Normen
AuslBG §2 Abs2 lita;
AuslBG §2 Abs2 litb;
AuslBG §2 Abs2;
AuslBG §2 Abs4;
AuslBG §28 Abs7;
AuslBG §2 Abs2 lita;
AuslBG §2 Abs2 litb;
AuslBG §2 Abs2;
AuslBG §2 Abs4;
AuslBG §28 Abs7;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis des Magistrats der Stadt Wien (Magistratisches Bezirksamt für den 16. Bezirk) vom 8. März 2000 wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe es als persönlich haftender Gesellschafter und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Ü-KEG zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Arbeitgeberin mit Sitz in W 16, N Straße, am 13. Mai 1999 in ihrem Betrieb in W 16, N Straße, einen näher genannten Ausländer, nämlich den türkischen Staatsangehörigen S, als Hilfsarbeiter auf der näher bezeichneten auswärtigen Arbeitsstelle in Wien 23, beschäftigt habe, obwohl für diesen Ausländer weder eine gültige Beschäftigungsbewilligung erteilt noch eine Anzeigebestätigung oder eine gültige Arbeitserlaubnis oder ein gültiger Befreiungsschein ausgestellt worden sei. Wegen der Übertretung des § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz, BGBl. Nr. 218/1975 (AuslBG), in der geltenden Fassung, wurde der Beschwerdeführer mit einer Geldstrafe in der Höhe von S 30.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Wochen) und Kostenersatz bestraft.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG insofern Folge gegeben, als die Geldstrafe auf S 15.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe auf vier Tage) herabgesetzt wurde. Der Kostenersatz des erstinstanzlichen Verfahrens wurde entsprechend reduziert und gemäß § 65 VStG wurde dem Beschwerdeführer kein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt. Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und Hinweis auf die durchgeführte mündliche Berufungsverhandlung am 14. November 2000 führte die belangte Behörde im Wesentlichen begründend aus, dass als erwiesen festgestellt werde, dass die Ü KEG, deren persönlich haftender Gesellschafter der Beschwerdeführer gewesen sei, unbefugterweise das Transportgewerbe ausgeübt habe. Sie habe sich bei der Ausübung dieses Gewerbes (u.a.) des von ihr angemieteten LKWs mit näher bezeichnetem Kennzeichen bedient. Für diesen LKW seien Austauschteile benötigt worden. K habe sich bereit erklärt, dass die benötigten Ersatzteile aus einem in seiner Verfügungsgewalt stehenden LKW-Wrack ausgebaut werden. S habe die Durchführung dieser Aus- und Einbauarbeiten für den Beschwerdeführer bzw. die von diesem repräsentierte Ü KEG übernommen. Er sei zu diesem Zweck am 13. Mai 1999 gemeinsam mit dem Beschwerdeführer zu einem näher genannten Ort in Wien 23 gefahren. Sie hätten vorerst gemeinsam das LKW-Wrack hochgehoben. S habe sich sodann unter dieses Fahrzeug gelegt und habe mit den Ausbauarbeiten begonnen. Während dieser Tätigkeit sei das LKW-Wrack umgekippt, wobei S schwer verletzt worden und in weiterer Folge verstorben sei. Für eine Beschäftigung des S, der nicht im Besitz der österreichischen Staatsbürgerschaft gewesen sei, sei keine arbeitsmarktbehördliche Bewilligung nach dem AuslBG erteilt worden. Der als erwiesen festgestellte Sachverhalt spreche für das Vorliegen von nach dem AuslBG relevanten Tätigkeiten des S in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit von der Ü KEG als dessen Arbeitgeberin. Dem Berufungsvorbringen, es hätte kein Arbeitsverhältnis zwischen der Ü KEG und S bestanden, dieser sei vielmehr bei der K-KEG beschäftigt gewesen und hätte zum Tatzeitpunkt an dem im Eigentum der K-KEG gestandenen LKW-Wrack Ausbauarbeiten durchgeführt, sei entgegenzuhalten gewesen, dass S die konkreten verfahrensgegenständlichen Arbeiten nicht im Auftrag und Interesse der K-KEG, sondern des Berufungswerbers bzw. der von ihm repräsentierten Ü KEG durchgeführt habe. Der Umstand, dass S zu dieser Zeit allenfalls (auch) in einem Beschäftigungsverhältnis zur K-KEG gestanden sei, habe an der Arbeitgebereigenschaft der Ü KEG für die hier verfahrensgegenständlichen Arbeiten nichts zu ändern vermocht. Auch bloß kurzfristige Beschäftigungsverhältnisse in einem (unbefugten) Gewerbebetrieb unterlägen dem AuslBG. Die bloße Behauptung, der Beschwerdeführer habe S gut gekannt, habe für die Annahme einer spezifischen Bindung und sohin für die Annahme eines bloßen Gefälligkeitsdienstes, der nicht unter die bewilligungspflichtige Beschäftigung des AuslBG gefallen wäre, nicht ausgereicht. Nach Durchführung des Beweisverfahrens sei nicht glaubhaft hervorgekommen, dass für die Tätigkeit Unentgeltlichkeit vereinbart gewesen wäre. Es seien auch keine Anhaltspunkte für die Annahme hervorgekommen, dass den Beschwerdeführer an der Übertretung kein Verschulden treffe. Dem Beschwerdeführer sei der ihm spruchgemäß zur Last gelegte nur kurze Beschäftigungszeitraum zu Gute zu halten gewesen, der objektive Unrechtsgehalt der Tat und das Verschulden des Beschwerdeführers seien nicht erheblich und die persönlichen Verhältnisse seien als ungünstig zu werten gewesen. Dem gemäß sei die Strafe auf S 15.000,-- herabzusetzen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte unter Abstandnahme von der Erstattung einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die hier anzuwendenden Bestimmungen des AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975 idF BGBl. I Nr. 78/1997, lauten wie folgt:
"§ 2. ...
(2) Als Beschäftigung gilt die Verwendung
a) in einem Arbeitsverhältnis,
b) in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, sofern
die Tätigkeit nicht auf Grund gewerberechtlicher oder sonstiger
Vorschriften ausgeübt wird,
c) in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der
Tätigkeiten nach § 3 Abs. 5,
- d) nach den Bestimmungen des § 18 oder
- e) überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs. 4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988. ...
...
(4) Für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs. 2 vorliegt, ist der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend. ...
...
§ 3. (1) Ein Arbeitgeber darf, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung oder eine EU-Entsendebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt. ...
...
§ 28. (1) Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen,
1. wer
a) entgegen dem § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 oder 4c) erteilt noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs. 5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§ 15 und § 4c) ausgestellt wurde, ...
...
bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 10.000 S bis zu 60.000 S, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 20.000 S bis zu 120.000 S, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 20.000 S bis zu 120.000 S, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 40.000 S bis zu 240.000 S;
...
(7) Wird ein Ausländer in Betriebsräumen, an Arbeitsplätzen oder auf auswärtigen Arbeitsstellen eines Unternehmens angetroffen, die im Allgemeinen Betriebsfremden nicht zugänglich sind, ist das Vorliegen einer nach diesem Bundesgesetz unberechtigten Beschäftigung von der Bezirksverwaltungsbehörde ohne weiteres anzunehmen, wenn der Beschäftiger nicht glaubhaft macht, dass eine unberechtigte Beschäftigung nicht vorliegt."
Der Beschwerdeführer lässt unbestritten, dass S an einem Feiertag eine Feder aus einem LKW-Wrack, das im Eigentum der K-KEG gestanden sei, ausbauen habe wollen, da sie in einem LKW der Ü KEG, deren persönlich haftender Gesellschafter er sei, benötigt worden sei.
Insoweit der Beschwerdeführer erstmals in der Beschwerde geltend macht, dass S als türkischer Staatsbürger kein "Ausländer" im Sinne des AuslBG gewesen sei, und dass er gemäß dem Beschluss des Assoziationsrates EWG-Türkei (ARB Nr. 1/1980) auf Grund seiner mehr als vier Jahre währenden Integration in den österreichischen Arbeitsmarkt keine Beschäftigungsbewilligung benötigt habe, verletzt er das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot (vgl. § 41 Abs. 1 VwGG).
Der Beschwerdeführer weist aber weiter darauf hin, dass für die Tätigkeit des S kein Entgelt vereinbart worden sei, und dass er dem S auch keine Weisungen bezüglich Arbeitszeit, -ort usw. habe erteilen können. Der Sachverhalt lasse nicht die Schlussfolgerung zu, es habe zwischen ihm und S ein Rechtsverhältnis bestanden, das dem Beschwerdeführer erlaubt hätte, S "auch einen Auftrag" zu erteilen.
Bereits in der aktenkundigen Anzeige der Bundespolizeidirektion Wien vom 13. Mai 1999 - somit unmittelbar nach dem Unfall - wird der Beschwerdeführer mit der Aussage zitiert, dass keiner der Anwesenden in seiner Firma beschäftigt sei, und dass ihm alle freiwillig geholfen hätten. Auch ein weiterer Zeuge, G, hat demzufolge nach dem Vorfall angegeben, dass die bei dem betreffenden Vorfall anwesenden Personen S, K, G und Ü "alle Freunde" seien. In der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde hat der Beschwerdeführer neuerlich ausgeführt, dass S ihm seine Hilfe angeboten und gesagt habe, wenn er einmal Hilfe bräuchte, könnte sich der Beschwerdeführer dann revanchieren. Sie hätten über eine Entlohnung nicht gesprochen und das als Kleinigkeit betrachtet. Auch der Inhaber der K-KEG, K, hat dem Protokoll der mündlichen Verhandlung zufolge in dieser ausgeführt, dass er den Beschwerdeführer schon sehr lange kenne und dieser mit S aber noch besser befreundet gewesen sei, dass er gar keine Vereinbarung mit dem Beschwerdeführer getroffen habe, vielmehr habe ihn S darauf angesprochen, ob es möglich wäre, aus einem seiner LKW-Wracks Teile für den LKW des Beschwerdeführers auszubauen. K habe sich damit einverstanden erklärt.
Als Gefälligkeitsdienste können kurzfristige, freiwillige und unentgeltliche Dienste anerkannt werden, die vom Leistenden auf Grund spezifischer Bindungen zwischen ihm und dem Leistungsberechtigten erbracht werden. Der Übergang zwischen Gefälligkeitsdienst und kurzfristiger Beschäftigung im Sinne des AuslBG ist fließend. Es ist eine Würdigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmen, um einen Gefälligkeitsdienst annehmen zu können. Wesentlich ist für die Annahme eines Gefälligkeitsdienstes die Freiwilligkeit der Arbeitsleistung insofern, als keine Verpflichtung zu ihrer Erbringung bestehen darf (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 27. März 2003, Zl. 2000/09/0017, m.w.N.).
Die belangte Behörde hat das Vorliegen eines Gefälligkeitsdienstes damit verneint, dass die bloße Behauptung, der Beschwerdeführer habe S gut gekannt, für die Annahme einer spezifischen Bindung und sohin für die Annahme eines bloßen Gefälligkeitsdienstes nicht ausreiche. Mit dieser Begründung hat sie sich jedoch zum einen nicht mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung, wonach ihm alle freiwillig geholfen hätten, auseinander gesetzt. Zum anderen, haben sämtliche beim Unfall anwesende Personen - so abgesehen vom Beschwerdeführer auch G und K - im Laufe des Verfahrens angegeben, dass der Beschwerdeführer und S miteinander gut befreundet gewesen seien, die belangte Behörde hat es jedoch nicht für notwendig befunden sich damit - und mit der Glaubwürdigkeit dieser Angaben - näher zu befassen.
Im Übrigen hat der Beschwerdeführer in der Berufung ausgeführt, dass "ein Entgelt für die Feder oder für irgendeine Leistung ausdrücklich nicht vereinbart gewesen sei". Diesbezüglich hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid lediglich festgestellt, dass nach der Durchführung des Beweisverfahrens nicht glaubhaft hervorgekommen sei, dass für die Tätigkeit Unentgeltlichkeit vereinbart gewesen wäre. Es ist dem angefochtenen Bescheid jedoch keine Begründung dafür zu entnehmen, weshalb die belangte Behörde zu diesem Ergebnis kommt, und warum sie den diesbezüglichen Angaben des Beschwerdeführers in der Berufung keinen Glauben schenkt.
Für eine Beschäftigung gemäß § 2 Abs. 2 lit. a als auch gemäß § 2 Abs. 2 lit. b AuslBG ist jedoch die Entgeltlichkeit ein wesentliches Merkmal, wobei sich der Anspruch des Arbeitenden auf Bezahlung aus einer mit dem Arbeitgeber getroffenen Vereinbarung, allenfalls aber auch unmittelbar aus arbeitsrechtlichen Vorschriften (aus kollektivvertraglichen Regelungen) ergeben kann. Zwar kann dieses Merkmal grundsätzlich auch durch andere als finanzielle Gegenleistungen erfüllt sein, etwa durch die Erbringung von Naturalleistungen. Jedoch muss - manifestiert auch in einer Gegenleistung - bei der gemäß § 2 Abs. 4 AuslBG gebotenen Betrachtung des wahren wirtschaftlichen Gehalts und nicht der äußeren Erscheinungsform jedenfalls ein Mindestmaß an wirtschaftlicher und persönlicher Abhängigkeit der Arbeitskraft bestehen, um vom Vorliegen einer Beschäftigung sprechen zu können (vgl. erneut das bereits zitierte Erkenntnis vom 27. März 2003). Ohne die Feststellung einer persönlichen oder wirtschaftlichen Abhängigkeit, einer Gegenleistung oder zumindest der Verpflichtung zur Erbringung einer Gegenleistung durch den präsumptiven Arbeitgeber durfte die belangte Behörde sohin keinen rechtlichen Schluss auf das Vorliegen einer Beschäftigung gemäß § 2 Abs. 2 AuslBG ziehen; das bloße Aus- bzw. Einbauen einer Feder in einen LKW stellt für sich genommen nämlich noch keine Beschäftigung im Sinne dieser Vorschrift dar, zumal die belangte Behörde im vorliegenden Fall auch nicht festgestellt hat, dass die Voraussetzungen des § 28 Abs. 7 AuslBG vorgelegen seien.
Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 25. Februar 2004
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