Normen
StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §5 Abs2;
Spruch:
1.) den Beschluss gefasst:
Die Behandlung der Beschwerde hinsichtlich der Spruchpunkte 1. und 3. des angefochtenen Bescheides wird abgelehnt.
2.) zu Recht erkannt:
Im Übrigen (also hinsichtlich seines Spruchpunktes 4) wird der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt (Land) Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem erstinstanzlichen Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien vom 18. Jänner 2000 wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er habe am 17. April 1999 um 01.20 Uhr in Wien an einem näher genannten Ort als Lenker eines dem pol. Kennzeichen nach bestimmten Fahrzeuges 1.) die Fahrt vorschriftswidrig geradeaus fortgesetzt, obwohl er sich zum Linksabbiegen eingeordnet gehabt habe, 2.) das Rotlicht der für den Geradeausverkehr geltenden Verkehrsampel in einer näher beschriebenen Weise missachtet, 3.) anschließend um 01.21 Uhr an einem näher umschriebenen Ort in Wien die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 30 km/h und somit erheblich überschritten und 4.) um 21.23 Uhr an einem näher umschriebenen Ort in Wien sich gegenüber besonders geschulten und hiezu ermächtigten Straßenaufsichtsorganen geweigert, die Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl der Verdacht bestanden habe, dass er das Kraftfahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe. Der Beschwerdeführer habe dadurch zu 1.) § 9 Abs. 6 StVO, zu 2.) § 38 Abs. 5 StVO, zu
3.) § 20 Abs. 2 StVO und zu 4.) § 5 Abs. 2 iVm § 99 Abs. 1 lit. b StVO verletzt, weshalb über ihn zu 1.) eine Geldstrafe in der Höhe von S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 60 Stunden), zu
2.) eine Geldstrafe in der Höhe von S 1.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 90 Stunden), zu 3.) eine Geldstrafe in der Höhe von S 1.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 90 Stunden) und zu
4.) eine Geldstrafe in der Höhe von S 16.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 14 Tage) verhängt wurde.
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheid vom 15. Mai 2001 gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers zu Spruchpunkt 2. des erstinstanzlichen Bescheides Folge, behob das angefochtene Straferkenntnis in diesem Punkt und stellte das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG ein. Zu den Spruchpunkten 1., 3. und 4. (hinsichtlich dieses Spruchpunktes in Kammerbesetzung) wurde der Berufung hingegen keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass die beiden Wortfolgen "um 30 km/h und somit" und "obwohl der Verdacht bestand, dass Sie das KFZ in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt haben" entfallen.
Die belangte Behörde ging dabei davon aus, dass der Beschwerdeführer am 17. April 1999 um 01.20 Uhr mit seinem dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw in der Währingerstraße in Wien mit überhöhter Geschwindigkeit stadteinwärts gefahren sei, nachdem er bereits kurz zuvor in Gersthof eine Organstrafverfügung wegen überhöhter Geschwindigkeit erhalten hatte. Um an den noch stehenden oder gerade losfahrenden Kraftfahrzeugen vorbeizukommen, welche vor der Kreuzung mit der Sensengasse bzw. Boltzmanngasse auf der für die Geradeausfahrenden bestimmten Spur "angestellt" gewesen seien, habe der Beschwerdeführer auf die Linksabbiegespur gewechselt und sei an den "angestellten" Fahrzeugen (vorbei) geradeaus gefahren, als die Ampel für Geradeausfahrende eben auf Grün gesprungen sei. Ein Zivilfahrzeug der Bundespolizeidirektion Wien mit dem Zeugen G. als Lenker habe sich etwa 30 - 40 m dahinter befunden und die Verfolgung aufgenommen. Zunächst habe sich der Abstand zwischen den Fahrzeugen etwas erweitert, da der Beschwerdeführer beschleunigt habe, etwa auf Höhe der Lackierergasse habe sich das Polizeifahrzeug jedoch wieder 30 - 40 m hinter dem Pkw des Beschwerdeführers befunden und diesen Abstand bis zum Rooseveltplatz, also etwa über 250 m, eingehalten. Während dieser Nachfahrt habe der Zeuge G. vom nicht geeichten Tachometer seines Dienstfahrzeuges eine Geschwindigkeit von 80 km/h ablesen können. Bei der Votivkirche habe der Beschwerdeführer angehalten werden können. Die folgende Amtshandlung sei vom Zeugen V. geführt und von der aus dem Dienstfahrzeug ebenfalls ausgestiegenen Zeugin H. gesichert worden; der Zeuge G. sei im Dienstfahrzeug verblieben und habe die Amtshandlung beobachtet. Der Zeuge V. habe den Beschwerdeführer zur Durchführung einer Atemalkoholuntersuchung aufgefordert, wobei er etwa die Worte gebraucht habe: "Ich fordere Sie zum Alkotest auf, stimmen Sie zu, ja oder nein?" Der Beschwerdeführer habe sich zuerst dazu bereit erklärt, jedoch dann seine Meinung geändert und die Atemalkoholuntersuchung verweigert. Im Zuge des nachfolgenden Gespräches zwischen ihm und dem Zeugen V. habe er seine Weigerung wiederholt, obwohl er von Letzterem auf die Rechtsfolgen hingewiesen worden sei. Der Beschwerdeführer habe demgegenüber erklärt, dass er keinen Alkohol getrunken habe und sei bei seiner Weigerung verblieben. Er habe seine Meinung auch dann nicht geändert, als er von der Zeugin H. über die Folgen der Verweigerung belehrt worden sei, wobei die Zeugin H. ihm klar zu machen versucht habe, dass die Durchführung des Alkotests "jedenfalls günstiger" wäre als die Verweigerung.
In rechtlicher Hinsicht - so die belangte Behörde weiter - erfülle das festgestellte Verhalten des Beschwerdeführers den Tatbestand der unter den Punkten 1., 3. und 4. angelasteten Übertretungen sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht. Da weder das Bestehen des Verdachtes auf Alkoholisierung noch eine zahlenmäßige Angabe der Geschwindigkeitsübertretung Tatbestandsmerkmale seien, sei der Spruch entsprechend abzuändern gewesen. Hingegen sei das Verfahren zu Punkt 2. des erstinstanzlichen Bescheides einzustellen gewesen.
Der gegen diesen Bescheid zunächst angerufene Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluss vom 3. Oktober 2001,
B 1064/01, die Behandlung der Beschwerde ab und trat diese dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG ab. Dieser hat über die - ergänzte - Beschwerde erwogen:
1.) Zu den Spruchpunkten 1. und 3. des angefochtenen Bescheides:
Gemäß § 33a VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung einer Beschwerde gegen einen Bescheid eines unabhängigen Verwaltungssenates durch Beschluss ablehnen, wenn die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil sie von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird, in Verwaltungsstrafsachen außerdem nur dann, wenn eine Geldstrafe von höchstens Euro 726,-- verhängt wurde.
Die Voraussetzungen für eine Ablehnung der vorliegenden Beschwerde nach dieser Gesetzesstelle sind erfüllt. Es wurde jeweils keine Euro 726,-- übersteigende Geldstrafe verhängt. Die Fällung einer Sachentscheidung über die Beschwerde hängt auch von keiner Rechtsfrage ab, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
2.) Zu Spruchpunkt 4. des angefochtenen Bescheides:
Soweit dem Beschwerdevorbringen entnommen werden könnte, der Beschwerdeführer rüge, die belangte Behörde habe es unterlassen zu prüfen, ob er im Zeitpunkt seiner Anhaltung Alkoholisierungssymptome aufgewiesen habe, ist dem zu entgegnen, dass § 5 Abs. 2 StVO unter anderem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organen der Straßenaufsicht die Berechtigung einräumt, jederzeit - somit auch ohne Vorliegen von Alkoholisierungssymptomen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 25. Juni 1999, Zl. 99/02/0049, und vom 30. März 2001, Zl. 2000/02/0177) - die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Angesichts dieser Rechtslage war die belangte Behörde nicht gehalten zu prüfen, ob und in welchem Ausmaß beim Beschwerdeführer tatsächlich Alkoholisierungssymptome vorlagen.
Die belangte Behörde hat im Übrigen schlüssig begründet, warum sie die Angaben der vernommenen Zeugen auch hinsichtlich der Aufforderung zur Atemalkoholuntersuchung für glaubwürdig erachtete. Damit hat die belangte Behörde im Rahmen der eingeschränkten Kontrollbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. z.B. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 30. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) unangreifbar ihre Beweiswürdigung dargetan.
Der Beschwerde ist jedoch aus anderen Gründen Erfolg beschieden: Nach dem (im Übrigen in der Begründung des angefochtenen Bescheides wörtlich wiedergegebenen) Spruch des Bescheides erster Instanz wurde als Tatzeit des dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Deliktes 21.23 Uhr angenommen. Nach dem Inhalt des Protokolles über die vor der belangten Behörde am 11. Jänner 2001 durchgeführte Verhandlung (Seite 4 des Protokolles) wurde mit dem Vertreter des Berufungswerbers - zutreffend - der Umstand erörtert, dass im Spruchpunkt 4 (Ergänzung: des erstinstanzlichen Bescheides) auf Grund eines offenkundigen Schreibfehlers die Tatzeit mit 21.23 Uhr statt richtigerweise mit 01.23 Uhr angegeben wurde, dies jedoch in der Anzeige vom 17. April 1999 richtig angeführt wurde und dem Berufungswerber im Rahmen der Akteneinsicht am 8. Juni 1999 auch rechtzeitig innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist zur Kenntnis gebracht wurde. Eine diesbezügliche Berichtigung erfolgte jedoch im Spruch des angefochtenen Bescheides nicht, obwohl die belangte Behörde als Berufungsbehörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG (§ 24 VStG) hiezu nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet gewesen wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 2000, Zl. 99/02/0042). Dass aber die Tatzeit durch einen nachträglichen Bescheid der belangten Behörde gemäß § 62 Abs. 4 AVG berichtigt worden wäre, hat die belangte Behörde - obwohl dies auf Grund eines entsprechenden Hinweises in der hg. Verfügung vom 5. Februar 2002 über die Einleitung des Vorverfahrens in Verbindung mit dem Beschwerdevorbringen auf der Hand gelegen wäre -
anlässlich der Aktenvorlage nicht behauptet und ist auch nicht erkennbar.
Sohin war der angefochtene Bescheid in diesem Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Das Mehrbegehren war abzuweisen, da für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof nur
Schriftsatzaufwand (EUR 908,--) und Eingabengebühr (EUR 181,68) zustehen und die Umsatzsteuer bereits im pauschalierten Schriftsatzaufwand enthalten ist.
Wien, am 22. März 2002
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