungen des Beschwerdeführers fänden im Bericht des Leiters des Steueramtes ihre Bestätigung. Sollten darüber noch weitere Rückfragen erforderlich sein, wäre es sinnvoll, den damaligen Leiter des Steueramtes und auch den damals zuständigen Finanzreferenten über die besonderen Leistungen des Beschwerdeführers zu befragen. Es könne nicht rechtens sein, dass die belangte Behörde ihren neuen Bescheid auf Grund der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt ihrer neuen Entscheidung erlasse. Seit Erlassung des Bescheides vom 10. Februar 1994 seien mehr als sieben Jahre vergangen. Daher könnten nur die damals gültigen Bestimmungen angewendet werden. Die derzeitige budgetäre Situation der Stadt Graz als Begründung für die Ablehnung sei in diesem Fall kein taugliches Kriterium.

Mit dem angefochtenen (Ersatz-)Bescheid vom 28. Juni 2001 gab die belangte Behörde dem Devolutionsantrag vom 4. August 1993 gemäß § 73 AVG iVm § 1 DVG statt und wies den Antrag auf Zuerkennung von zwei außerordentlichen Gehaltsstufen mit 1. Jänner 1991 gemäß § 74 Abs. 3 der DO Graz ab. Sie führte in ihrer Begründung unter Wiedergabe ihrer Rechtsansicht im Vorhalt vom 11. April 2001 aus, nach ständiger Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes habe die Behörde bei Erlassung ihres Ersatzbescheides die inzwischen eingetretenen Änderungen in der Rechts- und Sachlage zu berücksichtigen. Im vorliegenden Fall sei keine Änderung der Sachlage eingetreten, jedoch habe sich die Ermessensübung - dabei handle es sich um eine Rechtsfrage - geändert. Der Hinweis auf die seinerzeit erfolgte Gewährung außerordentlicher Vorrückungen an Bedienstete bedürfe keiner weiteren Erläuterung, es sei jedoch von der mittlerweile geänderten Ermessenspraxis auszugehen. Wenn der Beschwerdeführer auf die seinem interimistisch eingesetzten Nachfolger gewährte Verwendungszulage bzw. -abgeltung verweise und auch den derzeitigen Referatsleiter erwähne, der für seine Tätigkeit eine entsprechende Verwendungszulage erhalte, so fehle der Zusammenhang mit dem anhängigen Verfahren über die Zuerkennung einer außerordentlichen Gehaltsstufe gemäß § 74 Abs. 3 DO-Graz. Der darin gesehene Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz sei für die Behörde nicht erkennbar.

Wenngleich dem Gehaltsgesetz 1956 (GG) eine dem § 74 Abs. 3 DO-Graz analoge Bestimmung fehle, so handle es sich bei der Zuerkennung der Vorrückungen ebenfalls um eine - wenn auch weiter gehende - Form der Belohnung, weshalb die Rechtssprechung zu § 19 GG herangezogen werden könne. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei einem Beamten ein Rechtsanspruch auf Belohnung durch das GG in keinem Fall eingeräumt. Nach § 19 GG (idF der 40. GG-Novelle) könne dem Beamten für besondere Leistungen, die nicht nach anderen Vorschriften abzugelten seien, nach Maßgabe der vorhandenen Mittel eine Belohnung gezahlt werden. Obwohl die DO-Graz expressis verbis weder im § 31g noch im § 74 Abs. 3 bei Gewährung einer Belohnung auf die zur Verfügung stehenden Mittel abstelle, so komme gerade dieser Frage bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen bei Ausübung des Ermessens entscheidende Bedeutung zu. Gerade die "angespannte Budgetsituation" der Stadt Graz habe dazu geführt, dass in den letzten Jahren a. o. Vorrückungen gemäß § 74 Abs. 3 DO-Graz nicht gewährt worden seien, stelle doch die Zuerkennung derselben eine sich auf Lebenszeit auswirkende Begünstigung dar. Gleichzeitig mit der geänderten Ermessensübung seien neue pekuniäre Leistungsanreize in Form der Belohnungsrichtlinien geschaffen worden, die geeignet seien, qualifizierte und hochwertige Leistungen zu honorieren, ohne Folgekosten über unbestimmte Zeiträume zu bewirken. Gemäß den auf Grund des § 31 g DO-Graz erlassenen Belohnungsrichtlinien, die erstmals für im Jahre 1998 erbrachte Leistungen zum Tragen gekommen seien, könnten städtischen Bediensteten in einzelnen Fällen Belohnungen für außergewöhnliche Dienstleistungen zuerkannt werden, wobei bei der Festsetzung der Höhe der Belohung auf die Bedeutung der Dienstleistung Rücksicht zu nehmen sei. Damit sei auch gewährleistet, dass tatsächlich erbrachte Leistungen anerkannt würden und keine pro futuro Wirkung, unabhängig von der tatsächlich erbrachten Leistung, einhergehe.

Offensichtlich nur gegen Spruchabschnitt 2 dieses Bescheides richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich nach seinem gesamten Vorbringen in seinem Recht auf gesetzmäßige Ermessensübung bei Anwendung des § 74 Abs. 3 DO-Graz verletzt. Er bringt vor, er erfülle sämtliche persönlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung "der Zulage § 74 Abs. 3 DO-Graz". Hinsichtlich der "Amtsleiterdoppelstufe" sei der Behörde zwar ein Ermessen eingeräumt, sie dürfe dieses Ermessen jedoch nur gesetzesgemäß ausüben. Wenn die Behörde die "Amtsleiterdoppelstufe" unter den gleichen Voraussetzungen sowohl dem unmittelbaren Vorgänger als auch dem unmittelbaren Nachfolger des Beschwerdeführers gewährt habe, was sie auch nicht bestreite, so habe auch er Anspruch darauf, eine solche "Amtsleiterdoppelstufe" zu erhalten. Der Umstand, dass nach einem mittlerweile mehr als 7 Jahre dauernden Verfahren eine Änderung der Finanzsituation der Stadt Graz eingetreten sei und keine außerordentlichen Vorrückungen mehr gewährt würden - diesbezüglich bestehe lediglich die Behauptung der belangten Behörde, ein Nachweis liege nicht vor - könne jedenfalls nicht zu seinen Lasten gehen. Durch die im Zeitpunkt der Antragstellung in Geltung gestandenen Stufenrichtlinien habe sich die Behörde inhaltlich selbst gebunden. Die Ermessensübung hätte dadurch nachvollziehbaren Kriterien unterliegen und dazu führen sollen, dass Personen, die die formellen Voraussetzungen erfüllten, nachvollziehbare Entscheidungsgrundlagen hätten. Eine in der Folge durchgeführte Veränderung der Stufenrichtlinien könne jedenfalls nicht zu Lasten des Beschwerdeführers gehen. Die lange Dauer des Verfahrens dürfe nicht dazu führen, dass er durch eine geänderte Gesetzeslage um seinen Anspruch gebracht werde, den er unter Anwendung pflichtgemäßen Ermessens zum Zeitpunkt der Antragstellung gehabt hätte. Im Übrigen sei auch das Verfahren mangelhaft geblieben. Die belangte Behörde sei nicht nur den Anträgen des Beschwerdeführers auf Einvernahme der für ihn zuständigen Personen nicht nachgekommen, sie habe auch die Aufträge des Verwaltungsgerichtshofes nicht nachvollziehbar erledigt (wird weiter ausgeführt).

§ 74 Abs. 3 der Dienst - und Gehaltsordnung der Beamten der Landeshauptstadt Graz 1956 (DO-Graz), LGBl. Nr. 30/1957, in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 126/1968, lautet:

"Einem Beamten können als Belohnung für seine ausgezeichnete Dienstleistung außerordentliche Vorrückungen in eine höhere Gehaltsstufe oder, wenn er bereits die höchste Gehaltsstufe seiner Dienstklasse (Schema II) oder Verwendungsgruppe (Schema I) erreicht hat, für die Bemessung des Ruhegenusses anrechenbare Dienstzulagen im Ausmaß des letzten Vorrückungsbetrages zuerkannt werden."

Wie der Verwaltungsgerichtshof in dem in dieser Beschwerdesache ergangenen, eingangs erwähnten Erkenntnis vom 22. November 2000, Zl. 99/12/0113, dargelegt hat, ist aus dem Ermessenscharakter des § 74 Abs. 3 DO-Graz abzuleiten, dass eine derartige Belohnung auch rückwirkend und allenfalls - wenn im Zeitpunkt der Entscheidung die Voraussetzungen für deren Zuerkennung nicht mehr vorliegen, weil keine dauerhafte außergewöhnliche Leistung mehr vorliegt - auch nur für einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum zuerkannt werden kann.

Unstrittig ist, dass der Beschwerdeführer die (formelle) Einstiegsvoraussetzung einer ausgezeichneten Dienstbeschreibung im Sinne des § 18 DO-Graz für den gesamten von ihm geltend gemachten Zeitraum erfüllt. Unstrittig ist weiters, dass die im Beschwerdefall maßgebliche Bestimmung des § 74 Abs. 3 DO-Graz während der gesamten Verfahrensdauer unverändert in der Fassung des LGBl. Nr. 128/1968 in Geltung gestanden ist (und nach wie vor steht).

Die belangte Behörde stützt die Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers - bei zugestandener unveränderter Sachlage - auf eine Änderung der "Rechtslage" dergestalt, dass sich ihre Ermessensübung geändert habe. In den letzten Jahren seien keine außerordentlichen Vorrückungen mehr gewährt worden, um Folgekosten über unbestimmte Zeiträume zu vermeiden. Gleichzeitig seien jedoch neue Leistungsanreize in Form der - erstmals für im Jahre 1998 erbrachte Leistungen zum Tragen kommenden - "Belohnungsrichtlinien" geschaffen worden. Der Verweis auf diese auf § 31g DO-Graz gründenden "(Belohnungs)Richtlinien" vermag eine (negative) Ermessensentscheidung im Beschwerdefall jedenfalls schon deshalb nicht zu tragen, weil der Beschwerdeführer eine Belohnung in Form der Zuerkennung außerordentlicher Vorrückungen anstrebte und dieser Anspruch (für den zur Gänze in der Vergangenheit liegenden Zeitraum vom 1. Jänner 1991 bis 1. Juli 1996) ausschließlich an Hand des § 74 Abs. 3 DO-Graz zu prüfen ist

Die belangte Behörde führt für die Nichtgewährung außerordentlicher Vorrückungen in den letzten Jahren die "angespannte" Budgetsituation der Stadt Graz ins Treffen. Da es sich bei der Zuerkennung der Vorrückung um eine - wenn auch weiter gehende - Form der Belohnung handle, sei die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 19 GG idF der 40. GG-Novelle BGBl. 49/1983 (arg.: "Nach Maßgabe der vorhandenen Mittel...") heranziehbar. Wenngleich § 74 Abs. 3 DO-Graz nicht auf die zur Verfügung stehenden Mittel abstelle, komme gerade dieser Frage bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen bei Ausübung des Ermessens entscheidende Bedeutung zu.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 2. Mai 2001, Zl. 96/12/0062, betreffend eine Belohnung nach § 19 GG, zur Bedeutung der durch die 40. GG-Novelle in dieser Bestimmung eingefügten Wortfolge "nach Maßgabe der vorhandenen Mittel" wie folgt ausgeführt (Unterstreichungen nicht im Original):

"Dem Fortbestand der Belohnung als Ermessensentscheidung der Dienstbehörde mit dem Recht des Beamten auf Gesetzmäßigkeitskontrolle (insbesondere der gesetzmäßigen Übung des Ermessens) kann auch nicht entgegengehalten werden, dass die Einleitung des § 19 GG (in der Fassung der 40. GG-Novelle) die Belohnung - anders als nach der früheren Rechtslage - nur "nach Maßgabe der vorhandenen Mittel" vorsieht. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes bedeutet dies nur, dass ... mehrere Phasen zu beachten sind: Zunächst hängt das Vorhandensein der für Zwecke der Belohnung zur Verfügung stehenden Mittel vom jeweiligen Bundesfinanzgesetzgeber ab (erste Phase). Dem Beamten steht kein von den für diesen Zweck zur Verfügung gestellten Mitteln unabhängiger Anspruch zu. ... Das Fehlen eines Rechtsanspruches des Beamten darauf, dass überhaupt (bzw. in welchem Umfang) Mittel für Belohnungen nach § 19 GG vom Bundesfinanzgesetzgeber zur Verfügung gestellt werden, darf aber nicht zum Schluss verleiten, dass die Verteilung vorhandener Mittel nach Belieben des Dienstgebers und begründungslos erfolgen darf. Hier setzt nämlich die Regelung des Materiengesetzgebers in § 19 GG (mit dem oben dargestellten Inhalt) ein, der in einer zweite Phase einen Anspruch des Beamten auf ein ordnungsgemäßes, d.h. im Sinne des Gesetzes durchgeführtes "Verteilungsverfahren" in Bezug auf seine Person normiert."

Ungeachtet des Fehlens eines Rechtsanspruches des Beamten darauf, dass überhaupt Mittel für Belohnungen nach § 19 GG zur Verfügung gestellt werden, ist demnach die jeweilige Dienstbehörde selbst bei ausdrücklicher gesetzlicher Bezugnahme auf vorhandene Mittel verpflichtet, ihre Ermessensentscheidung unter Zugrundelegung eines sachgerechten Verteilungssystems zu begründen. Selbst bei Zutreffen der - vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilten - Ansicht der belangten Behörde, dass die zu § 19 GG ergangene Rechtsprechung auch auf § 74 Abs. 3 DO-Graz anzuwenden sei, hätte sie mit dem undifferenzierten Hinweis auf die "angespannte" Budgetsituation ohne konkrete Auseinandersetzung mit dem Antrag des Beschwerdeführers in Relation zu den vorhandenen Budgetmitteln ihren Bescheid nicht gesetzmäßig begründet.

Wie bereits ausgeführt, stellt aber § 74 Abs. 3 DO-Graz gar nicht auf zur Verfügung stehende Mittel ab. Der Verwaltungsgerichtshof hat zu der insofern vergleichbaren Ermessensbestimmung des § 23 Abs. 1 GG betreffend Gewährung eines Gehaltsvorschusses in seinem Erkenntnis vom 28. Juni 1995, Zl. 93/12/0292, Folgendes ausgeführt (Unterstreichungen nicht im Original):

"... Offen ist auch geblieben, ob sich die belangte Behörde nicht auch auf das Ausmaß der vorhandenen Mittel laut finanzgesetzlichem Ansatz berufen hat, das aber mangels einer ausdrücklichen Verankerung in § 23 Abs. 1 GG (vgl. demgegenüber die Textierung in § 19 GG) als ausschlaggebendes Kriterium nicht in Betracht kommt. ..."

Diese Überlegungen sind auch auf § 74 Abs. 3 DO-Graz zu übertragen. Die belangte Behörde hat daher dadurch, dass sie (ausschließlich) das Ausmaß der vorhandenen Mittel als entscheidendes Kriterium für die Ermessensentscheidung erachtete, die Rechtslage verkannt.

Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid weiters auch deshalb mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, weil sie die ausständigen Ermittlungen - entgegen der im Vorerkenntnis vom 22. November 2000, Zl. 99/12/0117 dargelegten Rechtsansicht - unterlassen hat.

Aus diesen Erwägungen war der angefochtene Bescheid im Rahmen der Anfechtung gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der gemäß ihrem § 3 Abs. 2 anzuwendenden

Verwaltungsgerichtshof-Aufwandersatzverordnung

BGBl. II Nr. 501/2001. Die Gebühr nach § 24 Abs. 3 VwGG war mit EUR 181,68 zuzusprechen.

Wien, am 25. September 2002

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