VwGH 2000/20/0150

VwGH2000/20/015021.11.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski, Dr. Sulzbacher, Dr. Grünstäudl und Dr. Berger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Racek, über die Beschwerde des FP in Wien, vertreten durch Dr. Christa Homan, Rechtsanwalt in 1190 Wien, Scheimpfluggasse 6, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 2. Februar 2000, Zl. 213.262/0-V/15/99, betreffend §§ 6 Z 3 und 8 AsylG (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1997 §8;
FrG 1997 §57 Abs1;
FrG 1997 §57;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AsylG 1997 §8;
FrG 1997 §57 Abs1;
FrG 1997 §57;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird in seinem zweiten, die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Sierra Leone feststellenden Spruchteil wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, seinen Angaben nach ein Staatsangehöriger von Sierra Leone, reiste am 2. August 1999 in das Bundesgebiet ein und beantragte am 31. August 1990 Asyl. Bei seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 15. September 1999 gab er an, sein Onkel, bei dem er in Freetown gelebt habe, sei im Mai 1999 von den "Rebellen in Freetown" getötet worden. Da diese auch dem Beschwerdeführer nach dem Leben getrachtet hätten, habe er Sierra Leone verlassen.

Das Bundesasylamt wies mit Bescheid vom 7. Oktober 1999 den Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 6 Z 3 AsylG als offensichtlich unbegründet ab und stellte gemäß § 8 AsylG fest, die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Sierra Leone sei zulässig. Es ging mit näherer Begründung davon aus, dass der Beschwerdeführer nicht aus Sierra Leone stamme.

Aufgrund der vom Beschwerdeführer gegen diese Entscheidung erhobenen Berufung führte die belangte Behörde am 1. Februar 2000 eine mündliche Berufungsverhandlung durch. Mit dem angefochtenen Bescheid wies sie die Berufung gegen die Abweisung des Asylantrages als offensichtlich unbegründet gemäß § 6 Z 3 AsylG ab. Zugleich stellte sie "gemäß § 8 AsylG iVm § 57 Abs. 1" FrG fest, die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Sierra Leone sei zulässig.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid unter Verweisung auf die Ausführungen des Bundesasylamtes über die Widersprüche und Wissenslücken in den erstinstanzlichen Angaben des Beschwerdeführers und unter Einbeziehung der Ergebnisse der Berufungsverhandlung nachvollziehbar dargestellt, dass der Beschwerdeführer nicht aus Sierra Leone stamme und sein diesbezügliches Vorbringen offensichtlich wahrheitswidrig sei. Die Beschwerde vermag die Schlüssigkeit dieser Beweiswürdigung - auch in Bezug auf die Sprachkenntnisse des Beschwerdeführers, der zunächst angab, Krio zu sprechen, und nach Konfrontation mit einem Dolmetscher für diese Sprache einräumen musste, dass dies nicht der Fall sei - nicht in Frage zu stellen und zeigt auch nicht auf, dass die belangte Behörde durch die Unterlassung einer Gegenüberstellung des Beschwerdeführers mit "Leuten aus Sierra Leone" in relevanter Weise Verfahrensvorschriften verletzt habe. In der Rechtsrüge wird vom Vorbringen und nicht von den Feststellungen der belangten Behörde ausgegangen, weshalb die Beschwerde insoweit, als sie sich gegen die Bestätigung der Abweisung des Asylantrages als offensichtlich unbegründet richtet, gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

In Bezug auf die Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Sierra Leone hat die belangte Behörde ihre Entscheidung durch die Beschränkung des Ausspruches auf eine Feststellung "gemäß § 8 AsylG iVm § 57 Abs. 1" FrG - wobei auch in der Begründung dieses Spruchteiles nur darauf eingegangen wurde, ob dem Beschwerdeführer in Sierra Leone die Gefahr einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe drohe - mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Juni 2002, Zl. 2002/20/0207, und die dort nachgewiesene Vorjudikatur; ergänzend die hg. Erkenntnisse vom 16. April 2002, Zl. 2000/20/0144, vom 14. Mai 2002, Zl. 98/01/0327, und vom 20. Juni 2002, Zl. 99/20/0546, sowie das Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 99/20/0549). Es trifft auch nicht zu, dass bei Nichtfeststehen der Identität einer Partei "schon aus diesem Grunde" keine Gewährung von Abschiebungsschutz möglich sei (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 18. Juli 2002, Zl. 2000/20/0113, und das Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2000/20/0313).

In Bezug auf den Ausspruch über die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Sierra Leone war der angefochtene Bescheid daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001.

Wien, am 21. November 2002

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