VwGH 2001/04/0157

VwGH2001/04/015712.12.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, in der Beschwerdesache 1.) der C, 2.) des Dr. E,

3.) der Dr. H, 4.) der W, 5.) des A und 6.) der R, alle in R und vertreten durch Dr. Anton Hintermeier, Rechtsanwalt in 3100 St. Pölten, Andreas Hoferstraße 8, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 3. Juli 2001, Zl. RU1- B0102/00, betreffend Nachbareinwendungen im Bauverfahren und im gewerbehördlichen Betriebsanlagengenehmigungsverfahren (mitbeteiligte Partei: S-AG in P), den Beschluss gefasst:

Normen

VwGG §34 Abs1;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird, soweit sie sich gegen die Verletzung des Rechtes "auf das Unterbleiben unzumutbarer Immissionen durch eine gewerbliche Betriebsanlage gemäß § 77 Gewerbeordnung" richtet, zurückgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Melk vom 22. November 2000 wurde der mitbeteiligten Partei I. für die Errichtung und den Betrieb eines Supermarktes samt technischer Einrichtung und Parkflächen im näher bezeichneten Standort die gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung (unter Vorschreibung von Auflagen) erteilt; weiters wurde unter II. die baubehördliche Bewilligung zur Errichtung dieses Supermarktes erteilt.

Die Beschwerdeführer erhoben "Einspruch zum Bescheid 12-B- 9993/3 zur Betriebsanlagen- und Baugenehmigung vom 22.11.2000".

In dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid heißt es zunächst:

"Betrifft

Marktgemeinde R

Bausache S AG,

Berufung C und Dr. E, W, A,

H und R

BESCHEID

Die NÖ Landesregierung entscheidet über die Berufung der Damen und Herren C und Dr. E, W, A, Dr. H und R gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Melk, vom 22. November 2000, 12-B- 9993/3, 10-A, wie folgt:

SPRUCH

I.

Die Berufung der Damen C und R wird als unzulässig zurückgewiesen.

II.

Die Berufung der Damen und Herren Dr. H und Dr. E, W und A wird als unbegründet abgewiesen.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 3 des Allgemeinen

Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG)."

In der Begründung dieses Bescheides setzt sich die belangte Behörde (inhaltlich) nur mit baurechtlichen Fragen auseinander und findet sich der Hinweis: "Hiezu stellt die (baurechtliche) Berufungsbehörde fest:"

Der vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtene Bescheid weist die Fertigung "NÖ Landesregierung" als Bezeichnung der Bescheid erlassenden Behörde auf.

Wenn auch Rechtskraft nur dem Spruch und nicht auch der Begründung eines Bescheides zukommen kann, so ist doch ein Bescheid als Ganzes zu beurteilen und für die Lösung der Frage, inwieweit die Absicht bestand, damit über individuelle Rechtsverhältnisse in einer der Rechtskraft fähigen Weise abzusprechen, nicht nur vom Spruch des Bescheides auszugehen, sondern zu dessen Deutung auch die Begründung heranzuziehen (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Oktober 1983, Zl. 83/08/0155, 0156).

Vor diesem Hintergrund und dem oben angesprochenen Inhalt der Begründung des angefochtenen Bescheides sowie weiters dem Betreff ("... Bausache ...") und der Bezeichnung des Bescheides als einen solchen der "NÖ Landesregierung", wobei es an Anhaltspunkten für eine andere Deutung fehlt, diesen - auch - als Bescheid des (im gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigungsverfahren zuständigen) Landeshauptmann in mittelbarer Bundesverwaltung aufzufassen, kommt der Verwaltungsgerichtshof zum Schluss, dass mit dem angefochtenen Bescheid nur über den "Einspruch" über die "Baugenehmigung vom 22.11.2000" abgesprochen und nicht auch über die Berufung gegen den Spruchpunkt I. des erstinstanzlichen Bescheides.

Soweit daher in der Beschwerde (auch) behauptet wird, durch den angefochtenen Bescheid im Recht "auf das Unterbleiben unzumutbarer Immissionen durch eine gewerbliche Betriebsanlage gemäß § 77 Gewerbeordnung" verletzt worden zu sein, konnten die Beschwerdeführer in diesem Recht nicht verletzt werden, weil darüber noch nicht entschieden wurde. Mangelt es aber, wie im vorliegenden Fall, an der Möglichkeit der von den Beschwerdeführern behaupteten Rechtsverletzung, weil über das - hier zu beurteilende - in Anspruch genommene Recht noch gar nicht abgesprochen war, so fehlt eine prozessuale Voraussetzung für das verwaltungsgerichtliche Verfahren (vgl. den hg. Beschluss vom 25. Februar 1964, Zl. 2049/63). Die Beschwerde war daher - in dem im Spruch genannten Umfang - gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG mangels Berechtigung zur Erhebung zurückzuweisen.

Zu bemerken ist noch, dass eine Entscheidung über die Beschwerde, soweit sie sich auf die erteilte Baubewilligung bezieht, und die Beschwerde in diesem Umfang zur hg. Zl. 2001/05/0543 protokolliert ist, gesondert ergeht.

Im Hinblick auf die Beendigung des Beschwerdeverfahrens im genannten Umfang hat ein Abspruch des Berichtes über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung, soweit er sich darauf bezieht, dass der mitbeteiligten Partei "die Betriebsanlagengenehmigung erteilt wurde", zu unterbleiben.

Wien, am 12. Dezember 2001

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