VwGH 2001/07/0151

VwGH2001/07/015121.3.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Bumberger und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, in der Beschwerdesache der R reg. Genossenschaft m.b.H. in S, vertreten durch Mag. Friedrich Kühleitner und Mag. Franz Lochbichler, Rechtsanwälte in Schwarzach/Pongau, Markt 7, gegen den Bescheid des Obersten Agrarsenates beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft Umwelt und Wasserwirtschaft vom 12. September 2001, Zl. 711.130/2-OAS/01, betreffend Übergang der Entscheidungspflicht in einer Angelegenheit betreffend agrargemeinschaftliches Anteilsrecht (mitbeteiligte Parteien: 1. GS und 2. TS, beide in G, beide vertreten durch Dr. Herbert Pflanzl, Rechtsanwalt in Salzburg, Ginzkeyplatz 10/II), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §73 Abs2;
VwGG §33 Abs1;
AVG §73 Abs2;
VwGG §33 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als gegenstandslos erklärt und das Verfahren eingestellt.

Die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens haben die Kosten selbst zu tragen.

Begründung

Mit Bescheid vom 30. Juli 1984 wurden gemäß § 91 des Salzburger Flurverfassungs-Landesgesetzes 1973, LGBl. Nr. 1/1973, die in diesem Bescheid angeführten Liegenschaften als Stammsitzliegenschaften an der Agrargemeinschaft Seeweide festgestellt. Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens wurde am 9. Mai 1984 eine agrarbehördliche Verhandlung durchgeführt, in deren Rahmen mit den dabei anwesenden Parteien die anteilsberechtigten Stammsitzliegenschaften ermittelt wurden. U.a. wurden die zum damaligen Zeitpunkt im Grundbuch bei der Liegenschaft EZ 121, KG G (= die heutige Agrargemeinschaft S), im B-Blatt einverleibten Miteigentümer zu dieser Verhandlung geladen. Zum damaligen Zeitpunkt war die beschwerdeführende Partei als einer der Miteigentümer bei dieser Liegenschaft einverleibt. Die seinerzeitigen Miteigentümer der Liegenschaft EZ 12, GB G, "L-Haus", J und HW, waren bei der Liegenschaft EZ 121, KG G, nicht als Miteigentümer einverleibt, weshalb sie diesem Verfahren auch nicht beigezogen wurden. Der Bescheid vom 30. Juli 1984 wurde nur den im Ermittlungsverfahren beteiligten und bekannten Parteien zugestellt.

Soweit für den Verwaltungsgerichtshof aus den vorgelegten Verwaltungsakten zu ersehen ist, stellte das Amt der Salzburger Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz ("Agrarbehörde Salzburg") den Mitbeteiligten als Rechtsnachfolger der seinerzeitigen Eigentümer J und HW mit Schreiben vom 14. Dezember 1999 (abgefertigt am 15. Dezember 1999) den Bescheid vom 30. Juli 1984 "zu Ihrer allfälligen Verwendung" zu. Gleichzeitig teilte die Behörde den Mitbeteiligten mit, weshalb deren Rechtvorgänger weder den zu diesem Bescheid führenden Verfahren beigezogen worden seien, noch den Rechtsvorgängern dieser Bescheid zugestellt worden sei.

Mit Schriftsatz vom 3. Jänner 2000 teilten die mitbeteiligten Parteien der Agrarbehörde erster Instanz mit, dass die seinerzeitigen Miteigentümer der Liegenschaft EZ 12, GB G, sog. "L-Haus", J und HW, zu dieser mündlichen Verhandlung nicht geladen worden seien. Diese wären jedoch zur Verhandlung zu laden gewesen, weil der Anteil an der Agrargemeinschaft S in G stets mit dieser Liegenschaft verbunden gewesen sei. Sie stellten daher den Antrag, ihnen als Rechtsnachfolgern den Bescheid vom 30. Juli 1984 zuzustellen. Gleichzeitig kündigten die Mitbeteiligten die Einbringung einer Berufung gegen diesen Bescheid an.

"Für den Fall der Abweisung bzw. Nichtstattgebung dieses Zustellantrages" erhoben die Mitbeteiligten gegen den Bescheid vom 10. Juli 1984 Berufung. In eventu, "also für den Fall, als dem Antrag auf Zustellung des Bescheides vom 30.07.1984 wie oben genannt an die Antragsteller nicht stattgegeben und auch die Berufung nicht zugelassen wird", stellten die Mitbeteiligten einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens.

Am 15. September 2000 fand vor dem Landesagrarsenat beim Amt der Salzburger Landesregierung (kurz: LAS) eine mündliche Verhandlung über den Zustellantrag, den Wiederaufnahmeantrag und die Berufung der Mitbeteiligten statt. Im Zuge der mündlichen Verhandlung wurde laut Niederschrift vom Rechtsvertreter der Mitbeteiligten u.a. die Erklärung abgegeben, dass ihm der Bescheid vom 30. Juli 1984 bereits am "14. September 1999" zugestellt worden sei, sodass das diesbezügliche Vorbringen (erg.: betreffend Zustellung des Bescheides vom 30. Juli 1984) gegenstandslos sei. Über Vorhalt des Vorsitzenden des LAS, dass die Fristen für die Stellung eines Wiederaufnahmeantrages bereits verstrichen seien, erklärte der Rechtsvertreter der Mitbeteiligten, dass er den Wiederaufnahmeantrag "trotzdem aufrecht" erhalte.

Mit Eingabe vom 22. März 2001 stellte die beschwerdeführende Partei unter Hinweis auf die vor der belangten Behörde am 15. September 2000 beim LAS stattgefundene "Berufungsverhandlung" einen Devolutionsantrag an die belangte Behörde. Es sei seit der mündlichen Verhandlung die 6-monatige Frist im Sinne des § 73 Abs. 1 AVG ungenützt abgelaufen. Die beschwerdeführende Partei habe einen Erledigungsanspruch, weil mit dem durch die Berufung der Mitbeteiligten bekämpften Bescheid vom 30. Juli 1984 ausgesprochen worden sei, dass die Anteilsrechte an der Agrargemeinschaft Seeweide der beschwerdeführenden Partei zustünden.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 12. September 2001 wies die belangte Behörde den Antrag auf Übergang der Entscheidungspflicht als unzulässig zurück. In der Begründung dieses Bescheides wird u.a. ausgeführt, die Mitbeteiligten hätten mit ihrem Antrag vom 3. Jänner 2000 begehrt, dass über ihren Zustellantrag bescheidmäßig abgesprochen werde. Der Berufungsantrag und der Wiederaufnahmeantrag seien nur für den Fall der Abweisung bzw. "Nichtstattgebung" dieses Zustellantrages gestellt worden. Das Amt der Salzburger Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz habe über den primären Zustellantrag, welcher sich im Ergebnis als Parteifeststellungsantrag darstelle, bescheidmäßig abzusprechen. Die Berufung und die Wiederaufnahme stellten sich als Eventualanträge dar. Es bestehe daher keine Zuständigkeit, über diese beiden Eventualanträge abzusprechen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die beschwerdeführende Partei erachtet sich in dem gesetzlich gewährleisteten Recht verletzt, dass die belangte Behörde trotz der Voraussetzungen des § 73 AVG nicht im Devolutionswege über die Berufung und den "eventualiter" gestellten Wiederaufnahmeantrag der Mitbeteiligten vom 3. Jänner 2000 entschieden habe.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer gleichzeitig erstatteten Äußerung unter Hinweis auf einen in Kopie vorgelegten sowie in der Zwischenzeit vom LAS erlassenen und mit 15. September 2000 datierten Bescheid den Antrag gestellt, die Beschwerde gemäß § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos zu erklären und den Kostenersatzantrag der beschwerdeführenden Partei nach § 58 VwGG abzuweisen. Es sei durch den vorzitierten Bescheid vom 15. September 2000 materielle Klaglosstellung der beschwerdeführenden Partei eingetreten. Der angefochtene Bescheid vom 12. September 2001 könnte für die beschwerdeführende Partei keine nachteiligen Wirkungen mehr entfalten und seine Aufhebung könnte sich auf die Rechtsposition der beschwerdeführenden Partei nicht mehr verändernd auswirken.

Mit dem Bescheid des LAS vom 15. September 2000 wurde auf Grund des Antrags der Mitbeteiligten vom 3. Jänner 2000 der Bescheid der Agrarbehörde vom 30. Juli 1984, insoweit er die berechtigte Liegenschaft R-Haus, EZ 24, KG S I, aber bei unveränderten Anteilen betrifft, behoben und zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Agrarbehörde Salzburg zurückverwiesen. Gegen diesen Bescheid ist in der Zwischenzeit eine weitere Beschwerde der auch im vorliegenden Beschwerdefall beschwerdeführenden Partei zu hg. Zl. 2002/07/0013 anhängig. Der Bescheid des LAS vom 15. September 2000 wurde der beschwerdeführenden Partei am 17. Dezember 2001 zugestellt.

Die Mitbeteiligten erstatteten eine Gegenschrift, in der sie eine kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrten.

Wenn während eines Verfahrens über eine Beschwerde gegen den Bescheid, mit welchem ein Devolutionsantrag rechtskräftig zurückgewiesen wurde, die nun wieder zuständig gewordene Unterbehörde über den Antrag, hinsichtlich dessen die Entscheidung der Oberbehörde begehrt wurde, entschieden hat, dann ist das Beschwerdeverfahren gemäß § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und einzustellen. Anderenfalls müsste im Hinblick auf die inzwischen getroffene Entscheidung, welche letztlich mit Beschwerde an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts bekämpft werden kann, im Falle der Aufhebung des angefochtenen - die Devolution betreffenden - Bescheides der Devolutionsantrag von der belangten Behörde neuerdings abgelehnt werden, und zwar nunmehr mit der Begründung, dass die als säumig bezeichnete Unterbehörde nicht mehr säumig erscheine (vgl. den hg. Beschluss vom 5. April 1990, Zl. 89/09/0162, m.w.N.). Das Beschwerdeverfahren war daher in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 lit. b VwGG gebildeten Senat gemäß § 33 Abs. 1 leg. cit. einzustellen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff, insbesondere auf § 58 Abs. 2 letzter Teilsatz VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 21. März 2002

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