Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird, soweit damit der am 19. Juli 1999 mündlich verkündete Bescheid hinsichtlich seines Spruchpunktes 1) behoben (= Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides) und das diesbezügliche Strafverfahren eingestellt wurde (= Spruchpunkt II, A des angefochtenen Bescheides), wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Im Übrigen (sohin hinsichtlich des Spruchpunktes II, B des angefochtenen Bescheides) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien vom 30. März 1998 wurde die mitbeteiligte Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens dreier Übertretungen der StVO, und zwar nach § 11 Abs. 1, weil sie als Lenkerin eines Fahrzeuges den Fahrstreifen gewechselt habe, ohne sich überzeugt zu haben, dass dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich gewesen sei (Spruchpunkt 1), nach § 4 Abs. 1 lit. a (Spruchpunkt 2) und nach § 4 Abs. 5 (Spruchpunkt 3), für schuldig befunden und hiefür bestraft. Dagegen erhob die Mitbeteiligte Berufung.
Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung verkündete die belangte Behörde am 19. Juli 1999 den Bescheid, womit dieser Berufung keine Folge gegeben wurde.
Mit Datum 17. April 2001 erließ die belangte Behörde (nunmehr schriftlich) einen Bescheid, dessen Spruchpunkt I dahingehend lautet, dass der am 19. Juli 1999 mündlich verkündete Bescheid insoweit gemäß § 52a Abs. 1 VStG behoben werde, als damit der Berufung gegen Punkt 1) des zitierten Straferkenntnisses keine Folge gegeben worden sei. Weiters enthält dieser schriftliche Berufungsbescheid in Spruchpunkt II unter A) den Ausspruch, dass der Berufung gegen Punkt 1) des Straferkenntnisses Folge gegeben, dieses insoweit behoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 3 VStG eingestellt werde. Spruchpunkt II, B) enthält den Ausspruch, dass der Berufung gegen die Punkte 2) und 3) des Straferkenntnisses keine Folge gegeben werde.
Gegen diesen (schriftlichen) Berufungsbescheid richtet sich die vorliegende, auf Art. 131 Abs. 1 Z. 2 B-VG gestützte Beschwerde des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:
Zu den Spruchpunkten I sowie II, A):
Die Behebung des Spruchpunktes 1) des Straferkenntnisses (nach § 52a Abs. 1 VStG) und die diesbezügliche Einstellung des Strafverfahrens wurde im Wesentlichen damit begründet, dass insoweit Verfolgungsverjährung (gemäß § 32 Abs. 1 und 2 VStG) eingetreten sei, weil der Mitbeteiligten nicht innerhalb der sechsmonatigen Frist vorgeworfen worden sei, sie habe den Fahrstreifen gewechselt, ohne sich davon überzeugt zu haben, dass dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich gewesen sei; solches finde sich weder in der Anzeige (die der Mitbeteiligten am 4. März 1997 anlässlich ihrer Einvernahme vorgehalten worden sei), noch in der diesbezüglichen Niederschrift über die zeugenschaftliche Einvernahme der Unfallbeteiligten Maria B. am 15. Mai 1997. Damit verkennt die belangte Behörde die Rechtslage:
Gemäß § 11 Abs. 1 StVO darf der Lenker eines Fahrzeuges die Fahrtrichtung nur ändern oder den Fahrstreifen nur wechseln, nachdem er sich davon überzeugt hat, dass dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich ist.
Nach der hg. Rechtsprechung (vgl. das Erkenntnis vom 22. Juni 1988, Zl. 87/03/0194) besteht das strafbare Verhalten nach dieser Bestimmung in der Unterlassung des Lenkers, sich davon zu überzeugen, dass die Änderung der Fahrtrichtung oder der Wechsel des Fahrstreifens ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich ist (wobei zum Tatbild nicht gehört, dass eine Gefährdung anderer Straßenbenützer erfolgt ist). Weiters liegt ein "Fahrstreifenwechsel" schon dann vor, wenn der Lenker zumindest teilweise auf einen anderen Fahrstreifen gerät (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Mai 1996, Zl. 96/03/0016).
Schon aus der Zeugenaussage der Unfallbeteiligten B. vom 15. Mai 1997 ergibt sich, dass die von der belangten Behörde vermisste (rechtzeitige) Verfolgungshandlung vorliegt. Diese Aussage lautet (auszugsweise):
"Ich lenkte den Pkw ... im rechten Fahrstreifen des Rennweges Richtung stadtauswärts. Auf Höhe Wien 3., Rennweg gegenüber 35 verengte sich die Fahrbahn. Nach dem Reißverschlusssystem ließ ich einen Pkw vor mir einordnen und wollte anschließen. Die Beschuldigte (Anm.: die Mitbeteiligte) versuchte mich mit ihrem KKW ... zu überholen. Hiebei kam es zur Kollision zwischen dem von mir gelenkten und dem gegnerischen Kfz. Mein Pkw wurde auf der linken Seite von Höhe beim hinteren linken Kotflügel bis über die Hälfte der linken Seitentür eingedellt und der Lack zerkratzt."
Da der Mitbeteiligten nicht unterstellt wurde, sie habe die Kollision "absichtlich" herbei geführt, so kann dieser, von der Zeugin dargestellte Sachverhalt aus dem Gesamtzusammenhang sinnvoll (vgl. zu einer diesbezüglichen Wertung einer Verfolgungshandlung das hg. Erkenntnis vom 12. Juni 1992, Zl. 92/18/0083) nur dahin verstanden werden, dass es die Mitbeteiligte unterlassen hat, sich vor dem Wechsel des Fahrstreifens davon zu überzeugen, dass dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich ist. Die von der belangten Behörde als gegeben erachtete Verfolgungsverjährung liegt sohin nicht vor.
Der angefochtene Bescheid ist daher in diesem Umfang mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, was insoweit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zu seiner Aufhebung führt.
Zu Spruchpunkt II, B):
Der Beschwerdeführer bringt insoweit vor, es liege - da der mündlich verkündete Bescheid insoweit in Rechtskraft erwachsen sei - entschiedene Sache vor; die "neuerliche Entscheidung" sei sohin rechtswidrig.
Damit verkennt der Beschwerdeführer - worauf die belangte Behörde in der Gegenschrift zutreffend verweist -, dass es sich bei diesem Ausspruch um die schriftliche Ausfertigung des mündlich verkündeten Bescheides handelt (§ 67g Abs. 1 und 3 AVG).
Die Beschwerde erweist sich daher in diesem Umfang als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Wien, am 25. Jänner 2005
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