Normen
AlVG 1977 §10 Abs1;
AlVG 1977 §38;
AlVG 1977 §9 Abs1;
AlVG 1977 §9 Abs2;
AlVG 1977 §9 Abs3;
AlVG 1977 §10 Abs1;
AlVG 1977 §38;
AlVG 1977 §9 Abs1;
AlVG 1977 §9 Abs2;
AlVG 1977 §9 Abs3;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist seit 1998 ununterbrochen Bezieher von Geldleistungen aus der Arbeitslosenversicherung.
Am 6. Juli 2000 wurde dem Beschwerdeführer vom Arbeitsmarktservice Wien eine Beschäftigung als Wäschereiarbeiter bei der einer näher bezeichneten GmbH zugewiesen. Über die Nichtannahme dieser zugewiesenen Beschäftigung wurde am 18. Juli 2000 bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice mit dem Beschwerdeführer eine Niederschrift aufgenommen, in der unter anderem Folgendes zu lesen ist: "Ich habe das Stellenangebot abgelehnt, weil mir die Entlohnung zu gering ist, die Tätigkeit nicht meinen Qualifikationen entspricht und ich dort keine Aufstiegsmöglichkeiten hätte."
Mit Bescheid vom 27. Juli 2000 sprach die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice aus, dass der Beschwerdeführer den Anspruch auf Notstandshilfe gemäß § 38 in Verbindung mit § 10 AlVG für die Zeit vom 10. Juli 2000 bis 20. August 2000 verloren habe und eine Nachsicht nicht erteilt werde. In der Begründung wurde nach Wiedergabe der angeführten Gesetzesstellen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe eine von der regionalen Geschäftsstelle zugewiesene zumutbare Beschäftigung nicht angenommen. Berücksichtigungswürdige Gründe für eine Nachsicht lägen nicht vor.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Er führte aus, er habe in dem am 10. Juli 2000 geführten Vorstellungsgespräch darum gebeten, ihm die genaue Arbeitszeit und die Entlohung bekannt zu geben, da im Vermittlungsangebot lediglich eine Arbeitszeit "nach Absprache" und Entlohnung "ab S 68,70" angegeben gewesen sei. Der Beschwerdeführer wies darauf hin, dass er bereits vor elf Jahren einen Stundenlohn von 70 Schilling erhalten habe. Weiters führte er aus, er habe auf seine Frage bezüglich der Arbeitszeit keine Antwort, sondern lediglich die Bestätigung "Nicht eingestellt" erhalten. Auf Grund der Tatsache, dass seine Gattin im Haushalt tätig sei und somit kein Einkommen beziehe, sei er auf ein Einkommen angewiesen, das seine finanziellen Verpflichtungen decke. Auf eine Beschäftigung, bei der er nicht wisse, wie oft er zur Arbeit eingesetzt werde und wie hoch daher sein Gehalt sein werde, habe er sich daher nicht einlassen können.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde der Berufung keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt. In der Begründung wurde ausgeführt, das Dienstverhältnis sei seitens des Dienstgebers deshalb nicht zu Stande gekommen, weil dem Beschwerdeführer die Entlohnung zu niedrig gewesen sei. Es habe sich um eine Vollbeschäftigung gehandelt. Die Entlohnung habe dem anzuwendenden Kollektivvertrag entsprochen. Der Beschwerdeführer hätte die angebotene Beschäftigung annehmen müssen, weil dadurch seine Arbeitslosigkeit beendet worden wäre. Nachsicht habe nicht erteilt werden können.
Im Rahmen des Berufungsverfahrens seien dem Beschwerdeführer sowohl die gesetzlichen Bestimmungen als auch die schriftlichen Angaben des Dienstgebers zur Kenntnis gebracht worden. Dazu habe der Beschwerdeführer schriftlich bekannt gegeben, dass der Dienstgeber ihm gegenüber beim Vorstellungsgespräch keinerlei Auskünfte über die Arbeitszeit gegeben habe und es daher für ihn nicht sicher gewesen sei, ob der Unterhalt seiner Familie gesichert gewesen wäre.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Beschwerdeführer erstattete daraufhin eine Gegenäußerung, worin er nochmals ausführt, dass er das Stellenangebot niemals abgelehnt und somit auch kein Verhalten i.S.d. § 10 AlVG gesetzt hätte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 10 Abs. 1 AlVG verliert ein Arbeitsloser, der sich weigert, eine ihm von der regionalen Geschäftsstelle zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt, für die Dauer der Weigerung, jedenfalls aber für die Dauer der auf die Weigerung folgenden sechs Wochen, den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Diese Bestimmung ist gemäß § 38 AlVG auch auf die Notstandshilfe sinngemäß anzuwenden. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. zuletzt das Erkenntnis vom 23. April 2003, Zl. 2002/08/0275) sind die genannten Bestimmungen Ausdruck des dem gesamten Arbeitslosenversicherungsrecht zu Grunde liegenden Gesetzeszweckes, den arbeitslos gewordenen Versicherten, der trotz Arbeitsfähigkeit und Arbeitswilligkeit nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keinerlei Beschäftigung gefunden hat, möglichst wieder durch Vermittlung in eine ihm zumutbare Beschäftigung einzugliedern und ihn so in die Lage zu versetzen, seinen Lebensunterhalt ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel zu bestreiten. Wer eine Leistung der Versichertengemeinschaft der Arbeitslosenversicherung in Anspruch nimmt, muss sich daher darauf einstellen, eine ihm angebotene zumutbare Beschäftigung auch anzunehmen, d.h. bezogen auf eben diesen Arbeitsplatz arbeitswillig zu sein.
Um sich in Bezug auf eine von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vermittelte zumutbare Beschäftigung arbeitswillig zu zeigen, bedarf es grundsätzlich einerseits eines auf die Erlangung dieses Arbeitsplatzes ausgerichteten (und daher unverzüglich zu entfaltenden) aktiven Handelns des Arbeitslosen, andererseits (und deshalb) aber auch der Unterlassung jedes Verhaltens, welches objektiv geeignet ist, das Zustandekommen des konkret angebotenen Beschäftigungsverhältnisses zu verhindern.
Das Nichtzustandekommen eines den Zustand der Arbeitslosigkeit beendenden (zumutbaren) Beschäftigungsverhältnisses kann vom Arbeitslosen somit auf zwei Wegen verschuldet (d.h. dessen Zustandekommen vereitelt) werden:
nämlich dadurch, dass der Arbeitslose ein auf die Erlangung des Arbeitsplatzes ausgerichtetes Handeln erst gar nicht entfaltet (Unterlassen der Vereinbarung eines Vorstellungstermines, Nichtantreten der Arbeit, etc.) oder aber dass er den Erfolg seiner (nach außen zu Tage tretenden) Bemühungen durch ein Verhalten, welches nach allgemeiner Erfahrung geeignet ist, den potenziellen Dienstgeber von der Einstellung des Arbeitslosen abzubringen, zunichte macht.
Unter "Vereitelung" im Sinne des § 10 Abs. 1 AlVG ist daher ein auf das zugewiesene Beschäftigungsverhältnis bezogenes Verhalten des Vermittelten zu verstehen, das - bei Zumutbarkeit der Beschäftigung - das Nichtzustandekommen des konkret angebotenen Beschäftigungsverhältnisses herbeiführt; das Nichtzustandekommen muss in einem darauf gerichteten oder diese zumindest in Kauf nehmenden Tun des Vermittelten seinen Grund haben. Die Vereitelung im Sinne des § 10 Abs. 1 AlVG erfordert ein vorsätzliches Handeln des Vermittelten, wobei bedingter Vorsatz genügt. Ein bloß fahrlässiges Handeln, also die Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt, reicht zur Verwirklichung dieses Tatbestandes hingegen nicht aus (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung etwa das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 2000, 98/08/0242).
Die belangte Behörde stellte fest, dass das Dienstverhältnis nicht zu Stande gekommen sei, weil dem Beschwerdeführer die Entlohnung zu gering gewesen sei. Diese Entlohnung habe dem Kollektivvertrag entsprochen. Bei der angebotenen Beschäftigung habe es sich um eine Vollbeschäftigung gehandelt.
Der Beschwerdeführer rügt, die belangte Behörde habe die Prüfung der Zumutbarkeit der angebotenen Beschäftigung und seiner Ablehnung unterlassen.
Mit diesem Vorbringen setzt er sich in Widerspruch zu den Feststellungen im angefochtenen Bescheid. Das Vorbringen ist daher als Bekämpfung der Feststellung des Sachverhaltes durch die belangte Behörde anzusehen. Die belangte Behörde hat aus den ihr vorliegenden Beweismitteln geschlossen, dass der Beschwerdeführer die in Rede stehende Beschäftigung abgelehnt hat, weil ihm die Entlohnung zu gering war.
In Fällen, in denen die Behörde in Ausübung der freien Beweiswürdigung zu ihrer Erledigung gelangt, obliegt dem Verwaltungsgerichtshof die Prüfung, ob die Tatsachenfeststellungen auf aktenwidrigen Annahmen oder auf logisch unhaltbaren Schlüssen beruhen oder in einem mangelhaften Verfahren zu Stande gekommen sind. Dieser Prüfung hält die Beweiswürdigung der belangten Behörde stand. Die belangte Behörde konnte sich bei der Feststellung, das Dienstverhältnis sei nicht zu Stande gekommen, weil dem Beschwerdeführer die Entlohnung zu gering gewesen sei, nicht nur auf die Angaben des präsumtiven Dienstgebers, sondern auch auf die Angaben des Beschwerdeführers bei seiner Einvernahme am 18. Juli 2000 stützen. Nach dem Akteninhalt hat er dort erklärt, er habe das Stellenangebot abgelehnt, weil ihm die Entlohnung zu gering sei, die Tätigkeit nicht seinen Qualifikationen entspreche und er dort keine Aufstiegsmöglichkeiten gehabt hätte. Wenn die belangte Behörde diese übereinstimmenden Angaben ihren Feststellungen zu Grunde gelegt hat und nicht die vom Beschwerdeführer erstmals in seiner Berufung dargestellte Version, ihm sei auf seine Frage nach der Arbeitszeit und der Entlohnung keine Antwort erteilt, sondern lediglich die Bestätigung "Nicht eingestellt" ausgefolgt worden, ist die Annahme der belangten Behörde nicht unschlüssig. Die übrigen Ausführungen in seiner Berufung, dass er bereits vor elf Jahren einen Stundenlohn von S 70,-- erhalten habe, sprechen nicht gegen seine Ausführungen in der Niederschrift vom 18. Juli 2000, wonach ihm die Entlohnung zu gering gewesen sei, sondern bestätigen diese.
Auch die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde dieser in einem mängelfreien Verfahren zu Stande gekommenen Feststellungen ist nicht rechtswidrig:
Als angemessene Entlohnung im Sinne des § 9 Abs. 2 AlVG ist das nach dem (im konkreten Fall anzuwendenden) Kollektivvertrag gebührende Entgelt für die konkret zugewiesene Beschäftigung anzusehen. Das Kriterium der "angemessenen" Entlohnung im Sinne des § 9 Abs. 2 AlVG stellt nicht auf die individuelle Bedarfssituation oder Wunschvorstellung des Arbeitslosen ab, sondern auf objektive Gegebenheiten des Arbeitsmarktes. Auf die Höhe des vom Arbeitslosen vorher erzielten Verdienstes oder auch nur die Höhe eines "Durchschnittsverdienstes" kommt es nicht an (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 2000, Zl. 98/08/0242).
Ein von den Kriterien des § 9 AlVG unabhängiges Recht des Arbeitslosen zur sanktionslosen Ablehnung einer Beschäftigung wegen ihres Ausmaßes ist dem Gesetz ebenso wenig entnehmbar wie eine Differenzierung danach, ob der Arbeitslose in der Vergangenheit Ganztagsbeschäftigungen oder Teilzeitbeschäftigungen ausgeübt hat. Ein Arbeitsloser muss daher zur Annahme einer (die Geringfügigkeitsgrenze überschreitenden und Arbeitslosigkeit daher ausschließenden) Teilzeitbeschäftigung bereit sein, um das Erfordernis der Arbeitswilligkeit zu erfüllen (vgl. zuletzt das Erkenntnis vom 24. November 2000, Zl. 2000/19/0062).
Die Beschwerde erwies sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 17. März 2004
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