VwGH 2000/05/0078

VwGH2000/05/00786.3.2001

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde

1. der Aloisia Brandstetter, 2. der Eva Fürst, 3. des Wolfgang Brandstetter, 4. des Gerhard Brandstetter, sämtliche in Mödling,

5. des Erich Brandstetter, in Wien, sämtliche vertreten durch Fürst & Domberger, Rechtsanwälte Kommandit-Partnerschaft in Mödling, Wiener Straße 9, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 27. Oktober 1999, Zl. RU1-V-99080/00, betreffend Parteistellung in einem Baubewilligungsverfahren (mitbeteiligte Parteien: 1. Marktgemeinde Pöggstall, vertreten durch den Bürgermeister, 2. Christa und Leopold Bock, beide in Pöggstall, Aschelberg 10), zu Recht erkannt.

Normen

ABGB §431;
AVG §42;
AVG §8;
BauO NÖ 1996 §6 Abs1 Z3;
BauRallg;
ABGB §431;
AVG §42;
AVG §8;
BauO NÖ 1996 §6 Abs1 Z3;
BauRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Niederösterreich insgesamt Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführer sind jedenfalls seit dem Jahr 1998 Miteigentümer der Liegenschaft EZ. 181, KG Aschelberg, mit dem Grundstück Nr. 285/3. Dieses Grundstück grenzte im Norden an das den zweitmitbeteiligten Parteien gehörige Grundstück Nr. 285/2 und im Süden und Westen an das Grundstück Nr. 285/1, welches sich im Miteigentum des A. B. und der S. B. befindet. Im Westen grenzt das letztgenannte Grundstück an das den zweitmitbeteiligten Parteien gehörige Grundstück Nr. 287.

Auf Grund einer zwischen den Beschwerdeführern und den Miteigentümern des Grundstückes Nr. 285/1 (A. B. und S. B.) abgeschlossenen - dem vorliegenden Verwaltungsakt nicht zu entnehmenden - Vereinbarung wurde von Dipl. Ing. R. J., Ingenieur für Vermessungswesen, der Teilungsplan G. Z. 2451-98 B vom 16. Juni 1998 erstellt, auf Grund dessen das Grundstück Nr. 285/1 in dieses und in die Fläche 1 im Kreis geteilt werden soll und sodann letztgenannte Fläche vom Grundstück Nr. 285/1 abgeschrieben und dem Grundstück Nr. 285/3 zugeschrieben werden soll. Das nach Vereinigung mit der Fläche 1 im Kreis vergrößerte Grundstück Nr. 285/3 grenzt damit im Vermessungspunkt 872 des obgenannten Teilungsplanes an das Grundstück Nr. 287 der zweitmitbeteiligten Parteien.

Dem Grundbuchsauszug betreffend die Liegenschaft EZ. 181, KG Aschelberg, vom 27. Februar 2001 ist zu entnehmen, dass unter OZ 2 des A2-Blattes zu Tagebuchzahl 738/1999 auf Grund des Anmeldungsbogens vom 16. Februar 1999 die Zuschreibung einer Teilfläche von Grundstück Nr. 285/1 aus EZ. 11 und deren Einbeziehung in das Grundstück Nr. 285/3 gemäß § 13 Liegenschaftsteilungsgesetz erfolgt ist. Das bezughabende Grundbuchsgesuch ist am 3. März 1999 beim Bezirksgericht Melk, als dem zuständigen Grundbuchsgericht eingelangt (tel. Auskunft der Grundbuchsführerin).

Mit Eingabe vom August 1998 beantragten die zweitmitbeteiligten Parteien als Bauwerber die baubehördliche Bewilligung zum Neubau eines Gärfuttersilos auf ihrem Grundstück Nr. 287, KG Aschelberg. Zur mündlichen Verhandlung am 1. Oktober 1998 wurden u. a. die damaligen Eigentümer der Grundstücke Nr. 285/1 und Nr. 285/3 persönlich geladen. Eine Kundmachung der Ladung erfolgte offenbar nicht. Die Eigentümer des Grundstückes Nr. 285/1 erhoben keine Einwendungen. Der Vertreter der Beschwerdeführer erhob in der mündlichen Verhandlung Einwendungen.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 18. Jänner 1999 wurden "die Einwendungen und Anträge" der Beschwerdeführer "mangels Parteistellung" gemäß § 6 Abs. 1 NÖ. Bauordnung 1996 zurückgewiesen, weil sie nicht Eigentümer eines Grundstückes seien, das unmittelbar an das vom Bauvorhaben betroffene Grundstück grenze.

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 24. März 1999, den berufenden Beschwerdeführern zugestellt am 1. April 1999, wurde die dagegen erhobene Berufung abgewiesen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die dagegen erhobene Vorstellung der Beschwerdeführer als unbegründet abgewiesen. Wer Eigentümer eines Grundstückes ist, richte sich nach den Bestimmungen des Zivilrechtes. Den Angaben der Beschwerdeführer nach seien diese zwar im September 1998 auf Grund des Erbfalles Eigentümer des Grundstückes Nr. 285/3 (in der ursprünglichen Figuration) gewesen, die für den Eigentumsübergang an der Teilfläche des Nachbargrundstückes Nr. 285/1 notwendigen Voraussetzungen (u. a. auch die Unterschriftsleistung beim Vermessungsamt am 13. Jänner 1999) seien jedoch erst später geschaffen worden. Die Verwirkung der Parteistellung nach § 6 NÖ. Bauordnung 1996 beziehe sich auf die mündliche Verhandlung (d. i. der 21. Oktober 1998). Zum damaligen Zeitpunkt sei das Grundbuchsgesuch noch nicht eingebracht gewesen. Rechtsnachfolger träten unmittelbar in die Rechtsstellung der Voreigentümer ein. Die Eigentümer des Grundstückes Nr. 285/2 hätten keine Einwendungen erhoben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vom Verfassungsgerichtshof nach Ablehnung ihrer Behandlung mit Beschluss vom 28. Februar 2000, B 1978/99-3, an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 VwGG abgetretene Beschwerde. Die Beschwerdeführer erachten sich durch den angefochtenen Bescheid ihrem Vorbringen zufolge im Recht auf Parteistellung im Baubewilligungsverfahren gemäß § 6 NÖ-Bauordnung verletzt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstatte eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 6 Abs. 1 Z. 3 der Niederösterreichischen Bauordnung 1996 (BO) können die Eigentümer der Grundstücke, die mit dem Baugrundstück eine gemeinsame Grenze haben oder von diesen durch eine öffentliche Verkehrsfläche, ein Gewässer oder einen Grüngürtel mit einer Breite bis zu 14 m getrennt sind (Nachbarn), Parteistellung erlangen.

Nachbarn werden nur dann Parteien, wenn sie durch das Bauwerk und dessen Benützung in den in Abs. 2 erschöpfend festgelegten subjektiv-öffentlichen Rechten berührt werden. Im Baubewilligungsverfahren werden sie nur dann Parteien, wenn sie diese Rechte spätestens in der Bauverhandlung geltend machen.

Im Beschwerdefall wurde von den Behörden die Parteistellung der Beschwerdeführer deshalb verneint, weil sie zum Zeitpunkt der mündlichen Bauverhandlung nicht Eigentümer eines Grundstückes waren, das mit dem Baugrundstück eine gemeinsame Grenze hat.

Wer Eigentümer eines Grundstückes ist, richtet sich nach den einschlägigen Bestimmungen des Zivilrechtes unter Bedachtnahme auf den im § 431 ABGB verankerten Eintragungsgrundsatz. Schon im Zeitpunkt des Einlangens des (vom Grundbuchsgericht erst später bewilligten und vollzogenen) Grundbuchsgesuches geht das Eigentum auf den Erwerber über (siehe hiezu das hg. Erkenntnis vom 27. Oktober 1998, Zl. 96/05/0280, m.w.N. aus der Judikatur des OGH). Im Zeitpunkt der Erlassung des Berufungsbescheides waren demnach die Beschwerdeführer bereits Eigentümer eines Grundstückes, welches in einem Punkt mit dem zu bebauenden Grundstück eine Grenze bildet. Zwei Grundstücke haben auch dann eine gemeinsame Grenze gemäß § 6 Abs. 1 Z. 3 BO, wenn sie sich nur in einem einzigen Grenzpunkt berühren (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 23. März 1999, Zl. 98/05/0235).

Damit ist jedoch im Beschwerdefall für die Beschwerdeführer nichts gewonnen, weil die Nachbarstellung im Sinne des § 6 Abs. 1 Z. 3 BO im Baubewilligungsverfahren zur Erlangung der Parteistellung des Nachbarn erst dann führt, wenn der Nachbar durch das Bauwerk und dessen Benützung in den in Abs. 2 erschöpfend festgelegten subjektiv-öffentlichen Rechten berührt wird und diese Rechte spätestens in der Bauverhandlung geltend macht. Die Eigentümereigenschaft an einem Nachbargrundstück im Sinne des § 6 Abs. 1 Z. 3 BO ist daher jeweils in jenem Zeitpunkt (Zeitraum) zu beurteilen, in welchem daran Rechtsfolgen geknüpft werden. Für die Erlangung der Parteistellung des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren ist daher der Zeitraum bis zum Schluss der Bauverhandlung entscheidend. Der Rechtsnachfolger im Eigentum tritt in die Rechtsstellung seines Vorgängers ein. Hat der Rechtsvorgänger keine Einwendungen gegen das Bauvorhaben des Bauwerbers erhoben, muss er die damit eingetretenen Rechtsfolgen (Präklusion, Verlust der Parteistellung, Nichterlangung der Parteistellung) gegen sich gelten lassen. Rechtsvorgänger und Rechtsnachfolger sind wie eine Prozesspartei zu behandeln (vgl. Hauer, Der Nachbar im Baurecht, 4. Auflage, Seite 296 m.w.N.). Da im Beschwerdefall die persönlich geladenen damaligen Eigentümer des Grundstückes Nr. 285/2 gegen das Bauvorhaben der zweitmitbeteiligten Bauwerber ausdrücklich keine Einwendungen erhoben haben und nach dem Vorhergesagten bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung auch Eigentümer der hier streitverfangenen Teilfläche 1 im Kreis des Teilungsplanes vom 16. Juni 1998 waren, haben sie keine Parteistellung im Baubewilligungsverfahren erlangt. Diese Rechtsfolge haben die Beschwerdeführer als nunmehrige Eigentümer dieser Teilfläche gegen sich gelten zu lassen.

Insoweit die Beschwerdeführer nunmehr ausführen, ihr Grundstück Nr. 285/3 sei vom zu bebauenden Grundstück durch ein Gewässer getrennt, verstoßen sie gegen das im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof geltende, aus § 41 Abs. 1 VwGG ableitbare Neuerungsverbot.

Der angefochtene Bescheid ist somit frei von Rechtsirrtum. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs.1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Di Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 6. März 2001

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte