VwGH 2001/02/0012

VwGH2001/02/001226.1.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, über die Beschwerde des VH in W, vertreten durch Dr. Marco Iglitsch, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Ballgasse 6, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Burgenland vom 21. Juni 2000, Zl. E 084/05/2000.023/004, betreffend Abweisung eines Verfahrenshilfeantrages, zu Recht erkannt:

Normen

FSG 1997 §37 Abs1;
FSG 1997 §37 Abs4 Z1;
EMRK Art6 Abs3 litc;
VStG §51a Abs1;
FSG 1997 §37 Abs1;
FSG 1997 §37 Abs4 Z1;
EMRK Art6 Abs3 litc;
VStG §51a Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund der Beschwerde und des mit ihr vorgelegten angefochtenen Bescheides steht folgender Sachverhalt fest:

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 21. Juni 2000 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Bewilligung der Verfahrenshilfe gemäß § 51a Abs. 1 VStG abgewiesen. In der Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, gegen den Beschwerdeführer sei von der Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt-Umgebung ein Verwaltungsstrafverfahren wegen einer Übertretung nach § 37 Abs. 1 und 4 Z. 1 Führerscheingesetz 1997 geführt worden, das seinen vorläufigen Abschluss im Straferkenntnis vom 19. April 2000 gefunden habe. Der Beschwerdeführer sei damit zu einer Geldstrafe von S 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe zwei Wochen) verurteilt worden. Im Berufungsverfahren werde im Wesentlichen zu klären sein, ob dem Beschwerdeführer - wie die Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz begründend ausführe - die Lenkberechtigung durch die Bezirkshauptmannschaft Baden am 2. April 1997 auf Dauer entzogen worden sei. Der zu klärende Sachverhalt sei daher ein äußerst einfacher und bedürfe es mangels Komplexität des Falles nicht der Beigebung eines Verteidigers. Auch die drohende Strafe von höchstens S 10.000,-- bedinge dies nicht. Zudem sei der ledige Beschwerdeführer nach seinem Bekenntnis über die Vermögens-, Erwerbs- und Familienverhältnisse im Übrigen auch offenbar imstande, ohne Beeinträchtigung des für sich zur einfachen Lebensführung notwendigen Unterhaltes die Kosten der Verteidigung zu tragen.

Der Beschwerdeführer rügt zunächst, dass die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid ausschließlich auf Grund der Angaben im Vermögensbekenntnis bzw. des Akteninhaltes erlassen habe und ihm keine Einvernahmemöglichkeit bzw. Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt habe. Inhaltlich bringt der Beschwerdeführer vor, dass "die belangte Behörde das Wesen der Einrichtung der Verfahrenshilfe offenbar nicht erkannt" habe. Ob ein Sachverhalt rechtlich komplex oder einfach zu lösen sei, stelle sich zwangsläufig meist erst im Zuge des Verfahrens heraus. Eine Vorhersage über die zu lösenden Rechtsfragen sei daher von vornherein unmöglich und unzulässig. Dazu komme, dass selbst ein an sich einfacher Sachverhalt für einen juristischen Laien, wie dies der Beschwerdeführer sei, subjektiv nicht durchschaubar sein könne. Es sei zu prüfen, ob für den Beschwerdeführer subjektiv die Möglichkeit bestehe, auf Grund seiner juristischen Kenntnisse seine Verteidigung bestmöglich wahrzunehmen. Der Beschwerdeführer verfüge über keinerlei juristische Ausbildung. Zudem habe die Gewährung der Verfahrenshilfe auch Auswirkungen "auf die übrigen im Berufungsverfahren auflaufenden Kosten und Gebühren".

Zum zweiten Argument der belangten Behörde führt der Beschwerdeführer aus, es sei nicht zu ersehen, auf Grund welcher Umstände konkret die belangte Behörde zur Ansicht gelangt sei, er sei offenbar imstande, ohne Beeinträchtigung seines "notwendigen Unterhaltes" die Kosten der Verteidigung zu tragen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Ansicht des Beschwerdeführers, eine Vorhersage über die im Verfahren zu lösenden Rechtsfragen sei unzulässig, ist verfehlt. Anhand der zum Entscheidungszeitpunkt über den Verfahrenshilfeantrag vorliegenden Umstände hat die belangte Behörde hinsichtlich der Schwierigkeit des zu erwartenden Verfahrens eine Prognoseentscheidung zu treffen. Diesbezüglich hat der Verwaltungsgerichtshof zB im Erkenntnis vom 27. Oktober 1999, Zl. 97/09/0055, mit dem die dortige Beschwerde gegen den die Verfahrenshilfe versagenden Bescheid als unbegründet abgewiesen wurde (hier lag der Versagung der Verfahrenshilfe eine Bestrafung von 2 x S 5.000,-- zu Grunde), ausgeführt:

§ 51a Abs. 1 VStG orientiert sich an § 41 StPO und ist vor dem verfassungsrechtlichen Hintergrund des Art. 6 Abs. 3 lit. c MRK zu sehen (Hinweis auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 24. Mai 1991 im Fall Quaranta, ÖJZ 1991/16 MRK). Geht es um den Entzug der persönlichen Freiheit, so ist - falls der Betroffene nicht über die Mittel zur Bezahlung eines Rechtsbeistandes verfügt - die Beigebung eines Verfahrenshelfers geboten (Hinweis auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 10. Juni 1996 im Fall Benham gegen das Vereinigte Königreich, ÖJZ 1996/36/MRK). Bei der Beurteilung der Interessen der Verwaltungsrechtspflege ist vor allem auf die zweckentsprechende Verteidigung Bedacht zu nehmen. Als Gründe für die Beigebung eines Verteidigers werden besondere Schwierigkeiten der Sachlage oder Rechtslage, besondere persönliche Umstände des Beschuldigten und die besondere Tragweite des Rechtsfalles für die Partei (wie etwa die Höhe der dem Beschuldigten drohenden Strafe) zu berücksichtigen sein.

Eine gleichartige Entscheidung traf der Verwaltungsgerichtshof mit dem Erkenntnis vom 24. November 1993, Zl. 93/02/0270. Hier lag der Versagung der Verfahrenshilfe eine Bestrafung gemäß § 4 Abs. 1 lit. a StVO (Geldstrafe von S 4.000,-- , im Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafe von acht Tagen) und nach § 4 Abs. 5 StVO (Geldstrafe von S 5.000,--, Ersatzfreiheitsstrafe zehn Tage) zu Grunde.

Unzutreffend ist auch die Ansicht, dass die Verfahrenshilfe selbst bei Vorliegen eines einfachen Sachverhaltes dann zu gewähren sei, wenn es sich um eine Person ohne juristische Ausbildung handle. Dass im gegenständlichen Fall aber eine besonders schwierige Sach- oder Rechtslage zu beurteilen wäre, wird vom Beschwerdeführer in der Beschwerde nicht dargetan.

Auch die Höhe der dem Beschwerdeführer höchstens drohenden Strafe bewegt sich ebenfalls im Rahmen dessen, was der Verwaltungsgerichtshof in vergleichbaren Fällen (in Summe der in den dort zu bekämpfenden Bescheiden drohenden Strafen) als nicht ausschlaggebend für die Gewährung der Verfahrenshilfe angesehen hat. Hievon abzugehen sieht der Verwaltungsgerichtshof keinen Anlass.

Insofern der Beschwerdeführer vorbringt, die Gewährung der Verfahrenshilfe habe auch Auswirkungen auf "die übrigen im Berufungsverfahren auflaufenden Kosten und Gebühren", ist er auf den vorstehenden Absatz zu verweisen.

Die Beigabe eines Verfahrenshilfeverteidigers ist nur dann vorgesehen, wenn beide in § 51a Abs. 1 VStG genannten Voraussetzungen (Mittellosigkeit, Interessen der Rechtspflege) kumulativ vorliegen. Da - wie ausgeführt - die belangte Behörde im gegenständlichen Fall zu Recht davon ausgegangen ist, dass die Beigabe eines Verfahrenshilfeverteidigers nicht im Interesse der Verwaltungsrechtspflege liege, erübrigt es sich, auf die vom Beschwerdeführer offenbar behauptete, von der belangten Behörde ohne nähere Ausführungen bestrittene "Mittellosigkeit" im Sinne des § 51a Abs. 1 VStG einzugehen.

Bereits der Inhalt der Beschwerde lässt erkennen, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, weshalb die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG

ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen war.

Wien, am 26. Jänner 2001

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