VwGH 2001/05/0339

VwGH2001/05/033918.11.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. König, über die Beschwerde des Alois und der Frieda Dornetshuber in Linz, vertreten durch Sattlegger - Dorninger - Steiner & Partner, Anwaltssocietät in Linz, Figulystraße 27, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 4. November 1998, Zl. BauR - 012074/3 - 1998/GR/Ef, betreffend Einwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1. AUKA Grundinvest AG in Salzburg/Wals, vertreten durch Dr. Reinhard Hohenberg, Rechtsanwalt in Graz, Hartenaugasse 6, 2. Landeshauptstadt Linz, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
BauO OÖ 1994 §31 Abs4;
BauRallg;
BauTG OÖ 1994 §2 Z36;
BauTG OÖ 1994 §3 Z4;
ROG OÖ 1994 §22 Abs5;
ROG OÖ 1994 §23 Abs4;
AVG §8;
BauO OÖ 1994 §31 Abs4;
BauRallg;
BauTG OÖ 1994 §2 Z36;
BauTG OÖ 1994 §3 Z4;
ROG OÖ 1994 §22 Abs5;
ROG OÖ 1994 §23 Abs4;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem am 12. Dezember 1996 bei der Behörde eingebrachten Baugesuch vom 26. September 1996 kam die erstmitbeteiligte Partei (kurz: Bauwerberin) um baubehördliche Bewilligung zur Errichtung eines Kino-Centers (Großkino "Cineplexx-Linz"), bestehend aus Kellergeschoss, Erdgeschoss, erstem und zweitem Obergeschoss sowie einer offenen Garage, welchem insgesamt 647 Parkplätze zugeordnet sind, auf einem Areal in Linz ein. Dieses Areal besteht zuletzt (nach Grundstücksteilungen bzw. -vereinigungen) aus den Grundstücken Nr. 954/10 und 954/6. Das Gebäude soll auf letzterem Grundstück errichtet werden, das im Übrigen fast zur Gänze als Parkplatz verwendet werden soll (planlich als "Grundstück I" oder auch als "Fläche I" bezeichnet; im Parkdeck sollen 145 Pkw, im Freien 188 Pkw untergebracht werden). Das Grundstück Nr. 954/10 soll (nur) als Parkplatz verwendet werden (planlich bezeichnet als "Grundstück II und Grundstück III" bzw. als "Fläche II und Fläche III", mit 196 bzw. 118 Pkw-Parkplätzen).

Die Beschwerdeführer sind Eigentümer einer benachbarten Liegenschaft, bestehend unter anderem aus dem Grundstück Nr. 967/1, welches teilweise an das Grundstück Nr. 954/10 und an das Grundstück Nr. 954/6 grenzt, und tatsächlich landwirtschaftlich genutzt wird (das Wohnhaus der Beschwerdeführer befindet sich nicht im Bereich der gemeinsamen Grenze; in behördeninternen Plänen in den Akten ist eine Entfernung des Wohnhauses der Beschwerdeführer zum Grundstück Nr. 954/10 von 153 m festgehalten, die Entfernung zum geplanten Kinogebäude ist noch größer.)

Das zu bebauende Areal sowie ein Teil des Grundstückes der Beschwerdeführer Nr. 967/1 (nämlich jedenfalls der Bereich, welcher an das zu bebauende Areal grenzt) waren zunächst (in der ersten Phase des gegenständlichen Bauvorhabens) als (eingeschränktes) gemischtes Baugebiet gewidmet (Bezeichnung im Flächenwidmungsplan bzw. in den Akten "M Grad ", verbal "M-null"), nämlich als gemischtes Baugebiet mit der Einschränkung, dass Neubauten von Wohnobjekten (ausgenommen Betriebswohnungen) unzulässig sind.

Die Beschwerdeführer erhoben rechtzeitig umfängliche Einwendungen gegen das Vorhaben, insbesondere (aber nicht nur) hinsichtlich der durch das Vorhaben (Großkino mit Gastronomie mit zahlreichen Parkplätzen) zu erwartenden Lärm- und Abgasimmissionen.

Mit dem erstinstanzlichen Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 23. Mai 1997 wurde der Bauwerberin die angestrebte Baubewilligung erteilt. Die Einwendungen der Beschwerdeführer wurden teils als unzulässig zurückgewiesen, und teils als unbegründet abgewiesen.

Dagegen erhoben die Beschwerdeführer Berufung.

Die Berufungsbehörde holte ein (ergänzendes) immissionstechnisches Amtsgutachten vom 7. August 1997 ein; die Beschwerdeführer gaben eine ablehnende Stellungnahme ab und legten ihrerseits ein Privatgutachten vom 19. September 1997 vor.

Mit Berufungsbescheid vom 20. Juni 1997 wurde die Berufung der Beschwerdeführer als unbegründet abgewiesen.

Dagegen erhoben die Beschwerdeführer Vorstellung. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 11. Dezember 1997 wurde der Vorstellung Folge gegeben, der bekämpfte Berufungsbescheid aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Landeshauptstadt Linz zurückverwiesen. Tragender Grund der Aufhebung war, dass die Baubehörden bei der Prüfung, ob das Vorhaben angesichts der davon ausgehenden Immissionen im Einklang mit der Flächenwidmung "gemischtes Baugebiet - M-null" stehe, verhalten gewesen wären, ein betriebstypologisches Gutachten hinsichtlich der zu erwartenden Immissionen einzuholen. Die belangte Behörde brachte in dieser Vorstellungsentscheidung (insoweit ausdrücklich nicht als tragenden Grund der Aufhebung) ihre Auffassung zum Ausdruck, dass für ein Kinocenter der projektierten Größe (mit 2450 Sitzplätzen, Gastronomieeinrichtungen sowie 647 Pkw-Abstellflächen) aus raumordnungsrechtlicher Sicht eine Ausweisung als Sondergebiet des Baulandes notwendig sei. Damit sei allerdings kein Immissionsschutz verbunden, sodass den Nachbarn diesbezüglich kein Mitspracherecht zustehe.

Hierauf holte die Berufungsbehörde ein Amtsgutachten (vom 7. Jänner 1998) zu den Auswirkungen eines typischen Großkinos auf ein Gebiet mit der Widmung "gemischtes Baugebiet, M Grad " ein, im Anschluss daran Befund und Gutachten eines umweltmedizinischen Amtssachverständigen (vom 13. März 1998). Die Beschwerdeführer äußerten sich zusammengefasst dahin, dass diese Gutachten, obzwar von unzureichenden Prämissen ausgehend, ihre Befürchtungen bestätigten; richtigerweise sei aber mit noch größeren Immissionen zu rechnen.

Mit Beschluss des Gemeinderates der Landeshauptstadt Linz vom 16. April 1998 wurde ein Gebiet, welches der Aktenlage nach dem nunmehrigen Grundstück Nr. 954/6 entsprechen könne (auf welchem das Gebäude und ein Teil des Parkplatzes errichtet werden soll) von "M-0" in "Sonderfläche des Baulandes - Großkino" umgewidmet wurde. Dieser von der Landesregierung genehmigte Beschluss wurde im Amtsblatt der Landeshauptstadt Linz vom 17. August 1998 kundgemacht.

Mit Berufungsbescheid vom 8. September 1998 wurde der Berufung der Beschwerdeführer (gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom 23. Mai 1997) abermals keine Folge gegeben und der bekämpfte Bescheid mit einer im Beschwerdefall nicht relevanten Maßgabe bestätigt.

Soweit für den Beschwerdefall erheblich, heißt es begründend insbesondere, dass im Baubewilligungsverfahren die Rechtslage zum Zeitpunkt der Erlassung des Berufungsbescheides maßgeblich sei und ein Vorstellungsbescheid keine bindende Wirkung für den Fall einer geänderten Rechtslage entfalte. Tragender Aufhebungsgrund des Vorstellungsbescheides vom 11. Dezember 1997 sei eine Mangelhaftigkeit des gemeindebehördlichen Ermittlungsverfahrens gewesen, weil zur Frage der Übereinstimmung des Bauvorhabens mit der Flächenwidmung "gemischtes Baugebiet" kein betriebstypologisches Gutachten eingeholt worden sei. Durch die in der Zwischenzeit eingetretene Änderung des Flächenwidmungsplanes sei diesem Aufhebungsgrund insofern die rechtliche Basis entzogen worden, als nunmehr für die Baugrundstücke die Sonderwidmung "Großkino" festgelegt worden sei. Das an die Vorstellungsentscheidung vom 11. Dezember 1997 anknüpfende Ermittlungsverfahren (Einholung eines immissionstechnischen und medizinischen Gutachtens im Sinne der Betriebstypenlehre) habe sich daher als obsolet erwiesen, zumal nach der nunmehr rechtswirksamen Flächenwidmung nicht mehr zu prüfen sei, ob das beantragte Bauvorhaben mit der Sonderwidmung "Großkino" vereinbar sei, weil dies wohl keiner näheren Erörterung bedürfe und von den Beschwerdeführern auch nicht bestritten werde. Aus dieser Flächenwidmung sei keinerlei Immissionsschutz ableitbar, womit auch den Nachbarn auf die Einhaltung dieser Widmungskategorie kein Mitspracherecht eingeräumt sei.

Die Beschwerdeführer bemängelten, dass entgegen § 32 Abs. 4 O.ö. BauO 1994 das Bauvorhaben nicht in seiner grundrissmäßigen und höhenmäßigen Ausdehnung in der Natur ersichtlich gemacht worden sei. Darauf habe der Nachbar aber nur dann einen Rechtsanspruch, wenn dies zur Beurteilung des geplanten Bauvorhabens notwendig sei. Hier handle es sich um einen relativ einfach strukturierten kubischen Baukörper, dessen äußere Abmessungen aus dem Bauplan eindeutig ersichtlich seien und welcher auf einem völlig ebenen Grundstück errichtet werden solle. Es sei daher nicht erkennbar, weshalb die Ersichtlichmachung des Vorhabens in der Natur zur zweckentsprechenden Verfolgung von Nachbarrechten erforderlich gewesen wäre. Ob die dem Nachbarschaftsschutz dienenden Abstandsbestimmungen bzw. Bestimmungen über die Gebäudehöhe eingehalten worden seien, könne anhand der eingereichten Baupläne eindeutig beurteilt werden, sodass in der Unterlassung der Darstellung des Bauvorhabens in der Natur kein Verfahrensmangel erblickt werden könne.

Die Beschwerdeführer erachteten die vorgesehenen 647 Pkw-Abstellplätze für unzureichend. Hiezu stehe ihnen aber kein Mitspracherecht zu.

Auch der von ihnen vorgebrachte Einwand einer unzulässigen Gebäudehöhe sei unzutreffend. Der rechtswirksame Bebauungsplan M- 16-08-01-00 begrenze die Gebäudehöhe ausschließlich durch die Festlegung einer maximal zulässigen Hauptgesimshöhe von 15 m. Der Begriff "Hauptgesimshöhe" sei weder im O.ö. Raumordnungsgesetz 1994 noch in der O.ö. BauO 1994 bzw. im O.ö. Bautechnikgesetz (BauTG) definiert. Nach bautechnischem Verständnis sei unter "Hauptgesims" das den obersten Abschluss der Fassade bildende Gesims zu verstehen (Hinweis auf Frommhold/Gareiß, Bauwörterbuch, 2. Auflage, Seite 131). Bilde somit das Hauptgesims den oberen Abschluss der Gebäudefassade, so könne als Hauptgesimshöhe folglich nur die Höhe der Gebäudefassade bis zum Hauptgesims angesehen werden. Wie sich aus den Schnittdarstellungen in den Bauplänen ergebe, liege die Oberkante der Gebäudefassade an allen Stellen des Gebäudes 11,09 m über der Erdgeschossfußbodenoberkante (Nullkote), diese wiederum 3,10 m über dem Gebäudeniveau. Daraus ergebe sich eine Hauptgesimshöhe von 14,19 m, woraus folge, dass die vom Bebauungsplan für zulässig erklärte Hauptgesimshöhe nicht überschritten werde. Da die Gesamthöhe des Bauvorhabens durch den Bebauungsplan nicht limitiert werde, sei es ohne Bedeutung, dass bestimmte Bauteile (wie das Vordach oder Dachaufbauten) eine Höhe von mehr als 15 m über dem Geländeniveau erreichten.

Was die Einwände in Bezug auf die vom Projekt zu erwartenden Immissionen anlange, stünde den Beschwerdeführern schon begrifflich kein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht auf Schutz der Allgemeinheit vor solchen Immissionen zu (wird näher ausgeführt). Allerdings komme den Nachbarn gemäß § 3 Z 4 iVm § 2 Z 36 O.ö. BauTG ein Mitspracherecht dahin zu, dass sie zwar keinen absoluten Schutz vor Belästigungen genießen, wohl aber einen Schutz vor Gefahren, erheblichen Nachteilen und erheblichen Belästigungen.

Zur Klärung der strittigen Ist-Situation seien im Zuge des Berufungsverfahrens Langzeitmessungen südlich des Gebäudes der Beschwerdeführer durchgeführt worden. Diese Messungen erstreckten sich vom 24. Juli bis 4. August 1997. Nach Hinweis auf die festgestellten energetischen Mittelwerte des Basispegels (im Zeitraum von 16.00 Uhr bis 02.00 Uhr zwischen 46 dB und 39 dB, wird näher aufgelistet) heißt es weiter, vom Sachverständigen sei am Immissionspunkt unmittelbar südlich des Gebäudes der Beschwerdeführer im Bereich des Hausgartens eine Abschätzung des durch die Parkplatzsituationen zu erwartenden Dauerschallpegels vorgenommen und unter ungünstigsten Bedingungen und Annahmen an diesem Immissionspunkt ein Leq von 25 dB errechnet worden. Bereits im Gutachten, welches im erstinstanzlichen Verfahren eingeholt worden sei, seien an diesem Immissionspunkt Schallpegelspitzen von 41 dB durch Motorstart, Türen-, Kofferraum- und Heckklappenschließen sowie 43 dB durch lautes Reden und Lachen prognostiziert worden, wobei im Rauminneren bei vollflächig geöffnetem Fenster um 5 dB niedrigere Schallpegelwerte zu erwarten seien. Unmittelbar an der Grenze des Grundstücks der Beschwerdeführer zum Baugrundstück sei unter Zugrundelegung der Ergebnisse einer Verkehrszählung auf dem Parkplatz eines ähnlichen Großkinos in Graz unter Berücksichtigung der Lärmimmissionen des fließenden und ruhenden Verkehrs ein Leq von 53 dB prognostiziert worden. An der Grundgrenze seien Schallpegelspitzen durch Türen-, Kofferraum- und Heckklappenschließen, Motorenstart und lautes Reden und Lachen im Ausmaß von 85 bis 87 dB in 1 m Abstand von der Lärmquelle zu erwarten. Durch die Dauergeräusche der haustechnischen Anlagen des Kinos errechne sich an der Grundgrenze ein Leq von 28 dB.

Ausgehend von diesen Immissionswerten sei sodann die medizinische Amtssachverständige zum Ergebnis gelangt, dass die im Bereich der Wohngebäude und des Hausgartenbereiches prognostizierten Lärmimmissionen nach ihrer Art, Dauer, Häufigkeit und im Zeitpunkt ihres Auftretens aus medizinischer Sicht mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht geeignet seien, erhebliche Belästigungen oder Gesundheitsgefährdungen bei Menschen hervorzurufen. Lediglich für Personen, die sich unmittelbar im Bereich der Grundgrenze aufhielten, seien infolge der von den nächstgelegenen Parkplätzen ausgehenden Schallpegelspitzen erhebliche Belästigungen nicht auszuschließen.

Die Beschwerdeführer versuchten die Schlüssigkeit der eingeholten Gutachten unter Vorlage eines Gegengutachtens zunächst mit dem Hinweis zu erschüttern, dass in willkürlicher Weise ein sogenannter Hausgartenbereich als maßgeblicher Immissionspunkt gewählt worden sei.

Die im fraglichen Bereich gewählte örtliche Situation lasse sich aus der Beilage 1 zum immissionstechnischen Gutachten vom 7. August 1997 ersehen. Aus den angefertigten Fotos gehe hervor, dass im unmittelbaren Nahbereich des landwirtschaftlichen Objektes (der Beschwerdeführer) ein als Garten zu bezeichnender Bereich bestehe, der offensichtlich dem regelmäßigen Aufenthalt von Menschen diene. Zwischen diesem "Hausgarten" (im Original unter Anführungszeichen) und der Grenze zum Baugrundstück befinde sich ein landwirtschaftlich genutztes Feld. Richtig sei, dass sich in der verwaltungsgerichtlichen Judikatur die Aussage finde, wonach sich der (baurechtliche) Immissionsschutz auf die Nachbarliegenschaft in ihrer gesamten räumlichen Ausdehnung, also auch bis zur Grundgrenze erstrecke. Deshalb sei von der Berufungsbehörde der immissionstechnische Amtssachverständige auch beauftragt worden, die an der Grundgrenze zu erwartenden Schallpegel bekannt zu geben. Diese verwaltungsgerichtliche Judikatur enthebe die Baubehörde jedoch nicht ihrer Verpflichtung, bei der Beurteilung der Immissionsfrage auf Besonderheiten des Einzelfalles Bedacht zu nehmen. Im Beschwerdefall sei die an den Bauplatz angrenzende Fläche des Grundstückes der Beschwerdeführer Nr. 967/1 ein landwirtschaftlich genutztes Feld. Es widerspreche dem Erfahrungssatz des täglichen Lebens, dass eine derartige Fläche - insbesondere zur Nachtzeit - dem ständigen Aufenthalt von Menschen diene. Auch könne bei der dort gegebenen Flächenwidmung "M Grad " eine allenfalls in der Zukunft erfolgende gesetzmäßige Bebauung dieser Fläche - von Betriebswohnungen abgesehen - nicht in Form von Wohngebäuden erfolgen. Es könne daher der medizinischen Amtssachverständigen nicht entgegengetreten werden, wenn sie angesichts des gemessenen Basispegels und der beim Gebäude bzw. im Hausgarten der Beschwerdeführer prognostizierten Schallpegelspitzen und des dort zu erwartenden Dauerschallpegels - ungeachtet der an der Grundgrenze möglicherweise auftretenden Schallpegelspitzen - im Ergebnis eine medizinische Unbedenklichkeit des Projektes angenommen habe.

Wenn der beigezogene Privatsachverständige in seiner Stellungnahme vom 19. September 1997 kritisiere, dass der Amtssachverständige im Gutachten vom 7. August 1997 seiner Aussage, wonach der im Bereich der Grundgrenze prognostizierte Immissionspegel den schalltechnischen Anforderungen für die Widmung "gemischtes Baugebiet - M Grad " entspreche, Immissionsgrenzwerte für ein "Betriebsbaugebiet" zu Grunde gelegt habe, so erscheine dies insofern nicht unschlüssig, weil die Widmung "M Grad " wohl eher mit einem Betriebsbaugebiet zu vergleichen sei als mit dem "klassischen" gemischten Baugebiet.

Wenn der Privatsachverständige letztlich bei der Berechnung des energieäquivalenten Dauerschallpegels an der Grundstücksgrenze eine Unrichtigkeit darin sehe, dass diesem Rechenmodell die Annahme zu Grunde liege, die Parkflächen seien von der Grundgrenze um 25 m abgerückt, so werde abermals darauf hingewiesen, dass die Ermittlung des energieäquivalenten Dauerschallpegels an der Grundgrenze auf der im Beschwerdefall gegebenen speziellen örtlichen Situation nur eine untergeordnete Bedeutung habe, sodass allfällige Ungenauigkeiten der Berechnung des Schallpegels an der Grundgrenze keine gravierende Mangelhaftigkeit des Gutachtens bedingten.

Dagegen erhoben die Beschwerdeführer Vorstellung, welcher mit dem angefochtenen Bescheid mit der Feststellung keine Folge gegeben wurde, dass die Vorstellungswerber durch den bekämpften Berufungsbescheid in ihren Rechten nicht verletzt worden seien. Zusammengefasst schloss sich die belangte Behörde der Auffassung der Berufungsbehörde (im Bescheid vom 8. September 1998) an.

Dagegen erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der (nach Durchführung eines Vorverfahrens) mit Beschluss vom 12. Juni 2001, B 2248/98-20, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. Begründend heißt es unter anderem, so weit in der Beschwerde die Rechtswidrigkeit der den angefochtenen Bescheid tragenden Änderung des Flächenwidmungsplanes vom 16. April 1998 behauptet werde, erwiesen sich die vorgetragenen Bedenken nach Einsichtnahme in die zugrundeliegenden Verordnungsakten nicht als berechtigt, zumal weder das Verfahren zur Erlassung der Verordnung gemäß § 36 Abs. 4 iVm den §§ 33 und 34 O.ö. ROG 1994 noch die entsprechend dem örtlichen Entwicklungskonzept (Teilkonzept Linz-Ost) im Sinne des § 36 Abs. 2 O.ö. ROG 1994 gelegenen Zielvorstellungen zur Errichtung eines Großkinos rechtswidrig erschienen und die gemäß § 36 Abs. 6 O.ö. ROG 1994 erforderlichen Grundlagenforschung sowie Begründung der Flächenwidmungsplanänderung in ausreichendem Umfang dem Verordnungsakt zu entnehmen sei.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof machen die Beschwerdeführer inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und, ebenso wie die mitbeteiligten Parteien, in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Strittig ist im Beschwerdefall vor allem die Frage, welche Immissionen vom Vorhaben ausgehen werden, und inwieweit den Beschwerdeführen ein diesbezüglicher Schutz bzw. ein entsprechendes Mitspracherecht zukommt.

Nach § 3 Z 4 O.ö. BauTG, LGBL. Nr. 67/1994, in der im Beschwerdefall maßgeblichen Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 103/1998, müssen bauliche Anlagen in allen ihren Teilen nach dem jeweiligen Stand der Technik so geplant und errichtet werden, dass durch ihren Bestand und ihre Benützung schädliche Umwelteinwirkungen vermieden werden. § 2 Z 36 leg. cit definiert "schädliche Umwelteinwirkungen" als Einwirkungen, die geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und im besonderen für die Benützer der baulichen Anlagen und die Nachbarschaft herbeizuführen, wie durch Luftverunreinigung, Lärm oder Erschütterungen. Zutreffend unstrittig ist, dass die Beschwerdeführer als Nachbarn ein subjektives Recht auf Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen haben (siehe dazu ua. das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 1996, Zl. 96/05/0167).

Nach § 22 Abs. 5 O.ö. ROG 1994, LGBl. Nr. 114/1993, in der Fassung LGBl. Nr. 83 und 113/1997, sind als gemischte Baugebiete solche Flächen vorzusehen, die vorrangig dazu dienen

1. Klein- und Mittelbetriebe aufzunehmen, die auf Grund ihrer Betriebstype die Umgebung nicht wesentlich stören;

  1. 2. Lagerplätze zu errichten, die nicht wesentlich stören;
  2. 3. sonstige Bauten und Anlagen aufzunehmen, die in Wohngebieten (Abs. 1) oder, soweit es sich um Betriebe im Sinn der

    Z. 1 handelt, in Kerngebieten (Abs. 4) errichtet werden dürfen.

    Zur funktionalen Gliederung kann in gemischten Baugebieten die Zulässigkeit von Bauten und Anlagen, die in Wohngebieten errichtet werden dürfen, eingeschränkt oder ausgeschlossen werden. Dies gilt nicht für die den Betrieben zugeordneten Wohngebäuden.

    § 23 O.ö. ROG 1994 (idF LGBL. Nr. 83/1997) trifft nähere Bestimmungen zu "Sondergebieten im Bauland". Nach Abs. 4 dieses Paragraphen sind als Sondergebiete des Baulands solche Flächen vorzusehen, die für Bauten und Anlagen bestimmt sind, die besonders zu schützen oder deren Standorte besonders zu sichern sind oder denen sonst aus der Sicht der Raumordnung eine besondere Bedeutung zukommt. Dazu gehören insbesondere Krankenanstalten, Schulen, Kirchen und Klöster, Burgen und Schlösser, Kasernen, Sportstätten und Tourismusbetriebe einschließlich der dazugehörigen, ständig bestehenden Anlagen sowie Ver- und Entsorgungsanlagen. Andere Bauten und Anlagen dürfen in diesen Gebieten nur errichtet werden, wenn sie mit dem Zweck der Widmung zu vereinbaren sind.

    Es trifft zu, dass die Berufungsbehörde bei ihrer neuerlichen Entscheidung über die Berufung auf die zwischenzeitig erfolgte Änderung des Flächenwidmungsplanes Bedacht zu nehmen hatte.

    Die Beschwerdeführer haben ihre Bedenken hinsichtlich dieser Änderung bereits - erfolglos - an den Verfassungsgerichtshof herangetragen; neue Argumente bringen sie nicht vor. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich auch sonst nicht zu einer entsprechenden Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof veranlasst und hat keine Bedenken dagegen, dass diese Änderung dem Bauverfahren zugrundegelegt wurde.

    Es trifft zu, dass mit der Flächenwidmung "Sondergebiet des Baulandes - Großkino" im Sinne des § 23 Abs. 4 O.ö. ROG 1994 - nach raumordnungsrechtlichen Vorschriften - kein Immissionsschutz verbunden ist, dies, wie die Berufungsbehörde und die belangte Behörde zutreffend hervorgehoben haben, unbeschadet des den Beschwerdeführern als Nachbarn durch § 2 Z 36 iVm § 3 Z. 4 des O.ö. BauTG eingeräumten Schutzes.

    Bei Prüfung des Letzteren sind die Berufungsbehörde und die belangte Behörde davon ausgegangen, dass es im Beschwerdefall nicht auf die Immissionsbelastung an der Grenze des Grundstückes der Beschwerdeführer Nr. 967/1 ankomme, sondern auf jene im Bereich des Wohnhauses der Beschwerdeführer. Der Verwaltungsgerichtshof vermag sich dieser Auffassung nicht anzuschließen. Mag auch das Grundstück der Beschwerdeführer jetzt im Bereich zu dem zu bebauenden Areal landwirtschaftlich genutzt werden, ist es doch dort nicht unbebaubar (in diese Richtung ging die Tendenz der Argumentation der Berufungsbehörde und der belangten Behörde), können doch gemäß der Flächenwidmung ("Mnull") "zumindest" Betriebswohnungen errichtet werden. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich im Beschwerdefall schon deshalb nicht veranlasst, von dem (von der Berufungsbehörde zutreffend als solchen hervorgehobenen) Grundsatz abzugehen, dass die auf das Nachbargrundstück einwirkende Immissionsbelastung schon an seiner Grenze zu ermitteln ist (siehe dazu auch das hg. Erkenntnis vom 20. April 2001, Zl. 99/05/0247). Die letztlich abweichende Auffassung der Berufungsbehörde und der belangten Behörde ist somit inhaltlich rechtswidrig.

    Der angefochtene Bescheid war daher schon deshalb ohne Auseinandersetzung mit dem weiteren Vorbringen der Beschwerdeführer gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

    Im fortgesetzten Verfahren wird aber auch Folgendes zu beachten sein: Die Aktenlage deutet darauf hin, dass nicht das gesamte zu bebauende Areal von dieser Umwidmung betroffen ist, sondern nur ein Gebiet, welches dem nunmehrigen Grundstück Nr. 954/6 entsprechen könnte, sie daher nicht das Gebiet des (nunmehrigen) Grundstückes Nr. 954/10 umfassen würde (welches als Parkplatz verwendet werden soll), dessen Widmung als "M-null" somit unverändert geblieben wäre. Trifft dies zu, wäre (auch) zu prüfen, ob das Vorhaben, soweit es sich auf das Grundstück Nr. 954/10 bezieht, welches (nur) als Parkplatz verwendet werden soll, in Bezug auf die erwartenden Immissionen mit der - unverändert gebliebenen - Flächenwidmung "M-null" vereinbar ist (weil den Beschwerdeführern als Nachbarn - unbestritten - ein solches Mitspracherecht zukommt). Dies ist, wie die belangte Behörde in der (ersten) Vorstellungsentscheidung vom 11. Dezember 1997 dargelegt hat, aus betriebstypologischer Sicht (hier: Parkplatz eines Großkinos) zu beurteilen.

    Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

    Wien, am 18. November 2003

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