Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zur Vorgeschichte des Beschwerdefalles wird auf das hg. Erkenntnis vom 20. April 1999, 99/14/0012, verwiesen, mit dem der Verwaltungsgerichtshof die Ansicht der belangten Behörde bestätigt hat, wonach die Anrechnung ausländischer Quellensteuer - im Beschwerdefall japanischer Steuer auf Lizenzeinkünfte - den Betrag der österreichischen Steuer nicht übersteigen kann, der sich für jenes Veranlagungsjahr ergibt, in welchem die ausländischen Einkünfte im Rahmen des Einkommens zu erfassen sind. Betrage die Steuerbelastung in diesem Jahr Null, könne eine Anrechnung nicht erfolgen. Die ausländische Steuer könne auch nicht auf Folgejahre vorgetragen werden, weil in späteren Veranlagungszeiträumen nicht die ausländischen Einkünfte, sondern andere Einkünfte mit einem positiven Einkommen erfasst würden. Dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Anrechnung der im Jahr 1994 entrichteten japanischen Quellensteuer auf die Körperschaftsteuerschuld des Jahres 1996 habe die belangte Behörde daher zu Recht nicht entsprochen.
In der Folge wandte sich die Beschwerdeführerin an das Bundesministerium für Finanzen mit dem Antrag, die Anrechnung der im Jahr 1993/1994 einbehaltenen japanischen Quellensteuer auf die "Körperschaftsteuer 1996 und Folgejahre" gemäß § 48 BAO zu bewilligen. Mit Eingabe vom 7. Februar 2000 erweiterte sie ihr Begehren, indem sie die Anrechung der in den Wirtschaftsjahren 1994/1995 sowie 1996/1997 einbehaltenen Quellensteuern auf die Körperschaftsteuerschuld des Jahres 1998 beantragte.
Mit dem angefochtenen Bescheid entsprach die belangte Behörde diesen Anträgen nicht. Zur Begründung wurde ausgeführt, das DBA-Japan enthalte eine abschließende Regelung hinsichtlich der "Behandlung japanischer Quellensteuern bei der Ertragsbesteuerung in Österreich", sodass es an der Erforderlichkeit einer Maßnahme iSd § 48 BAO fehle. Überdies sei fraglich, ob eine "zeitverschobene Doppelbesteuerung" die Anwendung des § 48 BAO gestatte.
Für den Fall, dass die Rechtsvoraussetzungen doch als erfüllt anzusehen sein sollten, sei im Beschwerdefall jedenfalls keine positive Ermessensübung geboten. Die Kriterien "soweit dies zur Ausgleichung der in- und ausländischen Besteuerung oder zur Erzielung einer den Grundsätzen der Gegenseitigkeit entsprechenden Behandlung erforderlich ist" vermittelten gleichzeitig die Leitlinien für die Ausübung des Ermessens. Da der Sachverhalt durch das DBA-Japan abgedeckt sei, liege keine Erforderlichkeit zur Ausgleichung der in- und ausländischen Besteuerung vor. Die Ermessensübung habe sich im Beschwerdefall auch nicht an der üblichen Staatenpraxis beim Abschluss von Doppelbesteuerungsabkommen zu orientieren. Denn der Verwaltungsgerichtshof habe dies immer nur bei Sachverhalten gefordert, auf die kein DBA anwendbar gewesen sei. Im Beschwerdefall werde in Art. 19 Abs. 2 DBA-Japan, ausdrücklich auf den Fall eingegangen, dass im Hinblick auf Verluste aus anderen Einkunftsquellen oder auf andere einkommensmindernde Positionen das Einkommen geringer ist als der Betrag der japanischen Einkünfte: In diesem Fall werde die Anrechnung mit dem Betrag der österreichischen Steuer begrenzt, welcher auf das gesamte Einkommen entfalle. Die Regelung gehe in ihrer Präzisierung hinsichtlich der Anrechnung weit über das hinaus, was international üblicher Grundsatz sei. Zudem sei die Frage der Gewährung eines Anrechnungsvortrages keine Frage der Staatenpraxis, sondern der jeweiligen innerstaatlichen Rechtsordnung.
Auch die Erzielung einer den Grundsätzen der Gegenseitigkeit entsprechenden Behandlung sei in Fällen, in denen ein DBA einen Sachverhalt abdecke, nicht erforderlich. Im Gegenteil "würde eine zusätzliche Maßnahme nach § 48 BAO geradezu zu einer einseitigen Aushebelung des DBA führen, das als bilateraler Vertrag ja durch die Summe der (oft genug im Kompromissweg gefundenen) Einzelregelungen stets in seiner Gesamtheit zu sehen ist."
Bei Abwägung der Billigkeits- und Zweckmäßigkeitsgründe würden die gegen die beantragte Maßnahme sprechenden Zweckmäßigkeitsgründe überwiegen, weil die von der Beschwerdeführerin vertretenen Argumente (Förderung der Exporttätigkeit und Sicherung der Arbeitsplätze) zu einer einseitigen Entlastung auf Kosten der Öffentlichkeit führen würden. Die von der Beschwerdeführerin aufgezeigte kumulierte Quellensteuerbelastung von über 1,9 Mio. S könne allenfalls - bei Vorliegen einer persönlichen Unbilligkeit - Grund für eine Abgabennachsicht im Sinne des § 236 BAO bilden.
Über die dagegen erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Gemäß § 48 BAO kann der Bundesminister für Finanzen bei Abgabepflichtigen, die der Abgabenhoheit mehrerer Staaten unterliegen, soweit dies zur Ausgleichung der in- und ausländischen Besteuerung oder zur Erzielung einer den Grundsätzen der Gegenseitigkeit entsprechenden Behandlung erforderlich ist, anordnen, bestimmte Gegenstände der Abgabenerhebung ganz oder teilweise aus der Abgabepflicht auszuscheiden oder ausländische, auf solche Gegenstände entfallende Abgaben ganz oder teilweise auf die inländischen Abgaben anzurechnen.
Die Notwendigkeit einer derartigen unilateralen Maßnahme ist auch im Geltungsbereich internationaler Doppelbesteuerungsabkommen nicht grundsätzlich ausgeschlossen (vgl. in diesem Sinne das hg. Erkenntnis vom 12. Juli 1990, 89/16/0069, mit weiteren Nachweisen).
Die Bestimmung des § 48 BAO gestattet unter der Voraussetzung, dass der Abgabepflichtige der Abgabenhoheit mehrerer Staaten unterliegt, die Anordnung bestimmter steuerlicher Entlastungsmaßnahmen, soweit dies
- zur Ausgleichung der in- und ausländischen Besteuerung oder
- zur Erzielung einer den Grundsätzen der Gegenseitigkeit entsprechenden Behandlung erforderlich ist.
Diese Kriterien stellen die Rechtsvoraussetzungen der Entsteuerung nach § 48 BAO dar; daneben vermitteln sie durch die Formulierung der mit der Regelung verfolgten Ziele die Leitlinien für die Ausübung des durch die Vorschrift eingeräumten Ermessens (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Jänner 1998, 95/15/0043, mit weiteren Nachweisen).
Die Zulässigkeit einer Entlastungsmaßnahme unter dem Gesichtspunkt des "Erfordernisses der Ausgleichung der in- und ausländischen Besteuerung" wird von Lehre und Rechtsprechung bejaht, wenn eine "echte internationale Doppelbesteuerung" vorliegt; worunter die Erhebung gleicher oder gleichartiger Steuern von demselben Steuerpflichtigen für denselben Steuergegenstand und denselben Zeitraum verstanden wird (vgl. mit zahlreichen Literaturhinweisen das schon angeführte Erkenntnis vom 29. Jänner 1998).
Eine derartige "echte Doppelbesteuerung" liegt im Beschwerdefall nicht vor. Den japanischen Einkünften standen in den Jahren ihrer steuerlichen Erfassung in Österreich jeweils höhere Verluste aus österreichischen Steuerquellen gegenüber, sodass eine österreichische Steuer nicht zur Vorschreibung gelangte. Eine Doppelbesteuerung der japanischen Einkünfte trat somit bereits aufgrund der innerstaatlichen Gewinnermittlungsvorschriften nicht ein. Die in Art. 19 Abs. 2 DBA-Japan zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung vorgesehene Anrechnung der japanischen Steuer auf die österreichische Steuer für diese Einkünfte ging daher ins Leere bzw. war zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung nicht erforderlich.
Soweit die Beschwerdeführerin ihr Begehren auf die Überlegung stützt, dass bei Nichterzielung der japanischen Einkünfte die inländischen Verluste (ungekürzt) auf spätere Veranlagungszeiträume hätten vorgetragen werden können, zeigt sie damit eine Doppelbesteuerung der japanischen Einkünfte im oben dargestellten Sinn nicht auf. Durch die Kürzung der als Sonderausgaben abzugsfähigen Verlustvorträge kommt es in den Folgejahren zu einer entsprechend höheren Steuerbelastung der in diesen Jahren erzielten Einkünfte, nicht jedoch - im juristischen Sinne - zu einer Nachversteuerung der seinerzeit in Österreich nicht besteuerten ausländischen Einkünfte.
Die Beschwerdeführerin hat ihre Anträge auf Anrechnung japanischer Quellensteuer der Jahre 1993/1994 auf die Körperschaftsteuer 1996 sowie der Jahre 1994/1995 und 1996/1997 auf die Körperschaftsteuer 1998 auch darauf gestützt, dass die Maßnahme zur "Erzielung einer den Grundsätzen der Gegenseitigkeit entsprechenden Behandlung" erforderlich sei. Sie hat in diesem Zusammenhang auf das japanische Steuerrecht verwiesen. Dieses sehe vor, dass die in Japan infolge der Begrenzung durch den Anrechnungshöchstbetrag nicht anrechenbaren ausländischen Steuern auf die folgenden drei Jahre insoweit übertragbar seien, als in den betreffenden Jahren der Höchstbetrag nicht ausgenutzt werde. Zudem sei auch ein nicht ausgeschöpfter Höchstbetrag vortragsfähig, indem er den anrechenbaren Höchstbetrag der nächstfolgenden drei Jahre erhöhe. Statt einer Anrechnung ausländischer Steuern könne nach japanischen Steuerrecht wahlweise auch ein Abzug als Betriebsausgabe erfolgen.
Diesem Vorbringen hat die belangte Behörde zu Recht entgegnet, dass § 48 BAO nicht dazu dient, die in anderen Rechtsordnungen enthaltenen Begünstigungen generell zu rezipieren (vgl. Gassner/Lang/Lechner, Die Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung, 372, mit weiteren Nachweisen, sowie das schon angeführte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Januar 1998). Auch der Hinweis der Beschwerdeführerin, neben Japan würden einige weitere Staaten einen Anrechnungsvortrag gewähren, lässt nicht erkennen, dass eine bestimmte Vorgangsweise in der Anrechnung ausländischer Steuern international üblich geworden und solcherart die Herstellung von Gegenrecht im Sinne des § 48 BAO "erforderlich" sei (vgl. dazu auch Debatin/Wassermeyer, Doppelbesteuerung, Rz. 66 zu Art. 23 B MA, die darauf hinweisen, dass einige Staaten bei der Anwendung der Anrechnungsmethode sehr großzügig verfahren und manche Staaten auch die Möglichkeit des Übertrags nicht in Anspruch genommener Anrechnungsbeträge erwägen würden oder einen Übertrag bereits zuließen).
Da die belangte Behörde demnach im Ergebnis zu Recht bereits das Vorliegen der Rechtsvoraussetzungen zur Erlassung einer Maßnahme gemäß § 48 BAO verneint hat, ist auf die Frage der Ermessensübung nicht mehr einzugehen. Mangels Vorliegens der Rechtsvoraussetzungen war Ermessen nicht zu üben. Aus diesem Grund erübrigt sich auch ein Eingehen auf jene Beschwerdeausführungen, die sich mit den diesbezüglichen Erwägungen der belangten Behörde befassen und die aufzuzeigen versuchen, welche Umstände die belangte Behörde bei Abwägung von Zweckmäßigkeits- und Billigkeitsgründen zu Unrecht außer Acht gelassen habe.
Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 28. September 2004
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)