VwGH 2001/04/0098

VwGH2001/04/009826.6.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Gruber, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Rigler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde des K in A, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom 23. März 2001, Zl. 321.921/5-III/4/01, betreffend Nachsicht vom Ausschluss der Gewerbeausübung, zu Recht erkannt:

Normen

GewO 1994 §13 Abs1;
GewO 1994 §26 Abs1;
StGB §207 Abs1;
StGB §212 Abs1;
GewO 1994 §13 Abs1;
GewO 1994 §26 Abs1;
StGB §207 Abs1;
StGB §212 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 23. März 2001 hat der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit den Antrag des Beschwerdeführers vom 25. Oktober 1999 auf Nachsicht vom Ausschluss von der Ausübung des Gastgewerbes in der Betriebsart Jausenstation gemäß § 26 Abs. 1 GewO 1994 abgewiesen.

Der Beschwerdeführer sei mit Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 6. September 1996 wegen des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen gemäß § 207 Abs. 1 StGB und des Vergehens des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren - davon 16 Monate unter bedingter Strafnachsicht - verurteilt worden. Diesem Urteil liege zu Grunde, dass der Beschwerdeführer zwischen 1987/88 und 1993 seine 1981 geborene unmündige Stieftochter auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht missbraucht habe, indem er sie in zahlreichen Fällen an intimen Körperteilen "abgegriffen" habe und sich von ihr mit der Hand habe befriedigen lassen. Weiters habe er zwischen 1987/88 und 1993 sowie zu einem nicht näher bestimmten Zeitpunkt im Sommer 1995 durch die vorangeführten Tathandlungen seine Stieftochter zur Unzucht missbraucht. Bei der Strafbemessung habe das Gericht insbesondere die "Wiederholung der Unzuchtshandlungen über einen langen Zeitraum" als erschwerend gewertet.

Bei der Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Nachsicht vom Gewerbeausschluss sei die Behörde nicht an gerichtliche Strafzumessungsgründe bzw. den Inhalt einer gerichtlichen Entscheidung über den bedingten Strafnachlass gebunden, weil es sich hiebei um einen ausschließlich von ihr zu beurteilenden gewerberechtlichen Tatbestand handle.

Der vom Beschwerdeführer vorgebrachte Umstand, dass er seine Straftaten unter Ausnutzung eines familiären Autoritätsverhältnisses begangen habe, lasse die Schlussfolgerung nicht zu, dass die Begehung eines gleichen oder ähnlichen Deliktes bei der Ausübung des Gewerbes nicht in Betracht komme. Im Rahmen der gastgewerblichen Tätigkeit bestehe auf Grund der vermehrten Kontakte zu Kunden, Dienstnehmern und Lieferanten die Möglichkeit zur Begehung gleicher oder ähnlicher Straftaten. Darüber hinaus käme dem Beschwerdeführer im Rahmen seines Gewerbes eine Autoritätsstellung gegenüber Arbeitnehmern, insbesondere Lehrlingen oder jugendlichen Arbeitnehmern zu.

Bei der Beurteilung der Persönlichkeit des Beschwerdeführers sei darauf Bedacht zu nehmen, dass der Beschwerdeführer in einem Zeitraum von insgesamt sieben Jahren eine Vielzahl von Straftaten gesetzt habe. Angesichts dieses Umstandes sowie des zu Ungunsten des Beschwerdeführers zu wertenden Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses könne ein strafrechtliches Wohlverhalten von etwa sechs Jahren seit der zuletzt begangen Tathandlung im Sommer 1995 nicht als ausreichend angesehen werden, um die Befürchtung der Begehung von gleichen oder ähnlichen Straftaten bei der Gewerbeausübung zu widerlegen.

Über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht, "bei der gegebenen Sach- und Rechtslage die Nachsicht vom Gewerbeausschluss erteilt zu bekommen", verletzt.

Er sei wegen eines Sexualdelikts verurteilt worden, dessen Begehung durch besondere familiäre Umstände begünstigt worden sei. Dabei habe es sich um "eine Unbedachtheit" gehandelt. Eine Wiederholung komme schon deshalb nicht in Frage, weil er nunmehr von der Frau, deren Kind von den sexuellen Handlungen betroffen gewesen sei, getrennt lebe. Das Gericht habe nur eine milde Strafe verhängt und den Großteil davon bedingt nachgesehen. Überdies habe es den Vollzug des unbedingten Teiles der Strafe "bedenkenlos" um sechs Monate aufgeschoben. Daraus sei ersichtlich, dass das Gericht eine günstige Prognose gestellt habe. Daran sei die Behörde gebunden. Das Verwaltungsverfahren sei überdies insofern mangelhaft geblieben, weil es zur umfassenden Beurteilung des Persönlichkeitsbildes des Beschwerdeführers notwendig gewesen wäre, diesen zu vernehmen. Überdies habe die Behörde nicht konkret begründet, aus welchen Aspekten des Persönlichkeitsbildes des Beschwerdeführers zu schließen sei, dass er gleiche oder ähnliche Straftaten begehen werde.

Gemäß § 13 Abs. 1 erster Satz GewO 1994 ist von der Ausübung eines Gewerbes ausgeschlossen, wer von einem Gericht zu einer drei Monate übersteigenden Freiheitsstrafe oder zu einer Geldstrafe von mehr als 180 Tagessätzen verurteilt worden ist, wenn die Verurteilung weder getilgt ist noch der Beschränkung der Auskunft aus dem Strafregister unterliegt.

Diese Voraussetzungen liegen beim Beschwerdeführer unstrittig vor.

Der hier maßgebliche § 26 Abs. 1 GewO 1994 hat folgenden Wortlaut:

"Die Behörde (§ 346 Abs. 1 Z. 1) hat im Falle des Ausschlusses von der Gewerbeausübung gemäß § 13 Abs. 1 oder 2 die Nachsicht von diesem Ausschluss zu erteilen, wenn nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes nicht zu befürchten ist."

Demnach hat also die Behörde bei der Prüfung der Frage, ob die Begehung der gleichen oder eine ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes zu befürchten ist, sowohl auf die Eigenart der strafbaren Handlung als auch auf das Persönlichkeitsbild des Verurteilten Bedacht zu nehmen.

Die Behörde hat die Erfüllung der gesetzlichen Tatbestandsmerkmale für die Erteilung der Nachsicht selbstständig zu beurteilen, ohne hiebei an gerichtliche Strafzumessungsgründe bzw. den Inhalt einer gerichtlichen Entscheidung über die bedingte Strafnachsicht oder den Strafaufschub gebunden zu sein, handelt es sich hiebei doch um einen ausschließlich von ihr zu beurteilenden gewerberechtlichen Tatbestand (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 30. März 1993, Zl. 92/04/0270).

Der Verurteilung des Beschwerdeführers liegt zu Grunde, dass er über einen langen Zeitraum zahlreiche gleichartige Sexualdelikte begangen hat, wobei er seine Autoritätsstellung ausgenützt hat. Von daher kann keine Rede davon sein, dass es sich hiebei nur um "eine Unbedachtheit" gehandelt hat. Es ist nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde aus den zahlreichen gleichartigen Straftaten des Beschwerdeführers auf ein Persönlichkeitsbild schloss, dass die Begehung gleicher oder ähnlicher Straftaten bei Ausübung des Gastgewerbes befürchten lässt. Zu Recht hat die Behörde darauf verwiesen, dass mit einer gastgewerblichen Tätigkeit vermehrter Kontakt zu Kunden und eine Autoritätsstellung gegenüber - auch jugendlichen - Angestellten verbunden ist. Unter Bedachtnahme auf diese Umstände war es auch nicht rechtswidrig, die betreffende aus dem Persönlichkeitsbild abgeleitete Befürchtung im Hinblick auf den zwischen der Begehung der letzten Straftat und der Erlassung des angefochtenen Bescheides gelegenen Zeitraum von weniger als sechs Jahren nicht als weggefallen zu betrachten.

Unter Zugrundelegung der vorstehenden Ausführungen hat die belangte Behörde ihre Prognoseentscheidung ausreichend begründet. Der geltend gemachte Begründungsmangel liegt daher nicht vor.

Soweit der Beschwerdeführer die Unterlassung seiner Vernehmung rügt, tut er die Relevanz des damit geltend gemachten Verfahrensmangels nicht dar, zeigt er doch nicht auf, zu welchen Sachverhaltsfeststellungen die belangte Behörde bei Durchführung dieses Beweises gelangt wäre.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 26. Juni 2001

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