Normen
AlVG 1977 §25 Abs1;
AlVG 1977 §25 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich der Rückforderung des vom 29. Juli bis 15. September 1998 empfangenen Arbeitslosengeldes wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben; im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer beantragte am 7. Juli 1998 mit dem hiefür aufgelegten Formblatt Arbeitslosengeld. Im Antrag bejahte er die Frage nach einem Anspruch auf Urlaubsentschädigung und bezifferte ihn mit 25 Werktagen. Nach der dem Antrag beigegebenen Arbeitsbescheinigung habe das vom 11. September 1989 bis 30. Juni 1998 dauernde Beschäftigungsverhältnis durch Kündigung durch den Dienstnehmer geendet. Die Bezüge seien bis 28. Juli 1998 ausbezahlt worden; Kündigungsentschädigung sei nicht bezahlt worden, weil der Anspruch strittig sei, Urlaubsabfindung bzw. -entschädigung sei für 24 Werktage bezahlt worden.
Mit Bescheid vom 14. August 1998 sprach die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice aus, der Anspruch des Beschwerdeführers auf Arbeitslosengeld ruhe im Zeitraum vom 7. Juli 1998 bis 28. Juli 1998 gemäß § 16 Abs. 1 lit. l AlVG wegen der Urlaubsabfindung bzw. der Urlaubsentschädigung. (Zufolge eines - mit einem weiteren Bescheid ausgesprochenen - Widerrufes und einer Rückforderung für die Zeit vom 16. September 1998 bis 31. Dezember 1998 bezog der Beschwerdeführer (nur mehr) für die Zeit vom 29. Juli 1998 bis 15. September 1998 Arbeitslosengeld.)
Durch den am 29. Juni 1999 eingeholten Auszug aus der zentralen Datenspeicherung des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger wurde u.a. bekannt, dass der Beschwerdeführer vom 1. Juli bis 4. November 1998 Urlaubsabfindung bzw. -entschädigung bezogen habe.
Mit Bescheid vom 20. April 2000 sprach die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice aus, dass der Bezug des Arbeitslosengeldes für den Zeitraum 29. Juli bis 15. September 1998 widerrufen bzw. die Bemessung rückwirkend berichtigt werde und der Beschwerdeführer gemäß § 25 Abs. 1 zur Rückzahlung des unberechtigt empfangenen Arbeitslosengeldes von S 13.397,-- verpflichtet werde. In der Begründung wurde nach Wiedergabe der genannten Gesetzesstellen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe in dem genannten Zeitraum das Arbeitslosengeld zu Unrecht bezogen, weil er von seinem Dienstgeber eine Urlaubsentschädigung bzw. Abfindung erhalten habe.
Der Beschwerdeführer erhob mit dem als Einspruch bezeichneten Schriftsatz vom 2. Mai 2000 Berufung. Darin machte er geltend, er habe unter Berücksichtigung der Sorgfaltspflicht alle ihm vorgelegten Formulare ausgefüllt. Die Meldepflicht habe er nicht verletzt. Für August habe er S 820,-- und für September S 8.375,-- und nicht, wie im Rückforderungsbescheid genannt, S 13.397,-- erhalten.
In der von der belangten Behörde am 22. Mai 2000 aufgenommenen Niederschrift führte der Beschwerdeführer aus, sein Rechtsfreund (der Vertreter im Beschwerdeverfahren) werde sich mit der Firma (offenbar gemeint mit dem ehemaligen Arbeitgeber) in Verbindung setzen, weil laut Gebietskrankenkasse eine Abmeldung mit 30. Juni 1998 und eine Entgeltfortzahlung bis 4. November 1998 gemeldet worden sei.
Mit Schriftsatz vom 8. Juni 2000 gab der Beschwerdeführer, nunmehr vertreten durch einen Rechtsanwalt, bekannt, dass in der Abmeldung zur österreichischen Sozialversicherung der Zeitraum für die Urlaubsentschädigung vom 1. Juli 1998 bis 4. November 1998 angeführt sei. Es handle sich hiebei um den nicht verbrauchten Urlaub im Ausmaß von 109 Tagen. Die bescheidmäßig ausgesprochene Rückforderung von S 13.397,-- stehe nicht zu. Einerseits habe der Beschwerdeführer nicht diesen Betrag erhalten und andererseits stehe ihm tatsächlich für den genannten Zeitraum Arbeitslosengeld dem Grunde und der Höhe nach zu.
Die belangte Behörde teilte daraufhin dem Vertreter des Beschwerdeführers mit Schreiben vom 19. Juni 2000 mit, dass laut der bei Antragstellung vorgelegten Arbeitsbescheinigung der Dienstgeber eine Urlaubsabfindung bzw. Urlaubsentschädigung von 24 Werktagen bestätigt und eine Auszahlung der Bezüge bis 28. Juli 1998 angegeben habe. Gemäß § 16 Abs. 1 lit. l AlVG ruhe der Anspruch auf Arbeitslosengeld während des Zeitraumes, für den Urlaubsentschädigung oder Urlaubsabfindung gebühre bzw. gewährt werde. Aus diesem Grunde sei dem Beschwerdeführer Arbeitslosengeld erst ab 29. Juli 1998 zugestanden, welches er auch bis 15. September 1998 erhalten habe. Am 14. August 1998 habe er S 820,-- für die Zeit vom 29. bis 31. Juli, am 4. September 1998 S 8.475,-- für die Zeit vom 1. bis 31. August (S 100,-- seien an Krankscheingebühr abgezogen worden) und am 4. Oktober 1998 S 8.202,-- für die Zeit von 1. bis 30. September 1998 bezahlt worden. Der Empfang des ab 16. September 1998 bezahlten Arbeitslosengeldes sei mit einem anderen Bescheid widerrufen worden.
Laut Meldung des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger sei eine Urlaubsentschädigung für den Zeitraum vom 1. Juli bis 4. November 1998 gewährt worden. Da der Beschwerdeführer selbst eine Urlaubsentschädigung für 109 Tage zugestehe, ruhe der Anspruch auf Arbeitslosengeld bis 4. November 1998 und nicht wie er anführe nur bis 27. Juli 1998. Der Beschwerdeführer habe daher für den Zeitraum vom 29. Juli 1998 bis 15. September 1998 Arbeitslosengeld zu Unrecht erhalten. Sollte der Beschwerdeführer ein Verfahren beim Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger hinsichtlich des Zeitraumes der Urlaubsentschädigung einleiten, werde die belangte Behörde nach Vorlage eines entsprechenden Beleges ihr Verfahren bis zur Entscheidung durch den Krankenversicherungsträger aussetzen, andernfalls werde auf Grund der Aktenlage entschieden. Der Beschwerdeführer werde aufgefordert, bis spätestens 14. Juli 2000 das Arbeitsmarktservice von seiner weiteren Vorgangsweise in Kenntnis zu setzen.
Der Beschwerdeführer beantwortete dieses Schreiben nicht.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge und bestätigte den bekämpften Bescheid. In der Begründung gab die belangte Behörde zunächst die ihrer Meinung nach in Betracht kommenden gesetzlichen Bestimmungen wieder und stellte das Verwaltungsgeschehen einschließlich der Vorgänge im Berufungsverfahren dar. Anschließend führte die belangte Behörde aus, da der Beschwerdeführer (in Beantwortung der Aufforderung vom 19. Juni 2000) keinen entsprechenden Beleg vorgelegt habe, sei davon auszugehen, dass die Urlaubsentschädigung zu Recht ausbezahlt worden sei. Es sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Gewährung des Arbeitslosengeldes verletzt. Sowohl unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften führt er aus, er sei sämtlichen Aufforderungen des Arbeitsmarktservice nachgekommen. Er habe keine Auskünfte bzw. Urkunden dem Arbeitsmarktservice vorenthalten. Es sei für ihn daher nicht ersichtlich, dass ihm das Arbeitslosengeld nicht zugestanden wäre. Er habe den gesamten Betrag gutgläubig verbraucht. Gemäß § 1437 ABGB sei ein Konditionsanspruch nicht rückforderbar, wenn ein gutgläubiger Verbrauch vorliege. Bei der gegenständlichen Leistung handle es sich um eine Leistung mit Unterhaltscharakter. Die Auslegung der Bestimmungen der §§ 24 f AlVG sei derart vorzunehmen, dass nur dann eine Rückzahlung vorzunehmen sei, wenn ihm ein Verschulden anzulasten sei.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 24 Abs. 2 AlVG ist die Zuerkennung zu widerrufen oder die Bemessung rückwirkend zu berichtigen, wenn sich die Zuerkennung oder die Bemessung des Arbeitslosengeldes nachträglich als gesetzlich nicht begründet herausstellt. Nach § 25 Abs. 1 erster Satz ist bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung der Empfänger des Arbeitslosengeldes zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen musste, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte.
Die belangte Behörde hat nach Bekanntwerden des Ruhenstatbestandes die Zuerkennung des Arbeitslosengeldes widerrufen. Der Zeitraum, für den Urlaubsentschädigung oder Urlaubsabfindung gewährt wurde, ist im genannten Auszug des Hauptverbandes mit 1. Juli bis 4. November 1998 genannt. Der Beschwerdeführer gibt in seinem Schriftsatz vom 8. Juni 2000 diesen Zeitraum mit 109 Tagen an. Bei diesen Beweisergebnissen konnte die belangte Behörde zutreffend für den streitgegenständlichen Zeitraum vom 29. Juli bis 15. September 1998 die Zuerkennung der Leistung "widerrufen" (richtig: einstellen; vgl. dazu und zur fehlenden Rechtsverletzung durch eine diesbezüglich unrichtige Bezeichnung das Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 96/08/0115). Der verfügte "Widerruf" des Arbeitslosengeldes entspricht daher dem Gesetz. Insoweit erweist sich die Beschwerde als unbegründet.
Der Verpflichtung zum Rückersatz stand entgegen dem Beschwerdevorbringen nicht entgegen, dass der Beschwerdeführer seiner Behauptung nach das Arbeitslosengeld, dem Unterhaltscharakter zukomme, in der Zwischenzeit verbraucht habe. Denn der Rückforderungstatbestand des § 25 Abs. 1 erster Satz AlVG differenziert, anders als dies bei Leistungen mit Unterhaltscharakter im Zivilrecht der Fall ist, nicht danach, ob ein gutgläubiger Verbrauch der nicht gebührenden Geldleistung erfolgt ist, sondern nur danach, ob die Leistung gutgläubig empfangen wurde; ein solcher gutgläubiger Empfang ist aber dann nicht anzunehmen, wenn einer der im § 25 Abs. 1 erster Satz AlVG angeführten Rückforderungstatbestände gegeben ist. § 25 AlVG enthält entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers eine bereicherungsrechtlich abschließende Regelung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. März 1993, 92/08/0183).
Der Hinweis des Beschwerdeführers, eine Verpflichtung zur Rückzahlung könne ihn nur dann treffen, wenn ihm ein Verschulden anzulasten sei, führt die Beschwerde zum Erfolg. Die belangte Behörde hat keinerlei Sachverhaltsfeststellungen zu den Rückforderungstatbeständen des § 25 Abs. 1 erster Satz AlVG getroffen, sodass ihre im Spruch geäußerte Auffassung, die Rückforderung des unberechtigt empfangenen Arbeitslosengeldes gründe sich auf § 25 Abs. 1 AlVG, einer entsprechenden Tatsachengrundlage entbehrt. Dieser Begründungsmangel hindert insofern eine Überprüfung des angefochtenen Bescheides, weil nicht erkennbar ist, auf welchen der Rückforderungstatbestände die belangte Behörde sich stützte. Aus diesen Gründen war der angefochtene Bescheid, soweit er eine Verpflichtung zum Ersatz des empfangenen Arbeitslosengeldes ausspricht, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 15. November 2000
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