VwGH 2000/09/0091

VwGH2000/09/009124.4.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hanslik, über die Beschwerde 1. des Ha B in B (zu Zl. 2000/09/0091 und Zl. 2000/09/0092) und 2. des H B in B (zu Zl. 2000/09/0093), beide vertreten durch Dr. Wilfried Ludwig Weh und Dr. Hanno Lechner, Rechtsanwälte in 6900 Bregenz, Wolfeggstraße 1, gegen die Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg jeweils vom 9. November 1999, Zlen. 1-0242/99/K3, 1-0317/99/E5, 1-0283/99/K3, jeweils betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Parteien: Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit; Bundesminister für Finanzen), zu Recht erkannt:

Normen

ARB1/80 Art6 Abs1;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
VStG §5 Abs1;
ARB1/80 Art6 Abs1;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
VStG §5 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer Ha B hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 664,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Der Beschwerdeführer He B hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof (protokolliert zu Zl. 2000/09/0091) erstangefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 9. November 1999 wurde der Erstbeschwerdeführer (Ha B) der Begehung einer Verwaltungsübertretung nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) dahingehend schuldig erkannt, er habe es als persönlich haftender Gesellschafter der R.& H. B OHG zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Arbeitgeberin am 19. Juni 1997 den türkischen Staatsangehörigen C L ohne die erforderliche arbeitsmarktbehördliche Genehmigung beschäftigt habe.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurden über den Erstbeschwerdeführer - in Stattgebung seiner Berufung gegen die Höhe der Ersatzfreiheitsstrafe - nach dem ersten Strafsatz des § 28 Abs. 1 Z. 1 AuslBG eine Geldstrafe von öS 15.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe drei Tage) und ein Kostenbeitrag für das erstinstanzliche Verfahren von öS 1.500,-- verhängt.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof (protokolliert zu Zl. 2000/09/0092) zweitangefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 9. November 1999 wurde der Erstbeschwerdeführer der Begehung einer Verwaltungsübertretung nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a in Verbindung mit § 3 Abs. 1 AuslBG dahingehend schuldig erkannt, er habe als Inhaber eines näher bezeichneten Einzelunternehmens in B am 26. August 1998 (um 11.10 Uhr) den türkischen Staatsangehörigen C L ohne die erforderliche arbeitsmarktbehördliche Genehmigung als Arbeitgeber beschäftigt.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurden über den Erstbeschwerdeführer - in Stattgebung seiner Berufung gegen die Höhe der Ersatzfreiheitsstrafe - nach dem ersten Strafsatz des § 28 Abs. 1 Z. 1 AuslBG eine Geldstrafe von öS 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe zwei Tage) und ein Kostenbeitrag für das erstinstanzliche Verfahren von öS 1.000,-- verhängt.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof (protokolliert zu Zl. 2000/09/0093) drittangefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 9. November 1999 wurde der Zweitbeschwerdeführer (He B) der Begehung einer Verwaltungsübertretung nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a in Verbindung mit § 3 Abs. 1 AuslBG dahingehend schuldig erkannt, er habe es als persönlich haftender Gesellschafter der R.& H. B OHG zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Arbeitgeberin am 19. Juni 1997 den türkischen Staatsangehörigen C L ohne die erforderliche arbeitsmarktbehördliche Genehmigung beschäftigt habe.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurden über den Zweitbeschwerdeführer - in Stattgebung seiner Berufung gegen die Höhe der Ersatzfreiheitsstrafe - nach dem ersten Strafsatz des § 28 Abs. 1 Z. 1 AuslBG eine Geldstrafe von öS 15.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe drei Tage) und ein Kostenbeitrag für das erstinstanzliche Verfahren von öS 1.500,-- verhängt.

Zur Begründung führte die belangte Behörde in den angefochtenen Bescheiden - insoweit die Begründung für die Erledigung der Beschwerde von belang ist - aus, der beschäftigte türkische Staatsangehörige habe zu den jeweils angelasteten Tatzeiten anspruchsbegründende Beschäftigungszeiten im Sinne des Art. 6 ARB Nr. 1/80 nicht aufgewiesen. Eine Berechtigung nach dem AuslBG hinsichtlich der ab 14. April 1997 erfolgten Beschäftigung des türkischen Staatsangehörigen sei nicht vorgelegen. Für die Zeiträume 3. Dezember 1995 bis 12. Jänner 1996 und 6. Oktober 1996 bis 13. April 1997 sei unverschuldete Arbeitslosigkeit im Sinne des Art. 6 Abs. 2 zweiter Satz ARB Nr. 1/80 deshalb nicht vorgelegen, weil der türkische Arbeitnehmer währen dieser Zeiten weder Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz bezogen habe, noch beim Arbeitsmarktservice als arbeitssuchend vorgemerkt gewesen sei. Allfällige frühere assoziationsrechtliche Beschäftigungszeiten seien schon durch diese Unterbrechungen vernichtet worden.

Gegen diese (drei) Bescheide erhoben die beiden Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluss vom 6. März 2000, B 125-127/00-3, die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie entsprechend dem nachträglich gestellten Antrag der Beschwerdeführer mit Beschluss vom 16. Mai 2000, B 125/00-5, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG in Verbindung mit § 87 Abs. 3 VfGG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachten sich die Beschwerdeführer entsprechend ihrer mit Schriftsätzen jeweils vom 17. August 2000 erstatteten Beschwerdeergänzungen in den Rechten "nicht ohne Vorliegen der entsprechender Voraussetzungen bestraft zu werden, auf ordnungsgemäße Sachverhaltsfeststellung, ordnungsgemäße Verfahrensführung, auf Beachtung eines allfälligen Rechtsirrtums, auf wirksame Wahrnehmung von Gemeinschaftsrecht und nicht ohne Schuld bestraft zu werden" verletzt. Beide Beschwerdeführer beantragen, eine mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof durchzuführen. Der Erstbeschwerdeführer beantragt, den erst- und zweitangefochtenen Bescheid und der Zweitbeschwerdeführer beantragt, den drittangefochtenen Bescheid jeweils kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten der Verwaltungsstrafverfahren vor und erstattete (drei) Gegenschriften, in denen jeweils die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde in Ansehung des bezughabenden angefochtenen Bescheides beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerdesachen - wegen ihres inhaltlichen und sachlichen Zusammenhanges - zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und sodann erwogen:

Die Beschwerdeführer wiederholen das in der Beschwerde des (beschäftigten) türkischen Staatsangehörigen C L zur hg. Zl. 99/09/0214 erstattete Beschwerdevorbringen. Sie regen selbst an, den Ausgang dieses Beschwerdeverfahrens abzuwarten, weil derart die Erlaubtheit der angelasteten Beschäftigungen automatisch geklärt sei.

Den Beschwerdeführern ist nur darin zuzustimmen, dass der Ausgang des Beschwerdeverfahrens zur hg. Zl. 99/09/0214 auch das in der vorliegenden Beschwerde erstattete Vorbringen beantwortet. Mit Erkenntnis vom 20. März 2002, Zl. 99/09/0214, wurde die Beschwerde des C L gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Vorarlberg vom 1. September 1999 - mit dem die Ausstellung eines Befreiungsscheines nach § 4c Abs. 2 AuslBG für diesen türkischen Staatsangehörigen abgelehnt worden war - vom Verwaltungsgerichtshof gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen. Der genannte C L erfüllte demnach - bezogen auf die inkriminierten Tatzeiten - die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 6 (Abs. 1) ARB Nr. 1/80 nicht. Im Übrigen wird gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf die Begründung des genannten Erkenntnisses verwiesen. Aufgrund der Ausführungen in diesem Erkenntnis erweisen sich auch die vorliegend (inhaltlich gleichlautend wie im Beschwerdeverfahren 99/09/0214) erstatteten Ausführungen der Beschwerdeführer, der genannte türkische Staatsangehörige sei erlaubt beschäftigt worden, als unbegründet.

Erstmals in ihren Beschwerdeergänzungen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren bringen die Beschwerdeführer jeweils (auch) vor, es sei "offenkundig, dass der Beschwerdeführer guten Glauben geltend machen konnte".

Dieses Beschwerdevorbringen - mit dem aus näher dargelegten Erwägungen erstmals die subjektive Tatseite bestritten wird - verstößt gegen das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot. Dieses aus § 41 Abs. 1 VwGG ableitbare Verbot bezieht sich auf neues tatsächliches Sachverhaltsvorbringen und auf solche Rechtsausführungen, zu deren Beurteilung weitere tatsächliche Feststellungen erforderlich sind. Neue rechtliche Argumente, deren Richtigkeit nur auf Grund von Feststellungen als stichhältig überprüft werden können, die im Verwaltungsverfahren deswegen unterblieben sind, weil der Beschwerdeführer untätig geblieben ist, unterliegen dem Neuerungsverbot. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof ist - soweit entsprechendes Vorbringen nicht erstattet wurde bzw. der Beschwerdeführer seiner Mitwirkungspflicht nicht entsprochen hat - nicht als Mittel zur Nachholung von im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde versäumten Parteihandlungen bzw. zur Sanierung der auch im Verwaltungsstrafverfahren bestehenden Verpflichtung des Beschuldigten, an der Feststellung und Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes mitzuwirken, zu betrachten (vgl. hiezu etwa das hg. Erkenntnis vom 26. August 1998, Zl. 96/09/0120, mwN). Die Betrachtung des Verfahrensverlaufes zeigt aber, dass die Beschwerdeführer hinsichtlich der ihnen vorgeworfenen Ungehorsamsdelikte (vgl. § 5 Abs. 1 VStG) ihre Verteidigung darauf beschränkten, das Vorliegen des objektiven Tatbestandes zu bekämpfen. Nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten haben die Beschwerdeführer in den gesamten jeweiligen Verwaltungsstrafverfahren weder fehlendes Verschulden behauptet noch versucht, ihr fehlendes Verschulden an den ihnen vorgeworfenen Übertretungen des AuslBG glaubhaft zu machen.

Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden. Der Anforderung des Art. 6 EMRK wurde im gegenständlichen Fall durch die Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde, einem Tribunal im Sinne der EMRK, Genüge getan (vgl. hiezu etwa das hg. Erkenntnis vom 22. Jänner 2002, Zl. 99/09/0094, und die darin angegebene Judikatur).

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff insbesondere auch § 52 Abs. 1 VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 24. April 2003

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