VwGH 2001/07/0027

VwGH2001/07/002721.11.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Kante, über die Beschwerde der M in O, vertreten durch Dr. Karl Ulrich Janovsky, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Fallmerayerstraße 12, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 14. Dezember 2000, Zl. LAS - 645/7-00 (mitbeteiligte Partei: S), betreffend Wiederaufnahme eines Verfahrens, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §69;
AVG §70 Abs1;
AVG §70;
AVG §71 Abs2;
AVG §71;
B-VG Art7 Abs1;
B-VG Art83 Abs2;
FlVfGG §34 Abs1;
FlVfGG §34 Abs3;
FlVfGG §34 Abs4;
FlVfGG §34 Abs5;
FlVfLG Tir 1996 §29;
VwRallg;
AVG §69;
AVG §70 Abs1;
AVG §70;
AVG §71 Abs2;
AVG §71;
B-VG Art7 Abs1;
B-VG Art83 Abs2;
FlVfGG §34 Abs1;
FlVfGG §34 Abs3;
FlVfGG §34 Abs4;
FlVfGG §34 Abs5;
FlVfLG Tir 1996 §29;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Tirol hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Amtes der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz (AB) vom 26. September 1967 wurde das Zusammenlegungsverfahren für die landwirtschaftlichen Gründstücke in der KG O eingeleitet; die neu vermessenen Abfindungsgrundstücke der mitbeteiligten Partei und der Beschwerdeführerin waren in das Zusammenlegungsgebiet einbezogen.

Nach Rechtskraft des Zusammenlegungsplanes, jedoch vor Abschluss des Zusammenlegungsverfahrens, stellte der Mitbeteiligte bei der AB den Antrag, der Beschwerdeführerin aufzutragen, eine im Bereich des Vermessungspunktes 5166 an der Ostgrenze ihres Grundstückes 3825 KG O befindliche Mauer binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution teilweise zu entfernen sowie die auf Grundstück 3826 und 3828 KG O liegenden Fundamente dieser Mauer abzutragen.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Tiroler Landesregierung (LAS) vom 6. Juli 2000 wurde der Beschwerdeführerin aufgetragen, (näher umschriebene) Teile der Mauer an der Ostgrenze und Teile des Mauerfundamentes, welche in die Grundstücke des Beschwerdeführers ragten, zu entfernen.

Mit Verordnung der AB vom 3. August 2000, kundgemacht im Boten für Tirol, Stück 33/181, Nr. 901/2000, wurde gemäß § 29 des Tiroler Flurverfassungslandesgesetzes 1996, LGBl. Nr. 74 in der Fassung LGBl. Nr. 77/1998 (TFLG 1996), das Zusammenlegungsverfahren für die landwirtschaftlichen Grundstücke in O als abgeschlossen und gemäß § 7 leg. cit. die Zusammenlegungsgemeinschaft O als aufgelöst erklärt.

Mit Schreiben vom 21. August 2000 beantragte die Beschwerdeführerin bei der AB die Wiederaufnahme des Grenzstreitverfahrens zwischen ihr und der mitbeteiligten Partei, welches mit Entscheidung des LAS vom 6. Juli 2000 rechtskräftig entschieden worden war. Inhaltlich begründete die Beschwerdeführerin den Wiederaufnahmeantrag damit, dass im Zuge von Aufgrabungsarbeiten ursprüngliche Vermarkungen und Grenzsteine zum Vorschein gekommen seien, welche im damaligen Verfahren noch nicht bekannt gewesen seien und deren Kenntnis zu einem anderen Verfahrensergebnis geführt hätte.

Der Wiederaufnahmeantrag wurde von der AB an den LAS als der nach § 69 Abs. 4 AVG zuständigen Behörde weitergeleitet.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 14. Dezember 2000 wies der LAS diesen Antrag gemäß § 69 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 72 Abs. 5 lit. a TFLG 1996 mangels sachlicher Zuständigkeit zurück. Die belangte Behörde begründete dies nach Wiedergabe des § 69 Abs. 1 Z. 2, Abs. 2 und Abs. 4 AVG sowie das § 72 Abs. 5 lit. a TFLG 1996 damit, dass die Grundstücke des Mitbeteiligten und der Beschwerdeführerin in das Zusammenlegungsverfahren Oberperfuß einbezogen gewesen seien. Beim Begehren nach Entfernung der Mauer habe es sich dem Grunde nach um eine so genannte Eigentumsfreiheitsklage (actio negatoria), die zur Abwehr der Störung des Eigentums durch unberechtigte Eingriffe diene, gehandelt. Zum Zeitpunkt der Streitentscheidung durch den LAS sei das Verfahren betreffend die Zusammenlegung für die landwirtschaftlichen Grundstücke in Oberperfuß noch nicht durch Verordnung abgeschlossen gewesen; daraus habe sich die Zuständigkeit der Behörde abgeleitet.

Mit Verordnung der AB vom 3. August 2000 sei dieses Zusammenlegungsverfahren für abgeschlossen erklärt worden. Jedenfalls ab diesem Zeitpunkt fehle es an einer Zuständigkeit der Agrarbehörde zur Erlassung eines Bescheides im Sinne des § 72 Abs. 5 TFLG 1996. Damit erweise sich aber auch der gegenständliche Wiederaufnahmeantrag als unzulässig. Die Zuständigkeit der Behörde zur Entscheidung über einen Wiederaufnahmeantrag folge der Materie in der Hauptsache. Der Antrag sei daher zurückzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin sei der Landesagrarsenat unverändert zur Sachentscheidung über den Wiederaufnahmeantrag zuständig. Nach herrschender Lehre und Rechtsprechung bleibe die zur Entscheidung über die Wiederaufnahme des Verfahrens berufene Behörde auch im Falle einer örtlichen Zuständigkeitsverschiebung kompetent, was auch für eine sachliche Verschiebung der Zuständigkeit gelten müsse. Es genüge, wenn die Behörde jedenfalls zuständig sei, über die Wiederaufnahme des Verfahrens zu entscheiden. Lägen die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme vor, so bestehe ein Rechtsanspruch auf Stattgabe des Antrages. Eine Zurückweisung des Wiederaufnahmeantrages sei nur dann möglich, wenn formelle Mängel des Antrages nicht behoben worden seien, wenn der Antrag inhaltliche Mängel aufweise, wenn die Legitimation des Antragstellers nicht gegeben, wenn die subjektive oder objektive Frist versäumt worden oder wenn das wieder aufzunehmende Verfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen sei. Es liege aber keiner der genannten Gründe vor, aus denen eine Zurückweisung des Wiederaufnahmeantrags der Beschwerdeführerin gerechtfertigt sein könnte. Der Beschwerdeführer verwies weiters auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dahingehend, dass auch im Falle einer Änderung der Behördenorganisation die Zuständigkeit auf jene Behörde übergehe, in deren Zuständigkeit die Entscheidungsbefugnis nach der Änderung liege. Der Verwaltungsgerichtshof gehe sohin von der zutreffenden Voraussetzung aus, dass es jedenfalls eine zur inhaltlichen Entscheidung über den Wiederaufnahmeantrag zuständige Behörde geben müsse, möge sich zwischenzeitlich auch die Behördenorganisation als solche und damit die sachliche Zuständigkeit geändert haben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Mitbeteiligte hat sich am Verfahren nicht beteiligt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Mit rechtskräftigem Bescheid des LAS vom 6. Juli 2000 wurde durch die Agrarbehörden unter Berufung auf die Bestimmungen des § 72 Abs. 4 und 5 TFLG 1996 über eine zivilrechtliche Angelegenheit bescheidmäßig abgesprochen. Anfang August 2000 wurde die das Zusammenlegungsverfahren formal beendende Verordnung der Tiroler Landesregierung in der im Gesetz vorgesehenen Weise kundgemacht. Danach stellte die Beschwerdeführerin den verfahrensgegenständlichen Antrag auf Wiederaufnahme des mit Bescheid des LAS vom 6. Juli 2000 abgeschlossenen Verfahrens.

Die im vorliegenden Fall zu klärende Frage lautet daher - allgemein formuliert -, ob die Agrarbehörden nach dem Inkrafttreten einer Abschlussverordnung noch zuständig sind, über Antrag oder (gegebenenfalls) von Amts wegen eine Wiederaufnahme des Verfahrens zu bewilligen oder zu verfügen.

Nach § 34 Abs. 1 des Flurverfassungs-Grundsatzgesetzes (FGG) und entsprechenden Bestimmungen in den Landes-Ausführungsgesetzen (hier: § 29 TFLG 1996) haben die Einleitung und der Abschluss eines Zusammenlegungsverfahrens durch Verordnung zu erfolgen. Von der Einleitung bis zum Abschluss des Verfahrens erstreckt sich die Zuständigkeit der Agrarbehörden nach § 34 Abs. 3 FGG auf die Verhandlung und Entscheidung über alle tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, die zum Zweck der Durchführung der Zusammenlegung, Teilung oder Regulierung in die agrarische Operation einbezogen werden müssen. Während dieses Zeitraumes ist in diesen Angelegenheiten die Zuständigkeit der Behörde ausgeschlossen, in deren Wirkungsbereich die Angelegenheiten sonst gehören. Nach § 34 Abs. 4 FGG erstreckt sich diese Zuständigkeit der Agrarbehörden insbesondere auch auf Streitigkeiten über Eigentum und Besitz an den in das Verfahren einbezogenen Grundstücken und über die Gegenleistungen für die Benutzung solcher Grundstücke. Soweit nicht anderes bestimmt ist, sind von den Agrarbehörden die Normen, welche sonst für diese Angelegenheiten gelten (zB. die Vorschriften des bürgerlichen Rechtes, des Wasser- und Forstrechtes), anzuwenden (§ 34 Abs. 5 FGG).

Die Abschlussverordnung beendet somit die Zuständigkeit der Agrarbehörden für Entscheidungen, die sich auf das Zusammenlegungsgebiet beziehen, sofern nicht eine gesetzliche Ausnahme vorliegt (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 26. Februar 1985, VfSlg. 10.358, und die hg. Erkenntnisse vom 16. November 1993, Zl. 91/07/0043, und vom 11. März 1997, Zl. 96/07/0229). Dies gilt für alle Materien, gleichgültig, ob für sie außerhalb eines Zusammenlegungsverfahrens die Zuständigkeit anderer Behörden oder der Gerichte gegeben wäre oder nicht.

Diese rechtliche Wirkung der Abschlussverordnung könnte nun bedeuten, dass die Agrarbehörden im zeitlichen Geltungsbereich der Verordnung nicht mehr zur Entscheidung über einen Wiederaufnahmeantrag oder eine amtswegige Wiederaufnahme zuständig wären, wobei kein Unterschied zwischen "Fremdmaterien" (z.B. Besitzstörungsverfahren etc.) und "Eigenmaterien" der Agrarbehörde (z.B. Erlassung des Zusammenlegungsplanes) zu machen wäre. Diese Konsequenz einer Unzuständigkeit der Agrarbehörden träte jedenfalls dann ein, wenn man das Wiederaufnahmeverfahren als neues, vom mit Verordnung abgeschlossenen Zusammenlegungsverfahren getrenntes Verfahren ansähe.

Ein solches Verständnis des Wiederaufnahmeverfahrens ist aber nicht zutreffend.

Nach der Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts hat die Bewilligung bzw. Verfügung der Wiederaufnahme des Verfahrens nicht allein die Zulässigkeit einer neuerlichen Entscheidung der schon einmal entschiedenen Sache zur Folge, sondern darüber hinaus auch die Aufhebung der seinerzeitigen Entscheidung. Walter-Thienel (Verwaltungsverfahrensgesetze I2, 1524) meinen, es sei unklar, ob diese Aufhebung ex nunc oder ex tunc wirke. Hauer-Leukauf (Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Aufl., 664), vertreten die Auffassung, die Bewilligung der Wiederaufnahme wirke ex tunc. Die Rechtsprechung spricht davon, dass durch die Wiederaufnahme der frühere Bescheid außer Kraft tritt (vgl. die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom 27. Februar 1982, VfSlg 9328, und das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 11. Mai 1960, VwSlg. 5294/A, sowie das hg. Erkenntnis vom 23. März 1977, VwSlg. 9277/A). Ob nun bereits die bloße Verfügung oder Bewilligung der Wiederaufnahme allein den alten Bescheid ex tunc oder ex nunc aus der Welt schafft, scheint aber für das vorliegende Problem von untergeordneter Bedeutung. Entscheidend ist, dass durch die Bewilligung bzw. Verfügung der Wiederaufnahme das Verfahren in das Stadium vor der Erlassung des alten Bescheides, der durch die Wiederaufnahme außer Kraft tritt, zurückversetzt wird (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 11. Mai 1960) und dass jedenfalls die neue (materielle) Entscheidung im wiederaufgenommenen Verfahren ex tunc wirkt (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 17. Jänner 1995, Zl. 93/08/0114). Daraus folgt nämlich, dass die Wiederaufnahme nicht ein neues Verfahren ist, sondern Teil des vor dem Inkrafttreten der Abschlussverordnung durchgeführten Verfahrens.

Diese Betrachtungsweise der außerordentlichen Rechtsmittel (Wiedereinsetzung und Wiederaufnahme) als Teil des abgeschlossenen, durch sie aber wieder zu eröffnenden Verfahrens kommt im Übrigen besonders deutlich in dem hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 1991, Zl. 91/02/0137, 0138, zum Ausdruck. Dort ging es um die Auslegung des Art. II der VStG-Novelle 1990. Dieser sah vor, dass "anhängige" Verfahren, also Verfahren, die bereits vor dem Inkrafttreten der VStG-Novelle eingeleitet und zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens noch nicht abgeschlossen waren, nach den bisherigen Vorschriften zu Ende zu führen waren. Der Verwaltungsgerichtshof hatte die Frage zu beantworten, ob ein Wiedereinsetzungsverfahren, das nach dem Inkrafttreten der VStG-Novelle eingeleitet wurde, sich aber auf ein Verfahren bezog, das vor dem Inkrafttreten der VStG-Novelle abgeschlossen worden war, ein "anhängiges Verfahren" sei. Er hat dies bejaht und damit deutlich gemacht, dass ein Wiedereinsetzungsverfahren untrennbarer Teil jenes (vorübergehend) abgeschlossenen Verfahrens ist, das durch die Wiedereinsetzung wieder eröffnet werden soll (so auch das hg. Erkenntnis vom 5. Oktober 1994, Zl. 92/03/0235). Gleiches muss für die Wiederaufnahme eines Verfahrens gelten.

Betrachtet man aber ein Wiederaufnahmeverfahren als "anhängiges Verfahren" in dem Sinne, dass es Teil des abgeschlossenen Verfahrens ist, das durch die Wiederaufnahme wieder eröffnet werden soll, dann kann die Abschlussverordnung, die dieses alte Verfahren beendet hat, kein Hindernis für die Wiederaufnahme aus dem Titel einer Beendigung der Zuständigkeit der Agrarbehörden sein.

Für dieses Verständnis der Zulässigkeit einer Wiederaufnahme eines Zusammenlegungsverfahrens nach Erlassung einer Abschlussverordnung spricht auch, dass die gegenteilige Auffassung, nach Inkrafttreten der Abschlussverordnung seien die Agrarbehörden für eine Wiederaufnahme nicht mehr zuständig, erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet. Die genannte Auffassung hätte nämlich zur Folge, dass es für im Rahmen eines Zusammenlegungsverfahrens getroffene Entscheidungen, und zwar sowohl für Entscheidungen in "Eigenmaterien" als auch für Entscheidungen in "Fremdmaterien", überhaupt keine Wiederaufnahme gäbe. Bei bestimmten "Fremdmaterien", so zB. bei Angelegenheiten bürgerlichen Rechts könnte zwar an eine Wiederaufnahmeklage (§ 530 ZPO) gedacht werden. Eine solche kommt aber schon deswegen nicht in Betracht, weil die Entscheidung eines Gerichtes über einen verwaltungsbehördlichen Bescheid (hier: des LAS) mit dem Grundsatz der Trennung von Justiz und Verwaltung unvereinbar ist.

Verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick sowohl auf das rechtsstaatliche Prinzip der Bundesverfassung als auch unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes sprechen gegen die von der belangten Behörde vertretene Rechtsansicht. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung zu jenen Bereichen, die vom Geltungsbereich des AVG ausgenommen waren (bzw. sind), die Auffassung vertreten, es gebe einen Kernbereich rechtsstaatlicher Verfahrensgrundsätze, die auch dort anzuwenden seien, wo der Gesetzgeber dies nicht vorsehe. Zu diesen Grundsätzen eines rechtsstaatlichen Verwaltungsverfahrens zählte der Verwaltungsgerichtshof auch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und Wiederaufnahme eines bereits rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 23. Jänner 1950, VwSlg. 1196 A/1950, und vom 3. März 1951, VwSlg. 1977/A/1951). Ähnliches kommt im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 15. Dezember 1994, VfSlg. 13.987, zum Ausdruck.

Eine Regelung, die das zum Wesen eines rechtsstaatlichen Verfahrens gehörende Institut der Wiederaufnahme ausschließt, ist daher mit dem Rechtsstaatsprinzip nicht in Einklang zu bringen. Sie steht aber auch im Widerspruch zum Gleichheitsgrundsatz, ist doch keine sachliche Rechtfertigung dafür zu finden, dass ausgerechnet im Zusammenlegungsverfahren eine Wiederaufnahme nicht möglich sein sollte. Noch krasser wird diese Unsachlichkeit, wenn man den Sitz der Unmöglichkeit einer Wiederaufnahme in der Rechtssatzform der Verordnung für den Abschluss des Verfahrens sähe, da in diesem Fall eine Wiederaufnahme im Zusammenlegungsverfahren nicht, im Flurbereinigungsverfahren aber sehr wohl möglich wäre.

Nach dem Vorgesagten zeigt sich, dass der Abschluss eines Zusammenlegungsverfahrens durch Verordnung weder zur Unzuständigkeit der Agrarbehörde zur Entscheidung über den Wiederaufnahme führt noch die Wiederaufnahme dieses Verfahrens (oder von Teilen davon) oder die neuerliche Sachentscheidung hindert.

Nach dem Vorgesagten ergibt sich, dass die belangte Behörde ihren Bescheid in Verkennung der Rechtslage mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit belastete, sodass dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Die Abweisung des Mehrbegehrens bezieht sich auf den geltend gemachten Ersatz von Umsatzsteuer, welcher im pauschalierten Kostenersatz bereits enthalten ist.

Wien, am 21. November 2002

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