Normen
WaffG 1996 §25 Abs3;
WaffG 1996 §8 Abs1 Z2;
WaffV 02te 1998 §3 Abs1;
WaffV 02te 1998 §3 Abs2 Z2;
WaffV 02te 1998 §3 Abs2 Z3;
WaffV 02te 1998 §3 Abs2 Z4;
WaffG 1996 §25 Abs3;
WaffG 1996 §8 Abs1 Z2;
WaffV 02te 1998 §3 Abs1;
WaffV 02te 1998 §3 Abs2 Z2;
WaffV 02te 1998 §3 Abs2 Z3;
WaffV 02te 1998 §3 Abs2 Z4;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 1.172,88 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Am 21. Mai 1999 erstattete der Beschwerdeführer bei der Bundespolizeidirektion Graz Anzeige über den Diebstahl seiner Faustfeuerwaffe und gab diesbezüglich an, in der Nacht vom 21. Mai 1999 eine Frau (später als S identifiziert) in einem Lokal kennen gelernt und in seine Wohnung eingeladen zu haben. Diese sei der Einladung nachgekommen und habe ihm erzählt, einmal für den Wachdienst gearbeitet zu haben und "noch bewaffnet zu sein". Deswegen habe er ihr "vermutlich" gesagt, er besitze eine Waffe und wo er sie verwahre, aber er könne nicht genau angeben, ob dies der Fall gewesen sei. Die Aufbewahrung sei im Wohnzimmerschrank erfolgt, der "mit Sicherheit" versperrt gewesen sei. Der Schlüssel dazu habe sich an seinem Schlüsselbund befunden. Er habe diesen in der konkreten Nacht entweder auf dem Schuhkästchen im Vorzimmer abgelegt oder innen an die Wohnungstür angesteckt. S müsse, während er geduscht habe, die Gelegenheit ausgenützt haben, um den Wohnzimmerschrank mit seinem Schlüssel aufzusperren und die Waffe an sich zu nehmen. Vermerkt ist in der Niederschrift über die Anzeige weiters, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Anzeigeerstattung offensichtlich alkoholisiert gewesen sei. S sagte laut einer mit ihr als "Verdächtiger" am 8. Juni 1999 vor der Bundespolizeidirektion Graz aufgenommenen Niederschrift zum Vorfall aus, der Beschwerdeführer habe ihr in seiner Wohnung "plötzlich" eine Pistole gezeigt. Er habe gesagt, dass nichts passieren könne, weil die Waffe nicht geladen sei. Getrennt von der Waffe habe er ihr auch das Magazin gezeigt. Der Beschwerdeführer habe die Waffe sodann in einen "Schrank neben der Schlafzimmertür" gegeben. Weil sie Angst gehabt habe, habe sie, während sich der Beschwerdeführer geduscht habe, seinen Schlüsselbund, welcher im Vorzimmer abgelegt gewesen sei, geholt und den "Schlafzimmerschrank" aufsperren wollen, um zur Waffe zu gelangen. Die Schranktüre sei aber unversperrt gewesen. Sie habe die Waffe aus dem Schrank genommen und die Wohnung verlassen.
Der Beschwerdeführer bestritt in der Folge die Richtigkeit dieser Angaben. Er habe S weder die Waffe gezeigt noch den Aufbewahrungsort genannt noch sei die Türe des Wohnzimmerschrankes unversperrt gewesen.
Mit Bescheid vom 13. Dezember 1999 entzog die Bundespolizeidirektion Graz dem Beschwerdeführer den ihm am 2. Dezember 1977 ausgestellten Waffenpass gemäß § 25 Abs. 3 iVm § 8 Abs. 1 Z 2 des Waffengesetzes 1996, BGBl. I Nr. 12/1997 (WaffG). Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, bei einer in der Wohnung des Beschwerdeführers durchgeführten Nachschau durch Sicherheitsorgane der Bundespolizeidirektion Graz sei festgestellt worden, dass der Verwahrungsort der Waffe nicht ausreichend vor unbefugtem Zugriff gesichert gewesen sei. Die Türe des Kastenteiles sei von oben leicht wegzudrücken, womit die Sperrvorrichtung leicht aufzuzwängen sei, um ins Innere zu gelangen. Das durchgeführte Ermittlungsverfahren habe ergeben, dass der Beschwerdeführer im alkoholisierten Zustand einer ihm unbekannten Person, die zum Waffenbesitz nicht berechtigt gewesen sei, vom Besitz seiner Waffe erzählt und sie darauf hingewiesen habe, wo sich die Waffe befinde. Er habe dann noch den Schlüssel unbeaufsichtigt und offen "für jedermann" zugänglich im Vorzimmer liegen gelassen. Auch der Verwahrungsort der Waffe, ein Kasten, dessen Tür "leicht ohne Schlüssel öffenbar" sei, sei nicht ausreichend vor unbefugtem Zugriff und unberechtigter Aneignung gesichert gewesen. Demnach stehe fest, dass der Beschwerdeführer im Umgang mit Schusswaffen unvorsichtig sei.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung und führte in dieser im Wesentlichen aus, er habe weder S mitgeteilt, wo sich seine Waffe in der Wohnung befinde, noch ihr diese Waffe gezeigt. Es sei ausschließlich auf die kriminelle Handlungsweise von S zurückzuführen, dass diese in den Besitz der Waffe habe gelangen können, und zwar dadurch, dass sie das Behältnis, in welchem sich die Waffe befunden habe, gewaltsam, nämlich durch Herabdrücken der "Ladentür" geöffnet habe. Die "Lade" sei versperrt gewesen. Der Beschwerdeführer habe den Schlüssel (gemeint offenbar: normalerweise) stets bei sich getragen. Die erstinstanzliche Behörde habe die beantragte Einvernahme des Beschwerdeführers nicht durchgeführt, sondern sich bei der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes lediglich auf die Anzeige vom 21. Mai 1999 gestützt. In dieser Anzeige seien die damaligen Angaben des Beschwerdeführers nicht wortgetreu, sondern nur zusammenfassend wiedergegeben worden. Sie folge in ihrer Beweiswürdigung ausschließlich den Aussagen von S, die angegeben habe, dass sich die Waffe in einem Schrank im Schlafzimmer befunden habe. Diese Angabe stehe im krassen Widerspruch zu den Feststellungen der erhebenden Beamten, wonach das "Waffenbehältnis" in einem Teil des Wohnzimmerschrankes gewesen sei. Der Beschwerdeführer beantragte erneut seine Einvernahme. Die Behauptung von S, das Waffenbehältnis sei unversperrt gewesen, sei auf das Interesse an der Vermeidung einer Verurteilung wegen Einbruchsdiebstahls zurückzuführen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung des Beschwerdeführers abgewiesen. Begründend wurde nach einer Wiedergabe des Verfahrensganges und einer nochmaligen Darstellung der erstinstanzlichen Angaben ausgeführt, die Aussagen von S seien für die Berufungsbehörde sehr wohl als glaubhaft zu werten, auch wenn der Beschwerdeführer vermeine, diese Angaben stünden im krassen Widerspruch zu den Feststellungen der erhebenden Beamten, wonach sich das "Waffenbehältnis" in einem Teil des Wohnzimmerschrankes befunden habe. Von einer sorgfältigen Verwahrung der Waffe könne nicht gesprochen werden, da es für S ein Leichtes gewesen sei, der Waffe "habhaft" zu werden. Eine solche Verwahrung könne nicht, auch nicht bei getrennter Aufbewahrung von Waffe und Munition, damit gerechtfertigt werden, dass der Gebrauch durch Unbefugte dadurch verhindert werde, dass die Waffe ungeladen oder durch die Entfernung eines etwaigen Magazins nicht gebrauchsfähig sei. Denn der ungehinderte Zugriff zu Waffen ermögliche es dritten Personen, diese an sich zu nehmen und durch Laden bzw. Ergänzung fehlender Teile verwendungsfähig zu machen. "Tatsache sei", dass S der Waffe in der Wohnung des Beschwerdeführers "ohne Probleme" habhaft geworden und dieser unerlaubte Waffenbesitz der S nur auf eine unzureichende bzw. mangelhafte Verwahrung der Waffe durch den Beschwerdeführer zurückzuführen gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Gemäß § 25 Abs. 3 WaffG hat die Behörde waffenrechtliche Urkunden zu entziehen, wenn sich ergibt, dass der Berechtigte nicht mehr verlässlich ist. Verlässlich ist ein Mensch gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 WaffG nur dann, wenn keine Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er mit Waffen unvorsichtig umgehen oder diese nicht sorgfältig verwahren werde. Gemäß § 3 Abs. 1 der 2. Waffengesetz- Durchführungsverordnung, BGBl. II Nr. 313/1998 (2. WaffV), ist eine Schusswaffe sicher verwahrt, wenn ihr Besitzer sie in zumutbarer Weise vor unberechtigtem - auf Aneignung oder unbefugte Verwendung gerichteten - Zugriff schützt. Zu den maßgebenden Umständen für die Beurteilung der Sicherheit der Verwahrung gehört unter anderem gemäß § 3 Abs. 2 Z 2 bis 4 der 2. WaffV der Schutz vor fremdem Zugriff durch Gewalt gegen Sachen, insbesondere eine der Anzahl und der Gefährlichkeit von Waffen und Munition entsprechende Ein- oder Aufbruchsicherheit des Behältnisses oder der Räumlichkeit (Z 2), der Schutz von Waffen und Munition vor dem Zugriff von Mitbewohnern, die zu deren Verwendung nicht befugt sind (Z 3), und der Schutz vor Zufallszugriffen rechtmäßig Anwesender (Z 4).
Bei Auslegung des Begriffes der sorgfältigen Verwahrung im Sinne des § 8 Abs. 1 Z 2 WaffG ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes angesichts des mit dem Waffenbesitz von Privatpersonen verbundenen Sicherheitsbedürfnisses nach Sinn und Zweck der Regelung des Waffengesetzes ein strenger Maßstab anzulegen. Ob die im Einzelfall gewählte Verwahrungsart als sorgfältig bezeichnet werden kann, hängt von objektiven Momenten ab (vgl. dazu z.B. das hg. Erkenntnis vom 20. März 2003, Zl. 2000/20/0375).
Im Hinblick auf die dargestellte Rechtslage ist es im vorliegenden Fall von entscheidender Bedeutung, ob es S ohne Überwindung eines Hindernisses möglich war, die Waffe zu erlangen (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 21. Oktober 1999, Zl. 99/20/0321, sowie vom 12. September 2002, Zl. 2000/20/0070, mwN), und ob S den Aufbewahrungsort der Waffe kannte (vgl. das soeben genannte hg. Erkenntnis vom 21. Oktober 1999). Der angefochtene Bescheid ist in dieser Hinsicht nicht ausreichend schlüssig nachvollziehbar begründet:
Die belangte Behörde glaubte den Angaben von S, dass sie die Schlüssel des Beschwerdeführers an sich genommen habe, um den Schlafzimmerschrank aufzusperren, die Schranktüre aber unversperrt gewesen sei, und zwar "auch wenn" der Beschwerdeführer dargelegt hat, dass sich das Waffenbehältnis im Wohnzimmerschrank befunden habe. Eine Auseinandersetzung mit dem Berufungsvorbringen, dass die "Lade", in der sich die Waffe befunden habe, versperrt gewesen sei und der Beschwerdeführer den Schlüssel stets bei sich getragen habe, erfolgte in der Bescheidbegründung hingegen nicht. Es ist daher auch nicht ersichtlich, dass die belangte Behörde die Darstellung der Geschehnisse durch den Beschwerdeführer in seiner Berufung in ihre Beweiswürdigung überhaupt aufnahm bzw. weshalb sie dieser Darstellung nicht, jener, die S bei ihrer Einvernahme "als Verdächtige" gab, hingegen schon glaubte (vgl. dazu, dass die Behörde, wenn sie Ausführungen der Partei keinen Glauben schenkt, die Gründe auch dieser Beweiswürdigung im Bescheid darzulegen hat, die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I,
2. Auflage, S 1058 f. unter E. 107 zitierte hg. Rechtsprechung, sowie dazu, dass bei mehreren Beweismitteln, die zu verschiedenen Ergebnissen führen, die Gründe für das Vorziehen eines Beweismittels darzulegen sind, die bei Walter/Thienel, a.a.O.,
S 1058 unter E. 101 ff. zitierte hg. Rechtsprechung). Die angesprochenen Begründungsmängel gelten auch für die Frage, ob der Beschwerdeführer S die Waffe und deren Aufbewahrungsort gezeigt bzw. genannt hat und S somit darüber Bescheid wusste.
Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
Für das weitere Verfahren ist - mit Rücksicht auf die im vorliegenden Fall beantragte, aber unterbliebene Parteienvernehmung des Beschwerdeführers, mit dem auch bei seiner Anzeigeerstattung keine Niederschrift aufgenommen worden war - darauf hinzuweisen, dass die belangte Behörde Beweisanträgen des Beschwerdeführers nur dann keine Folge zu leisten braucht, wenn entweder die Beweistatsachen als wahr unterstellt werden oder der Beweisantrag - objektiv gesehen - nicht geeignet ist, über den maßgebenden Sachverhalt Beweis zu liefern, sei es, weil es auf die Beweistatsachen nicht ankommt, sei es, weil das Beweismittel - ohne Vorwegnahme der Beweiswürdigung - untauglich ist (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 1993, Zl. 92/08/0217, mwN, sowie die bei Walter/Thienel, a.a.O., S 680 unter E. 234 angeführte hg. Rechtsprechung).
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 17. September 2003
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