Normen
DMSG 1923 §1 Abs1 idF 1999/I/170;
DMSG 1923 §1 idF 1999/I/170;
DMSG 1923 §2 idF 1999/I/170;
DMSG 1923 §3 idF 1999/I/170;
DMSG 1923 §5 idF 1999/I/170;
DSchG 1923 §1 Abs1 idF 1999/I/170;
EisenbahnG 1957 §18 Abs1;
DMSG 1923 §1 Abs1 idF 1999/I/170;
DMSG 1923 §1 idF 1999/I/170;
DMSG 1923 §2 idF 1999/I/170;
DMSG 1923 §3 idF 1999/I/170;
DMSG 1923 §5 idF 1999/I/170;
DSchG 1923 §1 Abs1 idF 1999/I/170;
EisenbahnG 1957 §18 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schreiben vom 15. März 1999 teilte das Bundesdenkmalamt der Beschwerdeführerin im Sinne der §§ 37 und 45 Abs. 3 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 mit, dass es beabsichtige, die Eisenbahnbrücke über die Lafnitz (Zeilbrücke) in Schlag bei Thalberg und Kleinschlag, Gerichtsbezirk und politischer Bezirk Hartberg, Steiermark, Grundstück Nr. 1115, EZ 1814, KG 64017 Schlag und Grundstück Nr. 794, EZ 1813, KG 64309 Lebing, des GB 02301 Eisenbahnbuch, wegen ihrer geschichtlichen, künstlerischen und kulturellen Bedeutung gemäß §§ 1 und 3 des Bundesgesetzes vom 25. September 1923, BGBl. Nr. 533/23 (Denkmalschutzgesetz), in der Fassung der Bundesgesetze BGBl. Nr. 92/1959, 167/1978 und 473/1990, wegen öffentlichen Interesses an ihrer Erhaltung unter Denkmalschutz zu stellen.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 5. Juni 2001 wurde festgestellt, dass die Erhaltung der gegenständlichen Eisenbahnbrücke gemäß §§ 1 und 3 des Bundesgesetzes vom 25. September 1923, BGBl. Nr. 533/23, idF BGBl. I Nr. 170/1999 (DMSG), im öffentlichen Interesse gelegen sei.
Die belangte Behörde stützte sich in der Begründung zur Schutzwürdigkeit auf das Ergebnis des bereits im Verfahren der Behörde erster Instanz erstellten Amtssachverständigengutachtens und die Ergebnisse eines im Berufungsverfahren durchgeführten Augenscheins. Es sei als erwiesen anzusehen, dass es sich beim gegenständlichen Objekt um ein bedeutendes Beispiel des Eisenbahnbrückenbaues handle. Es sei sowohl auf Grund seiner gewählten Konstruktionsart als auch seiner besonderen Dimensionen als Repräsentant und Dokument einer bedeutenden technik-, wirtschafts- und kulturgeschichtlichen Entwicklung zu betrachten. Ein Verfallszustand, der eine Sanierung notwendig mache, die das Denkmal seiner Bedeutung als Dokument beraube (§ 1 Abs. 10 DMSG) liege jetzt nicht vor. Dass einzelne Reparaturarbeiten schon jetzt, andere in 20 Jahren anfallen würden, erfülle diesen Tatbestand nicht.
Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluss vom 24. September 2001, B 1071/01-3, ihre Behandlung ab und trat sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
In der für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzten Beschwerde wird die Verletzung im "subjektiv öffentlichen Recht auf bescheidmäßigen Betrieb der Eisenbahnanlage" im Sinne des § 18 Abs. 1 des Eisenbahngesetzes 1957 (Eisenbahngesetz) geltend gemacht; die beschwerdeführende Partei sei berechtigt, die Eisenbahn nach Maßgabe der Rechtsvorschriften, der Konzession und nach dem Ergebnis des eisenbahnrechtlichen Baugenehmigungsverfahrens oder der sonst erforderlichen Genehmigungen (§ 36 Eisenbahngesetz) zu bauen und zu betreiben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin bestreitet den von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt nicht, sie spricht der gegenständlichen Brücke ihre im denkmalschutzrechtlichen Sinn hervorragende Bedeutung nicht ab. Sie bringt in der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof nur vor, dass dem DMSG kein Vorrang vor dem Eisenbahngesetz zukomme. Aus dem Eisenbahngesetz ergäben sich Instandhaltungs- und Betriebspflichten. Durch die Unterschutzstellung wäre ein wirtschaftlicher Betrieb der Eisenbahnlinie nicht mehr möglich und müsste diese daher eingestellt werden.
Gemäß Art. II Abs. 5 BGBl. I Nr. 170/1999 sind Verfahren nach der bisherigen Fassung des Denkmalschutzgesetzes, die noch nicht abgeschlossen sind, nach dem DMSG in der Fassung BGBl. I Nr. 170/1999 fortzuführen.
Die hier maßgeblichen Bestimmungen lauten:
"§ 1. (1) Die in diesem Bundesgesetz enthaltenen Bestimmungen finden auf von Menschen geschaffene unbewegliche und bewegliche Gegenstände (einschließlich Überresten und Spuren gestaltender menschlicher Bearbeitung sowie künstlich errichteter oder gestalteter Bodenformationen) von geschichtlicher, künstlerischer oder sonstiger kultureller Bedeutung ('Denkmale') Anwendung, wenn ihre Erhaltung dieser Bedeutung wegen im öffentlichen Interesse gelegen ist. Diese Bedeutung kann den Gegenständen für sich allein zukommen, aber auch aus der Beziehung oder Lage zu anderen Gegenständen entstehen. 'Erhaltung' bedeutet Bewahrung vor Zerstörung, Veränderung oder Verbringung ins Ausland.
(2) Die Erhaltung liegt dann im öffentlichen Interesse, wenn es sich bei dem Denkmal aus überregionaler oder vorerst auch nur regionaler (lokaler) Sicht um Kulturgut handelt, dessen Verlust eine Beeinträchtigung des österreichischen Kulturgutbestandes in seiner Gesamtsicht hinsichtlich Qualität sowie ausreichender Vielzahl, Vielfalt und Verteilung bedeuten würde. Wesentlich ist auch, ob und in welchem Umfang durch die Erhaltung des Denkmals eine geschichtliche Dokumentation erreicht werden kann.
...
(4) Das öffentliche Interesse an der Erhaltung im Sinne des Abs. 1 (Unterschutzstellung) wird wirksam kraft gesetzlicher Vermutung (§ 2) oder durch Verordnung des Bundesdenkmalamtes (§ 2a) oder durch Bescheid des Bundesdenkmalamtes (§ 3) oder durch Verordnung des Österreichischen Staatsarchivs (§ 25a). Bei Ensembles und Sammlungen kann das öffentliche Interesse an der Erhaltung als Einheit nur durch Bescheid des Bundesdenkmalamtes wirksam werden.
(5) Ob ein öffentliches Interesse an der Erhaltung eines Einzeldenkmals, eines Ensembles oder einer Sammlung besteht sowie ob oder wie weit es sich (auch) um eine Einheit handelt, die als einheitliches Ganzes zu erhalten ist, ist vom Bundesdenkmalamt unter Bedachtnahme auf diesbezügliche wissenschaftliche Forschungsergebnisse zu entscheiden. Bei der Auswahl der Objekte, die unter Denkmalschutz gestellt werden, ist die Bewertung in den vom Bundesdenkmalamt geführten bzw. verfassten Denkmalverzeichnissen zu berücksichtigen. Allgemein anerkannte internationale Bewertungskriterien können in die Beurteilungen mit einbezogen werden. Wenn eine ausreichende Erforschung von Denkmalen - wie insbesondere bei nicht ausgegrabenen Bodendenkmalen - noch nicht abgeschlossen ist, ist die Feststellung des öffentlichen Interesses an der Erhaltung der Denkmale nur dann zulässig, wenn die für die Unterschutzstellung erforderlichen Fakten auf Grund des wissenschaftlichen Erkenntnisstandes wenigstens wahrscheinlich sind und die unversehrte Erhaltung der Denkmale andernfalls gefährdet wäre; eine solche Unterschutzstellung kann auch zeitmäßig begrenzt erfolgen.
(6) Die Feststellung des öffentlichen Interesses an der Erhaltung eines Denkmals erfolgt stets in jenem Zustand, in dem es sich im Zeitpunkt des Rechtswirksamwerdens der Unterschutzstellung befindet.
...
(8) Werden nur Teile eines Denkmals geschützt (Teilunterschutzstellung), so umfasst dieser Schutz auch die übrigen Teile in jenem Umfang, als dies für die denkmalgerechte Erhaltung der eigentlich geschützten Teile notwendig ist.
...
(10) Die Erhaltung kann nicht im öffentlichen Interesse gelegen sein, wenn sich das Denkmal im Zeitpunkt der Unterschutzstellung in einem derartigen statischen oder sonstigen substanziellen (physischen) Zustand befindet, dass eine Instandsetzung entweder überhaupt nicht mehr möglich ist oder mit so großen Veränderungen in der Substanz verbunden wäre, dass dem Denkmal nach seiner Instandsetzung Dokumentationswert und damit Bedeutung als Denkmal nicht mehr in ausreichendem Maße zugesprochen werden könnte. Ausgenommen sind Denkmale, denen auch als Ruinen Bedeutung im obigen Sinn zukommt.
...
§ 3. (1) Bei Denkmalen, die nicht bloß kraft gesetzlicher Vermutung oder durch Verordnung unter Denkmalschutz stehen, gilt ein öffentliches Interesse an ihrer Erhaltung erst dann als gegeben, wenn sein Vorhandensein vom Bundesdenkmalamt durch Bescheid festgestellt worden ist (Unterschutzstellung durch Bescheid)."
Wie der Verwaltungsgerichtshof zu § 1 Abs. 1 DMSG in insofern auch zur durch die Novelle BGBl. I Nr. 170/1999 geschaffenen Gesetzeslage weiter maßgeblicher, ständiger Rechtsprechung (vgl. aus vielen die hg. Erkenntnisse vom 25. April 1991, Zl. 91/09/0019, und vom 13. Februar 1997, Zl. 94/09/0320) dargetan hat, sind die Merkmale für das Vorliegen der Denkmaleigenschaft in alternativem Sinne (arg.: "oder") umschrieben; es reicht daher für die Denkmaleigenschaft aus, wenn die Bedeutung des Gegenstandes in einem der drei im Gesetz genannten Bereiche, dem geschichtlichen oder dem künstlerischen oder dem kulturellen, besteht. Andere Gründe wie etwa solche der Wirtschaftlichkeit, Nutzbarkeit, Zumutbarkeit oder Gründe finanzieller Art rechtfertigen wie sonstige öffentliche oder private Gründe weder die Befürwortung noch die Ablehnung der Denkmaleigenschaft eines Gegenstandes. In einem Verfahren betreffend die Unterschutzstellung (nach den §§ 1 und 3 DMSG) ist die im öffentlichen Interesse bestehende Erhaltungswürdigkeit ausschließlich nach der geschichtlichen, künstlerischen oder sonstigen kulturellen Bedeutung des Gegenstandes zu prüfen, während die technische Möglichkeit der (weiteren) Erhaltung des Gegenstandes auf bestimmte oder unbestimmte Zeit, die Kosten einer solcher Erhaltung und die Wirtschaftlichkeit der Aufwendung solcher Kosten in diesem Verfahren unbeachtlich sind. Eine Abwägung möglicherweise widerstreitender öffentlicher Interessen an der Erhaltung des Denkmales wegen seiner geschichtlichen, künstlerischen oder sonstigen kulturellen Bedeutung gegenüber nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten ausgerichteten privaten Interessen hat in diesem Verfahren nicht stattzufinden.
Derartige Gesichtspunkte können jedoch im Verfahren gemäß § 5 DMSG vorgebracht werden (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 20. November 2001, Zl. 2001/09/0072). Die Bestimmung des § 5 Abs. 1 DMSG schafft die rechtliche Möglichkeit, die Zerstörung eines geschützten Denkmals oder seine Veränderung zu gestatten. Aus ihr ist in Verbindung mit den übrigen Bestimmungen des Gesetzes (vgl. insbesondere § 1 Abs. 1 und § 2) abzuleiten, dass die zur Entscheidung berufene Behörde bei der Erledigung eines Antrages auf Zerstörung oder Veränderung eines Denkmales die Gründe, die für die Erhaltung des Denkmales seiner geschichtlichen, künstlerischen oder sonstigen kulturellen Bedeutung wegen sprechen, mit jenen Interessen abzuwägen hat, die der Antragsteller gemäß § 5 Abs. 1 zweiter Satz DMSG für die Zerstörung geltend gemacht hat. Mangels jeglicher Einschränkung können die vom Antragsteller geltend gemachten Gründe sowohl öffentliche als auch private Interessen betreffen (so schon VfSlg. 11019/1986; vgl. aber auch den AB zur Novelle 1978, 795 BlgNR. 14. GP zu § 5 Abs. 1, Seite 2, wonach es dem Antragsteller freisteht, alle Gründe vorzutragen, die seiner Meinung nach für die Veränderung oder Zerstörung eines unter Denkmalschutz stehenden Objektes sprechen). Dazu gehört auch das Vorbringen, die Erhaltung des Denkmales wäre wirtschaftlich - im gegenständlichen Fall nach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren in unveränderter Gestalt - nicht zumutbar (vgl. die Ausführungen im hg. Erkenntnis vom 19. Mai 1993, Zl. 93/09/0066 mwN, welche im genannten Umfang auch nach der Nov. BGBl. I Nr. 170/1999 weiter gültig sind). Mit der Nov. BGBl. I Nr. 170/1999 wurde zudem in § 5 Abs. 1 DMSG der Satz eingefügt:
"Werden Bewilligungen für Veränderungen beantragt, die zugleich eine dauernde wirtschaftlich gesicherte Erhaltung des Objektes bewirken, so ist dieser Umstand besonders zu beachten."
Dass Lebenssachverhalte unter verschiedenen Gesichtspunkten gesetzlichen Regelungen unterworfen werden (hier: der Betrieb und die Erhaltung einer Brücke unter dem Gesichtspunkt des Eisenbahnwesens einerseits und des Denkmalschutzes andererseits) ist im Übrigen nichts Ungewöhnliches. Hinzuweisen ist auch darauf, dass die Berechtigung des Eisenbahnunternehmens, die Eisenbahn zu bauen und zu betreiben, gemäß § 18 Abs. 1 des Eisenbahngesetzes 1957 nur "nach Maßgabe der Rechtsvorschriften" besteht.
Die Unterschutzstellung gemäß §§ 1 und 3 DMSG war daher nicht rechtswidrig; die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 23. Mai 2002
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