VwGH 2000/10/0107

VwGH2000/10/010718.2.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Zavadil, über die Beschwerde der B KG in Hallein, vertreten durch Dr. Wolfgang Völkl, Rechtsanwalt in Wien IX, Nussdorferstraße 10-12, gegen den Bescheid des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen vom 24. Mai 2000, Zl. 262.708/1-VIII/A/4/1999, betreffend Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke (mitbeteiligte Partei: Mag. pharm. S in Bad Gastein, vertreten durch Schönherr Barfuß Torggler & Partner, Rechtsanwälte in Wien I, Tuchlauben 13), zu Recht erkannt:

Normen

ApG 1907 §10 Abs1 Z2 idF 1998/I/053;
ApG 1907 §10 Abs2 Z3 idF 1998/I/053;
ApG 1907 §10 Abs4 idF 1998/I/053;
ApG 1907 §10 idF 1998/I/053;
ApG 1907 §10 Abs1 Z2 idF 1998/I/053;
ApG 1907 §10 Abs2 Z3 idF 1998/I/053;
ApG 1907 §10 Abs4 idF 1998/I/053;
ApG 1907 §10 idF 1998/I/053;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 947,24 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen vom 24. Mai 2000 wurde der mitbeteiligten Partei die Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke in Hallein, Praschweg 18, für einen näher umschriebenen Standort erteilt. Begründend wurde - nach Darstellung des Verfahrensganges und der angewendeten Rechtsvorschriften - im Wesentlichen ausgeführt, Hallein habe derzeit 18.518 Einwohner und werde als Bezirksstadt von 50 Ärzten und 2 Krankenanstalten medizinisch betreut. Im Zentrum der Stadt gäbe es zwei öffentliche Apotheken, die Stadtapotheke zum schwarzen Adler am Bayrhamerplatz 7 (westlich der Salzach) und die Burgfried-Apotheke der beschwerdeführenden Partei östlich der Salzach in der Davisstraße 2a. In Bad Dürrnberg gäbe es eine ärztliche Hausapotheke und nördlich von Hallein - 2,5 km von der von der mitbeteiligten Partei beantragten Apotheke entfernt - stehe die Apotheke zum hl. Florian in Betrieb. Die nächsten öffentlichen Apotheken südlich von Hallein gebe es in Kuchl und in Golling. Zum Versorgungsgebiet der Halleiner Apotheken gehörten auch die anschließenden Gemeinen Adnet (3.313 Einwohner), Krispl (836 Einwohner) und Vigaun (1.813 Einwohner), die selbst weder über eine öffentliche Apotheke noch über eine ärztliche Hausapotheke verfügten. Bei Errichtung der Apotheke der mitbeteiligten Partei würden der beschwerdeführenden Partei nach den Kriterien der Nähe und leichteren Erreichbarkeit der Stadtteil Burgfried und die östlich der Salzach und südlich des Autobahnzubringers gelegenen Bereiche zur Versorgung verbleiben. Es seien das die Zählsprengel 011 (mit 1.757 ständigen Einwohnern), 012 (mit 1.240 ständigen Einwohnern) und vom Zählsprengel 014 der Stadtteil Burgfried (mit 1.382 ständigen Einwohnern) sowie die Gemeinde Vigaun, deren 1.811 ständige Einwohner über die Salzach Bundesstraße Süd direkt bei der Burgfried-Apotheke einträfen, möge diese Apotheke auch in der Davisstraße geringfügig zurückversetzt gelegen sein. Aus dem Stadtteil Burgfried aber auch aus Vigaun sei die Erreichbarkeit der Burgfried-Apotheke über die Burgfried-Unterführung und in der Folge über die Salzachtal Bundesstraße "optimal gegeben". Der beschwerdeführenden Partei würden somit insgesamt mindestens

6.192 Personen zur Versorgung verbleiben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte. Auch die mitbeteiligte Partei erstatte eine Gegenschrift und beantragte, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 Apothekengesetz - in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 16/2001 - (ApG) ist die Konzession für eine neu zu errichtende öffentliche Apotheke zu erteilen, wenn ein Bedarf an einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke besteht.

Nach § 10 Abs. 2 leg. cit. besteht ein Bedarf nicht, wenn

  1. 1.
  2. 2. die Entfernung zwischen der künftigen Betriebsstätte der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke und der Betriebsstätte der nächstgelegenen bestehenden öffentlichen Apotheke weniger als 500 m beträgt, oder

    3. die Zahl der von der Betriebsstätte einer der umliegenden bestehenden öffentlichen Apotheken aus weiterhin zu versorgenden Personen sich infolge der Neuerrichtung verringert und weniger als

5.500 betragen wird.

Zu versorgende Personen gemäß Abs. 2 Z. 3 ApG sind nach § 10 Abs. 4 ApG die ständigen Einwohner aus einem Umkreis von 4 Straßenkilometern von der Betriebsstätte der bestehenden öffentlichen Apotheke, die auf Grund der örtlichen Verhältnisse aus dieser bestehenden öffentlichen Apotheke weiterhin zu versorgen sein werden.

Beträgt die Zahl der ständigen Einwohner im Sinne des Abs. 4 weniger als 5.500, so sind nach § 10 Abs. 5 ApG die auf Grund der Beschäftigung, der Inanspruchnahme von Einrichtungen und des Verkehrs in diesem Gebiet zu versorgenden Personen bei der Bedarfsfeststellung zu berücksichtigen.

Nach ständiger hg. Judikatur hat sich die gemäß § 10 ApG durchzuführende Bedarfsprüfung auf eine - auf entsprechende Ermittlungsergebnisse gestützte - prognostische Zuordnung konkreter Kundenpotenziale zu den beteiligten Apotheken zu gründen. Die Behörde hat somit festzustellen, wie viele der ständigen Einwohner im Umkreis von 4 km um die Betriebsstätte der bestehenden öffentlichen Apotheke nach Errichtung der geplanten Apotheke ihren Arzneimittelbedarf auf Grund der örtlichen Verhältnisse weiterhin aus der bestehenden öffentlichen Apotheke decken werden. Diese unter dem Gesichtspunkt der leichteren Erreichbarkeit vorzunehmende Zuordnung hat in erster Linie an Hand der Straßenentfernungen zu der bestehenden öffentlichen Apotheke im Vergleich zur beantragten Apotheke zu erfolgen.

Ergibt sich für eine bestehende öffentliche Apotheke die kritische Zahl zu versorgender Personen nicht schon aus den ständigen Einwohnern des 4-km-Umkreises, so ist weiter zu prüfen, ob diese Zahl unter Berücksichtigung der auf Grund der Beschäftigung, der Inanspruchnahme von Einrichtungen und des Verkehrs in diesem Gebiet weiterhin zu versorgenden Personen erreicht wird (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 11. Juni 2001, Zl. 2000/10/0166, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Wohnt die zu versorgende Bevölkerung im 4-km-Umkreis zweier (oder mehrerer) Apotheken, so ist für die Zuordnung des Kundenpotenzials zur einen oder anderen Apotheke nach den Kriterien der örtlichen Verhältnisse im Sinn des § 10 Abs. 4 ApG in erster Linie die leichtere Erreichbarkeit ausschlaggebend, wobei es vor allem auf die zurückzulegende Entfernung unter Berücksichtigung der vorhandenen Verkehrsmöglichkeiten ankommt. Die Zuordnung der Wohnbevölkerung zu den in Betracht kommenden Apotheken hat sich im Überschneidungsbereich der 4-km-Polygone an einer gedachten, nach den Gesichtspunkten der räumlichen Nähe und Erreichbarkeit zu ziehenden örtlichen Trennlinie zu orientieren (vgl. nochmals das zitierte Erkenntnis vom 11. Juni 2001 und die dort angeführte Vorjudikatur).

Die beschwerdeführende Partei wendet sich gegen die dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegende Auffassung, ihr würde bei Errichtung der von der mitbeteiligten Partei beantragten Apotheke ein Potenzial von mindestens 6.192 Personen zur Versorgung verbleiben. Sie führt gegen die Annahme, die Einwohner von Vigaun würden auf kürzestem Weg über die Bundesstraße 159 nach Hallein direkt zur Burgfried-Apotheke gelangen, ins Treffen, die Burgfried-Apotheke liege nicht in der Fortsetzung dieser Bundesstraße, sondern abgerückt vom Hauptverkehrsstrom in der Davisstraße in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone. Die Einwohner der umliegenden Orte von Hallein, also auch von Vigaun, würden, wenn sie Besorgungen in Hallein tätigten oder Ärzte aufsuchten, einen kostenlosen Parkplatz auf der so genannten "Perner Insel" anfahren und von dort zu Fuß über den Salinensteig ins Zentrum von Hallein gehen. Dabei würden sie die Apothekenleistungen der dort befindlichen Stadtapotheke zum schwarzen Adler in Anspruch nehmen. Dem Versorgungspotenzial der beschwerdeführenden Partei könnten daher nicht sämtliche, sondern nur ein Teil der Einwohner von Vigaun zugerechnet werden. Schließlich könnten die Einwohner von Vigaun nicht nur über die Salzachtal Bundesstraße ins Stadtzentrum von Hallein gelangen, sondern auch über die Johannes Döttlstraße und den Neumayrsteg, wodurch sie "nicht zwingend" an der Betriebsstätte der Burgfried-Apotheke vorbeifahren müssten.

Was zunächst den Einwand der beschwerdeführenden Partei anlangt, ihre Apotheke sei in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone gelegen, so ist damit noch nichts Zielführendes gegen die Annahme vorgebracht, für die Einwohner von Vigaun sei auf kürzestem Weg die Burgfried-Apotheke zu erreichen. Denn die Gebührenpflichtigkeit des Parkens im Bereich der Apotheke der beschwerdeführenden Partei besagt nichts über die Erreichbarkeit dieser Apotheke (zur Bedeutung von Kurzparkzonen für die Zuordnung des Kundenpotenzials zu einer Apotheke siehe das hg. Erkenntnis vom 31. Jänner 2000, Zl. 98/10/0084). Sie spricht daher auch nicht gegen die Annahme, diese Apotheke sei für die Einwohner von Vigaun die auf kürzestem Wege am leichtesten erreichbare Apotheke.

Gleiches gilt für den Einwand, die Einwohner Vigauns könnten auch andere Wege wählen, um ins Stadtzentrum von Hallein zu gelangen. Auch diesem Vorbringen ist konkret nicht zu entnehmen, dass die Auffassung der belangten Behörde, für die Einwohner von Vigaun sei die Burgfried-Apotheke am leichtesten zu erreichen, unzutreffend wäre.

Die beschwerdeführende Partei bringt weiters vor, es fehle jede Begründung für die Zurechnung der Einwohner der Zählsprengel 011, 012 und 014 zum Versorgungspotenzial ihrer Apotheke; die Zurechnung des Zählsprengels 014 sei "völlig aus der Luft gegriffen".

Dem ist zu entgegnen, dass die Zurechnung der Einwohner der Zählsprengel 011 und 012, der Begründung des angefochtenen Bescheides zufolge, unter den Gesichtspunkten der Nähe und leichteren Erreichbarkeit der Burgfried-Apotheke erfolgte. Die Einwohner des Zählsprengels 014 wurden der Burgfried-Apotheke unter diesen Gesichtspunkten hingegen nur in Ansehung des Teiles Burgfried, nicht aber auch in Ansehung der (nördlichen) Teile Adneter Gries und Adneter Riedl zugerechnet. Der Vorwurf, der Burgfried-Apotheke sei zu Unrecht der gesamte Zählsprengel 014 zugerechnet worden, ist unzutreffend.

Die beschwerdeführenden Partei zeigt aber auch mit dem Hinweis, der Zählsprengel 014 liege östlich der Bahntrasse der Westbahn und es bestünden nicht nur die Burgfried-Unterführung, sondern auch andere Unterführungen, bei deren Benützung andere Apotheken aufgesucht werden könnten, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht auf. Denn der Umstand des Bestehens mehrerer Unterführungen besagt für sich noch keineswegs, dass die Annahme der belangten Behörde, die Burgfried-Apotheke sei für die Bewohner des Stadtteiles Burgfried bei Benützung der Burgfried-Unterführung die auf kürzestem Weg am leichtesten erreichbare Apotheke, unzutreffend wäre.

Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 18. Februar 2002

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