VwGH 2000/06/0066

VwGH2000/06/006620.12.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hanslik, über die Beschwerde der A H Gesellschaft mbH & Co KG in L, vertreten durch Dr. Franz Kriftner, Dr. Christian Sparlinek, Mag. Alexander Piermayr und Mag. Doris Prossliner, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Stelzhamerstraße 12, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 13. März 2000, Zl. 1/02-36.756/14-2000, betreffend einen baupolizeilichen Beseitigungsauftrag, zu Recht erkannt:

Normen

BauPolG Slbg 1997 §16 Abs3;
BauPolG Slbg 1997 §2 Abs1;
BauRallg;
LandbauO Slbg 1952 §1;
BauPolG Slbg 1997 §16 Abs3;
BauPolG Slbg 1997 §2 Abs1;
BauRallg;
LandbauO Slbg 1952 §1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Zell/See vom 20. November 1997 wurde der beschwerdeführenden Partei gegenüber ein Beseitigungsauftrag erlassen.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 27. Mai 1998 wurde die von der beschwerdeführenden Partei dagegen erhobene Berufung abgewiesen und der erteilte Beseitigungsauftrag bestätigt.

Zur weiteren Vorgeschichte wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf das in dieser Sache im ersten Rechtsgang bereits ergangene hg. Erkenntnis vom 19. November 1998, Zl. 98/06/0109, verwiesen, mit welchem der letztgenannte Bescheid der belangten Behörde wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben worden war.

In der Folge erging der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Zell/See vom 13. September 1999, mit dem der beschwerdeführenden Partei gegenüber die Beseitigung (soweit im Beschwerdeverfahren noch von Relevanz) wie folgt aufgetragen wurde:

"1. Verkaufsstand mit angebauter Sitzplatzüberdachung. Der Verkaufsstand selbst weist ein Grundrißausmaß von ca. 4,0 mal 2,60 Meter auf. Diese ist in Holzbauweise errichtet und mittels eines Pultdaches abgedeckt. An diesen Verkaufsstand ist eine Sitzplatzüberdachung angebaut. Diese weist ein Grundrißausmaß von 4,05 mal 3,20 Meter auf. Die Dachkonstruktion ist durch Holzsäulen abgestützt und stellt die Dachkonstruktion, welche ebenfalls in Holz errichtet ist, eine Abschleppung des Pultdaches des Verkaufsstandes dar. Die Fundierung dieser beiden Bauwerke (Verkaufsstand und Sitzplatzüberdachung) konnte am heutigen Tage nicht eindeutig überprüft werden.

2. Lager: Das Lager, welches ebenfalls in Holzbauweise zur Errichtung gelangte, weist ein Grundrißausmaß von ca. 5,20 mal 3,30 Meter auf. Die Traufenhöhe beträgt in etwa 3,0 Meter. Die Eindeckung des Objektes erfolgte mittels Satteldaches, welches ebenfalls in Holz errichtet ist. Die Grundparzellen, auf welche ggstl. Bauwerke sich befinden, konnten am heutigen Tage nicht eindeutig festgestellt werden, da ein Auszug aus der Katastermappe derzeit nicht zur Verfügung steht.

3. In ca. 50 Meter Entfernung des Verkaufsstandes befindet sich nochmals eine Sitzplatzüberdachung. Diese ist ebenfalls in Holz errichtet und weist ein Grundrißausmaß von ca. 2,0 mal 2,50 Meter auf. Dies ist mittels eines Satteldaches eingedeckt. Dieses ist ebenfalls in Holz errichtet und weist eine Traufenhöhe von ca. 2,0 Meter auf."

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung der beschwerdeführenden Partei gegen diesen Beseitigungsauftrag erneut keine Folge. Sie ging bei ihrer Entscheidung nach Darstellung des Verfahrensganges und wörtlicher Wiedergabe der Berufung davon aus, nach § 16 Abs. 3 Salzburger Baupolizeigesetz bestehe für die Baubehörde die Verpflichtung, bei Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen einen Abbruchauftrag zu erlassen. Voraussetzung sei das Vorhandensein einer baubewilligungspflichtigen Maßnahme, die ohne die erforderliche Bewilligung errichtet worden sei. Die Bewilligungspflicht müsse sowohl im Zeitpunkt der Errichtung als auch im Zeitpunkt der Erlassung des baupolizeilichen Auftrages normiert sein. Zum Zeitpunkt der Errichtung der gegenständlichen Bauwerke hätten die Bestimmungen der Salzburger Landbauordnung, insbesondere deren § 1, die Führung von Neu-, Zu- und Umbauten einer Bewilligungspflicht unterworfen. Zwar finde sich eine Definition des Wortes "Bau" nicht in diesem Gesetz, doch habe die Judikatur Kriterien entwickelt, wonach darunter eine Anlage zu verstehen sei, zu deren Herstellung ein wesentliches Maß bautechnischer Kenntnisse erforderlich sei, wenn sie mit dem Boden in eine gewisse Verbindung gebracht und wegen ihrer Beschaffenheit geeignet sei, die öffentlichen Interessen zu berühren. Dabei komme es auf die tatsächliche Ausführung allein nicht an, sondern darauf, ob die Kriterien bei einer ordnungsgemäßen Ausführung der Anlage gegeben wären. Nach Darstellung des beigezogenen Amtssachverständigen fänden sich die genannten Merkmale bei den gegenständlichen Bauten; die Eignung der Berührung öffentlicher Interessen sei beispielsweise im Widerspruch zur vorherrschenden Grünlandwidmung zu sehen. Auch nach den Bestimmungen des Salzburger BauPolG sei für die gegenständlichen Bauten eine Bewilligungspflicht zu bejahen, da für gastgewerblich genutzte Bauten eine (bloße) Bauanzeige nicht zulässig sei. Insoweit die beschwerdeführende Partei einen vermuteten Konsens des Bestandes infolge Nichtbeanstandung behaupte, müsse dem entgegen gehalten werden, dass der Umstand mangelnder baubehördlicher Beanstandungen allein nicht die Annahme der Konsensmäßigkeit zu rechtfertigen vermöge.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die beschwerdeführende Partei erachtet sich insofern in ihren Rechten verletzt, "als zu Unrecht wider die bestehenden Bestimmungen des Sbg. BauPolG sowie wider die maßgeblichen Bestimmungen des Sbg. ROG ein Beseitigungsauftrag erfolgt" sei. Sie macht im Wesentlichen geltend, bei den gegenständlichen Baulichkeiten handle es sich nicht um bewilligungspflichtige Maßnahmen. Infolge der lang andauernden Duldung des gegenwärtigen Zustandes sei von einem vermuteten Konsens auszugehen und es sei von der belangten Behörde vor Erlassung des Beseitigungsauftrages die Bewilligungsfähigkeit der baulichen Anlagen nicht geprüft worden.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 16 Abs. 3 des Salzburger Baupolizeigesetzes, LGBl. Nr. 40/1997, hat die Baubehörde dann, wenn eine bauliche Anlage ohne Bewilligung ausgeführt ist oder ihre Bewilligung nachträglich aufgehoben wurde, dem Eigentümer und allenfalls auch dem Veranlasser aufzutragen, die bauliche Anlage binnen einer angemessenen Frist zu beseitigen. Wird ein Ansuchen um nachträgliche Baubewilligung gestellt, darf eine Vollstreckung des Beseitigungsauftrages nicht eingeleitet oder fortgesetzt werden. Bei Versagung der nachträglichen Bewilligung beginnt die Frist zur Beseitigung ab Rechtskraft des Versagungsbescheides neu zu laufen.

Bereits im zitierten, in dieser Angelegenheit bereits ergangenen Vorerkenntnis ist der Verwaltungsgerichtshof unmissverständlich davon ausgegangen, dass die Baulichkeiten zu den (oben wiedergegebenen) Punkten 1 und 2 des Beseitigungsauftrages im Zeitpunkt ihrer (vermutlichen) Errichtung (nach dem Inhalt des angefochtenen Bescheides: 1964 bzw. nach dem eigenen Vorbringen der beschwerdeführenden Partei im Schriftsatz vom 17. Oktober 1996: 1966) Gebäude darstellen, die zweifellos der Bewilligungspflicht des § 1 der Salzburger Landbauordnung LGBl. Nr. 55/1952 in der Fassung LGBl. Nr. 108/1959, unterlagen. Die beschwerdeführende Partei geht im Übrigen - zutreffenderweise -

selbst davon aus, dass bauliche Anlagen auch nach der Salzburger Landbauordnung der Bewilligungspflicht unterlagen, wenn zu ihrer Herstellung ein wesentliches Maß bautechnischer Kenntnisse erforderlich war, eine gewisse Verbindung mit dem Boden bestand und die Baulichkeit wegen ihrer Beschaffenheit öffentliche Interessen zu berühren geeignet war. Entsprechend dem im zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes ergangenen Ergänzungsauftrag wurde von der Behörde erster Instanz auf der Grundlage des diesbezüglich ergänzten Sachverständigengutachtens nunmehr aber auch festgestellt, dass alle gegenständlichen Bauten (das heißt: einschließlich der Baulichkeit Punkt 3 des Beseitigungsauftrages) infolge Erfüllung der genannten drei Kriterien sowohl im Zeitpunkt der Errichtung als auch im Zeitpunkt der Erlassung des Beseitigungsauftrages der Bewilligungspflicht nach § 1 der Salzburger Landbauordnung bzw. nach § 2 Abs. 1 Salzburger Baupolizeigesetz 1997, LGBl. Nr. 40 in der Fassung LGBl. Nr. 68/1997, uneingeschränkt unterlagen, insbesondere keiner der Ausnahmefälle des § 2 Abs. 2 (etwa der Z. 3) oder 3 des zuletzt genannten Gesetzes vorliegt, worin nach der Aktenlage kein Rechtsirrtum erblickt werden kann. Damit ist von einer Bewilligungspflicht in beiden relevanten Zeitpunkten auszugehen.

Wie sich ferner aus der von der beschwerdeführenden Partei selbst zitierten Rechtsprechung ergibt, kann das Vorliegen eines konsensgemäßen Zustandes nur vermutet werden, wenn keine Anhaltspunkte für eine gegenteilige Annahme vorliegen (siehe das hg. Erkenntnis vom 23. Jänner 1996, Zl. 95/05/0026). Die Rechtsvermutung der Konsensmäßigkeit der so genannten "alten" Bestände kommt einem Bauzustand, der auch nach der zur Zeit seiner Herstellung geltenden Bauordnung gesetzwidrig war, nicht zustatten weil nicht angenommen werden kann, dass die Baubehörde die gesetzwidrige Herstellung bewilligt hätte. In einem solchen Fall müsste vielmehr von der Partei, die den Konsens behauptet, der Nachweis erbracht werden, dass dieser tatsächlich erteilt worden ist. Ein Zeitraum von ungefähr dreißig bis vierzig Jahren ist im Übrigen zu kurz, um die auf eine bloße Vermutung zu stützende Annahme zu rechtfertigen, die Baulichkeiten seien trotz Fehlens einer schriftlichen Baubewilligung baubehördlich bewilligt worden. Dies muss vor allem dann gelten, wenn es sich um ein Gebiet handelt, von dem amtsbekannt ist, dass für Bauführungen aus dieser Zeit entsprechende Unterlagen bei der Behörde aufliegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. September 1991, Zl. 91/06/0057). Gerade das ist hier jedoch der Fall, wie oben bereits dargelegt wurde.

Auch der letzte Einwand der beschwerdeführenden Partei geht fehl, wenn sie meint, die Behörde hätte ihr vor Erlassung des Beseitigungsauftrages die Einholung einer (nachträglichen) Baubewilligung zu ermöglichen gehabt. Eine solche Verpflichtung besteht nach der Rechtslage nicht. Zwar hindert ein Antrag auf Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung (nur) den Vollzug eines ergangenen Beseitigungsauftrages. Gemäß § 16 Abs 3 Slbg BauPolG 1997 steht aber ein anhängiges Bauverfahren der Erlassung eines Beseitigungsauftrages nicht entgegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Mai 2000, Zl. 2000/06/0034, und vom 17. Februar 1994, Zl. 90/06/0214).

Aus diesen Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die § 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 20. Dezember 2001

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