VwGH 2001/03/0175

VwGH2001/03/017512.9.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, über die Beschwerde des B in Mühlhausen, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. Sepp Manhart und Dr. Meinrad Einsle, Rechtsanwälte in 6900 Bregenz, Römerstraße 19, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 9. Mai 2001, Zl. 1-0239/01/E4, betreffend Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995, zu Recht erkannt:

Normen

31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art1 Abs1;
EURallg;
GütbefG 1995 §23 Abs1 Z8 idF 1998/I/017;
VStG §21;
31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art1 Abs1;
EURallg;
GütbefG 1995 §23 Abs1 Z8 idF 1998/I/017;
VStG §21;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

1.1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe sich am 11. Dezember 2000 um 14.50 Uhr als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Sattelkraftfahrzeuges (zulässiges Gesamtgewicht über 7,5 t) beim Zollamt Lustenau, Reichsstraße, nach einer Transitfahrt durch Österreich zur Ausreise in die Schweiz gestellt (die Einreise von Deutschland sei über das ehemalige Autobahnzollamt Hörbranz erfolgt), ohne ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular oder eine Ökokarte für die betreffende Fahrt, oder einen Umweltdatenträger (Ecotag), der eine automatische Entwertung der Ökopunkte für die betreffende Fahrt ermögliche, oder geeignete Unterlagen zum Nachweis darüber, dass es sich um eine ökopunktbefreite Fahrt handle, oder geeignete Unterlagen, aus denen hervorgehe, dass es sich nicht um eine Transitfahrt handle und dass im Falle einer Ausstattung des Fahrzeuges mit einem Umweltdatenträger dieser für diesen Zweck eingestellt gewesen sei, mitgeführt und diese auf Verlangen den Aufsichtsbehörden zur Prüfung vorgelegt zu haben. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Übertretung des § 23 Abs. 1 Z. 8 des Güterbeförderungsgesetzes 1995 (GütbefG) in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 der Kommission in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 609/2000 der Kommission begangen, weshalb über ihn in Anwendung des § 20 VStG eine Geldstrafe in der Höhe von S 10.000,--

(Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) verhängt wurde.

Die belangte Behörde ging nach der Begründung des angefochtenen Bescheides im Wesentlichen davon aus, dass der Beschwerdeführer als Lenker eines Sattelkraftfahrzeuges eine Transitfahrt durch Österreich durchgeführt habe, wobei er keine der in Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 der Kommission angeführten Unterlagen mitgeführt habe. Dies habe der Beschwerdeführer auch nicht bestritten. Es sei weiters nicht erforderlich, im Tatvorwurf den exakten Zeitpunkt der Einreise nach Österreich anzuführen, da es sich diesbezüglich nicht um ein wesentliches Tatbestandsmerkmal für eine Verwaltungsübertretung der gegenständlichen Art handeln würde. Es seien sowohl der Tatort als auch die Tatzeit ausreichend konkretisiert, zumal in Ansehung dieser Angaben kein Anhaltspunkt für eine Beeinträchtigung der Verteidigungsrechte des Beschwerdeführers oder die Gefahr einer Doppelbestrafung gegeben sei. Richtig sei zwar, dass die Erstbehörde in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses einmal erwähnt habe, dass die Überprüfung des Beschuldigten beim Zollamt Hohenems stattgefunden habe, doch würde es sich dabei unter Hinweis auf den sonstigen Bescheidinhalt zweifelsfrei um ein Versehen handeln. So gehe aus dem Spruch und auch aus den sonstigen Ausführungen in der Begründung des Straferkenntnisses zweifelsfrei hervor, dass der Beschwerdeführer sich zum Tatzeitpunkt als Lenker eines Sattelkraftfahrzeuges beim Zollamt Lustenau (Reichsstraße) - dabei würde es sich um das Zollamt Lustenau/Au handeln - zur Ausreise in die Schweiz gestellt habe. Was den geltend gemachten Irrtum des Beschwerdeführers betreffe, so könne ein solcher nicht schuldbefreiend wirken. Die Voraussetzungen für eine Anwendung des § 21 VStG seien im gegenständlichen Fall nicht gegeben, da sich der Beschwerdeführer als ein eine Transitfahrt mit einem Sattelkraftfahrzeug durchführender Lenker zuvor auf geeignete Weise mit den einschlägigen Rechtsnormen vertraut machen hätte müssen.

1.2. Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der der Beschwerdeführer die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit in Folge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt.

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Gemäß § 23 Abs. 1 Z. 8 Güterbeförderungsgesetz 1995 (in der Fassung BGBl. Nr. 17/1998) begeht eine Verwaltungsübertretung, wer unmittelbar anwendbare Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße verletzt, sofern dies nicht nach anderen Vorschriften zu bestrafen ist. Als solche Vorschriften der Europäischen Union kommen im Beschwerdefall die Regelungen in dem den EU-Beitrittsakten beigefügten Protokoll Nr. 9 über den Straßen- und Schienenverkehr sowie den kombinierten Verkehr in Österreich, BGBl. Nr. 45/1995 - mit dem die wesentlichen Regelungen des Transitabkommens, BGBl. Nr. 823/1992, übernommen wurden, das primärrechtlichen Rang hat und entsprechend dem Art. 2 der EU-Beitrittsakte für Österreich und die anderen neuen Mitgliedstaaten das am 31. Dezember 1994 vorhandene Primärrecht modifizierte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Mai 1997, Zl. 96/03/0385) - und weiters die Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission vom 21. Dezember 1994, in der Fassung der Verordnungen der Kommission (EG) Nr. 1524/96 vom 30. Juli 1996 und (EG) Nr. 609/2000 vom 21. März 2000 in Betracht.

Gemäß Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 der Kommission hat der Fahrer eines Lastkraftwagens im Hoheitsgebiet Österreichs "die nachstehend angeführten Unterlagen mitzuführen und diese auf Verlangen den Aufsichtsbehörden zur Prüfung vorzulegen, entweder:

a) ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular oder eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt; ein Muster dieser als "Ökokarte" bezeichneten Bestätigung ist in Anhang A enthalten; oder

b) ein im Kraftfahrzeug eingebautes elektronisches Gerät, das eine automatische Entwertung der Ökopunkte ermöglicht und als "Umweltdatenträger" ("ecotag") bezeichnet wird; oder

c) die in Artikel 13 aufgeführten geeigneten Unterlagen zum Nachweis darüber, dass es sich um eine Fahrt gemäß Anhang C handelt, für die keine Ökopunkte benötigt werden; oder

d) geeignete Unterlagen, aus denen hervorgeht, dass es sich nicht um eine Transitfahrt handelt und, wenn das Fahrzeug mit einem Umweltdatenträger ausgestattet ist, dass dieser für diesen Zweck eingestellt ist. ..."

2.2. Der Beschwerdeführer lässt in seiner Beschwerde unbestritten, dass er eine Transitfahrt durch Österreich durchgeführt hat, ohne eine der näher bezeichneten Unterlagen des Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 der Kommission mitgeführt zu haben. Er führt jedoch aus, dass dem Spruch des Straferkenntnisses nicht zu entnehmen sei, welchen der vier Tatbestände die Behörde gemäß § 44a Z 1 VStG als erwiesen angenommen habe, da sich aus der Anzeige des Zollamtes Lustenau nur ergebe, dass dem Beschuldigten zur Last gelegt werde, kein "COP-Dokument" und keine ÖKO-Karte vorgelegt zu haben, sowie dass ÖKO-Punkte fehlen würden. Damit vermag der Beschwerdeführer jedoch keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, verpflichtet doch der Wortlaut des Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 der Kommission den Fahrer eines Lastkraftwagens im Hoheitsgebiet Österreichs, alternierend eine der vier genannten Unterlagen mitzuführen und diese auf Verlangen den Aufsichtsbehörden zur Prüfung vorzulegen, der Beschwerdeführer jedoch (wie erwähnt unbestritten) keine einzige der genannten Unterlagen mitgeführt hat. Es ist dem Spruch des bekämpften Bescheides somit eindeutig zu entnehmen, welcher konkrete Tatvorwurf dem Beschwerdeführer gemacht werde.

2.3. Dem weiteren Vorbringen des Beschwerdeführers, es müsste dem angefochtenen Bescheid zu entnehmen sein, wo und wann der Beschuldigte in das österreichische Staatsgebiet eingereist sei, sowie wo und wann er dieses wieder verlassen habe, ist entgegenzuhalten, dass die Örtlichkeiten der Ein- und Ausreise dem Spruch des angefochtenen Bescheides zu entnehmen sind: "Sie haben sich als Lenker ... beim Zollamt Lustenau, Reichsstraße, nach einer Transitfahrt durch Österreich zur Ausreise in die Schweiz gestellt (Einreise von Deutschland erfolgte über das ehemalige Autobahnzollamt Hörbranz)". Da auch die genaue Tatzeit dem Spruch zu entnehmen ist, und nähere Angaben bezüglich der zeitlichen Umstände der Ein- bzw. Ausreise als Tatbestandsvoraussetzungen nicht erforderlich sind, kann der Verwaltungsgerichtshof vor diesem Hintergrund auch nicht finden, dass die Umschreibung des Tatortes und der Tatzeit im angefochtenen Bescheid dem § 44a Z. 1 VStG nicht genügen würden, ist doch vorliegend kein Anhaltspunkt für eine Beeinträchtigung der Verteidigungsrechte des Beschwerdeführers oder die Gefahr einer Doppelbestrafung (auch der Beschwerdeführer hat weder einen solchen Anhaltspunkt noch eine solche Gefahr konkret dargetan) gegeben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Februar 2001, Zl. 2000/03/0223, mwH).

2.4. Mit seinem Vorbringen, zwischen Spruch und Begründung des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn existiere ein Widerspruch, als bezüglich des Ortes der Überprüfung einerseits das Zollamt Lustenau, andererseits das Zollamt Hohenems angeführt werde, übersieht der Beschwerdeführer, dass sich die belangte Behörde auf Seite 4 des angefochtenen Bescheid mit diesem - bereits in der Berufung geltend gemachten - Vorbringen auseinandersetzt und diesbezüglich - wogegen sich der Beschwerdeführer nicht wendet - festhält, dass den sonstigen Ausführungen in der Begründung des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn zweifelsfrei zu entnehmen sei, dass der Beschwerdeführer sich zum Tatzeitpunkt als Lenker eines Sattelkraftfahrzeuges beim Zollamt Lustenau (Reichsstraße) (dabei würde es sich um das Zollamt Lustenau/Au handeln) zur Ausreise in die Schweiz gestellt habe, und von daher diese unterschiedlichen Angaben im Straferkenntnis zutreffend als Versehen qualifiziert hat.

2.5. Weiters wendet der Beschwerdeführer gegen den bekämpften Bescheid ein, dass in seinem Fall die Voraussetzungen des § 21 VStG für ein Absehen von der Strafe vorlägen. Das Verschulden des Beschwerdeführers - wenn ein solches überhaupt vorliege - sei bestenfalls geringfügig. Der Beschwerdeführer sei einem Irrtum darüber unterlegen, dass für eine Transitfahrt entsprechende Vorkehrungen zu treffen sind. Bei der gegenständlichen Fahrt habe es sich nämlich um die erste berufliche Fahrt durch Österreich gehandelt, und hätte die Begehung der Tat in Anbetracht der sehr kurzen zurückgelegten Fahrtstrecke nicht gehabt. Auch dieses Vorbringen geht fehl. Gemäß § 21 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten. Nach der ständigen hg. Rechtsprechung ist das Verschulden geringfügig, wenn - unabhängig von der Schuldform (Vorsatz oder Fahrlässigkeit) - das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurück bleibt. Diese Voraussetzung ist im Beschwerdefall aber nicht gegeben, muss doch vom Beschwerdeführer als einem eine Transitfahrt mit einem Lastkraftwagen durchführenden Lenker verlangt werden, sich mit den einschlägigen Rechtsnormen vertraut zu machen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. Juni 2000, Zl. 2000/03/0014, mwH).

2.6. Da somit bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 12. September 2001

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