Normen
ReinhalteV Wr 1982 §9;
VVG §11 Abs1;
VVG §11 Abs4;
VVG §4 Abs1;
VVG §4 Abs2;
ReinhalteV Wr 1982 §9;
VVG §11 Abs1;
VVG §11 Abs4;
VVG §4 Abs1;
VVG §4 Abs2;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat den Beschwerdeführern insgesamt Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit gleich lautenden Bescheiden je vom 17. Mai 1999 hat der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, den Beschwerdeführern wie folgt Kosten vorgeschrieben:
"(Den Beschwerdeführern) werden gemäß § 11 Abs. 1 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes (VGG.) die in Vollstreckung des Bescheides des Magistratischen Bezirksamtes für den 13./14. Bezirk vom 11.8.1998, Zl. MBA 13/14-M-Ü-5732/97, für die Herstellung des bescheidmäßigen Zustandes am 17.11.1998 im Wege der Ersatzvornahme angefallenen Kosten in der Höhe von S 661.121,60 (in Worten:
Schilling sechshunderteinundsechzigtausendeinhunderteinundzwanzig 60/100) auferlegt.
Dieser Betrag ist binnen zwei Wochen nach Rechtskraft dieses Kostenbescheides mittels beigeschlossenen Zahlscheines an den Magistrat der Stadt Wien zu bezahlen, widrigenfalls die Eintreibung nach § 3 VVG. veranlasst werden wird.
Gemäß § 11 Abs. 4 VVG werden Finanzierungskosten in Höhe von 8,25 % p.A. ab 16.12.1998 (Firma Wolfgang H. GesmbH) bzw. 5 % p.A. ab 27.01.1999 (Firma Z.) verrechnet."
In der Begründung dieses Bescheides wurde u. a. ausgeführt, dass auch gemäß § 11 Abs. 3 VVG 10% der "beausgabten" Barauslagen in der Höhe von S 60.102,-- als Personal- und Sachaufwand der Vollstreckungsbehörde in Rechnung gestellt worden seien.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurden die dagegen erhobenen Berufungen der Beschwerdeführer als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wurde hiezu ausgeführt, wenn die Beschwerdeführer die von den ausführenden Unternehmen vorgelegten Rechnungen der Höhe nach bestreiten, sei auf die Stellungnahme der Magistratsabteilung 6, Rechnungsamt-Erhebungs- und Vollstreckungsdienst, vom 10. Juni 1999 zu verweisen, wonach von den Vollstreckungsorganen täglich die Aufzeichnungen der beauftragten Unternehmen kontrolliert worden seien, die Arbeitskräfte dieser Unternehmen täglich ab 6,30 Uhr am Einsatzort gewesen und mit Ausnahme von Freitag bis nach 17 Uhr geblieben seien. Da der Einsatzort mit dem Firmenstandort nicht ident gewesen sei, hätten sämtliche beteiligten Arbeitskräfte mit Fahrzeugen geholt werden müssen und die Lastkraftwagen Abfahrtsstrecken von ihren Betriebsstandorten zu absolvieren gehabt; die Verrechnung der Wegzeiten sei gerechtfertigt. Der Schlosser sei laut Stellungnahme der Magistratsabteilung 6 mehrmals zum Einsatz gekommen. Die Arbeitsmaterialien seien für die Durchführung der Ersatzmaßnahme notwendig gewesen und von den beauftragten Firmen besorgt worden. Es sei nicht üblich, gebrauchte Arbeitsmaterialien einem Auftraggeber bzw. Kunden zu übergeben. Die Rechnungen seien von der Vollstreckungsbehörde auf deren rechnerische Richtigkeit überprüft und die ordnungsgemäße und richtige Leistung bestätigt worden. Insofern die Beschwerdeführer ausgeführt hätten, dass sie die Arbeiten selbst hätten durchführen wollen, sei zu bemerken, dass die Ersatzvornahme aktenkundig unbedingt erforderlich und unaufschiebbar gewesen sei. Auch hätten die Beschwerdeführer während der Durchführung der Ersatzvornahme Verunreinigungen beseitigt. Aufgrund der großen Menge der entsorgten Gegenstände sei eine Beseitigung allein durch die Beschwerdeführer in einem angemessenen Zeitraum nicht möglich gewesen. Dem Akt sei eine umfangreiche Fotodokumentation über Art und Menge der Ablagerungen angeschlossen, die einwandfrei das Ausmaß der Verunreinigungen erkennen hätten lassen. Für die Behauptung der preislichen Unangemessenheit der Kosten der Ersatzvornahme träfe die Beschwerdeführer die Beweislast, sodass eine über die Behauptungen hinaus gehende amtswegige Prüfung der Kosten auf deren Angemessenheit nicht vorzunehmen gewesen sei. Die Beschwerdeführer hätten keine konkreten Unterlagen (z.B. Kostenvoranschläge) vorgelegt, die dafür sprechen würden, dass die vorgeschriebenen Kosten nicht angemessen wären. In dem den Exekutionstitel bildenden Bescheid sei den Beschwerdeführern der Auftrag zur Entfernung der gegenständlichen Verunreinigung erteilt worden; dieser Bescheid sei ihnen gegenüber in Rechtskraft erwachsen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführer erachten sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht "nicht entgegen den Vorschriften der Verordnung des Magistrates der Stadt Wien betreffend die Reinhaltung von Grundstücken und Baulichkeiten zur Bezahlung der Kostenersatzvornahme herangezogen zu werden", verletzt. Sie machen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Mit dem angefochtenen Bescheid wurden den Beschwerdeführern
Kosten gemäß § 11 VVG vorgeschrieben.
Dieser Paragraph hat folgenden Wortlaut:
"§ 11. (1) Die Kosten der Vollstreckung fallen dem Verpflichteten zur Last und sind gemäß § 3 einzutreiben.
(2) Im Fall der Uneinbringlichkeit sind sie von der Partei zu tragen, auf deren Antrag und in deren Interesse die Vollstreckungshandlungen vorgenommen wurden. Hierüber ist von der Vollstreckungsbehörde nach dem AVG zu entscheiden. Die Berufung geht an die nach § 10 Abs. 3 zuständige Behörde, die endgültig entscheidet.
(3) Wenn die Vollstreckungsbehörde im Fall einer Ersatzvornahme Leistungen erbringt, für die der Verpflichtete, würden sie durch einen von der Behörde beauftragten Dritten erbracht, Barauslagen zu ersetzen hätte, so zählt zu den Kosten auch ein angemessener Betrag zum Personal- und Sachaufwand der Vollstreckungsbehörde. Dieser darf 10 % der bei der Vollstreckung im übrigen anfallenden Barauslagen nicht übersteigen.
(4) Soweit der Verpflichtete die Kosten der Vollstreckung für Maßnahmen nach § 4 nicht vor der Durchführung der Ersatzvornahme entrichtet hat (§ 4 Abs. 2) und die Durchführung der Ersatzvornahme unaufschiebbar ist, zählen zu den Kosten der Vollstreckung auch angemessene Finanzierungskosten, die ab dem Zeitpunkt entstanden sind, in dem die Behörde in Vorlage getreten ist. Diese Kosten sind jedenfalls angemessen, wenn sie jährlich den jeweils geltenden Zinsfuß für Eskontierungen der Österreichischen Nationalbank um nicht mehr als 2 % übersteigen. Maßgebend ist der Zeitpunkt der Erlassung der Vollstreckungsverfügung durch die Behörde erster Instanz."
Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes führen die Beschwerdeführer aus, bei den vorgeschriebenen Kosten der Vollstreckung handle es sich um die Kosten der Ersatzvornahme der Aufträge des Bescheides vom 11. August 1998, welcher jedoch allein an D. H. (Beschwerdeführerin im hg. Verfahren 2000/05/0012) gerichtet gewesen sei. Bescheidadressat dieses Auftrages nach § 9 der Reinhalteverordnung 1982 sei somit nur D. H. gewesen. Dieser sei auch die Durchführung der Räumungsmaßnahmen aufgetragen worden. Mangels Auftrages an die Beschwerdeführer würden diese daher nicht für die angefallenen Kosten der Vollstreckung haften.
Grundlage der beschwerdegegenständlichen Kostenvorschreibung nach § 11 VVG waren die u.a. auch an die Beschwerdeführer gerichteten Vollstreckungsverfügungen des Magistrates der Stadt Wien je vom 27. Oktober 1998, welche in Rechtskraft erwachsen sind. (Die Berufung der Erstbeschwerdeführerin gegen diese Vollstreckungsverfügung wurde mit Bescheid der Wiener Landesregierung vom 10. Mai 1999 als unbegründet abgewiesen; der Zweitbeschwerdeführer hat die Vollstreckungsverfügung nicht bekämpft.) Gemäß § 11 Abs. 1 VVG fallen die Kosten der Vollstreckung dem Verpflichteten zur Last. Aufgrund der rechtskräftigen Vollstreckungsverfügungen steht aber die Stellung der Beschwerdeführer als Verpflichtete in dem der beschwerdegegenständlichen Kostenvorschreibung zugrunde liegenden Vollstreckungsverfahren fest. Im Verfahren wegen Vorschreibung der Kosten einer Ersatzvornahme kann daher die Stellung als Verpflichteter im Vollstreckungsverfahren nicht mehr bestritten werden (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 26. November 1957, Slg. Nr. 4.485/A).
Die Beschwerdeführer rügen die Inanspruchnahme als Solidarschuldner. Auch mit diesem Vorbringen vermögen sie eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen. Aus § 9 der Verordnung des Magistrates der Stadt Wien betreffend die Reinhaltung von Grundstücken und Baulichkeiten (Reinhalteverordnung 1982) folgt, dass behördliche Aufträge und Anordnungen nach dieser Norm "dem Eigentümer (Miteigentümer) des Gebäudes oder der Grundfläche" mit Bescheid aufzutragen sind. Daraus folgt die uneingeschränkte Verpflichtung jedes einzelnen Miteigentümers zur Beseitigung des in der Reinhalteverordnung 1982 näher definierten Übelstandes. Ist also jeder Miteigentümer der Behörde gegenüber ohne Rücksicht auf seinen Miteigentumsanteil zur Erfüllung eines Auftrages nach § 9 Reinhalteverordnung 1982 verpflichtet, so haftet jeder Miteigentümer dementsprechend für die gesamten Kosten der Ersatzvornahme, wenn auch solidarisch mit den übrigen Miteigentümern. Die belangte Behörde ist daher zu Recht von einer Solidarhaftung und nicht von einer bloßen Anteilshaftung der Beschwerdeführer ausgegangen (siehe hiezu das hg. Erkenntnis zur insoweit vergleichbaren Rechtslage des § 129 der Bauordnung für Wien vom 25. Juni 1991, Zl. 87/05/0185).
Zutreffend führt die belangte Behörde aus, dass das Risiko erhöhter Aufwendungen im Rahmen der Ersatzvornahme der Verpflichtete zu tragen hat. Einwendungen gegen die Kostenvorschreibung kann der Verpflichtete nur unter dem Gesichtspunkt erheben, dass die vorgeschriebenen Kosten unverhältnismäßig hoch seien, hiefür hat er allerdings den Beweis zu erbringen; der Verpflichtete kann auch einwenden, dass die durchgeführten Arbeiten über die Leistung, die von ihm zu erbringen gewesen wäre, unbegründeter Weise hinausgegangen wurde (vgl. hiezu die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, Seite 1200 f bei § 11 VVG wiedergegebene hg. Rechtsprechung). Der Verpflichtete kann aber für die Behauptung der preislichen Unangemessenheit der Kosten der Ersatzvornahme den Beweis erst erbringen, wenn die tatsächlich entfernten Mengen (hier: diverses Gerümpel) aufgrund eines ordnungsgemäß durchgeführten Ermittlungsverfahrens feststehen (vgl. hiezu die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, E. 5. zu § 11 VVG, S. 1199, wiedergegebene hg. Rechtsprechung). Schon im Verfahren vor der Behörde erster Instanz haben die Beschwerdeführer auf die Unangemessenheit der in Rechnung gestellten Arbeitsstunden und die von ihnen erbrachte Eigenleistung hingewiesen. Dieses Vorbringen haben die Beschwerdeführer in der Berufung wiederholt. Die Vollstreckungsbehörden haben sich mit den Ausführungen des Erhebungs- und Vollstreckungsdienstes und den Angaben im Leistungsverzeichnis der ausführenden Unternehmen begnügt, ohne nachvollziehbare Feststellungen darüber zu treffen, welche Mengen "diversen Gerümpels" aufgrund des Titelbescheides vom 11. August 1998 im Vollstreckungsverfahren beseitigt werden müssten und welcher Art dieses Gerümpel war. Erst wenn dies feststeht, kann von der Behörde - allenfalls nach Beiziehung eines Sachverständigen - beurteilt werden, ob die in Rechnung gestellten Kosten im Rahmen der Vollstreckung des Titelbescheides erwachsen und preislich angemessen sind, und von den Beschwerdeführern der geforderte Gegenbeweis erbracht werden.
Rechtswidrig ist der angefochtene Bescheid aber auch hinsichtlich der Zinsenvorschreibung gemäß § 11 Abs. 4 VVG. Zum Einen fehlt es an einer nachvollziehbaren Begründung, aus welcher das Vorliegen der Voraussetzungen des § 11 Abs. 4 VVG abgeleitet werden könnte, zum Anderen hat die belangte Behörde aber offensichtlich übersehen, dass die angemessenen Finanzierungskosten nach § 11 Abs. 4 erster Satz VVG nur vorgeschrieben werden können, wenn der Verpflichtete die Kosten der Vollstreckung für Maßnahmen nach § 4 nicht vor der Durchführung der Ersatzvornahme entrichtet hat, wofür - wie sich aus dem Klammerausdruck "§ 4 Abs. 2" ergibt - ein Auftrag der Vollstreckungsbehörde an den Verpflichteten zur Vorauszahlung der Kosten gegen nachträgliche Verrechnung neben der Unaufschiebbarkeit der Durchführung der Ersatzvornahme erforderlich gewesen wäre. Dem vorgelegten Verwaltungsakt ist jedoch ein derartiger Auftrag an die Verpflichteten nicht zu entnehmen.
Hinsichtlich des Abs. 3 der erstinstanzlichen Kostenersatzbescheide liegt aus diesen Gründen eine Rechtswidrigkeit des Inhaltes vor.
Warum die Behörden den im Abs. 3 des § 11 VVG vorgesehenen angemessenen Beitrag zum Personal- und Sachaufwand der Vollstreckungsbehörde mit dem 10%-igen Höchstbetrag der bei der Vollstreckung im übrigen anfallenden Barauslagen angenommen haben, ist der Begründung ihrer Bescheide nicht zu entnehmen. Auf Grund dieses Begründungsmangels belastete daher die belangte Behörde insoweit den angefochtenen Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 26. November 1998, Zl. 96/16/0205). Die Aufhebung wegen einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes geht jedoch einer Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 18. Juni 1990, Zl. 90/19/0016, m.w.N.).
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Im Hinblick auf die Erledigung des Beschwerdeverfahrens erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG.
Wien, am 19. September 2000
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